
Es wird schon einige geben, die etwas länger auf eine Review zu diesem Spiel gewartet haben und ich möchte mich vorab entschuldigen, denn ich habe die Review schon recht lang angekündigt, musste mir dann aber doch noch ein paar Gedanken darüber machen. Warum? Nun, Earthborne Rangers ist ein super besonderes Spiel. Einzigartig, wie ich in der Überschrift schreibe und ja, das ist eine kühne Behauptung. Ich wollte zunächst „Open World Brettspiel“ als Überschrift verwenden, habe das aber im letzten Moment noch geändert und die Einleitung umgeschrieben, denn nur dieses offene Spielelement hervorzuheben würde Earthborne Rangers einfach nicht gerecht werden. Ich kenne tatsächlich kein anderes Spiel das so funktioniert und dich so sehr beschäftigt. Ich war eine ganze Zeit ziemlich fasziniert von diesem Spiel und bin es aus Sicht eines Brettspielfans immer noch, aber unsere Beziehung ist ein wenig abgekühlter als noch vor zwei Monaten. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt die Review verfasst würde auch definitiv ein Orden auf der Schachtel prangen. Nach inzwischen reiflicher Überlegung habe ich mich aber knapp dagegen entschieden. Earthborne Rangers liefert mir verdammt viele Gelegenheiten es zu lieben, überzeugt aber auch durch einige negative Aspekte auf ganzer Linie und kann deshalb eigentlich keine Auszeichnung erhalten. Diesen Zwiespalt, eines einerseits total faszinierenden und einzigartigen Spiels, das auf der anderen Seite allerdings auch sehr frustrierend und zuweilen Nerv tötend sein kann, würde ich versuchen zu erklären, wenn ihr wollt…
Worum geht es?
Earthborne Rangers ist thematisch in einem Solarpunk-Science Fiction Setting angesiedelt und erinnert mich so am ehesten an Horizon Zero Dawn, wenn das jemand von euch kennt. In diesem Videospiel gibt es roboterähnliche Maschinen, die Kreaturen darstellen und eine Bevölkerung, die sich auf die Natur zurückbesinnt, aber mit diesen Techniken klarkommen muss. Ein bisschen ist das hier auch so, es gibt nur nicht diese Maschinenkreaturen, sondern alte Technologie und eine bisweilen mutierte Flora und Fauna. Der Ökoaspekt ist nochmal deutlich höher angesiedelt und das setzt das Spiel auch sehr konsequent um. Beim Spielmaterial gibt es nur Papier und Pappe. Das Spiel besteht nur aus Karten und Markern. Aber auch thematisch geht es um die Natur und unser Leben darin. Unsere Aufgabe ist es das Tal in dem wir leben als Ranger zu bereisen und zu bewahren. Dabei werden uns immer wieder Aufgaben gestellt, die wir bewältigen sollten.

Wie läuft das ab?
Etwas so Einzigartiges zu beschreiben fällt nicht eben gerade leicht und erfordert auch ein bisschen Vorstellungskraft. Earthborne Rangers ist deswegen ein so faszinierendes Spiel, weil es seine Welt nur mit Karten erschafft und diese tatsächlich mit einer Form von Leben füllt. Es passieren also Dinge in dem Spiel, die einfach so passieren weil sie durch die Karten getriggert werden und diese damit lebendig erscheinen lässt, wenn wir uns darauf einlassen. Das klingt erstmal relativ unvorstellbar, weil es sich ja nur um ein Kartenspiel handelt, aber ich verspreche euch, dass das funktioniert.
