Endeavor: Die Tiefsee – Ein Spiel für fast alle Gelegenheiten

Endeavor: Die Tiefsee

Was will ich denn jetzt schon wieder damit sagen? Nun ja, Endeavor: Die Tiefsee verfügt über drei verschiedene Spielmodi. Ich kann es mit bis zu vier Spieler*innen konfrontativ oder auch kooperativ spielen und dazu gibt es auch noch einen Solomodus, der sich zwar nur geringfügig vom kooperativen Spiel unterscheidet, sich für meinen Geschmack aber dennoch anders anfühlt. Mit diesen drei Varianten wäre Endeavor, ich lass den Zusatz jetzt mal weg, auch wenn es ja Vorgängerspiele mit ähnlichen Namen gibt, schon ein Spiel der vielen Möglichkeiten, aber es wird noch ein bisschen abwechslungsreicher. Endeavor spielt sich szenariobasiert und bringt in seiner großen Schachtel gleichmal zehn Szenarien mit. So viel zu den harten Fakten. Ach ja, es ist seit kurzem auch für den Kennerspiel des Jahres Preis nominiert und sollte diesen, wenn es nach mir geht, tatsächlich auch gewinnen. Warum? Das versuche ich euch mal etwas näher zu bringen.

Worum geht es?

Thematisch verrät der Titel natürlich schon worum es geht. Wir sind in der Tiefsee unterwegs und beschäftigen uns mit Meeresforschung. Endeavor spielt dabei mit den Elementen des Worker-Placement und Engine Buildings, auch wenn es beides irgendwie anders verkauft. In den Szenarios ist es unser Ziel die meisten Punkte zu erzielen, um unsere Mitspieler*innen zu besiegen. Spielen wir gemeinsam oder allein, so müssen wir eine bestimmte Anzahl Ziele erfüllen um das Spiel zu gewinnen.

Endeavor: Die Tiefsee – Verschiedene Szenarios / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Das Spielbrett ist Modular und sieht von Szenario zu Szenario anders aus. Wir legen zu Beginn ein paar Zonen der oberen Ebenen aus oder gehen auch schon mal tief runter, aber insgesamt kann das Spielfeld eine maximale Größe von fünf mal fünf Teilen erreichen. Die Spieler*innen können nur in den Zonen agieren, in denen sie mit einem ihrer U-Boote vertreten sind. Zu Beginn haben wir nur eins, können aber im Spielverlauf noch zwei weitere Boote erspielen.

Endeavor: Die Tiefsee – U-Boot in Zone / Foto: Spieltroll

Vor den Spieler*innen liegt ihr jeweils eigenes Tableau mit vier Skalen und einer (Meeres-)Wissensleiste. Auf den Skalen finden sich meine Fähigkeiten wieder. Von oben nach unten sind diese auch für den Beginn einer jeden Runde wichtig. Zu Beginn fahre ich mein U-Boot nämlich nur mit einem Allround-Crewmitglied, welches für mich jede Aktion ausführen kann. Zu Beginn des Spiels ist seit Aktionsfeld aber bereits von einer Aktionsscheibe blockiert. Als erstes in jeder Runde heuere ich ein neues Crewmitglied an. Die erste Skala verrät mir von welcher maximalen Stufe dieses Crewmitglied sein darf. Je höher desto ausgewiefter ihre Fähigkeiten. Manche von ihnen verbessern meine Fähigkeiten auf den Skalen und die meisten können Aktionen für mich ausführen und besitzen Aktionsfelder. Dann erhalte ich Aktionsscheiben für die laufende Runde. Je höher meine Wissensskala, desto mehr Aktionsscheiben/Arbeiter erhalte ich. Die dritte Skala zeigt an, wie viele Scheiben ich von meinen Crewmitgliedern wieder in meinen Laderaum zurücklegen darf. Es kann durchaus vorkommen, dass ich nicht alle zurückbekomme und Aktionsfelder besetzt bleiben und für mich nicht zur Verfügung stehen. Die letzte Skala zeigt an wie weit und wie tief sich meine U-Boote bewegen dürfen. Außerdem erspiele ich mir über den Fortschritt hier die zusätzlichen Boote.

