Es hat ein wenig gedauert, bis dieses Kartenspiel den Weg über den großen Teich geschafft hat, aber es ist endlich soweit. 2020 zur Spiel.digital wurde Fantasy Realms, so der englische Titel vom neuen Verlag Strohmann Games auch in Deutschland veröffentlicht und wer es nicht vorbestellt hat, bekam es ersteinmal nicht. Es war sofort ausverkauft und erst in diesem Jahr wieder zu bekommen. Man scheint es zu mögen und ich hatte soviel Positives über dieses nur aus 53 Karten bestehenden Spiels gehört, dass ich es unbedingt ausprobieren wollte. Ihr seht ihn ja auch schon auf dem Cover prangen: der Spieltroll-Orden zeigt euch augenscheinlich, was ich von diesem Kleinod halte, aber ist das auch alles so gerechtfertigt und gibt es da auch noch ein paar Haare in der Suppe und warum ist Fantastische Reiche so gut? Fragen über Fragen, die ich versuchen werde zu beantworten.
Worum geht es?
Um Punkte! Um möglichst viele Punkte! Das Thema tut eigentlich nichts zur Sache, ist aber im Fantasybereich angesiedelt. Dürfte bei dem Namen ja auch keine Verwunderung hervorrufen. Aber das Thema ist völlig egal und könnte auch von verschiedenen Stoffgruppen des Periodensystems, Gattungen und Arten des Tierreichs oder verschiedenen Werkzeugen innerhalb eines Werkzeugkastens handeln. Absolut austauschbar. In Fantastische Reiche geht es einzig und allein darum die bestmögliche, weil am meisten Punkte bringende Kartenkombination zu erreichen und wer das mit sieben Karten schafft, wenn das Spiel zu Ende ist, der gewinnt. Klingt simpel? Ist es auch!
Wie läuft das ab?
Fantastische Reiche zu erklären dauert genau eine Minute. Die Karten werden gemischt und jeder bekommt sieben Handkarten. Ist man am Zug zieht man entweder eine Karte vom Nachziehstapel oder eine aus der Auslage in der Mitte des Tisches. Danach legt man eine Karte offen in die Auslage in der Mitte. Der erste Spieler muss also eine Karte vom Nachziehstapel ziehen und alle nachfolgenden können sich entscheiden, ob ihnen eine der Karten in der Auslage gefällt oder sie eine ziehen wollen. Das Spiel endet, sobald die zehnte Karte offen in der Auslage liegt. Dann werden die Puntke gezählt. Fertig. Den Rest erklären die Karten von allein. Dazu sind lediglich noch ein paar Schlüsselbegriffe oder Formulierungen auf den Karten von Nöten. Einige Karten bringen einen Bonus und andere Strafen mit sich. In diesen Zusammenhängen wird noch von Blockieren und Aufheben gesprochen. Ist eine Karte blockiert, so hat sie keinen Namen, keine Farbe, keine Boni, keine Strafen und auch keine Basisstärke mehr. Was das bedeutet erkläre ich gleich. Wird eine Strafe aufgehoben, so zählt diese auf einer Karte einfach nicht mehr.
Wenn zehn Karten in der Auslage liegen wird gewertet und das tun die Spieler mit einem Wertungsblock indem sie jede einzelne ihrer Karten durchgehen und die Punkte für sie notieren. Jede Karte hat in der linken oberen Ecke einen Zahlenwert stehen und den nennt das Spiel Basisstärke. Diese Basisstärke reicht von 0 bis 40 und da es 53 Karten gibt, zeigt das schon, dass diese Zahlen nicht nur einmal vorkommen. Neben der Basisstärke verfügen sämtliche Karten noch über ein paar weitere Eigenschaften. Jede Karte hat einen Namen und eine Farbe. Die Farben haben dabei nocheinmal ihre eigene Bezeichnung. Die pinken Karten zum Beispiel sind die Zauberer. Von jeder Kartenfarbe gibt es fünf einzigartige Karten. Von diesen Kartenfarben gibt es insgesamt zehn Stück: die schon benannten Zauberer, Armeen, Anführer, Waffen, Artefakte, Bestien, Länder, Wetter, Fluten und Flammen. Neben der Stärke, einem Namen und der Kartenfarbe hat jede Karte auch noch einen Bonus oder eine Strafe, die mit diesen Eigenschaften zusammenhängt.
Um das besser zu verstehen gebe ich mal ein paar Beispiele: Das Gebirge zum Beispiel ist ein Land mit einer Basisstärke von 9 und man erhält einen Bonus von +50 wenn man gleichzeitig die Karten Rauch und Buschfeuer unter seinen sieben Handkarten hält. Außerdem hebt das Gebirge die Strafen auf allen Flut-Karten auf. Schauen wir uns jetzt noch den Rauch an, so hat dieser eine Basisstärke von 27 und eine Strafe die besagt, dass sie blockiert wird, wenn man keine Flamme auf der Hand hat. Der Rauch ist selbst eine Wetterkarte. So stehen die Karten in bestimmten Verbindungen und ergänzen sich oder schließen sich aus und die Spieler müssen versuchen in der begrenzten Zeit, bis insgesamt zehn Karten abgelegt wurden, die möglichst beste Hand zu halten.
