
Die Wikinger sind los! Könntest du zumindest meinen, wenn du dir Neuland etwas genauer anschaust. Denn thematisch haben wir es mit einem Wikingerthema zu tun. Hinter dem Spiel von Game Factory stecken aber zwei Franzosen. Laurent Escoffier war mir bisher nicht sonderlich geläufig, sein Compagnon Charles Chevallier aber ist mir vor allem durch Abyss und Kanagawa oder auch Micropolis durchaus bekannt und verspricht mir zumindest ein durchaus interessantes Spiel. Haben die genannten Spiele doch allesamt sehr gute spielerische Momente zu bieten. Was Neuland auf den ersten Blick sehr interessant erscheinen lässt sind sie verschiedenen Spielbretter. In der Mitte setzen wir unsere Figuren zentral ein und konkurrieren mit unseren Mitspieler*innen um die besten Plätze. Dabei generieren wir Rohstoffe und Bauwerke, die wir in Form von Plättchen auf unserem persönlichen Tableau einbauen müssen. Dabei handelt es sich um eine Art Effizienzpuzzle, bei dem wir nach Möglichkeit Rohstoffe für mehrere Ziele nutzen sollten.
Worum geht es?
Der Untertitel von Neuland gibt es eigentlich perfekt wieder. Wir legen an einem neuen Stück Land an, breiten uns von dort beginnend mit unseren Truppen aus. Generieren dabei Rohstoffe und bauen unser Dorf aus. Wer das am besten hinbekommt, und wir bewerten das am Spielende mit Siegpunkten, gewinnt Neuland. Das Spiel ist dabei tatsächlich überraschend thematisch, wenn auch natürlich stark abstrahiert, aber der Eroberungsvorgang der Wikinger ist wohl so abgelaufen und verschiedene Wikinger-Clans sind sich dabei auch untereinander ins Gehege gekommen.

Wie läuft das ab?
Der Spielaufbau ist ein bisschen aufwändig, denn wir müssen auf dem zentralen, zusammengesetzten Spielfeld Plättchen in verschiedenen Mengen auf verschiedenen Feldern platzieren. Der Rest hält sich aber im Rahmen. Je nach Spieler*innenanzahl bauen für das Spielfeld aus so vielen Teilen zusammen. Wir sind dabei völlig frei. Zwei weitere kleine Teile, die Landungszone und eine Ablage für Trophäen werden ebenfalls noch angebaut und dann kommt die Plättchenverteilung. Auf den markierten Gebäudefeldern legen wir die Plättchen des entsprechenden Gebäudes in Zweier- oder Dreier-Stapeln aus. Auf das Trophäenteil kommen die dazugehörigen Plättchen und in der Landungszone legen wir per Zufall aus einem Beutel gezogene Aufwertungsplättchen aus.

Die Spieler*innen erhalten alle noch ihr persönliches Spielmaterial in Form eines Dorftableaus, 13 Wikingerfiguren, sowie ein paar Spezialplättchen für ihren Plan. Der Plan zeigt oben links jeweils drei Sonderfähigkeiten auf die wir jeweils ein zugehöriges Pappplättchen legen. Die Dorftableaus weisen jedes noch drei spezielle Orte auf. Den Hafen, den Plast und den Tempel. Auf diese kommen Baustellenplättchen des entsprechenden Typs. Diese werden verdeckt gemischt und an die Spieler*innen ausgegeben die sie dann umgedreht auf ihren Tableaus platzieren. Die Ressourcenplättchen für Gold, Holz, Schafe und Äxte werden für alle erreichbar bereitgelegt und dann kann es auch schon losgehen mit der wilden Eroberei.

Das Spielprinzip ist recht simpel, wer an der Reihe ist muss einen Wikinger auf dem zentralen Spielbrett entsprechend der Regeln einsetzen und erhält danach Rohstoffe. Durch diese Aktion werden eventuell weitere Aktionen angestoßen und oder wir haben eventuell noch Optionen. Die Regeln für das Einsetzen sind ebenfalls sehr einfach. Ein Wikinger darf nur neben einem anderen Wikinger (egal welcher Farbe) oder neben einem Aufwertungsplättchen in der Landezone eingesetzt werden auf einem freien Ressourcenfeld eingesetzt werden. Das zentrale Spielfeld zeigt vier verschiedene Ressourcenfelder und die Felder mit den Gebäuden, auf denen wir Plättchen platziert haben. Von jedem Ressourcenfeld erhalten wir ein entsprechendes Ressourcenplättchen für unseren eigenen Plan. Dieses platzieren wir dort wiederum möglichst passend auf einem freien Feld des Tableaus.

