Paleo

Paleo / Foto: Spieltroll

Hans im Glück war bisher für mich ein Verlag, der im Jahr ein bis zwei Spiele herausbringt, die irgendwo zwischen tollem Familienspiel und niveauvollem Kennerspiel angesiedelt waren. In den letzten Jahren haben mich die Veröffentlichungen von Hans im Glück trotzdem eher selten angesprochen. In diesem Jahr aber biegen sie plötzlich mit einem kooperativen Spiel um die Ecke, etwas das sie bisher noch gar nicht in ihrem Portfolio haben, und überraschen mit einer schönen Aufmachung und einem bekannten Thema. Der Überlebenskampf der Steinzeit wird in Paleo spielerisch verarbeitet und das, wie ich finde (ihr seht es wahrscheinlich schon links auf dem Bild), ziemlich gelungen. Das, was Adventure Island einst sein wollte, weil The 7th Continent für viele zu unerschwinglich war, eine kooperative Überlebenserfahrung, bietet nun Paleo im Steinzeitsetting. Adventure Island ist für meinen Geschmack auf ganzer Linie gescheitert, aber Paleo macht einfach so wahnsinnig viel richtig.

Worum geht es?

In Paleo übernimmt jeder Spieler die Rolle von ein paar Mitgliedern eines steinzeitlichen Stammes, der ums Überleben in einer lebensfeindlichen Zeit kämpfen muss. Die Spieler gehören alle dem gleichen Stamm an und müssen gemeinsam versuchen ihren Stamm zu ernähren und die Gefahren des Szenarios zu überwinden. Dabei gewinnen die Spieler, wenn sie eine Höhlenmalerei aus fünf Teilen vervollständigen konnten, bevor sie fünf Schädel sammeln. Schädel bekommen sie hauptsächlich für den Tod von Stammesmitgliedern. Es gibt vorgeschlagene Szenarios, aber im Grunde können verschiedene Module in immer wieder neuen Kombinationen zusammengestellt werden.

Paleo – Spielmaterial / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Vor Spielbeginn gibt es einiges auszubreiten und vorzubereiten. Das Spielmaterial ist modular gehalten, so dass wir alles beliebig auf dem Tisch verteilen können. Hauptsächlich liegen drei zentrale Tableaus aus, auf oder an denen sich Karten befinden. Ein nettaussehender Kartenfriedhof steht ebenfalls bereit, genauso wie ein aus Pappteilen zusammengebauter Kartenständer auf dem wir im Verlauf des Spiels unsere Ideen aufstellen könnne, um einen besserern Überblick zu haben. Ein Hingucker auf jeden Fall, aber auch überflüssig. Bei Paleo handelt es sich um ein hübsch aufgemachtes Kartenspiel, dass sollte man nicht unerwähnt lassen, denn die Schachtel hat die standard Catangröße. Die Spieler selbst benötigen keine Tableaus oder großartig Platz vor sich, sie bekommen alle einen Kartenstapel und legen ein paar Karten und Marker vor sich ab.

Paleo – Nachttableau / Foto: Spieltroll

Auf dem ersten, dem „Nacht“-Tableau, bilden wir unseren Spielfortschritt ab. Hier liegen die fünf Teile der Höhlenmalerei bereit, die wir nebeneinander auslegen, um anzuzeigen, wie weit unser Stamm bisher gekommen ist. Dirket darunter befindet sich die Ablage für die Schädel, die hier ebenfalls bereit liegen. Am unteren Rand legen wir unsere, ich nenne sie mal „Ziele“, aus. Jedes Modul, mit dem wir spielen, bringt eine Karte mit, die wir hier auslegen müssen. Diese Karte gibt uns vor, welchen Effekt wir in jeder Nacht erleiden, wenn wir nicht bestimmte Vorraussetzungen erfüllen. Das könnte soetwas sein wie: „Bring mir zwei Fälle, sonst gibts einen Totenschädel“. Übersetzt heißt das natürlich soviel, wie: „Es wird kalt. Haben wir nicht genug warme Decken, wird jemand erfrieren“. Zusätzlich zeigt uns das Tableau an, dass wir vor jeder Nacht unsere Stammesmitglieder mit Nahrung ernähren müssen. Wir geben also vor jeder Nacht einen Nahrungsmarker pro Stammesmitglied in den allgemeinen Vorrat zurück. Können wir das nicht, kassieren wir wieder Schädel. Zu guter letzt liegt auf diesem Tableau der Geheimniskartenstapel. Ein Stapel mit besonderen Karten, die vom Szenario abhängig sind und besondere Elemente ins Spiel bringen können. Die Spieler dürfen sich hier die entsprechenden Karten nehmen, wenn eine Karte im Spiel sie dazu auffordert.

