Haunted Lands – Überall nur Geister

Haunted Lands

Haunted Lands ist die Geschichte eines Blindkaufs. Meine Frau und ich standen mal wieder im Spieleladen unseres Vertrauens und schauten uns ein wenig um. Meiner Frau viel dieses sehr reduzierte aber dennoch hübsche Cover auf und las sich die Rückseite durch. Sie zeigte es mir und auch ich war von all dem was ich sah sehr beeindruckt, hatte aber noch nie vorher von dem Spiel gehört. Da hätte ich schon hellhörig werden müssen. Bin ich aber nicht geworden und wir nahmen es mit und kaum zu Hause las meine Frau die Regeln und kurze Zeit später saßen wir auch schon am Tisch und probierten dieses über alle Maßen hübsche Brettspiel aus. Das zweite Mal hätte ich hellhörig werden müssen, als mir das Spiel dann erklärte, wir müssen doch irgendwie zusammenarbeiten um überhaupt Erfolg zu haben, spielt aber jeder für sich und um Tapferkeitspunkte. Da klang was Semikooperatives durch und diese Art von Spiel funktioniert selten gut. Wir zogen es durch und… nun ja, wir spielten es direkt danach erneut, weil wir gewisse Dinge überprüfen mussten. Eigentlich ist ein sofortiges zweites Spiel nach dem ersten immer ein gutes Zeichen. Hier war es leider nicht so.

Worum geht es?

Haunted Lands ist ein kleines Meisterwerk in seinen optischen und erzählerischen Schauwerten. Es zaubert eine kleine Welt herbei in der wir in ein fernes Land gekommen sind, einen sehr fruchtbaren Landstrich, der aber unbewohnt war. Wir ließen uns nieder und errichteten die Stadt Kalena, die Zentrum des Spiels ist. Dieses Gebiet war aber so unberührt, weil hier Geister einer vergangenen Zivilisation ihr Unwesen treiben und es uns fortan schwer machen, uns hier über Wasser zu halten. Wir brauchen neuerliche Rohstoffe und hier kommen die Spieler*innen als Wächter von Kalena ins Spiel. Wir haben über Jahre die Fähigkeit erlangt mit den Geistern zu kommunizieren und können sie dazu bewegen, zumindest Zeitweise, bestimmte Landstriche zu verlassen. Eine süße kleine Geschichte die nicht nur optisch sondern auch spielmechanisch versucht wird abzubilden.

Haunted Lands – Spielfeld mit Startposition unserer Spielfiguren / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Ich halte die Erklärung mal recht kurz, da ich im etwas längeren Fazit noch auf das ein oder andere zu sprechen kommen werde, denn so viel sei an dieser Stelle schon gesagt. Haunted Lands hat nach meiner Einschätzung einige tieferliegende spielerische Probleme.

Das tolle modulare Spielbrett ist der zentrale Punkt des Spiels. Es wird aus sieben Teilen, die ihrerseits wieder aus jeweils sieben Hexfeldern bestehen, zusammengesetzt. In der Mitte liegt immer das Stadtteil von Kalena und die Teile Drumherum können wir beliebig auswählen. Sie alle zeigen unterschiedliches Gelände. Felder, Berge, Seen und Wälder. Diesen vier Landschaftstypen sind auch jeweils eine Ressource zugeteilt, die wir auf ihnen erlangen können: Nahrung, Stein, Wasser und Holz. Neben dem Spielfeld auf dem wir agieren gibt es noch ein zentrales Tableau auf dem die Punkte und Runden gezählt, sowie Karten als Markt angelegt werden. Die Spieler*innen selbst verfügen über eigene Tableaus auf denen sie ihre Aktionen durch Marken verwalten und diese auch verbessern können. Die bis zu vier Spieler*innen starten auf dem Mittelfeld der Stadt, also dem zentralen Feld des gesamten Spielfelds.

Haunted Lands – Kalena mit den Spielfiguren / Foto: Spieltroll

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal hervorheben, wie gut das ganze Spielmaterial aussieht. Sämtliche Holzsteine sind bedruckt und sowohl Tableaus und Spielfeld sehen hinreißend aus in dem gewählten sehr weichen Zeichenstil: fast schon Märchenhaft, aber auf eine verzaubernd fantastische Art.