Nun können bestimmte Dinge eintreten, die mit den Gebäuden auf dem Spielfeld zu tun haben. Auch diese Plättchen können wir für uns beanspruchen. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Für ein Haus muss ich lediglich einen eigenen Wikinger neben dem Feld platzieren. Auch das Gebäudeplättchen baue ich auf meinem Plan sofort ein. Für einen Wachturm muss ich eine Kette von eigenen Wikingern zwischen zwei Türmen errichten. Ich erhalte dann sofort von jedem der verbundenen Stapel ein Plättchen. Um eine Burg zu bekommen muss ich mindestens vier verbundene Wikinger neben einer Burg stehen haben.

All diese Plättchen auf meinem Tableau dienen dem Zweck meine Aufwertungsplättchen und Baustellen fertigzustellen, denn für diese erhalte ich die meisten Punkte. Für Ressourcen auf meinem Tableau erhalte ich aber auch Basispunkte. Auf den Baustellen und Aufwertungsplättchen sind Ressourcen angezeigt, die ich benachbart zu ihnen platzieren muss, um es abzuschließen. Zur Belohnung erhalte ich dann für bestimmte Gebäudetypen mehr Punkte oder überhaupt erst Punkte für die fertiggestellten Gebäude. Dabei dürfen platzierte Ressourcen auch für mehrere Plättchen genutzt werden und sollten das auch, um möglichst effektiv zu spielen.


Ich habe am Ende meines Zuges in jeder Runde die Möglichkeit eines der Aufwertungsplättchen aus der Auslage zu nehmen und auf mein Tableau einzubauen. Zu viele sollte ich aber nicht aufnehmen, um den Bauplatz nicht einzuschränken und am Spielende bringt jedes nicht erfüllte Aufwertungsplättchen fünf Minuspunkte ein.

Zusätzlich habe ich in jedem Zug auch die Möglichkeit eine meiner drei Spezialfähigkeiten einzusetzen, sofern sie noch nicht verbraucht wurden. Jede ist nur einmal pro Partie zu benutzen. Durch sie kann ich einmalig einen zweiten Wikinger platzieren, meinen Wikinger zu einem anderen auf ein bereits besetztes Feld stellen, oder die Ressourcenbelohnung des Feldes doppelt kassieren. Auch darf ich eine der Trophäen beanspruchen, wenn ich genügend Äxte auf meinem Tableau gesammelt habe. Ich darf das aber nur einmal während der gesamten Partie machen und muss mich also entscheiden, wie weit ich bei den Äxten gehen möchte. Jede Trophäe ist einzigartig.

Neuland endet, wenn alle ihre Wikinger platziert haben. Dann werden die Punkte ausgezählt. Wir erhalten die Basispunkte mal der Anzahl an entsprechenden Plättchen auf unserem Tableau. Zum Beispiel bringen Burgen 4 Punkte und wir haben Aufwertungsplättchen für Burgen mit Wert 7 in unserem Dorf so ist eine Burg in unserem Dorf 11 Punkte wert und bei zwei Burgen sind das 22 Punkte. Auf die gleiche Weise werden alle Ressourcen und Gebäude berechnet. Dazu kommen unsere Baustellen und Trophäen sowie nicht abgeschlossene Aufwertungsplättchen.
Das Fazit
Ich habe das Spiel doch mal ausführlicher beschrieben, weil ich es schon ein wenig speziell finde. Was auch der Grund ist, warum es überhaupt eine Berechtigung hat zu existieren, wie ich anderswo las. Das ist natürlich quatsch, aber es gibt durchaus Spiele die ähnliche Ansätze haben, was Ressourcengewinnung und Dorfbau angeht. Ich finde an Neuland aber gerade die Idee spannend mir Rohstoffe und Gebäude auf einem gemeinsamen Plan zu erspielen, wo ich mit meinem Mitspieler*innen nicht nur interagiere, sondern ihre Spielfiguren sogar oftmals brauche um überhaupt in bestimmte Regionen des Spielfelds vorzudringen. 13 kleine Wikinger sind nämlich gar nicht einmal so viele wie man meinen mag. Eben dieser Effekt macht das Spiel für mich auch abhängig von seinen Spieler*innenanzahlen. Zu zweit ist das hier ein nervenaufreibender Schlagabtausch bei dem um jeden Zentimeter des neuentdeckten Landes gepokert wird. Denn es kann schon entscheidend sein, wer die Möglichkeit hat einen Wikinger zuerst neben ein Haus zu setzen, das noch unbedingt für die eigenen Aufwertungen benötigt wird.

