Spirit Island

Spirit Island / Foto: Spieltroll

Ich hatte ja schon damit gerechnet, dass es passieren würde, aber dann doch schon so bald… das war nicht geplant! In meiner Spiele des Jahres 2018 Liste sind nur Spiele vertreten,  die in 2018 erschienen sind und die ich gespielt habe. Leider habe ich es im letzten Jahr bis zum Schluß nicht geschafft Spirit Island zu testen. Mir war ja schon klar, dass es ein ganz heißer Kandidat für die besten Spiele des Jahres sein wird, aber ich habe es leider zeitlich nicht hinbekommen. Also hole ich das dieses Jahr nach und werde bei dem entsprechenden Beitrag noch irgendeine kleine Anmerkung machen, denn Spirit Island nimmt diese Top 10 im Sturm und setzt sich meiner Meinung nach an die Spitze.

Worum geht es ?

Der Autor R. Eric Reuss setzt mit seiner Spielidee da an, wo viele andere Spiele aufhören. In vielen Spielen müssen die Spieler neue Kontinente erobern und erforschen. Sie bauen Kolonien, Dörfer, Städte und machen sich das Land zu Untertan. Reuss hat weiter gedacht und sich überlegt, wie die Bevölkerung und das Land selbst sich diesen neuen Siedlern und Entdeckern gegenüberstellt. Spiele die das Thema von Seite der Ureinwohner betrachten gibt es nicht so viele. Aber auch hier geht er weiter, um ein spannendes Spiel zu schaffen: in Spirit Island spielen die Spieler die Naturgeister einer Insel, an die die Ureinwohner glauben und mit deren Hilfe sie die Flut der Invasoren von ihrer Insel vertreiben wollen. Der Spies wird also umgedreht.

Wie läuft das ab ?

Spirit Island Spielaufbau / Foto: Spieltroll

Spirit Island ist ein sehr umfangreiches Spiel und ich kann und werde nicht den ganzen Umfang einfangen können, aber ein paar grobe Züge werde ich anreißen. Jeder Spieler übernimmt die Rolle eines Geistes, der von den Ureinwohnern der Insel angebetet wird. Diese spielen sich komplett asymetrisch, soll heißen, jeder hat komplett andere Fähigkeiten, die ihm andere Möglichkeiten im Umgang mit den Eroberern, den Dahan (so heißen die Ureinwohner der Insel) oder auch den anderen Geistern ermöglichen. Dazu erhält jeder Spieler sein eigenes Spielertableau, auf dem Fähigkeiten, Zugmöglichkeiten und Geschichte stehen. Insgesamt sind im Grundspiel acht unterschiedliche Geister vertreten und diese spielen sich wirklich komplett unterschiedlich und verfügen über sehr thematische und gut umgesetzte Fähigkeiten.

Spirit Island Spielbrett / Foto: Spieltroll
Spirit Island Spielfiguren / Foto: Spieltroll

Die Insel wird modular aufgebaut. Für jeden Spieler kommt ein Inselteil hinzu. Zu zweit spielt man also mit zwei Teilen und zu viert mit vier. Die Insel ist grundsätzlich in vier verschiedene Landschaften unterteilt: Dschungel, Sumpf, Berge und Wüste. Jedes Inselteil verfügt außerdem über ein Ozeanfeld, das von den Eroberern und Geistern aber im Normalfall nicht betreten werden kann. Auf den einzelnen Gebieten ist jeweils abgedruckt, welche Invasorenfiguren, Dahan oder Ödnismarker zu Spielbeginn aufgebaut werden. Die Invasorenfiguren gibt es in drei Stärken. Es gibt einen einzelnen Entdecker, ein Dorf und eine Stadt. Aufsteigend habe diese die Stärkewerte und Lebenspunkte 1 bis 3. Die Dahanspielsteine sind kleine Hütten und verfügen über den Stärke- und Lebenspunktewert 2. Die Ödnismarker stellen den Raubbau an der Insel dar und sollten nicht zu häufig vorkommen, denn dann haben die Geister verloren. Falls ich es noch nicht erwähnt haben sollte, die Geister spielen kooperativ gegen die Invasoren, die mit einem cleveren Mechanismus vom Spiel gesteuert werden.

