Lange ist es her, dass ich hier von einem Spieleabend berichtet habe, aber es gab einfach nichts zu berichten. Wir haben uns mal wieder mit unserer Spieleverrückten Arbeitskollegin getroffen und das sind immer ganz besondere Abende. Gar nicht so sehr weil wir ganz viele Spiele spielen und viel Spaß haben, sondern weil diese Abende in mir immer soviele Fragen aufwerfen. Ursprünglich wollte ich ein paar Spielegedanken dazu veröffentlichen, habe mich aber nun für eine Beschreibung des Spieleabends entschieden. Diese Kollegin kam erst vor ein paar Jahren recht frisch in unser Team und hat erst spät mitbekommen, dass meine Frau und ich ziemlich Brettspielverrückt sind. Die Runde mit unseren beiden anderen Kollegen lief zu der Zeit schon eine Weile. Sie spielt gern. Richtig gern. Eigentlich ist sie auch ziemlich Spieleverrückt und würde deswegen recht gut zu uns passen. Sie spielt aber viel in ihrem Kreis mit ihrem Lebensgefährten und einem befreundeten Pärchen. Zu diesm Zweck fragt sie bei uns immer nach, was wir denn so für neue Spiele empfehlen können. Viele würden jetzt eine ganze Reihe von Standardgatewaytiteln aufzählen und das haben wir in der Tat auch getan, aber das führte zu nicht viel und hier kommen wir zum Pudelskern.
Wir haben uns mit ihr auf einem Freitagabend getroffen und sie ist meist recht gut informiert über Spiele, die ein wenig mehr Öffentlichkeit bekommen. Sie wollte unbedingt Nova Luna an diesem Abend spielen und auch Ohanami, weil wir ihr das mal empfohlen haben. Im Gegensatz zur anderen Kollegenrunde ist die Spieleschlagzahl mit ihr immens hoch. Eine Partie ist zu Ende, da wird schon die nächste geplant. In der Regel werden auch alle Spiele immer mehrfach gespielt, außer sie sind sehr lang und das ist generell schon immer ein Problem. 60 Minuten sind zu lang! Auf der Suche für ihre Runde, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen, habe ich ihr Splendor empfohlen und das haben wir and diesem Abend auch zuerst gespielt. Denn wie wir alle wissen, ist der größte Hemschuh für ungeübte Spieler*innen das Regellernen und da sind Spiele mit wenigen Regeln und einer schnellen Erklärung deutlich im Vorteil. Splendor erfüllt das natürlich perfekt und das Spiel kannte sie gar nicht. Ist wahrscheinlich einfach schon ein wenig zu alt. Wir spielten eine Partie zur Anschauung und es gefiel ihr ganz gut, auch wenn sie natürlich noch nicht alles durchdrang. In der zweiten Partie lief es dann schon besser und sie dachte spontan, das es etwas für ihre Runde sein könnte.
Die Abende mit ihr haben schon irgendwie was von Tupperparty (wer damit noch was anfangen kann). Hätten wir die Spiele neu da, würde sie die wahrscheinlich gleich kaufen. Da sie über Nova Luna soviel gelesen hatte, es war ja immerhin auch für das Spiel des Jahres nominiert, sollte es als nächstes auf dem Programm stehen. Optisch fand sie das Spiel sehr gelungen, was ja leider nicht alles so geht und auch die Regeln sind ja schnell erklärt. Meine Frau musste ran und gewann wie gewöhnlich die Erstpartie. Keine Ahnung warum keiner gegen sie gewinnen kann in diesem Spiel. Auf jeden Fall musste auch hier eine zweite Runde her und die Kollegin kam auf den Geschmack. Ihr selbst gefiel Nova Luna sehr gut, nur befürchtete sie, dass es in ihrer Spielerunde nicht gut ankommen würde. Azul hatten sie nach anfänglicher Empfehlung auch ganz gerne gespielt, aber die Faszination ließ wohl schnell nach. Dauerbrenner innerhalb ihrer Familie ist nach meiner Empfehlung allerdings Zug um Zug. Diese Spielerunde ist ein echt harter Fall.
