
So wurde mir Kavango vorgestellt und da ich ein großer Fan des Vogelspiels bin und gerne Tableau- und Engine Builder spiele, war ich von Beginn an sehr an Kavango interessiert. Außerdem hatte ich vor geraumer Zeit schon mal bei einer Partie zuschauen können und war relativ angefixt von dem Spiel. Als Schmidt Spiele ankündigte Kavango nach Deutschland zu holen war ich außerdem begeistert, weil ich fast schon nicht mehr damit gerechnet hatte. Schmidt haben dem Spiel auch gleich noch ein neues Cover spendiert, denn obwohl ich den reduzierten Stil des Spiels ansonsten sehr gut finde, wirkte das auf dem Cover ein bisschen billig oder entwurfhaft. Tut dem Spiel meiner Meinung nach nur gut um mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Das Spiel richtet sich an spielfreudige Familien und der Markt ist heiß umkämpft. Die Autoren Matt Brown und Zara Reid sind mir unbekannt, was wohl daran liegt, dass sie eigentlich gar keine Spieleautoren sind, sondern tatsächlich in der Kavango-Region als Naturschützer unterwegs waren. Kavango ist übrigens nicht so wie Flügelschlag erinnert tatsächlich nur durch sein Äußeres an das Kennerspiel des Jahres 2019.
Worum geht es?
Kavango ist ein Tableau-Builder bei dem es rein um Punkte geht. Eine Engine bauen wir hier nicht. Zu diesem Zweck draften wir Karten und legen sie aus. Im Prinzip sammeln wir nur Karten, die alle verschiedenste Voraussetzungen haben und wir versuchen uns den besten Weg durch diesen Wust an Karten zu suchen. In drei Runden liegt dann das Ergebnis vor uns und wir haben hoffentlich einen Weg gefunden die meisten Punkte zu erzielen. Kavango ist als unthematisch versorgt uns aber durch reichliche Informationen über die Tiere die wir da ausspielen. Jede der Karten hat ein bisschen Text mit interessanten Fakten zu den jeweiligen Tieren.

Wie läuft das ab?
Vorweg sei gesagt, wenn ihr Kavango mit vier Personen spielen möchtet, braucht ihr recht viel Platz auf dem Tisch, denn die Tableaus nehmen wirklich viel Platz ein. Die Spieler*innen haben eine Auslage mit 24 Plätzen für ihre Tiere und ein weiteres kleines Tableau für ihre persönlichen Schutzstufen, sowie als Anlage für ihre Produzenten Karten. Diese kleinen Tableaus sind tatsächlich minimal asymmetrisch, da alle mit verschiedenen Start Produzenten ausgestattet sind. Produzenten sind verschiedene Karten mit Nahrungsmitteln für die Tiere, die wir versuchen in unser Reservat zu locken. Es gibt Gräser, Bäume, Wirbellose und Fische. Diese vier Nahrungsquellen bilden die Grundversorgung für das Tierreich in diesem Spiel.

Die Schutzstufen können wir durch Geld erhöhen, welches wir in die verschiedenen Bereiche investieren. Geld wird in Kavango durch kleine Würfel dargestellt. Jeder Würfel steht dabei für 1 Millionen Dollar. Es gibt drei verschiedene Schutzstufen. Den Habitatsschutz, den Wildtierschutz und den Klimaschutz. die ersten beiden gelten nur für unser Reservat und die Spieler*innen müssen sie eigenständig erhöhen. Der Klimaschutz findet auf dem Spielplan für alle Spieler*innen statt. Dort können alle am Klimaschutz partizipieren, um auch dort eine möglichst hohe Stufe zu erreichen.

