Seit längerer Zeit schickt mir mein Kumpel Marc, immer mal wieder einen Kriminalfall zu. Angefangen hat alles mit den Hidden Games Tatort Fällen, die mir wirklich Laune machten. Kurz vorher hatten wir durch Hagen einen der Adlersteinfälle von IDVenture kennengelernt und hatten voll Bock auf mehr von diesen Kriminalfällen. In Essen, als die Welt noch keiner Pandemie zum Opfer fiel, trieben wir uns relativ lange an deren Stand herum und haben uns gleich weitere Fälle mitgenommen. Unlängst schickte mir Marc nun dieses Produkt zu und wir waren sehr gespannt, ob es die gesetzten Standards halten konnte. Diese Form von Deduktionsfällen zeichnet sich in den letzten Jahren als ein Trend ab, denn immer mehr dieser Fälle sprießen aus dem Boden empor. Dafür scheint die Escape-Welle langsam zu einem Ende zu kommen. Aber hier geht es jetzt erstmal um den ersten Fall der CRIMECASES.
Worum geht es?
Ein wiedereinmal überforderter Ermittler wendet sich in diesem Fall an die Mordkommission, der die Spieler*innen angehören. Während einen Empfangs in einer Kunstgalerie ist der Galerist tot zusammengebrochen. Ein anwesender Arzt sollte zur Hilfe eilen, wurde aber ebenfalls tot aufgefunden. Ein Doppelmord? Unfälle? Was ist passiert. Der Ermittler übersendet uns, wie aus anderen Fällen anderer Serien bereits bekannt, einen Umschlag mit lauter Unterlagen zu, aus denen wir heraus den Fall lösen sollen und ihn seiner Unfähigkeit überführen.
Wie läuft das ab?
Das Prinzip ist bekannt. Auch hier werde ich nichts spoilern und nur auf ein paar Dinge eingehen, die mir gefallen und nicht gefallen haben. Wie bei den Hidden Games Fällen wird hier einiges an Technik aufgefahren. Wir finden Social Media Profile, Websites, werden angerufen und können uns Audiofiles anhören. Mittlerweile gehört das fest zum Programm solcher Spiele und ist reichlich vorhanden. Der Umschlag ist auch hier wieder prall gefüllt mit Dokumenten, Flyern, Visitenkarten etc. Den Spieler*innen wird komplett freie Hand gelassen und sie wühlen sich durch die Unterlagen, checken Verbindungen, prüfen Alibis und entwickeln nach und nach Theorien. Durch Anrufe vom Kommissar und die generelle technische Unterstützung wird ein Gefühl der Immersion erzeugt. Es soll sich echt anfühlen und das gelingt natürlich bei solchen Spielen natürlich nur bedingt. Aber für mich ist das so eine Art Gradmesser, wie gut das gelingt und wie sehr ich mich in den Fall hineingesogen fühle. Das gelingt dann gut, wenn das Material sich echt anfühlt und gut aufbereitet wurde und die Sprecher gut und glaubwürdig daherkommen. Gerade in diesem Sektor liegen Welten zwischen den einzelnen Fällen und Verlagen, die hinter den Spielen stecken.
Das Fazit
Die Nummer hinter CRIMECASES lässt vermuten, dass hier weitere Fälle kommen werden oder vielleicht auch nur sollen. Die Firma, die hinter diesem Machwerk steckt ist vollkommen unbekannt und dieser Fall ist in allen Belangen deutlich schlechter als die Vorbilder. Das soll jetzt aber auch nicht überdramatisch klingen, denn er funktioniert. Er funktioniert sogar sehr gut als Kriminalfall. Die technischen Dinge sind sauber umgesetzt und wir sind beim Spielen auf keinerlei Probleme gestoßen. Die Immersion ist allerdings eine Katastrophe. Kunstfehler versetzt mich nicht eine Sekunde in die Situation mich als Detektiv oder Kommissar einer Mordkommision zu fühlen. Wenn euch das egal ist, dann bitte, habt ihr bestimmt euren Spaß damit. Hier geht es bereits auf dem Umschlag damit los, dass ein gezeichnetes Bild den Fall wiedergibt. Ist nur ein winziges Detail, aber es stört mich trotzdem. Ich hatte zunächst gar die Befürchtung, dass innerhalb des Umschlages auch alles in diesem Stil weitergeht. Das hat sich nicht bewahrheitet, wäre aber auch gar nicht schlimm gewesen, wenn die Autoren es konsequent durchgezogen hätten. So finde ich es aber unnötig.