Wie also? Okay ich fange erstmal vorne an. Dem Spiel liegen neben einer Karte des Tals in dem Earthborne Rangers spielt, zwei Hefte bei. Eines ist die Anleitung, die wir unbedingt lesen müssen, bevor wir starten, und das andere ist ein Buch der Geschichten und hier unterscheidet sich das Spiel gar nicht so sehr von anderen Kampagnenspielen. Denn auch in diesem Buch finden wir nummerierte Abschnitte, die wir von Zeit zu Zeit vorlesen müssen. Earthborne Rangers verfügt auch über eine Einführung in das Spiel, die ich als durchaus gelungen empfinde, auch wenn ich im Nachhinein einige Probleme damit sehe, die mir aber zu Beginn noch nicht bewusst waren. Das Spiel nimmt dich Schritt für Schritt an die Hand, führt seine Charaktere ein und baut sogar die Decks für diese Charaktere mit den Spieler*innen zusammen während dieser Einführung. Dann entlässt es dich auf die erste simple und sehr wohlwollende Mission, um dir das Geschehen näher zu bringen. Das funktioniert wirklich sehr gut.


Nun der theoretische Teil. Wie funktioniert das Spiel? Wir haben ein Deck für unseren Charakter mit unterschiedlichen Karten. Eine Charakterkarte die unsere Klasse bestimmt (das Spiel nennt sie Berufungen), die immer offen vor uns ausliegt. Die Klasse bestimmt im Prinzip, welche Karten wir in welcher Menge in unserem Deck haben dürfen. Darüber hinaus versorgt sie uns mit einer einzigartigen Fähigkeit, die wir pro Tag einmal einsetzen dürfen. Neben der Charakterkarte liegt noch eine zweite Karte offen aus. Die sogenannte Aspektkarte zeigt uns vier farbige Werte. Wahrnehmung, Souveränität, Fitness und Ruhe. Die Werte schwanken zwischen eins und drei und ergeben auf jeder Karte zusammen immer acht. Den Werten entsprechend befindet sich zu Rundenbeginn eine Anzahl an Energiemarkern für jede Charakteristik auf der Karte. Diese bestimmen später unseren Handlungsspielraum.


Earthborne Rangers Spielmechanik basiert hauptsächlich auf Tests. Vier verschiedene davon stehen uns einfach immer zur Verfügung. Diese korrespondieren mit unseren vier Werten: Durchqueren, Fühlen, Erinnern und Schleichen. Jedem Test ist auch immer noch eines von vier Symbolen zugeordnet, mit dem wir unser Testergebnis beeinflussen können. Aber die vier Standardtests sind bei weitem nicht unsere einzige Möglichkeit im Spiel etwas zu tun. Auf fast jeder Karte befindet sich mindestens eine Möglichkeit einen Test auszuführen um irgendwie damit zu interagieren. Auch hier wird immer einer unserer Werte sowie ein Symbol benötigt. Dahinter wird immer die Handlung angegeben und in einer eckigen Klammer finden wir einen Wert für die Schwierigkeit, den wir erreichen müssen. So können wir zum Beispiel einen Test auf Wahrnehmung machen, um von einem Busch Früchte zu pflücken. Dazu benötigen wir das dreieckige Symbol und müssen einen Wert von mindestens zwei erreichen. Diesen Wert erreichen wir nun, indem wir immer erstmal einen Energiemarker des entsprechendes Wertes bezahlen: in diesem Fall also einen Marker unserer Wahrnehmung. Wir können auch mehr benutzen, um den Wert zu steigern. Nun können wir aber auch Karten von der Hand ausspielen, die diese Symbole aufweisen und sie dafür abschmeißen. Das System erinnert mich am meisten an die Kartenmechanik von Arkham Horror: Das Kartenspiel. Zu guter Letzt müssen wir noch eine Karte vom Welteffekt-Stapel ziehen, um den Wert zu modifizieren. Das ist ein Stapel der genau wie unsere Aspektkarte, die vier Werte mit Modifikationen zeigt. Der Test wird um genau diesen modifiziert und wenn der Wert dann ausreicht um die Schwierigkeit zu erreichen oder zu übertreffen, so haben wir den Test geschafft und können seinen Effekt ausführen. Dieser Welteffekt-Stapel wird gleich an anderer Stelle noch wichtig, aber ich mach erstmal weiter.

