Unangenehme Gäste

Unangenehme Gäste

Jahrelang habe ich immer gehofft, dass sich ein Deutscher Verlag für dieses Spiel begeistern kann. Lange hat es gedauert, doch im vergangenen Jahr krallte sich Taverna Ludica dieses Spiel und kündigte an es veröffentlichen zu wollen. Zunächst gab es eine Abfrage über das Interesse auf ihrer Homepage und es sah leider nicht ganz so gut aus. Dann kam das Projekt in die Spieleschmiede und ich habe erneut gehofft und unterstützt. Auch da sah es lange Zeit nicht besonders gut aus, bis es kurz vor Schluß doch noch über die Ziellinie geschoben wurde. Woran das genau liegt kann ich nur erahnen, denn zum einen ist die vordergründige Optik erstmal sehr nichtssagend und eher abschreckend. Außerdem ist der Pitch des Spiels, den man immer wieder zu hören bekommt der des: „Es ist ein Cluedo in gut!“ Cluedo ist für die meisten Gamer jetzt auch nicht das beste Zugpferd. Was dagegen mehr ziehen könnte ist die Dice Tower Excellent Plakette, die es ja wohl nicht umsonst bekam. Tja, ist mir aber alles erstmal egal, ich halte ja nun meine Kopie in den Händen und alles andere wird sich zeigen. Wenn ihr mehr über das Spiel erfahren wollt und wissen möchtet, warum ich so darauf gehofft habe, solltet ihr ein paar Minuten investieren und weiterlesen.

Worum geht es?

Na ja, um Cluedo in gut! Das trifft den Nagel schon relativ auf den Kopf. Mr. Walton ist in seinem Arbeitszimmer ermordet worden und die Spieler müssen als Detektive herausfinden, wer seiner sechs Gäste ihn ermordet hat, womit und warum. In höheren Schwierigkeitsgraden kommt noch die Frage nach einem Komplizen hinzu. Aber im Gegensatz zu Cluedo, wo man einen Würfel wirft und über ein Brett zieht um dumme Fragen zu stellen und nach ein paar einfachen Deduktionen heruaszufinden, dass es Oberst Gatow mit dem Messer in der Küche war, basiert hier alles auf einem cleveren Kartendeck, das für jeden der zig Fälle extra zusammengestellt wird. Hier deduziert man über insgesamt sechs Verdächtige, mit jeweils drei Motiven aus verschiedenen Kategorien, hat eine Villa mit insgesamt elf Räumen und 20 verschiedene Waffen mit zehn unterschiedlichen Merkmalen, aus denen man das richtige herausfiltern muss. Wie bei solchen Spielen üblich ist es ein Rennen darum, wer das Rätsel als erstes lösen kann.

Unangenehme Gäste / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Die Regeln für Unangenehme Gäste sind recht überschaubar und das macht das ganze Spiel auch für Gelegenheitsspieler gut erlern- und spielbar. Man sollte nur einen Hang zu Deduktionsspielen besitzen. Der Spielaufbau ist bis auf eine Ausnahme recht schnell vollzogen. Jeder Spieler bekommt einen Sichtschirm, der von Außen das Anwesen von Mr. Walton zeigt und auf dessen Innenseite quasi sämtliche Regeln nochmal erläutert werden. Dazu bekommt jeder einen Zettel vom Block, auf dem eine Raumübersicht und eine Übersicht über die Verdächtigen und ihre Alibis, sowie sämtliche Waffen abgebildet sind. Auf diesem Zettel findet das Spiel für jeden einzelnen Spieler hauptsächlich statt, denn hier macht man sich Notizen, streicht wichtige Details an und kreuzt Ausgeschlossenes ab, so dass man die Übersicht behält. Diese Informationen sollte man tunlichst nicht mit den Mitspielern teilen, sonst sind sie womöglich der Lösung etwas schneller näher. Die Rückseite der Anleitung fungiert als Spielbrett auf dem die Räume der Villa und die Verdächtigen abgebildet sind. Hier werden Pfeil- und Wertmarker ebenfalls platziert. Der Startspieler bekommt die Figur von Woodruff Walton. Das ist der schnell erledigte Teil.