Zu den 50 Karten in den zehn Farben gesellen sich noch drei Joker hinzu, die allesamt keine Basisstärke haben, aber über besondere Fähigkeiten verfügen indem sie Kartennamen oder Farben duplizieren usw. Das macht sie selbst zwar wertlos, aber in größeren Kombinationen, für die einem eine bestimmte Karte fehlt kann das ganz wertvoll sein.
Es wird öfter mal behauptet die Fantastischen Reiche sei ein Spiel für 3-6 Spieler aber das stimmt nicht. Im deutschen steht auch 2-6 auf der Schachtel und das Spiel läßt sich auch ganz hervorragend zu zweit spielen. In der Variante für zwei beginnt man allerdings ohne Handkarten und zieht wenn man an der Reihe ist erst nach und nach Karten auf die Hand. Entweder man zieht zwei Karten vom Stapel und legt dann eine in die Auslage, oder aber man nimmt eine Karte vom Stapel und eine der offenen. Das macht man solange, bis beide Spieler sieben Karten auf der Hand halten, dann verläuft das Spiel normal und man zieht entweder eine vom Stapel oder nimmt eine Karte aus der Auslage. Bei zwei Spielern endet das Spiel auch erst wenn zwölf Karten in der offenen Auslage liegen. Funktioniert super.
Die Wertung ist dann etwas aufwendiger aber gelingt mit dem beigefügten Wertungsblock ganz gut. Man sollte tatsächlich jede einzelne Karte durchgehen und die einzelnen Punkte notieren. Der Block ist sogar schon für den Totenbeschwörer ausgelegt, durch dessen Fähigkeit man eine achte Karte werten darf. Seltsamer Weise zeigt der Block auch schon eine Zeile für die Erweiterung des Spiels, die aber erst für dieses Jahr angekündigt wurde. Da war man sich wohl sicher.
Das Fazit
Ich bin voll des Lobes für dieses Spiel. Fantastische Reiche ist tatsächlich ziemlich fantastisch und das meine ich nicht thematisch sondern spielerisch. Es ist ein richtig gutes Spiel, dass dafür sorgt das man es immer nochmal ausprobieren will, denn man könnte ja eine noch bessere Kombination von Karten auf die Hand bekommen. Man versucht es immer wieder bis man nach unzähligen Partien natürlich auch weiß, welche Karten gut zusammen funktionieren. Aber ob man das auch auf die Hand bekommt, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Ich habe inzwischen fast unzählige Partien gespielt und der Block schmilzt nur so dahin. Das habe ich lange nicht mehr bei einem Wertungsblock beobachtet und auch dieser ist gar nicht mal so schmal. Ich finde es wirklich erstaunlich das Fantastsische Reiche erst jetzt nach Deutschland kommt, denn es ist bereits 2017 in englischer Sprache herausgekommen. Das Spiel ist im Prinzip so simpel, dass es jeder erlernen kann und schnell damit klarkommt. Es funktioniert meiner Meinung nach mit jeder Spielerzahl außer das ich den Eindruck habe, dass die Joker in größeren Runden eine bessere Rolle spielen. Zu zweit kommen sie eher selten zum Einsatz und liegen oft in der Auslage herum.
Gibt es aucch ein paar negative Dinge zu erwähnen? Ja, leider gibt es die in der Tat und ich habe ein wenig mit mir gerungen, den Orden zu zücken, mich aber letztlich doch dafür entschieden, weil diese Dinge nur zweitrangig sind und das Spiel in diesem Fall nicht schlechter machen. Zum einen wären da die Illustrationen, das Artwork in seiner Gesamtheit. Puuh. Chic ist anders und alles wirkt ziemlich generisch. Das Thema ist eh austauschbar aber Fantastische Reiche sieht einfach nicht gut aus. Das ist aber auch beim Original schon so. Vielleicht entscheidet man sich irgendwann mall eine hübschere Version mit geilen Bildern auf den Markt zu schmeißen oder man druckt sich seine eigene hübsche Version für den Heimgebrauch. Das zweite was mich schmerzt ist mal wieder der Preis. Bei einigen etwas günstigeren Onlinehändlern bekommt man es für 17-18 Euro, aber 20 sind der Normalpreis. Das finde ich für einen Wertungsblock und 53 Karten schon ziemlich heftig. Die Qualität der Karten ist ebenfalls nicht überragend, so dass der Preis gerechtfertigt wäre. Ich habe meine Karten sofort gesleeved, um sie zu schützen, weil man sie ja doch recht häufig mischt, da es selten bei nur einer Partie bleibt. Insgesamt also ein recht teures Spiel aber eines das sich lohnt. Ich empfehle es wirklich allen und denke niemand wird enttäuscht sein.
- Verlag: Strohmann Games
- Autor(en): Bruce Glassco
- Illustrator(en): Octographics.net
- Erscheinungsjahr: 2020
- Spieleranzahl: 2 – 6 Spieler
- Dauer: 20 Minuten
2 Gedanken zu „Fantastische Reiche“