Spirit Island Geistertableau / Foto: Spieltroll

Nachdem alle Figuren auf das Spielfeld gestellt worden sind, müssen die Geister noch ihre Startaufstellung vollziehen und das ist ganz einfach, denn ein jeder von ihnen hat seine Aufstellung auf dem Tableau stehen. Dazu setzen die Geister runde Scheiben in ihrer Farbe auf das Brett. Das sind sogenannte Präsenzen. Die Geister sind ja nicht physisch auf der Insel vertreten, sondern nur durch den Glauben der Dahan und ihre Fähigkeiten sind Zeichen der Natur. Jeder Geist verfügt insgesamt über dreizehn dieser Präsenzen und zu Beginn werden einige von ihnen auf der Insel platziert. Die einzelnen Felder eines Inselteils sind durchnummeriert und so platzieren manche Geister ihre Präsenz zum Beispiel auf den Feldern 5 und 7 ihres Inselteils, andere platzieren eins in dem Sumpf mit der niedrigsten Zahl ihres Inselteils usw. Im Laufe des Spiels müssen die Spieler sich nun auf der Insel mit ihrer Präsenz verbreiten, denn wenn zu irgendeinem Zeitpunkt ein Geist keine Präsenz mehr auf der Insel hat, so scheidet er aus. Die Präsenzen können auch auf Felder platziert werden, wo schon Präsenz vorhanden ist. Der Glauben wird dann halt stärker und jedes Gebiet mit mindestens zwei Präsenzen gilt sogar als Heiliger Ort des Geistes.

Spirit Island Fähigkeitskarten / Foto: Spieltroll

Dann bekommt jeder Spieler noch einen Satz Fähigkeitskarten von seinem Geist. Dies sind die Startfähigkeiten. Die Anleitung schlägt zunächst vor mit einfachen Geistern zu starten und diese verfügen sogar über ein ganzes Deck mit Karten, von denen man zu Beginn aber nur vier Karten besitzt. Im Laufe des Spiels bekommt man weitere Fähigkeiten hinzu. In der Startvariante schlägt einem das Spiel eine Reihenfolge von Fähigkeiten vor, die den Geist mit der Zeit stärker machen. Im normalen Spiel ziehen die Spieler vier Fähigkeitkarten vom Stapel, suchen sich eine aus und werfen die anderen ab. Aber durch die Einsteigervariante wird man erstmal schonender an das Spiel herangeführt.

Spirit Island Invasorentableau / Foto: Spieltroll

Als letztes wird noch ein weiteres Tableau, nämlich das für die Invasoren aufgebaut. Das besteht aus einem großen Furchtfeld auf dem für jeden Spieler vier Furchtmarker platziert werden. Wann immer im Spiel Furcht unter den Eroberern gesät wird, wandern Marken in einen anderen Bereich. Sind zu einem Zeitpunkt alle Marken in diesem Bereich, so wird vom ebenfalls hier platzierten Furchtstapel eine Karte gezogen und bereitgelegt, bis sie im Zug abgehandelt wird. Auf ihr sind negative Effekte für die Eroberer angegeben. Der Furchstapel unterteilt sich dabei in drei Furchstufen, die das Spiel für die Geister immer einfacher machen. Jeweils nach drei Furchtkarten, wird die Stufe erhöht und die Siegbedingungen für die Geister gelockert. Zu Beginn gewinnen die Geister, wenn sie alle Eroberer von der Insel vertrieben haben. In Furchtstufe zwei dürfen die Eroberer keine Dörfer und Städte mehr haben und auf Stufe drei reicht es den Geistern, wenn keine Städte mehr auf der Insel sind. Sollten sie danach noch drei weitere Furchtkarten erspielen, gewinnen die Geister automatisch. Als zweites Element liegen auf diesem Tableau in der Startvariante im Ödnisfeld sämtliche verfügbare Ödnismarker (5 pro Spieler). Sollte dieses Feld leer sein, haben die Geister verloren. Das dritte Element ist eine Leiste für die Gebietskarten und vier Ablagefelder. Auch diese Gebietskarten gibt es in drei Stufen und sie zeigen die vier verschiedenen Regionen der Insel. Auf der dritten Stufe zeigen sie sogar immer zwei Gebiete. Zu Beginn des Spiels wird bereits eine Karte aufgedeckt und auf das Feld mit der Unterschrift ‚Entdecken‘ gelegt. Nun ziehen die Invasoren auf der Insel umher um Unbekanntes zu entdecken und sie beginnen sich von ihren Siedlungen und den Küstenfeldern her auszubreiten. Neben diesem Feld gibt es von links nach rechts noch folgende Felder: Ablage, Wüten und Bauen. Die Karten werden jede Runde um ein Feld nach links verschoben und die Gebietskarte gibt die Region an, in der die Invasoren die entsprechende Aktion verüben. Beim Wüten bekämpfen sie das Land und die Ureinwohner und Ödnis verbreitet sich. In der Bauen-Phase errichten sie unzählige Dörfer und Städte.