Unangenehme Gäste – Das Opfer Woodruff Walton / Foto: Spieltroll

Zum Spielen benötigt man aber noch ein Kartendeck, das aus insgesamt 243 Karten besteht. Für eine einzelne Partie benötigt man aber nicht das gesamte Deck, sondern nur ausgewählte Karten. Man hat nun also die Wahl sich hinten in der Anleitung einen Fall auszusuchen, die dort nach Schwierigkeitsgrad aufgeführt sind. Zu jedem Fall sind 70 Kartennummern angegeben, die wir zu einem Deck zusammenstellen müssen. Zu diesem Zweck lagern die Karten in eigens dafür nummerierten Sektionen im Insert der Schachtel. So kann man die Karten Schritt für Schritt heraussuchen. Diese 70 Karten bilden einen einzigartigen Fall ab, sie verraten uns wer der Täter ist, mit welcher Waffe das Opfer getötet wurde und welches Motiv eine Rolle spielte. In den höheren Schwierigkeitsgraden kommt eventuell noch ein Komplize hinzu. Das Deck wird gemischt und zu Beginn erhält jeder Spieler sechs Karten ausgeteilt und verfügt somit über Informationen, die kein anderer Spieler hat. Natürlich sollten die Spieler das gleich zu Papier bringen.

Unangenehme Gäste – Spielkarte Foto: Spieltroll

Die Karten sind dabei ganz unterschiedlicher Natur. Es gibt Karten die von den Ermittlungsbeamten stammen, die Mordwaffen aufgrund bestimmter Merkmale ausschließen können. Auch ermitteln diese mit der Zeit Motive der Verdächtigen und schließen sie aus oder machen sie für uns verdächtig. Es gibt Karten vom Hauspersonal, die uns etwas darüber verraten, wer sich wo aufgehalten hat, als der Mord geschah und wer sich durch welchen Raum bewegt hat. Sowohl Ermittlungsbeamte, als auch das Hauspersonal lügen uns dabei nie an. Ganz anders die Verdächtigen, bei denen wir uns erstaml nie sicher sein können, wer die Wahrheit sagt und wer nicht, denn einer oder zwei von ihnen haben einen Mord begangen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt das ein Verdächtiger aus einem Zwillingspärchen besteht, der natürlich bei der Personenanzahl sofern diese wichtig wird, immer als zwei Personen zählt. Die Karten verraten uns all diese Dinge. Zusätzlich haben diese Karten einen Wert, der in der oberen Ecke aufgedruckt ist, der für den Spielverlauf ganz entscheidend ist.

Unangenehme Gäste – Spielzettel für einen Spieler / Foto: Spieltroll

Der Spieler der an der Reihe ist, platziert zwei der Pfeilmarker auf der Rückseite der Anleitung. Er fordert damit Informationen zu zwei Dingen ein. Jeder Pfeilmarker kann auf einen Verdächtigen und einen Ort des Hauses zeigen. Dabei is es egal, ob man zwei Räume, zwei Verdächtige oder von jedem eines auswählt. Das sind die Informationen die man haben möchte. Diese wählt man am besten anhand seiner bestehenden Infos aus, denn man möchte ja mehr über den Fall herausfinden. Wenn ich zum Beispiel weiß, dass zwei Personen in der Bibliothek waren als Mr. Walton ermordet wurde, möchte ich ja vielleicht wissen, wer das war. So könnte ich einen Pfeil auf die Bibliothek legen um nähere Infos zu bekommen. Vielleicht gibt es einen Hausangestellten der jemanden gesehen hat. Oder aber ich lege zwei Pfeile auf zwei Verdächtige, um mehr über sie zu erfahren.

Unangenehme Gäste – Spielplan / Foto: Spieltroll

Alle anderen Spieler schauen nun ihre Handkarten an und machen dem Spieler ein Angebot an Informationen. Dazu dürfen sie nur Karten auswählen, die mit den gewollten Informationen zu tun haben. Diese sind immer eindeutig oben rechts in der ecke einer Karte angegeben. Um beim Beispiel zu bleiben, habe ich Karten die die Bibliothek benennen, Könnte ich die Karten verdeckt vor meinen Sichtschirm legen und einen Wertmarker darauf platzieren, der sagt, wieviel die Informationen Wert sind. Das machen alle Spieler und einer könnte eine Karte für Wert 1 anbieten, ein anderer zwei für Wert 4 und ein dritter drei für Wert 3.