Haunted Lands – Unterschiedliche Holzgebäude / Foto: Spieltroll

Das zugrundeliegende Prinzip des Spiels ist eigentlich simpel: nutze deine Aktionen, zum Sammeln von Ressourcen, Vertreiben der Geister und Bauen von Gebäuden, die einerseits die Ressourcenproduktion erhöhen und andererseits Gebiete für Geister unzugänglich machen. Klingt eigentlich ganz leicht, denn wir haben drei Jahreszeiten mit je drei Runden Zeit in denen die Spieler*innen jeweils dreimal am Zug sind. 27 Züge um zu gewinnen. Aktionen üben wir, wenn wir an der Reihe sind über unser Tableau aus, auf dem wir Marker finden, die wir umdrehen, sobald wir sie benutzt haben. Zum Spielstart verfügen wir über vier Fortbewegungs-Plättchen und je eines fürs Ernten, Vertreiben und Bauen. Weitere Plättchen können wir uns für Geld im Spielverlauf kaufen. Sind wir nun also an der Reihe können wir in beliebiger Reihenfolge Plättchen ausgeben und die entsprechenden Aktionen ausführen. Für eine Bewegung geben wir ein Fortbewegungs-Plättchen aus. Bewegung kosten allerdings verschieden viele davon. Wollen wir auf ein Ackerfeld laufen zahlen wir eins, wenn wir einen Berg besteigen wollen schon ganze drei. So wandern wir mit unserer Figur auf dem Spielbrett herum. Mit der Bauen Aktion errichten wir ein Gebäude auf dem Feld auf dem wir uns befinden und finden wir dort einen Geist vor sollten wir ihn vertreiben, denn Geister sind nicht gut für uns. Zum einen behindern sie uns. So lange ein Geist auf einem Feld steht, können wir dort nicht bauen und Geister auf benachbarten Feldern zu unseren Gebäuden behindern den Ertrag während der Ernte und mit behindern meine ich verhindern.

Haunted Lands – Ein Geist stört die Ernte von Gebäuden / Foto: Spieltroll

Von Jahreszeit zu Jahreszeit wird es allerdings schwieriger die Geister zu vertreiben. Soll heißen wir brauchen mehrere Aktionsmarken um das zu schaffen. Wir sind also gezwungen uns an dieser Stelle zu verbessern, sonst werden wir schon bald niemanden mehr vertreiben können.

Mit der Ernte Aktion sammeln wir eine Ressource des entsprechenden Typs des Geländes ein auf dem wir uns befinden. Wasserfelder können wir nicht betreten, weswegen wir diese Ressource immer nur von benachbarten Feldern bekommen können. Nachdem wir ein Gebiet abgeerntet haben ist es erstmal erschöpft und wir legen eine entsprechende Marke in das Gebiet. Dieses Gebiet kann in dieser Runde nicht erneut abgeerntet werden.

Haunted Lands – Spieler*innentableau mit Ressource und Aktionsmarken / Foto: Spieltroll

Unsere Fähigkeiten verbessern können wir in der Stadt, wo wir neue Marken kaufen können und Handel mit unseren Waren treiben, um Geld dafür zu erhalten. Die Waren benötigen wir sonst für den Bau der Gebäude. Es dreht sich also alles darum Geld zu erwirtschaften um unsere Fähigkeiten zu trainieren. Das ist dann auch schon das gesamte Spielprinzip. Eine Runde folgt dabei einem festen Ablauf. Zunächst wird gespukt und ein Würfel gerollt, der uns Verrät welche Geländeart in dieser Runde von neuen Gespenstern heimgesucht wird. Vier neue Geister müssen platziert werden, pro Feld einer. Sollte der Platz dafür nicht ausreichen, so werden die Geister in die Stadt gestellt. Sollten auch hier alle Felder besetzt sein, so verlieren die Spieler*innen das Spiel und alle verlieren. Nach dem Spuk folgt dann die Ernte von gebauten Gebäuden. Also natürlich nur von welchen zu denen benachbart kein Geist steht. Dann finden die Spielzüge der Spieler*innen statt und danach wird das Spieltableau der Spieler*innen erneuert und die Reihenfolge für die nächste Runde, die sich nach den bis dato erreichten Tapferkeitspunkten errechnet festgelegt.

Haunted Lands – Missionskarten / Foto: Spieltroll

Tapferkeitspunkte ist ein gutes Stichwort, denn diese brauche ich ja zum Sieg, aber wo bekomme ich die her? Mit der Ausnahme von Missionskarten, die ich während des Spiels bekommen kann, erhalten die Spieler*innen alle Punkte immer sofort. Ich kann zum Beispiel neben den Aktionsplättchen auch noch Fähigkeitskarten erwerben, die mir dann zum Beispiel Punkte einbringen können und auch für das Vertreiben der Geister gibt es Belohnungen, unter denen sich auch Tapferkeitspunkte befinden können. Vertreibe ich einen Geist, so werfe ich den Belohnungswürfel und bekomme die entsprechende Belohnung, die die Belohnungskarte der Jahreszeit vorgibt. Erreiche ich ein Ende der Aktionsleisten auf meinem Tableau gibt es auch dafür Tapferkeitspunkte. Insgesamt sind die Möglichkeiten aber relativ überschaubar und deswegen sehr wertvoll.