Soviel zum Aufbau. Ihr merkt schon, da ist eine Menge zu erwähnen. Jetzt werde ich nur noch grob den Spielablauf an sich erläutern, der eigentlich gar nicht so komplex ist. Alle Spieler spielen gleichzeitig und zu Beginn einer jeden Runde ist die Geisterphase dran, in der die Spieler drei Dinge tun: erstens wachsen sie, und dazu wählen sie eine der Möglichkeiten auf ihrem Tableau aus. Dabei geht es meistens darum, Präsenzen auf dem Spielbrett zu platzieren, zusätzliche Energie zu bekommen oder neue Fähigkeiten zu erhalten. Eine weitere Aktion, die sich im Wachstum verbirgt, ist das Wiedererlangen der Fähigkeitskarten, denn wenn ein Spieler eine Karte gespielt hat, so wird sie solange abgelegt, bis sie über eine Wachstumsaktion wieder auf ie Hand genommen werden darf. Die Präsenzen liegen in zwei Reihen auf den Spielertableaus und decken bestimmte Fähigkeiten der Geister ab. Das erste Feld einer jeden Leiste ist zu Beginn des Spiels frei und gibt den Spielern vor, wieviel Energie sie pro Runde bekommen und wieviele Fähigkeitskarten sie ausspielen dürfen. Durch das Ausbreiten der Präsenz können diese Werte erhöht werden. Zweites erhalten die Spieler Energie, die sie dazu benötigen, um Fähigkeitskarten zu bezahlen und drittens dürfen sie soviele Karten ausspielen, wie ihnen das Tableau vorgibt, solange sie diese mit Energie bezahlen können. Die Fähigkeiten verfügen dabei über zwei Geschwindigkeiten: Sofort und Verzögert.

Spirit Island Invasoren / Foto: Spieltroll

Die zweite Phase des Spiels ist die Sofort-Fähigkeiten-Phase und hier werden alle gespielten Sofort-Karten der Spieler in einer Reihenfolge abgehandelt, die sich die Spieler überlegen. Danach kommt die dritte Phase, in der die Invasoren dran sind. Hier wird dann das Invasoren Tableau abgehandelt: zuerst werden Furchteffekte abgehandelt, die durch die Furchtmarker erzielt worden sind. Danach werden die Gebietskarten von links nach rechts wie beschrieben abgehandlet und ganz zum Schluß werden die Karten um ein Feld weiterverschoben.

Nach den Invasoren sind wieder die Geister dran. Diesmal mit ihren Verzögerten Fähigkeiten, die wieder in einer von den Spielern gewählten Reihenfolge abgehandelt werden. Zum Schluß gibt es dann noch eine Endphase, in der die Fähigkeiten der Geister auf die Ablagestapel gelegt werden. Jeder Schaden, der nicht zum Entfernen einer Spielfigur gereicht hat, wird nun komplett geheilt und die Runde beginnt von vorn.