Paleo – Basislager / Foto: Spieltroll

Das zweite Tableau „Basislager“ ist im Grunde nur ein Aufbewahrungsort für unsere Vorräte und ein paar Kartenstapel, die uns helfen können. Hier lagert der Stapel für die Stammesangehörigen, ein Stapel mit Traumkarten und der Ideenstapel. Zu allem gleich mehr. Das dritte Tablau ist für zwei Ablagestapel da. Hier legenen wir nämlich unsere Karten hin, nachdem wir sie gespielt haben. Im Spiel müssen wir des öfteren Karten verdeckt weglegen und haben wir sie gespielt und sie werden nicht aus dem Spiel genommen, also in die Freidhofsablage gelegt, so kommen sie auf den offenen Ablagestapel. Wir dürfen nämlich von den verdeckten Karten nicht wissen, was sich auf ihnen befindet, auch wenn sie nach einem Tag wieder mit den anderen Karten zusammengemischt werden. Unter dem Tableau gibt es noch einen Bereich an den wir, wie beim Nacht-Tableau Karten anlegen können. Das ist der sogenannte Wartebereich. In manchen Modulen kommt es vor, das hier Karten darauf Warten von uns erspielt zu werden. Sie haben dann meist eine Vorgabe, bei deren Eintreten wir die Karte bekommen können.

Paleo – Friedhof / Foto: Spieltroll

Neben dem schon erwähnten Friedhof, als Ablage für Karten die ganz aus dem Spiel sind, gibt es noch die Werkbank. In ihr stellen wir alle Karten aus, die wir über die Ideen erlernt haben. Vor die Karten können wir die entsprechenden Marker in sie hineinlegen, wenn sie welche mitbringt. Von vornherein sind drei Werkzeuge auf ihr abgebildet, die wir immer bauen können: Eine Fackel, einen Keil und einen Speer. Bis zu sechs weitere können noch über Ideen hinzukommen.

Die Ressourcen und die Marker werden bereitgelegt. Zu Beginn des Spiels starten wir mit fünf Nahrung und jeder Spieler zieht zwei Karten vom Stammesstapel und legt die Mitglieder offen vor sich aus. Manche der Stammesmitglieder bringen einen Marker mit, den wir uns dann ebenfalls nehmen. Andere weiderum bringen Fähigkeiten mit. Grob gesagt gibt es ein Symbol für Handwerker, eines für Wahrnehmung und eines für Kampf. Alle Stammesmitglieder haben aber auf jeden Fall Lebenspunkte, die durch Herzfelder auf den Karten angezeigt werden. Sollte ein Stammesmitglied im Laufe des Spiels Schaden nehmen, so legen wir ein Herz auf ein Feld. Belegen wir das letzte Feld, das einen Totenkopf zu Erinnerung zeigt, so stirbt das Stammesmitglied und wir bekommen einen Schädel auf dem Nachttableau. Sollte es vorkommen das ein Spieler kein Stammesmiglied mehr hat, so zieht er ein neues vom Stapel. Man kann also nicht ausscheiden. Wir gewinnen und verlieren gemeinsam.