Ich habe ja des öfteren schon nachgefragt, was sie denn in ihrer Runde ganz gerne Spielen und da kommen ziemliche Grausamkeiten zum Vorschein. Also von Dog, über Skyjo, Skip-Bo bis hin zu Phase 10 ist alles dabei und da ist der Hund begraben. Auch die Sektion der Partygames wird mit Just One und Konsorten bereits abgegrast. Sobald mehr Regeln, anderes Material und einfach interessanteres Spiel involviert ist macht ihre Runde anscheinend zu. Ein Problem welches mir persönlich schon lange nicht mehr passiert ist, das ich aber auch kenne. Mit solchen Leute kannst du einfach keinen Start machen. Sie kam dann auch zu dem ernüchternden Urteil „Ich muss mir neue Freunde suchen“. Da kann ich nur ergänzend „Du musst dir neue Spielfreunde suchen“ beipflichten. Machnmal muss einfach akzeptiert werden, dass die Leute mit denen manche Aktivitäten Spaß machen für andere einfach nicht geeignet sind. Unsere Kollegin ist permanent auf der Suche nach neuen Spielerfahrungen für ihre Gruppe, die aber anscheinend keine möchte. Was nützt das xte Wortrate- oder Stichspiel, wenn doch irgendwie alles das gleiche ist oder zumindest so wahrgenommen wird. Sie sitzt da einfach zwischen den Stühlen. Gerne kann sie jederzeit mit uns etwas komplexere Spiele spielen. Zu komplex darf es dann aber auch nicht sein, aber in der Familien bis seichten Kennernische fühlt sie sich nach unserer Einschätzung ganz wohl.
Ohanami stand dann als nächstes auf dem Plan. Das Spiel hatte sie sich erst am Vortag bestellt und ich war auch der Meinung das wir es schonmal mit ihr gespielt haben, aber es macht halt auch Spaß und geht schnell. Also spielten wir einfach ein paar Partien, die insgesamt sehr spannend ausgefallen sind, weil natürlich alle drei wussten auf was es ankommt. Ohanami wäre wohl etwas für ihre Leute meinte sie und ich würde da beipflichten, denn es ist ein ideales Spiel für Nebenbei, da die Entscheidungen schnell und einfach getroffen werden können. Die Gespräche gehen trotzdem weiter und am Ende hat man ein schnell ermitteltes Ergebnis. Bei der Ohanamirunde holten wir auch Illusion von Wolfgang Warsch aus der Schublade und ich meinte, dass das auch ein Spiel sei, was ihrer Runde zumindest für einen Abend mal eine Abwechslung geben würde. Auch hier spielten wir es gleich mehrere Runden und ich merkte ihr an, dass sie das Spiel zwar mochte, aber eher so auf die Art, „ja das ist ganz nett, aber eigentlich für mich zu seicht, aber der Rest wird es mögen“.
Der Abend war dann auch schon recht fortgeschritten und etwas Größeres mit viel Regelerklärung sollte es dann nicht mehr sein. So spielten wir zum Abschluß auf ihren Wunsch hin noch eine Partie Fits von Reiner Knizia. Ein Spiel das eigentlich unserer Tochter gehörte, sie aber nach ihrem Auszug bei uns gelassen hat. Ich hatte schon überlegt es auszusortieren, aber so kam es an diesem Abend noch zum Einsatz, weil unsere Kollegin es kannte und spielen wollte.
Abschließend kann ich sagen, dass ich tatsächlich auch schon öfter dieser Kategorie Mensch begegnet bin, die gerne an geselligen Abenden mal was spielen wollen, aber sich gegen alle Dinge, die mehr als ein Kartenspiel sind und mehr als fünf Regeln erfordern, verwehren. Außerdem darf eine Partie nicht länger als 15 Minuten dauern und was für diese Menschen meist super wichtig ist, ist Interaktion. Interaktion bei der sich gegenseitig richtig schön geärgert wird. Natürlich gehört dann noch dazu, dass irgendwer beleidigt ist, weil er/sie immer einen reingewürgt bekommt und schon nimmt der Abend eine unschöne Wendung. Na, auch schonmal erlebt? Ich kann meiner Kollegin wirklich nichts anderes raten als sich für die Art Spiele, die sie gerne spielt andere Spieler*innen zu suchen, denn auf lange Sicht passen diese Spieler*innentypen nicht zusammen. Falls irgendwer andere Vorschläge hat, immer her damit in die Kommentare.