Dorfromantik: Das Brettspiel

Dorfromantik – Das Brettspiel

Was klingt als wäre es der Versuch eines Bauern in Hintertupfing im Heuschober eine Atmosphäre für einen leidenschaftlichen Eroberungsversuch zu starten, entpuppt sich allerdings, trotz des dämlichen Titels, als kleines kooperatives Meisterstück. Der Anhang „Das Brettspiel“ deutet es bereits an. Für diejenigen, die es nicht wissen, weil sie selten in virtuellen, digitalen Welten unterwegs sind, sei erwähnt, das Dorfromatik die Brettspielumsetzung eines Computerspiels ist, das ein Legebrettspiel zum Thema hat. Angemessen verwirrt? Ist nicht schlimm, ich kläre euch mal auf. Dorfromantik ist ein Computerspiel, dass von vier Absolventen der HTW Berlin entwickelt wurde und diese wollten in ihrem Masterstudiengang ein gemeinsames Projekt in Angriff nehmen. Heraus kam dabei Dorfromantik, dass auf bekannten Legespielen, wie Carcassonne basiert und für einige Begeisterungsstürme während der Pandemie sorgen konnte. Viele Spieler*innen nutzten das Spiel, um ein wenig runterzukommen und den Alltag vergessen zu machen. Der Lohn für die vier war der deutsche Computerspielepreis in den Kategorien Bestes Game Design und Debüt. Lukas Zach und Michael Palm hatten wohl ein ähnliches Projekt in Arbeit und haben nun zusammen mit Pegasus die tatsächliche Brettspielumsetzung auf den Markt geworfen. Das Spiel ist leider aktuell ausverkauft gilt aber schon bei vielen als heißer Anwärter für das Spiel des Jahres. Mein Orden ist euch sicherlich auch nicht verborgen geblieben, also erkläre ich euch mal, was ich an Dorfromatik so gut finde. Der Titel ist es jedenfalls nicht.

Worum geht es?

Dorfromantik ist ein kooperatives Legespiel bei dem es die Aufgabe der Spieler*innen ist eine Landschaft aus sechseckigen Plättchen zu bauen und Aufträge zu erfüllen, um möglichst viele Punkte zu erzielen. Im Prinzip ist Dorfromatik ein endloses Spiel, das immer wieder gespielt werden kann, um die eigene Höchstpunktezahl zu verbessern. Um dem Spiel aber eine gewisse Würze zu verleihen, ist eine Kampagne enthalten, in der wir uns nach und nach neue Plättchen und Aufgaben freischalten können. Der Fortschritt wird dabei auf einem Kampagnenbogen festgehalten und durch kontinuierliches Spielen erreichen wir genauso Fortschritt, wie durch das Erfüllen spezieller Aufgaben.

Dorfromantik: Das Brettspiel – Ein komplettes Spielfeld / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Der Spielablauf ist sehr simpel, hat aber einige versteckte kleine Detailtücken, die berücksichtigt werden wollen. Im Spiel enthalten sind 73 Plättchen. 48 davon zeigen Landschaften wie Wälder, Felder, Dörfer, Schienen und Flüsse. Die anderen 25 sind Auftragsplättchen, die ebenfalls diese Landschaften zeigen, aber immer eine kleine Sprechblase mit einem Auftrag enthalten. Solche Aufträge sind immer einer Landschaft zugeordnet und wann immer wir einen der Aufträge ins Spiel bringen ziehen wir einen passenden Auftragsmarker der uns eine Zahl zwischen Vier und Sechs für die Landschaft anzeigt.

Dorfromantik: Das Brettspiel – Alles beginnt mit einem Auftrag / Foto: Spieltroll

Zu Beginn müssen wir also sowohl die Landschafts-, als auch die Auftragsplättchen und Auftragsmarker verdeckt mischen. Von den Landschaftsplättchen werden verdeckt drei aus dem Spiel genommen und in die Schachtel zurückgelegt. Die Landschafts- und Auftragsplättchen werden als verdeckte Stapel für alle zugänglich beiseite gestellt. Auch die Auftragsmarker sollten verdeckt in Reichweite liegen. Wer beginnt muss nun zunächst ein Auftragsplättchen ziehen und auslegen. Das machen nun nachfolgend alle weiteren Spieler*innen so, bis drei Aufträge ausliegen, erst danach werden normale Landschaftsplättchen gezogen und ausgelegt. Plättchen müssen immer an die Auslage angelegt werden. Die Aufgabe der Spieler*innen ist es nun sich die Punkte für die Aufträge zu verdienen. Zeigt eine Marker zum Beispiel eine Vier auf einem Kormfeld an, so müssen wir nach und nach ein zusammenhängendes Kornfeld dieser Größe bauen. Sobald das letzte Stückchen angelegt wurde, kommt der Marker in unseren Siegpunktevorrat und der oder die nächste muss einen neuen Auftrag auslegen.