Das Spiel endet auf vier verschiedene Arten. Die Geister gewinnen nur, wenn es ihnen gelingt, die Bedingung der aktuellen Furchtstufe zu erfüllen. Verlieren tun sie, wenn entweder sämtliche Ödnismarker auf der Insel liegen, ein Geist stirbt, indem seine letzte Präsenz von der Insel entfernt wird oder der Gebietskartenstapel auf dem Invasorentableau komplett durchgespielt ist.

Es gibt noch viel mehr, auf das man detailierter eingehen könnte, aber für einen kurzen Anriss muss das reichen. Über die Fähigkeitenkarten müsste man vielleicht noch mehr sagen, denn sie sind das Salz in diesem Spiel, da sie so vielfältig sind und einem auch noch mit Elementen versorgen, die es Geistern erlauben Spezialfähigkeiten einzusetzen und und und… Für diejenigen, die noch mehr wissen wollen, sei gesagt, Spirit Island verfügt noch über einen sehr guten Solomodus. Auch Szenarien sind vorhanden, die für noch mehr Abwechslung sorgen. Außerdem sind mehrere verschiedene Invasoren enthalten, die sich nach anderen Regeln verhalten und so weitere Abwechslung bieten und wenn das alles noch nicht reicht, kann man den Spielplan auch noch auf eine zugegbenermaßen hübschere, aber unübersichtlichere Seite umdrehen, die zugleich noch eine schwierigere Insel, mit fieseren Startbedingungen aufwartet.

Das Fazit

Ich kann gar nicht aufhören, weil ich das Gefühl habe, ich habe noch soviel vergessen. Das entspricht wahrscheinlich der Wahrheit, aber man kann das in schriftlicher Form gar nicht alles kurz und knapp wiedergeben. Spirit Island ist ein Monster von einem Spiel und das meine ich ohne negativen Unterton. Das Spiel ist nicht unnötig komplex oder aufgebläht, alles macht tatsächlich Sinn und deshalb spielt es sich, wenn man erstmal dabei ist, auch unkompliziert. Was die meisten aber abschrecken dürfte, ist, dass die Erklärhürde sehr hoch ist. Eine halbe bis dreiviertel Stunde benötigt man beim ersten mal schon, um alles zu erklären. Das Spiel belohnt einen dann aber auch mit einer einzigartigen Spielerfahrung, die seines gleichen sucht. Spirit Island kann man in der Gruppe und auch Solo als Herausforderung sehr häufig spielen, da es sich immer ein bißchen anders anfühlen wird. Allein die acht unterschiedlichen Geister des Grundspiels, sind so unterschiedlich in ihrer Spielart, dass man mehrer Partien braucht, um alles kennenzulernen. Wir hatten das Glück sogar noch einen weiteren Geist, als Promo beim Kauf geschenkt zu bekommen. In den angekündigten Erweiterungen werden weitere folgen.

Spirit Island ist eine Erfahrung, die man sich als Brettspielenthusiast auf jeden Fall geben sollte. R. Eric Reuss hat ein wunderbares Spiel geschaffen, in der einem die andere Seite von Eroberung und Invasion aufgezeigt wird. Man sitzt in den ersten Runden staunend davor, wenn die Invasoren sich auf der Insel wie die Fliegen ausbreiten, das Land erobern und zerstören. Zunächsst fühlt man sich hilflos und muss seine Kräfte ausloten, bevor man mit kooperativen Strategien zurückschlägt und sich das Land zurückholt. Ich kann hier nur den Hut ziehen und verstehe voll und ganz, warum dieses Spiel in aller Welt so gut aufgenommen wurde. Definitv ein Prädikat wert!


  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): R. Eric Reuss
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Spieleranzahl: 1 – 4
  • Dauer: 60 – 180 Minuten


4 Gedanken zu „Spirit Island“

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