Paleo – Stammesmitglieder / Foto: Spieltroll

Die Vorbereitung ist fast abgeschlossen und nun kommen wir zum eigentlichen Spiel. Vor jeder Partie entscheiden wir uns mit welchen Modulen wir spielen wollen. Paleo hält eine kleine Kampagne bereit, um alle Module kennenzulernen, aber auch danch kann man bis zu drei Module zusammenbauen. In der Regel spielen wir aber mit zwei Modulen. In einem extra Beiblatt wird der Aufbau der Module erläutert. Welche Karten in den Geheimnisstapel gehören, ob es zusätzliche Ideen gibt, oder schon welche in der Werkbank stehen. All sowas sagt uns dieses Beiblatt. Wir legen die Nachtkarten an das Tableau und stellen den Spielkartenstapel zusammen, der aus einem für alle Spiele gleichen allgemeinen Stapel, sowie aus den Karten der Module besteht. Wir mischen ihn gut durch und bilden Stapel für jeden Spieler. Die Karten werden dabei verdeckt auf Stapel ausgeteilt und die Karten verfügen über verschiedene Rückseiten. Die Rückseiten der Karten geben uns einen Hinweis darauf, was sich für eine Aktion auf der Vorderseite befinden könnte. Wir können das aber natürich nie gena wissen, denn es gibt viele verschiedene Karten mit den gleichen Rückseiten. Zum Beispiel gibt es drei Formen von Gelände. Den Wald, das Gebirge und den See. Im Wald finden wir bevorzugt Holz, im Gebirge Steine und am See Nahrung. Das heißt aber nicht, das wir das auch immer auf der Vorderseite finden werden. Es gibt auch noch Rückseiten, die uns eine Gefahr und unser Lager zeigen und mit jedem Modul kommen weitere Karten hinzu, die neben dem Gelände auch noch Symbole, wie Höhlen oder Pilze oder Wölfe zeigen können. Die Rückseiten geben nur Hinweise, können aber trotzdem alles sein. Nur bei Gefahrenrückseiten können wir uns immer sicher sein, das es auch eine Gefahr ist.

Paleo – Kartenauswahl zu Beginn eines Tages / Foto: Spieltroll

Die Spieler sind nun zu Beginn einer Runde alle gleichzeitig dran und schauen sich die obersten drei Kartenrückseiten ihres Stapels an. Sie dürfen den ganzen Stapel durchschauen, aber die Reihenfolge der Karten nicht verändern. Von diesen obersten drei Karten müssen sie sich alle jeweils eine aussuchen und hier ist es schlau sich abzusprechen, denn die Spieler können sich eventuell untereinander helfen. Wenn alle gleichzeitig eine Gefahr bewältigen müssen, könnte das ungünstig werden. Haben sich alle für eine Karte entschieden, so legen sie die anderen zurück und drehen alle gemeinsam die gewählten Karten um. Nun sehen die Spieler ihre Möglichkeiten und müssen gemeinsam entscheiden in welcher Reihenfolge sie diese Dinge abhandeln wollen. Jeder Spieler darf in dieser Phase genau eine Option seiner Karte wählen. In der Regel zeigt eine Karte zwei oder drei Wahlmöglichkeiten. Eine davon ist immer die Option einem Mitspieler zu helfen. Spieler die sich für Hilfe entscheiden legen ihre Karte einfach offen ab und alle Symbole die in ihrer Auslage auftauchen, dürfen dann ebenfalls zum Absolvieren der Aufgabe des Mitspielers hinzugenommen werden.

Paleo – Unsere Ziele für die ersten Module / Foto: Spieltroll

Eine solche Aufgabe kann zum Beispiel so aussehen, dass an einer Wasserstelle ein Wildschwein gejagt werden kann. Um es zu besiegen benötigt man 3 Kampfsymbole und muss 2 verdeckte Karten abschmeißen. Der Spieler der diese Aufgabe bewältigen möchte hat aber selbst nur 2 Kampfsymbole und nimmt daher die Hilfe gern in Anspruch, denn das Wildschwein liefert 3 Nahrung für die gesamte Gruppe. Die Karten legt der Spieler, der die Aufgabe absolviert hat verdeckt ab. Hierbei muss noch auf Gefahrenkarten geachtet werden. Gefahrenkarten die verdeckt abgelegt werden kosten nämlich einen Punkt an Schaden, den wir einem unserer Stammesmitglieder zufügen müssen. Man kann also Gefahren nicht durch ablegen entgehen.

Paleo – Malerei oder Tot / Foto: Spieltroll

In dieser Form spielen wir uns durch den Stapel an Karten. Wir haben immer die Möglichkeit früh schlafen zu gehen und den Rest des Stapels einfach so verdeckt abzulegen. Das lohnt sich bei vielen Gefahrenkarten im Reststapel, weil in diesem Fall die Gefahrenkarten ohne bedenken abgelegt werden können. So kann es natürlich passieren, das bereits Mitspieler zum schlafen ins Lager zurückgekehrt sind, während andere noch durch ihren Stapel gehen. Nachdem aber alle ihre Stapel durchgespielt haben, muss die Nacht abgehandelt werden. Zunächst Nahrung und dann die Effekte des jeweiligen Moduls. Danach wird mit einem weiteren Tag begonnen, indem sämtliche Karten, die noch im Spiel sind, erneut gemischt und an alle verteilt werden. Wir spielen solange, bis wir die Höhlenmalerei vollendet und gewonnen haben oder aber die fünf Schädel das Spielende verkünden. Die Teile der Höhlenmalerei können wir auf vielen unterschiedlichen Karten bekommen. Auch die allgemeinen Karten und die Ideen bieten uns immer Möglichkeiten an diese Teile zu kommen, aber auch jedes Modul bietet andere Möglichkeiten.