Haunted Lands – Zentrales Spieltableau mit Punkteleiste und Fähigkeitskarten / Foto: Spieltroll

Die Missionskarten können nur Spieler*innen bekommen die nach Ende von Jahreszeit eins und zwei nicht nach Punkten vorneliegen. Alle anderen bekommen dann eine und nach Jahreszeit zwei sogar zwei Missionskarten, für deren Erfüllen sie am Spielende Tapferkeitspunkte erhalten. Klingt fair oder?

Das Fazit

Okay, hier ist eine Menge zu erzählen und ich weiß gar nicht so richtig wo ich anfangen soll. Ich vermute mal, der Grund, warum ich noch nichts von dem Spiel gehört habe, ist die Tatsache, dass diejenigen da draußen, die Inhalte zu Spielen veröffentlichen, ja gewohnt sind auch eher schlechtere Spiele so weit zu loben oder ihnen gutklingende Kritiken zu schreiben, so dass es manchmal schon schmerzt. Ich möchte allen Beteiligten an diesem Spiel, allen voran Leonardo Romano auch nichts Schlechtes, denn hier ist viel Arbeit und auch Liebe zum Detail reingeflossen, aber es ändert für mich leider nichts an der Tatsache, dass dieses Spiel nicht zu Ende gedacht wurde und unfertig, sowie nicht ausgetestet wirkt.

Haunted Lands – Erste Spukphase. Geister suchen Wälder heim. / Foto: Spieltroll

Warum drängt sich mir dieser Eindruck so auf? Haunted Lands ist ein Spiel, dass dir Freiheit suggeriert, aber dir dann doch eine bestimmte Spielweise regelrecht aufzwingt, ohne die du leider nicht zum Erfolg kommen wirst. Ich möchte an dieser Stelle noch die Einschränkung machen, das ich von der vorgeschlagenen Grundkonstellation ausgehe. Die Fähigkeiten der Geister usw. können durch verschiedene Karten auch modifiziert werden und anders funktionieren. Das ist mir bewusst, aber das Spiel schlägt dir für deine Erstpartie etwas vor, an das ich mich hier halten möchte. Also von Jahreszeit zu Jahreszeit wird das Vertreiben der Geister schwieriger. In Jahreszeit zwei brauche ich zwei Aktionsmarken, in Jahreszeit drei derer schon drei. Ich kann insgesamt sechs Stück von diesen haben. Das heißt in Jahr zwei muss ich diese Fähigkeit auch schon aufgewertet haben, oder kann ein Viertel meiner Aktionen schon nicht mehr ausüben. Das gilt auch für das Nachfolgejahr. Ich bin also gezwungen hier zu investieren, denn die Geister müssen weg, sonst droht das frühe Ende. Dieses kommt schneller als man denkt und wir als Spieler*innen beschleunigen das auch noch, denn wir bauen Gebäude und rauben ihnen den Platz. Wobei lohnt sich der Gebäudebau überhaupt? Ich denke nicht, denn Gebäude produzieren nur, wenn kein Geist neben ihnen steht. Im Spielverlauf werdet ihr sehr schnell feststellen, dass das nicht oft der Fall sein wird. Das Spiel, welches dir erst offeriert, du hast hier ganz viele Aktionsmarken und du kannst sie benutzen, um hier oder dort hin zu gehen, um dann das zu tun und dort zu bauen ist leider nur eine Täuschung. Du musst schnell Geld verdienen, zurück zur Stadt laufen, dich trainieren, um dann überhaupt noch Chancen zu haben, später zu bestehen.

