Es gibt inzwischen soviele Roll & Writes, dass man fast schon den Überblick verlieren könnte. In den letzten Jahren gab es einen regelrechten Boom um die meist kleinen Spielchen für Zwischendurch und auch dieses Jahr hat eines die Chance zum Kennerspiel des Jahres gewählt zu werden. Die Auswahl ist wirklich riesengroß, aber leider ist die Qualität nicht immer gut. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass sich so ein Roll & Write natürlich verhältnismäßig einfach entwickeln und produzieren lässt. Die Spielidee muss einfach stimmen, sonst macht es einfach keinen Spaß und darunter leiden sehr viele Roll & Writes. Wenn es darum geht die besten Spiele dieses Genres zu bennen, dann wird der Name On Tour des öfteren mal genannt. Dem möchte ich mal auf den Grund gehen und habe mir deshalb eine Kopie besorgt. Das Spiel gehörte auch schon in meiner Essen Vorschau zu meinen begehrten Titeln, aber es war schlichtweg nicht zu bekommen. Jetzt ist wieder eine neue Auflage erschienen und ich habe zugeschlagen. Das Spiel kommt übrigens nicht von einem bekannten Verlag, nein, es kommt von einem Spieltisch-Hersteller!
Worum geht es ?
Die Spieler versuchen eine Tour für ihre Band durch die Vereinigten Staaten zu planen und müssen dabei eine möglichst gute Route durch die Regionen und Bundesstaaten finden. Dazu werden jede Runde ein paar Karten aufgedeckt, die Regionen zeigen und zwei zehnseitige Würfel geworfen. Die Aufgabe der Spieler ist es die beiden sich ergebenen Zahlen auf ihrer Karte sinnvoll einzubauen, so dass sich eine Strecke von aufsteigenden Zahlen ergibt. Wer Am Ende die meisten Punkte durch Streckenlänge und besuchte Orte erreicht gewinnt.
Wie läuft das ab ?
Die schön gestaltete Spielschachtel ist etwas überdimensioniert, weil man in ihr weitere Spielbretter für Mitspieler unterbringen können soll, die man über die Kickstarterkampagne hätte backen können oder man bestellt sie jetzt einfach als Extra hinzu. bis zu zwölf Spielbretter finden in der Schachtel ihren Platz. Jeder Spieler erhält eines der Spielbretter ganz für sich allein und die sind enorm hochwertig, denn jedes der vier enthaltenen Spielbretter weisst zwar die gleichen miteinander verbundenen Punkte und Staaten auf, aber da Hintergrundartwork ist heweils anders und passt zur Musikrichtung, die auf dem Brett dargestellt wird. Ein Spielbrett gehört einer Rockband, ein anderes zum Jazz und Hip Hop und Country sind ebenfalls vertreten. Zusätzlich handelt es sich um abwischbare Bretter. 4 abwischbare Stifte mit integriertem Schwämmchen zum Abwischen sind ebenfalls dabei. Der Rest des Materials ist mit zwei überdimensionierten zehnseitigen Würfeln und einem Stapel großer Karten überschaubar. Viel mehr ist man von anderen Roll bzw. Flip & Writes auch nicht gewohnt.
Hier haben wir es aber sowohl mit einem Roll, als auch mit einem Flip & Write zu tun, was On Tour schon ziemlich einzigartig macht. Hinzu kommt das das Spiel total überproduziert erscheint, weil man das ganze auch als Pocket-Version in einer kleinen Schachtel mit Zettelblock hätte veröffentlichen können. Dann sähe es aber nicht so schön aus! Aber, ist es auch ein gutes Spiel?
Der Spielverlauf ist ziemlich simpel. Bevor es aber losgehen kann, werden die beiden Würfel gerollt und das Ergebnis liefert uns zwei zweistellige Zahlen, also als Beispiel ergeben eine gewürfelte 1 und 4 eine 14 und eine 41. Jetzt zieht man eine Karte vom gemischten Stapel und die Spieler schreiben in den angezeigten Staat die höhere der beiden Zahlen. Danach wird eine weitere Karte gezogen und die Spieler schreiben die zweite Zahl in den hier angegebenen Staat. Das Ganze wiederholt man nocheinmal, so dass man am Ende vier Zahlen in Kreisfeldern stehen hat. Um diese Zahlen malt man einen Kreis. Das ist die Startaufstellung für alle Spieler. Die gezogenen Karten kommen aus dem Spiel. Nun kann es aber losgehen.