Dorfromantik: Das Brettspiel – Kanten müssen nur bei Schienen und Flüssen passen / Foto: Spieltroll

Die einzelnen Plättchen können beliebig aneinandergelegt werden. Wir dürfen beliebig auch einen Wald an ein Korfeld anlegen. Die Seiten müssen nur bei Flüssen und Schienen passen. Diese dürfen nicht ins leere Laufen und abrupt enden. Auch für Gleise und Flüsse gibt es entsprechende Aufträge. Extrapunkte können wir über Fähnchen erzielen, die auf einigen wenigen Landschaftsplättchen zu finden sind. Diese gibt es für Wälder, Felder und Dörfer und bringen uns Punkte für die Anzahl der Felder in einem Gebiet. Die Fahnen haben nur einen Haken. Diese Gebiete müssen von allen Seiten mit anderen Landschaften umschlossen sein. Sobald eine Kante noch „offen“ ist, bringt ein Gebiet mit Fähnchen keinerlei Punkte ein.

Dorfromantik: Das Brettspiel – Fähnchen / Foto: Spieltroll

Im Prinzip ist das auch schon das ganze Spiel. Es gibt noch ein paar Regeln, wie mit Auftragsplättchen in verschiedenen Situationen verfahren wird. Zum Beispiel, wie mehrere Aufträge im gleichen Gebiet behandelt werden usw., aber das möchte ich hier gar nicht weiter ausbreiten, denn im Prinzip sollte der Spielablauf klar geworden sein. Das Spiel endet, sobald der Stapel der Landschaftsplättchen komplett aufgebraucht ist. Je mehr der Auftragsplättchen wir abhandeln konnten, desto besser für unser Punktekonto. Am Ende zählen wir auf einem Wertungsblatt alle Aufträge zusammen und addieren Punkte für die Fahnen. Zu guter letzt erhalten wir noch weitere Punkte für den längsten Fluss und die längste Zugstrecke in Höhe der gebauten Plättchen. Das ist es dann auch schon und an dieser Stelle endet eine enzelne Partie Dorfromantik. Es geht aber weiter, denn wir können eine gesamte Kampgane spielen. Die Spieleschachtel von Dorfromantik enthält nämlich noch mehr. So gibt es fünf kleine Schächtelchen, die weiteres Spielmaterial bereithalten, das wir uns wie in einem Legacyspiel nach und nach erspielen müssen. All diese Dinge erweitern das Spielprinzip um weitere Aufträge, spezielle Möglichkeiten Punkte zu erzielen usw.

Dorfromantik: Das Brettspiel – Simple Wertung / Foto: Spieltroll

Entschließen wir uns wür eine Kampagne, so nehmen wir unseren Wertungszettel, errechnen die Gesamtpunktezahl und übertragen sie auf den Kampagnenzettel. Dieser zeigt uns links eine Punkteskala, in der wir an entsprechender Stelle eine eins für unser erstes Spiel eintragen. Neben den Punkten wird uns eine Menge an Kreuzen gewährt, die wir im mittleren Bereich ankreuzen dürfen. Dieser zeigt so eine Art Entwicklungsbaum mit kleinen gepunkteten Pfaden. Mit jedem Kreuz dürfen wir einen Punkte abkreuzen und kommen einem neuen Entwicklungsschritt immer näher. Haben wir einen solchen erreicht, dürfen wir uns das entsprechende Teil aus einer der Schachteln nehmen und erhalten eine Regelkarte mit neuen Regeln dazu. Auf der rechten Seite dürfen wir die Errungenschaften, die wir erreicht haben ebenfalls ankreuzen.

Dorfromantik: Das Brettspiel – Der Kampagnenplan / Foto: Spieltroll

Auf diese Weise entwickelt sich Dorfromantik in kleinen Häppchen immer weiter und wird zunehmend komplexer. Nicht schwieriger, aber interessanter und abwechslungsreicher. Es entwickelte sich eine regelrechte Sogwirkung auch das nächste kleine Detail freizuspielen und zu entdecken, wie hiermit gepunktet werden konnte. Huch, hier sind wir ja schon beim Fazit.