Endeavor: Die Tiefsee – Tableau mit den unterschiedlichen Skalen / Foto: Spieltroll

Nachdem ich ein neues Crewmitglied aus der Auswahl gewählt, meine Scheiben für die Runde bekommen und eingesammelt habe, geht die Aktionsphase los und ich und meine Mitspieler*innen setzen abwechselnd immer eine Scheibe ein und führen die Aktionen aus. Insgesamt gibt es fünf mögliche Aktionen. Ich kann zum Beispiel mein U-Boot bewegen oder neue Spielplanteile entdecken. Alle Aktionen bringen mir aber immer irgendwelche Vorteile mit denen ich meine Fähigkeiten verbessere oder neue Ressourcen wie Scheiben oder Wissen bekomme. Wissen ist eine spezielle Ressource und so etwas wie die Währung des Spiels. Durch sie kann ich Forschungsarbeiten schreiben oder das Meer erforschen, was mir wieder Fähigkeiten etc. bringt. Viele der Aktionen kosten mich auch noch zusätzlich Scheiben, die ich auf den Ozeanteilen einsetzen muss und die dort liegen bleiben. So werden die Optionen nach und nach blockiert und weniger, wenn ich nicht neue Zonen entdecke. Das bekannte Meer wird halt immer weiter erforscht.

Endeavor: Die Tiefsee – Forschungsbaum mit Belohnungen / Foto: Spieltroll

Auf dem Szenarioplan gibt es noch ein weiteres Spielelement. Hier findet die Forschungsarbeit statt. Eine spezielle Ressource sind kleine Sechsecke mit Stern in der Mitte. Das sind Forschungsplättchen die ich auf dem Forschungstableau einsetzen darf. Es gibt bestimmte Startfelder und von da aus dürfen alle Spieler*innen Steine einsetzen oder an bereits gelegten weiteranbauen. So entsteht ein Wabenmuster. Auf den meisten dieser Felder warten wiederum Belohnungen. Einige zählen Punkte für die Endwertung.

Endeavor: Die Tiefsee – Papptray mit Crewmitgliedern / Foto: Spieltroll

Endeavor startet zunächst seicht und fast schon unspektakulär. Zu Beginn habe ich eigentlich kaum eine Möglichkeit zu agieren. Nur wenige Scheiben und gerade einmal zwei Crewmitglieder. Damit kommst du nicht weit und die Runde endet schnell. In unserer ersten Partie haben wir uns an dieser Stelle bereits gefragt, ob wir irgendetwas an Spiel übersehen haben. Aber nein, es ist genauso. Relativ bald aber entwickelt sich das Spiel in meinem Kopf. Ich habe mehr Scheiben und es entwickeln sich Pläne. Plötzlich kann ich gar nicht mehr genug Scheiben bekommen um alle Möglichkeiten abzudecken. Dann muss ich auch noch auf die Reihenfolge der Aktionen achten, damit meine Rechnung aufgeht. Dann ist aber plötzlich ein Einsatzfeld nicht mehr verfügbar, weil ein*e Mitspieler*in sie belegt hat. Plötzlich wird der große Ozean ganz klein und immer im richtigen Moment habe ich einfach kein Crewmitglied mehr mit der richtigen Aktion. Dann merkst du ganz schnell, dass es doch ein anderes Crewmitglied hättest nehmen sollen oder du zuvor vielleicht doch was anderes hättest machen können.

Endeavor: Die Tiefsee – Zwei Zonen mit unterschiedlichen Aktionsmöglichkeiten / Foto: Spieltroll

In Endeavor gibt es fast keinen Zufall, oder zumindest keinen der dich negativ beeinflusst. Die Informationen liegen offen aus. Das Meer ist voll von Möglichkeiten und die Crewmitglieder und ihre Fähigkeiten sind bekannt. Das Spiel entwickelt sich mit der Zeit und ist nie destruktiv. Dennoch wird sich hier schnell die Spreu vom Weizen trennen, weil einige ihre Engine ans Laufen bringen, während andere es vergeblich versuchen und ständig zu wenige Scheiben haben um alle Aktionen durchzuführen die sie machen wollen. Oder ihre Crewmitglieder sind ständig mit Scheiben belegt, weil sie die Scheiben von ihnen einfach nicht runter bekommen. Eigentlich ist Endeavor eine Aktionslawine die ich beherrschen muss. Von Runde zu Runde bekomme ich mehr Möglichkeiten zu agieren. Zeit für ein Fazit.