So weit so gut. Die Spieler*innenseite haben wir jetzt schon mal ganz gut erklärt. Aber wie läuft das mit der Welt in der wir uns bewegen? Die entsteht auf den Karten vor uns auf dem Tisch. Zunächst sei noch gesagt, dass eine Partie Earthborne Rangers eine Kampagne darstellt. Diese Kampagne handeln wir in Spieltagen ab. Ein Spieltag ist in sich immer abgeschlossen und somit die eigentliche Partie. Ist ein wenig verwirrend, ich weiß. Also wir können nach einem Tag immer abspeichern und beim nächsten Mal an der Gesamtpartie/Kampagne weiterspielen. Wann genau ein Tag endet bestimmen wir als Spieler*innen oder durch Ereignisse auch das Spiel selbst.

An einem Tag entscheiden wir als Spieler*innen, wo wir als nächstes hingehen. Die Karte zeigt uns mögliche Verbindungen auf. Wir wählen einen benachbarten Ort zu unserer momentanen Position. Dann suchen wir uns die Karten die zu diesem Ort gehören aus dem Kartenvorrat heraus. Außerdem führt immer ein Weg zu diesem Ort und der ist auf der Karte mit einer Geländeart gekennzeichnet. Auch zu dieser Geländeart (Wald, Grasland etc.) gehören Karten aus dem Vorrat. Diese stellen wir nun alle zu einem Pfadstapel zusammen. Eine Karte für den Ort wird offen ausgelegt. Zusätzlich bestimmt ein Kalender auf unserem Kampagnenblatt welches Wetter wir an einem bestimmten Tag haben. Auch dafür liegt eine Wetterkarte aus. Starten wir nun also in unseren Tag mit der ersten Runde. Zu Beginn einer Runde zieht jeder Ranger immer eine Pfadkarte vom Stapel. Auch der Ort an den wir reisen wollen hat evtl. eine Startaufstellung, zu der es gehören kann, das wir schon Pfadkarten ziehen müssen. Wann immer wir eine Pfadkarte ziehen gibt diese uns eine Position vor. Es gibt Karten die entlang des Weges liegen. Diese werden einfach in die Mitte des Spieltisches gelegt und gelten für alle Ranger. Dann gibt es Pfadkarten die in den Spielbereich eines Rangers gelegt werden. Das sind Karten mit denen sich einzelne Ranger erstmal vorrangig beschäftigen sollten. Ein kleiner Pfeil auf den Karten bestimmt wo sie hingelegt werden. Die Pfadkarten stellen Gefahren und Lebewesen, Situationen und Ereignisse dar, denen wir auf unserer Reise durch die Welt begegnen können. Natürlich gehören auch Personen dazu mit denen wir interagieren können. Auf all diesen Karten gibt es im Prinzip Tests mit denen wir interagieren können um uns Gefahren zu stellen, Story von bestimmten Leuten mitzubekommen usw.