Beim Material geht es dann weiter. Innendrin ist zwar alles um Authentizität bemüht, kann aber mit anderen Produkten leider nicht mithalten. Es wird einfach nicht konsequent durchgezogen und bis zum Ende durchgehalten. Beispielhaft zeige ich euch hier mal ein paar Materialien, die ich als nicht gelungen ansehe. Einiges wirkt einfach unecht, sei es durch gedruckte Schriften mit schlechten Schrifttypen oder zu billigem Papier an gewissen Stellen. Der Fall wirkt in seinen Materialien einfach nicht konsequent zu Ende gedacht, oder es mussten einige Kompromisse gefunden werden. Des weiteren sind uns Fehler aufgefallen, die so nicht durch die Qualitätskontrolle rutschen dürften. Auf einem Flyer wurde ein Name falsch geschrieben und eine Uhrzeit falsch angegeben. Bei einem Spiel, bei dem Hinweise in solchen Unterlagen gefunden werden müssen, ist das äußerst ärgerlich, weil du dir nicht sicher sein kannst, dass sowas gewollt ist oder nicht.
CRIMECASES: Akte 001 Kunstefehler – Pseudohandschriften auf schlechten Papieren / Fotos: Spieltroll
Am schlimmsten finde ich aber den bayrischen Kommissar, der sich durch seine Audiofiles durchlabert. Scheußlich aufgesetzt und für den Fall absolut unnötig, versucht er sich durch die Szenerie zu witzeln. Der nächste Audiofile den ich anklicke liefert mir einen Hamburger Fischverkäufer als Zeugen. Nee, das gefällt mir einfach nicht. Mangelnde Sprecherqualitäten durch aufgesetzte Dialekte zu überdecken finde ich für die Immersion schwierig. Wenn dann noch dieser peinliche Humor dazukommt…
Der Fall an sich ist kompetent zusammengestellt und kann für Spaß sorgen. Allerdings ist er für erfahrene Ermittler*innen schnell gelöst. Ein wenig zu schnell für meinen Geschmack. Kaum fünfzig Minuten haben wir gebraucht und nach der ersten Sichtung der Unterlagen sprang uns direkt die Lösung für das Szenario an. Zu offensichtlich, also eher ein Fall für Einsteiger in das Krimigenre.
- Verlag: Momentum Games
- Autor(en): unbekannt
- Illustrator(en): unbekannt
- Erscheinungsjahr: 2022
- Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
- Dauer: 60 – 120 Minuten
50 Minuten? Respekt! Sherlock und Dr. Watson in Höchstform ;-)?!
Der Fall hat sicherlich nicht so einen hohen Schwierigkeitsgrad, aber diese unbekannte Firma sollte sich meiner Meinung nach an einem zweiten Fall versuchen. Das Handwerkszeug haben sie drauf – vielleicht eine Prise weniger Witz, dafür bitte mehr Hirnschmalz!
Die Online Auflösung finde ich besser als bei Hidden Games.
Wo findet man denn die Online Auflösung?
Die solltest du auf der Seite von Crimecases finden. Meistens gibt es hinten auf der Verpackung eine Internetadresse oder in der Einführung wird eine Seite erwähnt auf die du zugreifen kannst. Über diese kannst du Hilfen aufrufen und die Lösung eingeben. Bei der alten Version die ich hier getestet habe kann ich mich leider nicht mehr daran erinnern und das Spiel habe ich im Keller eingelagert. Laut Crimecases HP sollst du bei der Neuauflage auf der Rückseite der Verpackung Anweisungen finden.