Auf der anderen Seite ist dieses schon angesprochene Effizienzpuzzle genauso spannend. In Runden mit drei oder vier Spieler*innen wahrscheinlich sogar der spannendere Teil, weil ich durch die Nichtplanbarkeit meiner Mitspieler*innen nie genau wiess, was ich in meinem Zug vom gemeinsamen Spielfeld stibitzen kann. Hier kommt es darauf an die richtigen Teile für die richtigen Bau- und Aufwertungsplättchen Mehrfach nutzen zu können um viele Punkte zu ergattern und um Platz für Äxte zu haben, die ich für Trophäen brauchen kann, die mich massiv mit Punkten belohnen können, aber nur wenn ich genug habe. Aber wieviel ist genug, soll ich schon eintauschen oder warte ich noch. Aber dann kann es zu spät sein und ein*e Mitspieler*in nimmt es mir weg. Neuland ist in vielen dieser Punkte ein wirklich spannendes Spiel. Diese „Tiefe“ strahlt das Spiel gar nicht aus und bleibt dennoch im Familienbereich und ermöglicht durch die überschaubaren Regeln jedem eine Partie.

Neuland kam bei uns recht gut an und gefiel uns durch seinen niedrigschwelligen Zugang sogar sehr gut. Der Knackpunkt ist ein bisschen die Variabilität. Der Spielplan ist zwar modular, aber die einzelnen Teile erlaube durch ihre Form und die eingebauten Abstände keine extremen Partien mit weiteren Abständen zwischen bestimmten Ressourcen und Gebäuden. Das führt dann doch zu immer wieder ähnlichen Spielverläufen und repetitiven Aufgabenstellungen. Was einfach nur heißen soll, es wird mit der Zeit und der Übung etwas durchschaubarer und eventuell auch langweiliger. Dieser Status ist bei uns aber noch nicht eingetreten. Der zweite kleine Kritikpunkt betrifft das Material. Die persönlichen Spielpläne sind mir irgendwie zu dünn und gerade da man viel darauf ablegt, sollten sie nicht so einfach zu verschieben sein. Aber das ist alles schon mit der Lupe gesucht. Ich kann Neuland nur empfehlen.
- Verlag: Game Factory
- Autor(en): Charles Chevallier, Laurent Escoffier
- Illustrator(en): Xavier Gueniffey Durin
- Erscheinungsjahr: 2024
- Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
- Dauer: 35 – 45 Minuten
Wir haben Neuland gestern erstmals gespielt. Nach dem Ersteindruck würde ich mich deiner Meinung anschließen. Neuland ist vom Regelwerk her zugänglich, aber angenehm fordernd im Spiel. Zudem stimmt auch das Maß an Interaktion. Abnutzungserscheinungen wird es vermutlich auf Dauer geben, aber bis dahin ist noch Zeit und bei den meisten Spielen ist es ja nicht anders.
Hinsichtlich der persönlichen Spielpläne hört oder liest man immer wieder die Kritik, dass die zu dünn sind (wie eben auch von dir). Ich finde die qualitativ recht gut. Dadurch, dass die Pläne so dünn sind, liegen sie schön plan auf dem Tisch, während sich dicke Pappe gerne verzieht und dann auf dem Tisch kreiselt. Zu dünn sind die Spielpläne zudem auch nicht. Das geht so vollkommen in Ordnung für mich. In dem Zusammenhang muss man auch den Preis nennen sowie positiv hervorheben. UVP 30 €, wobei das Spiel inzwischen auch schon günstiger zu bekommen ist. Das ist mehr als fair.