Das Fazit

Dorfromantik ist wirklich einfach. So einfach, dass ich mich manchmal kurz fragte, ob das schon alles ist? Aber das hielt nie lange an, denn das Spiel gab mir die Antwort innerhalb weniger Sekunden. Ja, das ist alles und das reicht auch. Das Spielprinzip ist so simpel wie genial und hält dich bei der Stange. Über dreißig Partien habe ich nur vom Brettspiel nun schon hinter mir und hier steht jede Menge anderes Zeug rum, dass genauso gespielt werden will. Das allein sagt eine genze Menge aus, denn Dorfromantik kann sich gegen all die Verlockungen der Neuheiten durchsetzen und bleibt für mich immer noch interessant. Zum einen liegt das an seiner Einfachheit, denn es ist sehr schnell aufgebaut und spielt sich ebenfalls sehr schnell und flott. Zum anderen entwickelt sich die schon beschriebene Sogwirkung sobald die ersten Dinge freigespielt wurden und die große Entdeckungsreise losgeht. Auch die Struktur mancher Erfolge forderte uns immer wieder heraus noch eine Partie zu spielen, um auch den nächsten Erfolg abzuschließen. Das funktioniert ganz großartig. So großartig allerdings, dass wir nun hier sitzen und uns weitere Erfolge wünschen und gerne noch viel mehr entdecken möchten. Ja, ich gehe davon aus, dass es in nicht allzuferner Zukunft Erweiterungen für Dorfromantik geben wird, denn wer die digitale Variante kennt, wird wissen, dass Weichen, Flußdeltas, Seefelder, Plusaufträge usw. durchaus noch Raum für weitere Kampagnenspiele lassen. Vorerst sind aber jede Menge Stunden Spielspaß drin, wenn sich Spieler*innen darauf einlassen.

Hier liegt meiner Meinung nach der größte Kritikpunkt an Dorfromantik, denn damit ein Kampagnenspiel sich entfalten kann, muss es oft gespielt werden und das dann in diesem Fall immer wieder von der gleichen Gruppe. Wir wir aber alle Wissen ist diese Bereitschaft in der angestrebten Zielgruppe eher nicht so groß. Grundsätzlich ist Dorfromantik kooperativ spielbar und das funktioniert mit wenig Spieler*innen durchaus gut. Wir haben es zu zweit gespielt und schnell Plättchenpositionen diskutiert. Mit mehr Spieler*innen dauert das wahrscheinlich zu lang und könnte sich ziehen, je nachdem was man da so für Spieler*innen dabei hat. Aber auch Solo funktioniert das Spiel ganz prächtig.

Dorfromantik stellt einen Kampagnenblock bereit, den ich als zu überdimensioniert empfinde. Der macht in dieser Stärke nur Sinn, wenn das Spiel sehr oft neu gestartet wird, denn das ein und die selbe Gruppe die Kampagne neustartet halte ich für unwahrscheinlich. Wir hatten mit all den Partien jetzt nicht das Verlangen, all den erreichten Inhalt wieder rauszuschmeißen und von vorne anzufangen. Wenn spielen wir eine Partie einfach so, um mehr Punkte zu erreichen. Der Punkteblock ist hingegen fast schon zu klein und hier fände ich eine abwaschbare Version mit Marker besser als einen dicken Block. Das sind aber alles nur kleine Kritikpunkte, die den Spielspaß für uns nicht schmälern können. Ja ganz am Ende muss ich sogar sagen, dass ich mich schon dabei ertappt habe einfach so mit den Plättchen eine schöne Landschaft ausgelegt zu haben, was durchaus schon sehr befriedigend ist. Dorfromantik ist insofern tatsächliche ein zenmäßige Erfahrung.

Hut ab für diese Umsetzung, die ich wirklich ganz großartig finde. Hut ab für das bisher beste Spiel von Lukas Zach und Michael Palm. Hut ab für die Vorlage der vier Jungs von Toukana Interactive aus Berlin. Ich denke das wir hier einen der großen Favoriten für das kommende Spiel des Jahres sehen.


  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor(en): Lukas Zach, Michael Palm
  • Illustrator(en): Paul Riebe
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler*innen
  • Dauer: 30-60 Minuten

3 Gedanken zu „Dorfromantik: Das Brettspiel“

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