Nun komme ich nochmal zum Welteffekt-Stapel. Auf diesen Karten gibt es ganz unten immer noch ein weiteres farbiges Feld mit Symbol. Ein gelbes mit Sonne, ein blaues mit Berg und ein rotes mit Adler. Dieses Symbol bestimmt, welche Pfadkarten nach dem Test aktiviert werden. Die Pfadkarten verfügen ebenfalls über diese farbigen Symbole und beschreiben Effekte. Manche haben nur blaue Effekte, andere wiederum verhalten sich bei jeder Farbe anders. Genau an dieser Stelle entsteht die Spielwelt wie auf magische Weise. Ich versuche das mal rudimentär zu beschreiben: vor mir liegen ein Beerenstrauch, eine Hirschkuh und ein Hirschbock, sowie ein Wolf als Karten aus. Ich könnt durch einen Test versucht haben den Zielort zu erreichen. Als Welteffekt ziehe ich einen blauen Berg. Nun sagt die Karte der Hirschkuh, dass sie auf der Suche nach einer Nahrungsquelle, welcher der Strauch ist, diesen frisst. Dabei entsteht ein Schaden auf dem Strauch und die Hirschkuh wird erschöpft. Der nächste Welteffekt zeigt den roten Adler, der dazu führt das der Hirschbock mich angreift, weil die Kuh erschöpft ist und ich Schaden nehme. Dabei wir auch er erschöpft. Als nächstes ist der Wolf auch noch dran, weil er ebenfalls bei Rot aktiviert wird und auf der Suche nach Beute ist. Da die aber alle erschöpft ist, greift auch er mich an. Sonst würde er unter den Hirschen wildern. So entsteht tatsächlich eine in sich funktionierende Welt vor dem inneren Auge.

Noch interessanter wird das mit den Nichtspielercharakteren die wir in der Welt treffen. Wir lesen meist einen kleinen Abschnitt aus dem Buch vor, wenn wir einem begegnen. Dann treten wir über einen Test den wir bei ihm erfüllen müssen in Kontakt und dürfen einen anderen Abschnitt lesen. Meistens geben sie uns Aufgaben und Missionen die wir erfüllen sollen. Treffen wir sie später im Spiel wieder dürfen wir im Heft andere Optionen vorlesen und es wirkt tatsächlich so, als träfen wir die Person erneut und die Welt hätte sich ein bisschen weiterbewegt. Somit werden all diese Charaktere ein Teil unseres Spielkosmos.
An dieser Stelle steige ich jetzt mal aus der Spielerklärung aus, sonst wird es zu umfangreich. Es sei aber gesagt, es gibt noch viele weitere zu beachtende Dinge, wie zum Beispiel Erschöpfung usw., die letztlich bestimmen wie lang unser Tag dauert. Ich komme aber gleich im Fazit noch auf ein paar Dinge zu sprechen.
Die Geschichte des Spiels entspinnt sich also entlang unseres Kalenders. Wir absolvieren Aufgaben und versuchen an bestimmten Tagen an bestimmten Orten zu sein und bestimmte Leute zu treffen, die sich natürlich immer in einem Pfadstapel befinden und erst gefunden werden wollen. Der Fortschritt ist dabei als gemächlich zu bezeichnen.

Das Fazit
Earthborne Rangers ist zunächst einmal absolut faszinierend. Zu Beginn dachte ich noch, es handelt sich um eine Art Öko-Arkham Horror, zu sehr erinnerte mich das Kartenspiel an den Genreprimus. Auch das Modifikationssystem stand wohl Pate, auch wenn es natürlich über Karten und nicht Marker funktioniert. Auch wenn ich damit nicht falsch liege, so ist Earthborne Rangers doch viel mehr als das. Sein System mit der Spielwelt umzugehen ist absolut einzigartig. Etwas ähnlich Faszinierendes habe ich in noch keinem anderen Kampagnenspiel gesehen und erleben dürfen. Dabei wurde von den Autoren viel Wert auf ihre eigenständige Welt gelegt, die sich in jedem Spielbereich, auf jedem Pfad ein wenig anders anfühlt. Jeder Weges Abschnitt ist für sich genommen ein kleiner Microkosmos der in sich handelt. Das macht schon jede Menge Laune das zu entdecken. Dazu gesellen sich dann noch die ganzen Charaktere die wir entlang des Weges treffen und des Öfteren auch mal wiedersehen. Das Tal ist ein Dorf, soviel kann ich sagen. Das magische an diesem System ist es, um das nochmal klar herauszustellen, dass dir hier nicht immer wieder neue Brocken vor die Füße geworfen werden, die es dir gleichzeitig auch beantwortet. Die Lösung wird nicht gleich mitgeliefert. Earthborne Rangers legt dir Dinge in den Weg, die dir erstmal sinnlos und unverständlich vorkommen. Du selbst stellst dem Spiel die Fragen und wirst irgendwann auch mit antworten belohnt, wenn du verstehst, wie du Gefahren in einem dieser Microkosmen aus dem Weg gehst und die Umwelt für dich benutzt.