Diese Schutzstufen sind für bestimmte Tierarten eine Voraussetzung. Ohne die entsprechende Stufe dürfen wir diese nicht in unser Reservat ausspielen. Voraussetzungen sind generell das Thema des Spiels. Die Tiere haben natürlich auch bestimmte Futterpräferenzen, die auf den Karten am linken Rand dargestellt sind. Alles was hier abgebildet ist, müssen wir mit entsprechenden Symbolen auf unseren Tableaus abdecken. Dazu gehören neben den Schutzstufen und den vier Nahrungsgrundbedürfnissen auch weitere Beutetiervoraussetzungen, die wir nur über das Ausspielen bestimmter Tiere erreichen können. Die Tierkarten verfügen nämlich alle über eine eigene Eingruppierung. Sieben verschiedene Tiertypen werden unterschieden: kleine, mittlere und große Säugetiere, Raubtiere, Vögel und Raubvögel, sowie Amphibien/Reptilien. Durch diese Voraussetzungen ergeben sich schon eine Menge Dinge auf die wir achten müssen. Das Auslegen von Tierkarten ist grundsätzlich kostenlos, sofern wir die Voraussetzungen erfüllen.

Das Spiel läuft dann grundsätzlich so: es werden drei Durchgänge gespielt in denen die Spieler*innen jedes Mal eine große Menge Karten als Hand zur Verfügung gestellt bekommen. Diese setzen sich aus Produzenten Karten (A), verschieden komplexen Tierkarten (B und C) sowie einigen Aktionskarten zusammen. Die Zusammensetzung ist in jeder der drei Runden anders. Zu Beginn erhalten wir noch Produzenten Karten, später dann nicht mehr. Die weniger komplexen Tiere erhalten wir in Runde eins und zwei, während wir in Runde drei nur noch Tiere aus dem C-Stapel erhalten. Wir Draften dann nach und nach je eine der Karten und reichen den Stapel Karten weiter. Das machen wir in jeder Runde genau zehn Mal. Die restlichen Karten kommen auf einen Ablagestapel. Die ausgewählten Karten werden dann in unser Reservat gespielt. Im Fall einer Produzenten Karte schieben wir sie oben unter unser Tableau um zu sehen, wie viele Symbole jedes Nahrungsmitteltyps wir haben. Die Tierkarten spielen wir in unsere Auslage und Ereigniskarten spielen wir aus. Zusätzlich haben wir die Möglichkeit bis zu drei Karten in unserer Auffangstation offen aufzubewahren, falls wir sie noch nicht spielen können, es aber gedenken später zu tun. Ein kleiner, netter Kniff der mich sehr an Splendor erinnert hat. Eine weitere recht gute Entscheidung der Autoren war es Renaturierungskarten einzuführen. Das sind Karten, die wir für 4 Millionen Dollar erwerben können und die alle vier Nahrungssymbole zeigen. Wir entscheiden uns dann für eine davon und schieben sie an der richtigen Stelle unter unser Tableau. Auch das ist ein guter Kniff um dem Dilemma zu entgehen, wenn die richtigen Symbole nicht kommen wollen oder mich nie erreichen.

Nach dem Ausspielen der Karten können wir Geld für Renaturierung und Schutzstufen ausgeben und auch Forschungskarten beanspruchen. Forschungskarten liegen auf dem zentralen Spielplan aus. Auch von diesen gibt es in jeder der drei Runden neue. Sie belohnen die Spieler*innen mit Punkten und Geld. Wollen wir eine erfüllen, so markieren wir sie mit einem Chip. Diese Karten haben meist mehrere Stufen in denen sie erfüllt werden können. Nach jedem Draft erhalten wir die Chance dazu. Einmal erfüllt können wir später aber keine höhere Stufe mehr erfüllen. Sollte es uns nur um die Punkte gehen, so können wir die Aufgaben auch all erst nach dem zehnten Draft markieren. Allerdings ist das erfüllen dieser Aufgaben eine Möglichkeit sich zusätzliches Geld in einer laufenden Runde zu erspielen, was durchaus Sinn machen kann.