Unangenehme Gäste – Kartentausch / Foto: Spieltroll

Der Spieler der die Informationen wollte kann sich nun entscheiden einen Tausch einzugehen, indem er Karten im Gegenwert dafür herausgibt. So erhalten die Spieler neue Informationen. Sollte es keine Gegenangebote geben, was natürlich vorkommen kann, so darf der Spieler zwei Karten vom Deck ziehen, sich die Informationen ansehen und die Karten auf den Ablagestapel legen, der streng vertraulich ist. Diese Informationen sind aus dem Spiel und kommen nicht in den Umlauf. Bei einem Spiel mit mindestens drei Personen behalten die Spieler die neuen Karten auf der Hand und können diese auch später weitertauschen. Bei zwei Spielern werden alle erhaltenen Karten sofort abgelegt und verschwinden aus dem Umlauf.

Nachdem eine Runde beendet ist und jeder die Chance hatte Informationen zu erfragen, entscheiden sich die Spieler geheim dafür den Fall zu lösen oder nicht. Dazu werden Spielchips ihres Detektivs in die Hand genommen und auf die entsprechende Seite gelegt. Sollten Spieler lösen wollen, so dürfen sie das tun und können die Lösung auf ihrem Zettel notieren. Anschließend dürfen sie die Lösung zum Fall im Handbuch nachschlagen und falls sie falsch liegen natürlich nichts verraten. Auch eine hervorragende App steht zur Verfügung, die nicht nur zufallsgenerierte Fälle ausspuckt, sondern auch Lösungen checkt ohne die tatsächliche Lösung zu verraten, so dass man weiter spielen kann.

Unangenehme Gäste – Detektivmarken / Foto: Spieltroll

Sollte kein Spieler lösen wollen oder können, so werfen alle Spieler bis auf drei Karten alle ab (ebenfalls auf den Streng Vertraulich Stapel) und ziehen wieder bis auf sechs nach. Eine weitere Runde beginnt beim Startspieler.

Das Fazit

Viele Leute wissen gar nicht was ihnen hier entgeht. Ein Deduktionsmeisterwerk muss man sagen. Ein ganz starkes Kartenspiel mit einem genialen Mechanismus durch das Deck. Das Spiel funktioniert gleichermaßen als Solospiel, indem man allein versucht durch die Informationen das Rätsel zu lösen, als auch in jeder anderen Spielerzahl. Besonders gut funktioniert Unangenehme Gäste zu zweit, denn hier fühlt es sich am deutlichsten nach einem Rennen an. Da hier die überflüssigen Info auch sofort abgeworfen werden, weil sie ja beide bereits kennen, entsteht hier ein wenig mehr Taktik. Die Spieler sind aber auf sich gestellt, was die Verwertung der Informationen angeht. Alles ist streng logisch. Sollte man jemaden beim Lügen erwischen, so muss es der Täter oder ein Komplize sein, denn nur diese Schwindeln. Wer also keinen Bock auf Deduktion hat, der wird auch hier nicht glücklich werden. Wer aber schon immer mal ein Spiel wie Cluedo gesucht hat, dass einiges mehr an Hirnschmalz zu bieten hat und nciht von Glück unterstützt wird, der sollte hier mal einen genauen Blick riskieren.

Durch die App erhält das Spiel nochmal mehr Weiderspielwert, denn die Kombinationsmöglichkeiten sind endlos. Man kann in der App sogar anklicken, das man einen Fall haben möchte, den man noch nie hatte, so dass sicher gestellt ist, das man einen Fall nicht doppelt spielt. Außerdem ist es in Mehrspielerpartien sehr komfortabel, weiterspielen zu können, wenn man seine Lösung überprüft, da die App einem entweder gratuliert, wenn es richtig ist oder aber sagt das die Lösung nicht korrekt ist.

Welche Haare gibt es in der Suppe? Warum erreicht das Spiel nicht die Massen, wie es eigentlich sollte? Zum einen ist der Titel irgendwie nicht gut. Unangenehme Gäste, auch wenn es richtig übersetzt scheint, ist einfach nicht gut und klingt negativ. Wenn man dem Spiel einen anderen Titel gegeben hätte, sähe das vielleicht besser aus. Der Look des Spiels ist einerseits zu unauffällig, weil alles beige aussieht und andererseits kommen die karikaturistischen Zeichnungen auf dem Cover nicht gut rüber. Die Karten hingegen finde ich ganz gut gelungen. Ich weiss es nicht wirklich, es wäre aber schade, wenn dieses Spiel an der Masse der Spieler vorrüberziehen würde.


  • Verlag: Taverna Ludica Games
  • Autor(en): Ron Gonzalo Garcia
  • Illustrator(en): Samuel Gonzalo Garcia, Laura Medina Solera
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Spieleranzahl: 1 – 8 Spieler
  • Dauer: 45 – 75 Minuten

2 Gedanken zu „Unangenehme Gäste“

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