Der Spieler mit dem besten Musikgeschmack fängt an, wie man das auch immer feststellt bleibt euch überlassen. Es werden drei Karten vom Stapel offen aufgedeckt und anschließend beide Würfel geworfen. Die Spieler müssen nun gleichzeitig die so entstehenden Zahlen auf ihren Brettern in zwei Kreise eintragen. Dabei gibt es ein paar Regeln zu beachten. Das Spielbrett jedes Spielers ist grob in fünf Regionen unterteilt: North, South, West, East und Central. Kombiniert ergeben sich daraus sechs Bereiche: Northwest, Southwest, North Central, South Central und North-, sowie Southeast. Die drei aufgedeckten Karten zeigen nun jeweils eine der fünf Regionen und den Staat. Der Staat New Mexico liegt zum Beispiel in der Region West. Die Spieler müssen sich nun dafür entscheiden, eine der zwei Zahlen in eine der fünf Regionen einzutragen. Natürlich nur in noch freie Felder, sollten sie sogar den auf der Karte genannten Staat auswählen, so dürfen sie die Zahl zusätzlich einkreisen. Das gleiche machen sie für die zweite Zahl, sie dürfen allerdings die bereits verwendete Karte nciht nochmal nutzen. Das machen alle Spieler gleichzeitig und am besten sogar verdeckt, was kein Problem ist, da man die Spielfelder auch wie eine Art Sichtschutz in die Hand nehmen kann, sie sind stabil genug. Nach ein paar Runden spielt das auch keine Rolle mehr da sich die Spielbretter stark voneinander unterscheiden werden.
Eine Besonderheit gibt es noch, wenn man einen Pasch würfelt, so muss nur ein Kreis ausgefüllt werden unzwar mit einem Stern, der im Spielverlauf als Joker zählt und jeden Zahlenwert annehmen kann. Wenn alle Spieler fertig sind, werden die Karten abgelegt und die nächste Runde startet. Sollte es einem Spieler einmal nicht mehr möglich sein, eine Zahl in einen Kreis auf der Karte schreiben zu können, so muss er einen Staat durchstreichen. Sobald nur noch ein oder zwei Kreise übrig sind, werden keine Karten mehr gezogen und die Spieler dürfen die letzten gewürfelten Zahlen einfach frei in die letzten Felder schreiben. Das Spiel endet, wenn alle Kreise gefüllt sind. Dann startet die Wertung und jeder Spieler versucht eine möglichst lange Verbindung zwischen den Kreisen herzustellen, indem man die Verbindungslinien anmalt. Dabei müssen die Zahlen immer größer werden, nur gleichgroße Zahlen hintereinander sind ebenfalls erlaubt. Die Spieler bekommen einen Punkt für jeden Kreis den sie ansteuern und für jeden eingekreisten Kreis gibt es einen Extrapunkt. Wer die meisten Punkte hat gewinnt.
Das Fazit
Oh ja, On Tour ist wirklich kein schlechtes Roll/Flip & Write, ob es zu den besten gehört, kann ich nicht sagen, aber gut ist es auf jeden Fall und gehört, Stand heute, zu meinen Liebsten. On Tour ist trotz seiner fast schon luxoriösen Ausstattung für dieses Genre kein Blender, sondern ein starkes und vor allem durchaus originelles Spiel. Das beginnt bereits damit, dass es zwei für das Genre übliche Methoden miteinander verzahnt: das Kartenflippen und das Würfeln. Dann wird es auch noch zu einem Zahlenpuzzle bei dem man möglichst clever versuchen muss die vorhandenen Plätze auf seiner Karte auszunutzen. Hier ist tatsächlich sogar noch eine Prise Push Your Luck versteckt, denn man muss entscheiden, ob man manche Kreise für später eventuell noch frei lässt, ohne zu wissen, ob sich das überhaupt auszahlen wird. Wenn bis zum Schluß die erwartet Zahl nicht auftaucht, kann eine lange Zahlenreihe durchaus sehr abrupt enden. Die richtige Planung ist entscheidend und wenn man es schafft möglichst lange mehrere Möglichkeiten offen zu halten, wird man eine große Gewinnchance haben.
Das Spiel ist natürlich, wie bereits erwähnt, gnadenlos Überproduziert, was dieser Tage durch Kickstarter ja öfter vorkommt. Brauchen tut es die unterschiedlichen Pläne nicht und abwaschbar müssten sie auch nciht unbedingt sein und natürlich hätte es eine Nummer kleiner auch getan. Das die Schachtel so groß ist, ist nett für Leute die mehr Spielbretter haben, aber so nervt es ein wenig, dass der unförmige Karton ebenfalls einfach nur überdimensioniert ist und wertvollen Regalplatz raubt. Aber bitte nicht falsch verstehen, Leute die On Tour lieben, finden das alles super. Die Stifte gleich mit Schwamm für die Reinigung versehen, abwaschbare Bretter, qualitativ hochwertige Karten. Nur eines ist mir selbst als Liebhaber dieses Spiels eine Nummer zu viel: die Würfel! Das sind ganz schöne Monsterklopper und die lassen sich nur auf stadiongroßen Tischen vernünftig rollen und die Nachbarn denken nicht gleich das es gewittert. Stimmt nicht ganz, eine zweite Sache könnte noch ein wenig besser sein und das ist die Anleitung, die zwar gute Ansätze hat, aber immer wieder für heutige Standards zu ungenau ist.
On Tour ist tatsächlich ein sehr schönes, originelles und puzzlelastiges Roll & Write. Wer die Chance hat es auszuprobieren sollte es mal antesten. Zusätzlich soll noch erwähnt werden, dass man es sehr gut alleine spielen kann und das es eine Appversion gibt, die allerdings kostenpflichtig und sehr schlecht erklärt ist.
- Verlag: Boardgametables.com
- Autor(en): Chad DeShon
- Illustrator(en): Anca Gavril
- Erscheinungsjahr: 2019
- Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
- Dauer: 20 Minuten
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