SPIEL.digital – Was kann man erwarten?

Der Brettspielfans liebstes Kind ist jedes Jahr aufs neue die weltweit größte Brettspielmesse SPIEL in Essen. Gleich ums Eck von Bochum gelegen gehört sie auch für meine Frau und mich jedes Jahr fest zu unseren Terminen. Aufgrund der Coronapandemie ist es aber in diesem Jahr nicht möglich und auf jeden Fall sicherer für alle, wenn solche Großveranstaltungen aus bleiben. Um den Fans, der Szene und der Industrie trotzdem eine Plattform zu bieten, arbeitet der Merz-Verlag in diesem Jahr fieberhaft an einer Umsetzung in digitaler Form. Auch vor Corona gab es schon Bestrebungen eine Online-Plattform ergänzend zur SPIEL einzurichten, aber durch die Pandemie wurde das ganze nun deutlich beschleunigt und wahrscheinlich auch erweitert. Noch ist nicht so wahnsinnig viel bekannt, aber der Termin steht und Bilder und Konzepte gibt es auch schon. Schauen wir uns das ganze mal etwas näher an.

Momentan sprießen die Online Conventions nur so aus dem Boden. Ich weiss nicht ob ihr es wusstet, auch BGG und der Dice Tower haben sich vor wenigen Wochen zusammengetan, um die Virtual Gaming Con aus der Taufe zu heben. Hier wurde versucht eine Infrastruktur zu schaffen, die es Spielern weltweit vereinfachen sollte zu Spielrunden zusammenzukommen. Verlage konnten Spiele vorstellen und Einführungsrunden geben. Ich habe mir das ganze aus Interesse mal angeschaut und war tatsächlich nicht so begeistert, da es eigentlich nichts anderes war als eine virtuelle Spiele-Streaming-Plattform auf der man sich verabreden konnte und das zugegeben in einer sehr vernetzten Form, aber eine Convention ist für mich deutlich mehr als die Möglichkeit Spiele auszuprobieren und sich vorstellen zu lassen. Allerdings ist die SPIEL ja auch eine Messe, die Besucher und Industrie unter einen Hut bekommen muss und die Möglichkeit das Besucher mit anderen Besuchern spielen können wurde ja auch erst in den letzten Jahren forciert.

Die SPIEL.digital soll in diesem Jahr vom 22. bis 25. Oktober unter dieser Homepage erreichbar sein und stattfinden. Der Friedhelm Merz-Verlag hat schon einige Dinge angekündigt, die wir als Teil der Zielgruppe erwarten können.

Themenwelten

Auch wenn es schon Planungen des Friedhelm Merz-Verlags in diese Richtung gegeben hat, so muss aber dennoch in relativ kurzer Zeit relativ viel aus dem Boden gestampft werden. Wie das aussehen könnte kann man bei Daniel Theuerkauf von Board Game Circus sehen, der einen Einblick in ein paar Dinge und Konzepte gegeben hat, die vom Friedhelm Merz-Verlag an die Spieleverlage herausgegben wurden. Das Ganze ist natürlich weit davon entfernt, der finale Status zu sein, sondern ist immer noch Work in Progress, wie man so schön Neudeutsch sagt. In diesem Konzept wird eine virtuelle Spielmesse erstellt, in der man sich in Hallen befindet und an Ständen vorbeischauen kann. Für die Inhalte an diesen Ständen sind natürlich die Verlage selbst verantwortlich und müssen, wie bei einer richtigen Messe vor Ort, Erklärbären an Bord haben und dafür Sorge tragen, dass die Besucher auch was zu schauen haben.

SPIEL.digital Themenwelten / Foto: Twitter Daniel Theuerkauf

Insgesammt soll es 15 verschiedene Themenwelten geben, in denen sich die Besucher bewegen können. Außerdem wird eine Zusammenarbeit mit Tabletopia und Board Game Arena angestrebt, bei denen die Besucher zur Zeit der Messe (und wie es aussieht sogar einen Monat lang) einen Premium-Account nutzen können, um über diese virtuellen Plattformen Spiele auch testen zu können. In einer Themenwelt gibt es, wie auf der realen Messe auch kleine und große Stände. So kann man auf den ersten Blick sehen, wer ein großes Angebot hat. Dazu gesellt sich noch eine Hotness-Anzeige, die einem sofort verraten soll, was gerade besonders beliebt ist.

SPIEL.digital Stände / Foto: Twitter Daniel Theuerkauf

An den Ständen selbst übernehmen dann die Verlage die Regie und können Videos von Youtubern produzieren lassen oder Erklärpartien anbieten, Infomaterial zum Download anbieten, etc. Hier ist denke ich mal eine ganze Menge möglich und die Verlage sind gefragt sich Dinge auszudenken. Technische Anbindungsmöglichkeiten für Discord und Co. sollen gegeben sein.

Bleibt für mich natürlich die Frage der Serverkapazitäten und wie sehr die in die Knie gehen werden, wenn gleichzeitig mehrere Hunderttausend User darauf zugreifen, denn eines ist klar, bei einer virtuellen Messe wird der Besucherzufluss wohl noch größer ausfallen, da sich ja sonst nicht jeder Interessierte eine Reise nach Essen leisten kann.