Das Fazit

Paleo ist für mich eine ziemliche Überraschung. Zum einen hätte ich ein solches Spiel nicht vom Hans im Glück Verlag erwartet und zum anderen ist es für mich eines der besten Spiele, die ich in diesem Jahr spielen durfte. Ich lehne mich da jetzt schon mal ein bißchen aus dem Fenster, denn bisher war es mir leider nicht möglich das Spiel zu viert zu spielen. Ihr wisst, die aktuelle Situation lässt das nicht unbedingt zu. Aber zu zweit und dritt ist das Erlebnis schon richtig toll. Die Anleitung warnt zwar davor, dass Spiel, bevor man vertrauter damit ist, zu viert zu spielen, aber ich kann mir das sehr gut vorstellen. Je mehr Leute, desto mehr Möglichkeiten. Das Spiel könnte dann aber ein wenig unberechenbarer werden, da die Stapel kleiner sind und man Gefahren nciht immer ausweichen kann. Dafür sind natürlich auch mehr Stammesmitglieder mit Fähigkeiten im Spiel, die allerdings auch wieder Nahrung brauchen. Also, ihr merkt schon, hier kann ich keine richtige Aussage treffen, das müsste man einfach noch mal ausprobieren. An meiner Bewertung für das Spiel würde das aber nicht so wahnsinnig viel ändern, denn dafür finde ich es mit den erwähnten Spielerzahlen einfach schon zu gut. Das Spiel ist simpel zu verstehen und das Ziel ist eigentlich auch simpel: Keine Totenköpfe und irgendwann müssen die Höhlenmalereien her und bis dahin müssen möglichst viele leute überleben. Das allein funktioniert in den ersten Pratien schon recht gut, aber dann kommen in späteren Modulen noch ganz andere Gemeinheiten und Dinge hinzu, die ich hier natürlich nicht spoilern möchte, aber ich muss sagen, hier wurde kreativ einiges aus der Spielmechanik herausgeholt. Auch der Schwierigkeitsgrad steigert sich, so das man durchaus auch mal mehrere Anläufe braucht, bevor man eine Modulkombination der Kampagne besteht. Auch danach ist immer noch einiges Geboten, denn man kann die Module frei miteinander kombinieren und bis zu drei zusammenfassen.

Auf der Materialseite ist alles mehr als okay. Die Karten sind von guter Qualität und sie Holz- und Pappmarker sind ebenfalls sehr gut. Natürlich sind einige Sachen unnötig, wie der Friedhof oder die Werkbank die auch eher stört als nützt. Aber ein Hingucker ist sie allemal. Der einzige wirkliche Schwachpunkt in meinen Augen, der den Orden aber auch nicht verwehren kann, ist die Anleitung, die leider ein wenig unübersichtlich ist. Man kann zwar wahnsinnig schnell losspielen, weil man gar nicht soviel wissen muss, aber sobald man ein paar neue Elemente auf den Karten vorfindet, die man von Beginn an noch nicht auf dem Schirm haben musste, sucht man sich schon ein wenig den Wolf. Das liegt zum Teil auch daran, dass manche wichtige Information im Beiblatt der Modulerläuterung auftaucht. Das ist nicht optimal gelöst, aber nur ein ganz kurzes Harr in der Suppe. Ansonsten hatten und haben wir immer noch einen riesigen Spaß mit Paleo.

Ein kooperatives Familienspiel bei dem fast alles passt und das sowohl durch Ausstattung, als auch spielerisch, zu überzeugen weiss. Ein verdienter Orden!

  • Verlag: Hans im Glück
  • Autor(en): Peter Rustemeyer
  • Illustrator(en): Dominik Meyer
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Spieleranzahl: 2 – 4
  • Dauer: 45 – 60 Minuten

2 Gedanken zu „Paleo“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.