Das Fazit

Endeavor: Die Tiefsee – Größtmögliche Tiefe / Foto: Spieltroll

Das Thema ist schön, bleibt aber leider schwach. Zumindest ist es optisch sehr schön umgesetzt. Das empfinde ich aber bei Endeavor: Die Tiefsee als nicht besonders störend, denn das Spiel funktioniert wahnsinnig gut und ist voll von Variabilität. Einzelne Meereszone bringen weitere kleinere Regelveränderungen mit und auch die Szenarien schöpfen da aus dem Vollen. Wichtig zu sagen ist, dass sie das Spiel zwar verändern aber nicht von Grund auf umgestalten, so dass du doch immer dasselbe Spiel spielst und dich sofort zu Hause fühlst. Gleichzeitig sind sie aber eine Triebfeder für Inhalt den die Spieler*innen noch nicht ausprobiert haben und das sorgt für viel Wiederspielreiz.

Zunächst war ich ein wenig überrascht, dass die Jury für das Spiel des Jahres Endeavor überhaupt berücksichtigt haben, weil der Schwierigkeitsgrad dann doch schon ein wenig höher anzusiedeln ist, als der von anderen Preisträgern in der näheren Vergangenheit. Aber es macht tatsächlich wirklich Sinn und das liegt vor allem daran, das Endeavor komplex ist ohne aber auch nur im Ansatz kompliziert zu sein. Der Spielaufbau ist klar und strukturiert. Er geht vor allem wirklich schnell. Die Tableaus machen einen wirklich guten Job einen durch das Spiel zu führen und die Symbolsprache des ganzen Spiels ist wirklich klar und einfach. Es ist auch überhaupt nicht überfrachtet. Der Spielablauf ist ebenso strukturiert und schnell nachzuvollziehen. Das ganze Spiel ist redaktionell aller erste Sahne und wahnsinnig elegant. Die Anleitung gehört mit zum Besten, was ich seit langem gesehen habe. Hut ab!

Endeavor: Die Tiefsee – Koop-Ziele / Foto: Spieltroll

Der konfrontative Modus jedoch ist für mich tatsächlich nicht die beste Form Endeavor zu spielen. Das macht schon ganz schön Spaß, aber der kooperative Modus hievt das Ganze für mich nochmal auf ein neues Level. Ich bin mir bewusst, dass ich da vielleicht ein bisschen über das Ziel hinausschieße, denn aktuell gibt es viele Leute die behaupten das Spiel sei im kooperativen Modus zu hart. Nun ja, einfach ist es wirklich nicht, aber das finde ich genau richtig. Hier kannst du dich tatsächlich richtig austoben und versuchen das Beste aus deiner Gruppe rauszuholen. Natürlich schwingt da die Alphaspielerproblematik mit, aber damit haben viele kooperative Spiele zu kämpfen. Am besten gefällt mir Endeavor tatsächlich solo, weil ich dort den Schwierigkeitsgrad als genau richtig empfinde und das wird durch eine Extrarunde erzielt. Während eine normale Partie sechs Runden dauert, bekommst du als Solospieler*in eine weitere Runde und musst versuchen im einfachen Modus vier Ziele zu erfüllen. Wer es schwieriger möchte und das ist wirklich die Hölle, der spielt mit mehr Zielen. Aber glaubt mir, probiert erstmal vier!

Endeavor: Die Tiefsee – Unterschiedliche Spielsteine / Foto: Spieltroll

Ich bin begeistert von Endeavor: Die Tiefsee. Es sieht super aus, spielt sich in allen Modi super und ist damit ein äußert variantenreiches Spiel, bei dem ich aktuell immer wieder Lust habe es auszuprobieren. Wie gewohnt verliere ich gegen meine Frau und zusammen vier Ziele zu erreichen finden wir schon ganz schön haarig, aber in letzter Zeit hole ich es vor allem sehr oft zu einer Partie solo aus dem Schrank und versuche das ein oder andere Szenario zu gewinnen, was wirklich nicht einfach ist.


  • Verlag: Frosted Games, Board Game Circus
  • Autor(en): Carl de Visser, Jarratt Gray
  • Illustrator(en): Fahed Alrajil, Maruša Gorjup
  • Erscheinungsjahr: 2024
  • Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler*innen
  • Dauer: 60-120 Minuten

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