Spiele kaufen

Ein durchaus wichtiger Aspekt für viele und etwas, das aus meiner Sicht in einem kleinen Fiasko enden könnte. Es soll keinen zentralen Shop geben, was auch zu viel verlangt wäre, dafür sollen die Verlage wiederum selber sorgen und auf ihren Ständne Verkaufoptionen anbieten. Denn im Normalfall kann man auf der Messe Spiele weit vor Releasedaten kaufen und auch Schnäppchen machen. Verlage wie Feuerland haben bereits angekündigt einen Messe-Verkauf auf seiner Webseite zu starten. Verlage produzieren natürlich nur eine bestimmte Menge für so eine Messe und das Risiko mit Neuheiten kann man halt nicht gut einschätzen und ich denke das die Kontingente trotzdem eher klein sein werden. Allerdings kann ja die ganze Welt viel einfacher dabei sein und man spart Reisekosten. Das könnte in der Theorie dazu führen das man wahrscheinlich sehr schnell sein muss um ein begehrtes Spiel zu bekommen.

Programm

Neben den Ständen bietet die Spiel aber ansonsten auch immer einiges an Programm. Es gibt Diskussions-Panels und Vorträge. All diese Dinge sollen über Videoangebote abgebildet werden. So soll es eigens für diesen Part ein SPIELtv geben. Außerdem haben sich Orkenspalter TV und Nerd Star zu Streams erklärt, die sie von der SPIEL.digital anbieten werden. Auch BGG für den englischsprachigen Raum hat angekündigt einen Stream vorzubereiten. All diese Angebote sollen als Programm ebenfalls prominent auf der Website zu verfolgen sein. Auch hier hoffe ich das das irgendwie kuratiert wird, weil es denke ich ein riesiges Angebot aus der Community geben könnte.

Community

Kommen wir gleich zu dem Stichwort. Für viele ist die SPIEL normalerweise viel mehr als überfüllte Stände besuchen, in lauten Hallen Spiele spielen und scih erklären lassen, sowie Schnäppchen machen und Neuheiten shoppen. Nein, für viele ist es Treffpunkt und Austauschort zugleich. Auch hier möchte die SPIEL.digital dabei sein und hat angekündigt bestimmte Community-Funktionen anzubieten. So soll es einen Discordserver geben und auch Vereine, Spieletreffs und Cafés sollen mit eingebunden werden. In kleineren Kreisen könnten Läden und Vereine Treffen veranstalten und nach Coronaregeln mögliche Veranstaltungen anbieten. Hier möchte die SPIEL.digital diese dann auf der Seite präsentieren und Verbindungen zu Verlagen knüpfen, um eventuell neue Spiele bereitzustellen.

Business

Auch der Business-Bereich darf nicht fehlen, denn die Messe ist für alle ein großer Ort, um sich zu präsentieren. Hier soll es Möglichkeiten geben Prototypen vorzustellen und Kontakte zu knüpfen. Wie das genau aussehen soll kann ich mir nicht so richtig vorstellen und ich weiß auch nicht wie das vernünftig möglich sein soll. Ich könnte mir nur eine vereinfachte Kontaktaufnahme zu Verlagen vorstellen. Wie sinnvoll man hier über eine Plattform Prototypen vorstellen kann, lasse ich mal dahingestellt. Außerdem macht man es auf der Messe in Essen ja wahrscheinlich eh nur, weil eh alle Personen vor Ort sind. Bei einer Online-Lösung müsste man das vielleicht ja nicht zum gleichen Zeitpunkt machen, während die Messe läuft. Mal abwarten, ob und wie das Sinn macht.

Technik

Auf jeden Fall hat sich der Friedhelm Merz-Verlag eine Menge vorgenommen und die ersten Bilder sehen schonmal recht vielversprechend aus. Natürlich wird sowas in der kürze der Zeit nicht perfekt sein können und Kinderkrankheiten haben. Man darf nicht zuviel erwarten. Ich wäre schon zufrieden, wenn die Server stabil laufen und man den zu erwartenden Ansturm nicht unterschätzt und gut vorbereitet wäre. Max Metzler stellt in dem unten verlinkten Youtube-Video schon mal so einiges vor, auch wenn noch nichts finales zu sehen ist. Das Video ist in englischer Sprache.


Was kann man erwarten?

Das ist die große Frage. Das, was man bisher zu sehen bekam, lässt auf eine strukturierte Seite hoffen, auf der man sich bestimmt gut informieren kann, wenn denn die Verlage mitziehen und es hinbekommen den Content, den man braucht um eine solche Messe zu bestreiten auch rechtzeitig produzieren und anliefern. Ohne die ist es nur eine leere Infrastruktur. Ich habe oben im Text schon meine Bedenken erwähnt, die sehe ich zum einen bei der Serverlast, da hier überhaupt keine Erfahrungswerte bestehen. Man weiss schlichtweg nicht, wieviele Leute sich hier gleichzeitig einloggen werden. Eine Messe ist eigentlich immer auch ein großer Marktplatz und auf der Spiel werden für viele kleinere Verlage auch große Umsätze generiert. Für die Verlage hoffe ich, das sie es hinbekommen, das es sich trotzdem lohnt und für die Spieler, das sie die Spiele, die sie haben möchten auch bekommen.

Es gibt aber sehr viele Unbekannten und hier hilft eigentlich nur eins, ausprobieren und hoffen das es funktioniert, aus Fehlern lernen und Dinge die nicht gut laufen verbessern. Gut ist auf jedenfall, dass das Angebot auch über den eigentlichen Messezeitraum hinaus noch bestehen bleiben soll. Aber was denkt ihr so? SPIEL.digital wird bestimmt cool oder ist sie überflüssig.

Ein Gedanke zu „SPIEL.digital – Was kann man erwarten?“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.