Das nächst Problem entsteht durch die im Ansatz vorhandene und schon benannte semikooperative Komponente. Diese funktioniert in Spielen meist nicht besonders gut, es sei denn, es handelt sich um Verräter-Spiele. Bei einem so offenen Spiel wie Haunted Lands ist sie aber meiner Meinung nach zum Scheitern verurteilt, denn hier bist du eigentlich gezwungenmit deinen Mitspieler*innen mitzuziehen. Im Spiel zu zweit haben wir festgestellt, dass beide im gleichen Maße ständig Geister vertreiben müssen, um überhaupt eine Chance zu haben weit zu kommen. Wir müssen also zusammenarbeiten, konkurrieren aber dennoch um den Sieg durch Punkte, um die wir uns aber nur nebenbei kümmern können. Da es auch nicht gerade viele Möglichkeiten zu Punkten gibt, verkommt das zu einer Glückssache, wenn jemand beim Geistervertreiben öfter Siegpunkte erwürfeln sollte, was uns dann auch gleich zu einem der größten Kritikpunkte an Haunted Lands bringen dürfte: den Aufholmechanismus über die Missionskarten.

Haunted Lands – Einsatz von Aktionsmarken / Foto: Spieltroll

Also das ist etwas, was mir mal so gar nicht einleuchten will. Nicht nur, dass wir gezwungen werden zusammenzuspielen, obwohl wir das ja eigentlich gar nicht wollen, nein, wir werden auch noch gezwungen möglichst schlecht zu spielen, denn wer vorne liegt, viele Punkte macht und gut spielt, wird dadurch bestraft, dass alle anderen durch mögliche Zusatzpunkte belohnt werden. Das sind dann auch nicht nur mal so ein oder zwei Pünktchen, von denen wir hier reden, nein, wenn du es gut darauf anlegst, kannst du durch die Karten massiv Punkten und ziehst am Ende an allen vorbei. Das ist super frustrierend und führt dazu, dass niemand vorne liegen möchte. Zweite*r zu sein ist hier die beste Position. Diese Autorenentscheidung kann ich nicht nachvollziehen und spätestens beim Testen müsste sich mal jemand darüber mokiert haben. Anscheinend aber nicht, das Spiel ist ja nun genauso im Handel gelandet und unter das Spieler*innenvolk gelandet und wir müssen damit umgehen.

Als letztes möchte ich noch auf die größte Stärke von Haunted Lands zu sprechen kommen, die sich während des Spielverlaufs allerdings ebenfalls als Schwäche herausstellt und das ist die wunderschöne Optik. Ich bin total begeistert davon, wie das Spiel aussieht und welch wertiges Material uns da in der Schachtel auffordert es auszuprobieren. Leider wird das im Spiel zu einem großen Mischmasch, der sich nicht gut voneinander entscheiden lässt. Das Spielfeld ist auf den ersten Blick groß genug und am Anfang befinden sich unsere Spielfiguren und ein paar Geister in der hübschen Welt, dann wird es aber immer mehr. Überall manifestieren sich Geister, wir bauen Gebäude und plötzlich steht überall etwas herum und alles sieht mit seinen gedeckten Tönen gleich aus. Auf die Gebäude legen wir noch Würfel in unseren Farben und irgendwie ist es plötzlich alles ein Brei und wir müssen schon sehr genau hinschauen um alles zu identifizieren. Die große Stärke verwandelt sich in eine Schwäche und es hätte Haunted Lands besser getan, Spielfiguren deutliche hervorzuheben, den Spieler*innen Gebäude in ihren Farben zu geben, Geister vielleicht noch dunkler zu gestalten usw. Ich verstehe aus Gründen der Optik und evtl. auch aus Gründen der Produktion, warum das nicht gemacht wurde, aber auch das hätte bei Tests durchaus auffallen dürfen. In der Anleitung tauchen die Namen von elf Testspieler*innen auf, ich denke das waren zu wenige für dieses Spiel.

Haunted Lands – Hier ein halbgefülltes Brett. Schwierig auf den ersten Blick zu sagen was wohin gehört. / Foto: Spieltroll

Von der Anleitung, die sich in das Gesamtbild einfügt fang ich jetzt nicht auch noch an und sage euch, das dieses Spiel nach unseren Testpartien nicht wieder auf den Tisch kam, obwohl ich noch viel darüber nachgedacht habe, denn natürlich Zweifel ich wie immer erstmal an mir selbst. Was habe ich da nicht richtig verstanden? Habe ich was überlesen? Irgendwas müssen wir falsch machen aber nein, es ist alles richtig so wie ich es schildere und das führt bei uns nur zu jeder Menge Frust am Spieltisch und nicht dazu Haunted Lands immer und immer wieder spielen zu wollen, was bei dem Material und der Optik eigentlich schade ist.


  • Verlag: MM-Spiele
  • Autor(en): Leonardo Romano
  • Illustrator(en): Davide Gerardi
  • Erscheinungsjahr: 2024
  • Spieleranzahl: 2-4 Spieler*innen
  • Dauer: 60 Minuten

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