Ein weiterer Vorteil liegt ganz eindeutig in seiner Spielstruktur. Das Spiel ist nicht Missions- oder Szenario basiert. Du bist nicht gezwungen solange zu spielen, bis du eine Mission beendet hast oder ein bestimmtes Szenario abgeschlossen wurde. Nein, hier spielst du einfach tageweise, so lange bis die Charaktere erschöpft sind und nicht mehr können. Missionen liegen am Wegesrand und werden ganz nebenbei abgeschlossen oder auch mit in den nächsten Tag genommen. Im Grunde können wir als Spieler*innen einen Tag zu jeder Zeit beenden. Das Spiel beendet einen Tag nur bei sehr wichtigen Ereignissen über das Kampagnenbuch, sobald wir erschöpft sind, was bedeutet das wir keine Karte mehr von unserem Deck ziehen können oder falls wir Müdigkeit erleiden müssen und dies nicht mehr können. Müdigkeit erleiden wir, indem wir Karten von unserem Deck unbesehen auf unseren Müdigkeitsstapel legen. Wir haben die Möglichkeit Müdigkeit zu lindern und Karten von diesem Stapel zurückzugewinnen, aber wenn wir ihm Müdigkeit hinzufügen müssten und das nicht können, endet ein Tag für uns aufgrund von Erschöpfung. Eine weitere Möglichkeit, warum ein Tag vom Spiel aus endet ist, wenn ein Ranger seine dritte Wunde erleiden würde. In diesem Fall würde sein Deck mit einer Verletzung bestückt werden, die wir an folgenden Tagen ziehen werden. Ansonsten steht es uns aber frei einen Tag zu beendet wann wir wollen. Immer wenn wir reisen können, dürfen wir ein Nachtlager aufschlagen und den Tag beenden. Ein guter Zeitpunkt.

Das Speichersystem, welches bei anderen Spielen dieser Art immer auch ein Problem ist, ist hier tatsächlich super einfach und voll komfortabel. Es gibt ja keinen Spielaufbau der zu beachten wäre. Wir legen das Deck mit allen Komponenten zurück in die Spielschachtel hinter einen dafür vorgesehenen Trenner, aktualisieren unseren Kampagnenbogen, damit wir beim nächsten Mal noch wissen, wo wir waren und dann geht es beim nächsten Mal mit einem neuen Tag los. Frisch erholt und ausgeruht bauen wir unseren nächsten Pfadstapel für das nächste Ziel zusammen. Gar kein Problem.
Als letztes möchte ich noch sehr positiv hervorheben, dass Earthborne Rangers seinen Öko- und Achtsamkeitsansatz sehr konsequent umsetzt. Es ist nicht die Aufgabe der Ranger die Natur zu verletzen und hier große Konflikte zu beseitigen. Was einer Waffe im Spiel am nächsten kommt ist da der Wanderstab und wir können Tiere und Nichtspielercharaktere zwar auch durch Schaden besiegen, dies ist aber in nicht vielen Fällen der bessere Weg. Meistens gibt es immer andere Wege mit ihnen fertigzuwerden. Diese Welt ist friedlich und wird mitunter höchstens durch Bedrohungen in ihrem Frieden gestört, die wir versuchen müssen als Ranger zu beseitigen. Ich möchte das nur zu bedenken geben, da es bestimmt wildere Charaktere unter der Spieler*innenschaft geben könnte, denen das eine Spur zu friedfertig sein könnte.