Mehr Elemente hat das Spiel dann auch gar nicht zu bieten. Wir können optional noch Zielkarten einführen, ach und zu Beginn, das habe ich noch vergessen, wählen wir uns eine Rollenkarte, die uns mit einer bestimmten Fähigkeit ausstattet. Am Ende gewinnt wer die meisten Punkte erspielt hat. Dafür zählen wir die Punkte auf jeder unserer Tierkarten am Ende zu den Punkten die wir für Forschung schon während der Partie erhalten haben. Zusätzlich werden am Ende noch drei Preise ausgelobt. Der Diversitätspreis belohnt uns am Ende für jeden Typ der Nahrungs- und Tiersymbole. Der Klimaschutzpreis belohnt die Personen die eine bestimmte Menge zum globalen Klimaschutz beigetragen haben und der Naturschutzpreis belohnt die Spieler*innen die in beiden persönlichen Schutzstufen die Stufe 4 erreicht haben. Die meisten Punkte gewinnen wie üblich.

Das Fazit
Kavango war im laufenden Jahr das bisher einzige Spiel, das meine Frau und ich nach der Erstpartie sofort erneut auf den Tisch bringen wollten. Seit dem befindet es sich in einer Dauerschleife auf unserem Spieltisch und sorgt dafür, dass einige andere Neuheiten regelrecht verstauben. Das Spiel wird von Schmidt selbst in der Kategorie Erwachsenenspiel geführt und das meint natürlich die Kennerkategorie. Dem will ich nicht widersprechen, aber darauf hinweisen, dass Kavango dort eher am unteren Rand anzusiedeln ist und auch von spielfreudigen Familien gut gemeistert werden kann. Kavangos Regeln sind überschaubar und gut erklärt. Im Prinzip ist es ein umfangreiches Draft und Set Collection Spiel, bei dem wir den Überblick behalten müssen. Dabei gibt es sich aber auch alle Mühe. Die Auslage ist riesig und wir können alles überschauen. Die Plätze auf dem Tableau sind dabei übrigens nicht begrenzt. Sollten wir mehr Tiere ausspielen können, dann dürfen wir das. Das Tableau hilft tatsächlich dabei ein wenig zu sortieren. Komplizierte wird es da schon die benötigten Dinge für die Forschungskarten im Blick zu behalten, die fordern nämlich manchmal die Größe des Tieres oder bestimmte kleine Symbole die wir in der Nähe der Karteninformation finden.

Der Draft macht einfach enormen Spaß, weil es so viele Karten sind und ich gefühlt immer aus dem Vollen schöpfen kann und sollte mal etwas nicht dabei sein, erlaubt mir das Spiel diesen Mangel clever zu mitigieren, indem ich Karten zurückhalten kann über meine Auffangstation oder auch die Möglichkeit es finanziell zu regeln, falls mir eine bestimmte Nahrungssorte fehlt. Das sind, wie oben schon erwähnt, clevere Autorenentscheidungen, die dafür sorgen, dass kein größerer Frust aufkommt und Kavango gefühlt immer läuft und ich auf der Suche nach den meisten Punkten bin. Wahrscheinlich sind genau das die Komponenten die Kavango so brillieren lassen. Ansonsten habe ich nämlich keinen erkennbaren Ansatz, warum wir das Spiel so gerne spielen. Es trifft einen Sweetspot für mich und meine Frau. Das Spiel ist nicht seicht genug um uns als Vielspieler*innen schneller zu langweilen und nicht so komplex, dass wir es nicht immer aus dem Regal holen könnten. Hier kann ich ansonsten nur Parallelen zu ATIWA ziehen, welches für uns einen ähnlichen Status hat. Das könnte dazu führen, das Kavango zum Dauerbrenner im Hause Troll werden könnte.
Ein wirklich tolles Spiel, das sich einen Platz in unseren Spieler*innenherzen sehr erkämpft hat und für mich zu den besten Spielen in diesem Jahr gehört.
- Verlag: Schmidt Spiele
- Autor(en): Matt Brown, Zara Reid
- Illustrator(en): Matt Brown
- Erscheinungsjahr: 2025
- Spieleranzahl: 1-4 Spieler*innen
- Dauer: 40-60 Minuten