Was ist denn nun so negativ an dem Spiel? Wenn ich das so formuliere klingt das echt zu hart. Das Spiel schrammt immer noch nur knapp an einem Orden vorbei, also kann es nicht so negativ sein. Das Spiel kann dich nerven und das kommt, so war es zumindest bei uns mit zunehmender Spieldauer. Am Anfang bist du wirklich fasziniert und du nimmst das langsame Tempo noch nicht so wahr. Irgendwann nach mehreren Tagen fragst du dich dann aber ob da noch was kommt auf das Earthborne Rangers hinaus will. Hinzu kommt, dass du immer wieder vor unklaren Regelsituationen sitzt. Du erinnerst Regeln nicht mehr richtig oder hast kleine Detailregeln einfach vergessen. Die Anleitung ist leider ein totales Desaster. Du findest nichts auf Anhieb wieder. Die Reihenfolge in der es dir die Regeln erklärt ist mehr als fragwürdig und führt im Nachhinein immer wieder zu Verwirrung wenn du etwas suchst. Gerade am Anfang haben wir manchmal fünfzehn Minuten vor dem Regelheft gesessen, um eine Passage, von der wir wussten sie gelesen zu haben, partout nicht wiederfinden konnten. Einige Regeln sind auch so unklar geschrieben, dass es zu Problemen führen kann. Das gilt im Übrigen nicht nur für die deutsche Übersetzung, sondern auch für das Original.
Im Großen und Ganzen muss ich leider auch sagen, dass die Abwechslung des Spielprinzips halt nicht gegeben ist. Soll heißen, das Testsystem nutzt sich irgendwann ein wenig ab und wirkt dann sehr repetitiv. Die Abwechslung liegt hier wirklich eher in der Spielwelt und den Dingen die da passieren. Auch lässt einen das Spiel ein wenig allein zurück mit den Charakteren. Es erklärt dir zwar schön welche Berufungen es gibt und welche speziellen Fähigkeiten dazu gehören und es baut ja sogar mit dir Decks während des Tutorials, aber danach lässt es dich allein. Du erhältst zwar von Zeit zu Zeit neue Karten, die du in dein Deck integrieren kannst, aber das funktioniert nur auf einer eins zu eins Basis und auch nur wenn du über die entsprechenden Werte verfügst. Die Decks die du dir am Anfang baust sind in den meisten Fällen erstmal ziemlicher Müll und verfügen über Karten die du in manchen Fällen einfach nie brauchst oder du hast eine schlechte Verteilung der Symbole in deinem Deck. Inzwischen gibt es Decks die du dir herunterladen kannst mit denen du vielleicht etwas besser aussiehst. Das würde ich auf jeden Fall empfehlen. Auch sei die Scout-Fähigkeit hervorgehoben, die von unschätzbarem Wert sein kann. Zumindest ein paar Karten der beteiligten Charaktere sollten über diese Möglichkeit verfügen.
Ich kann es zum Abschluss nur nochmal sagen: Ein faszinierendes, einzigartiges Spiel, das dich manchmal auf die Palme bringt und nicht ganz einfach zu bedienen ist und bei dem ich mir unklar bin, wie lang die Motivation aufrecht gehalten wird, aber für Spieler*innen die das nicht fürchten, eine Kaufempfehlung. Zu dritt oder viert würde ich es genauso wie alleine nicht spielen. Alleine verfügst du nie über das Maß an Fähigkeiten, dass du brauchst um zu bestehen und mit drei oder vier Spieler*innen ist auf den Wegen zu viel los um gut voranzukommen. Hier liegt der Fokus auf einer schönen Partie zu zweit.
- Verlag: Frosted Games
- Autor(en): Andrew Fischer, Brooks Flugaur-Leavitt, Andrew Navaro, Adam Sadler, Brady Sadler
- Illustrator(en): Joe Banner, Evan Simonet
- Erscheinungsjahr: 2023
- Spieleranzahl: 1-4 Spieler*innen
- Dauer: 60-240 Minuten