Pocket Detective – Fall #01: Mord auf dem Campus

Pocket Detective – Fall #01: Mord
auf dem Campus / Foto: Spieltroll

Im letzten Jahr erregten die kleinen Pocket Detective Spiele von Schmidt die Aufmerksamkeit von meiner Frau und mir. Für gute Detektivspiele sind wir immer zu haben. Schmidt hat sich die ersten beiden Fälle der Serie des russischen Autoren Yury Yamshchikov für die Veröffentlichung auf Deutsch gesichert. Aufgrund der Beschreibung kam mir das ganze Spielgeschehen irgendwie bekannt vor. Es sollte Ähnlichkeiten zu Decktective aufweisen und auch die Sherlock Kartenspiele wurden immer wieder genannt, aber nachdem ich mir das ganze dann etwas näher angeschaut habe muß ich sagen, es hat genug Eigenständigkeit um für sich selbst zu stehen und hat mit den Vorhergenannten eigentlich nur eines gemeinsam und das ist die Tatsache das alle Kartenspiele mit Detektivthema sind. Nicht mehr. Pocket Detective erinnert mich dabei schon eher an ein Vorbild aus vergangenen Tagen: Sherlock Holmes Criminal Cabinet. Bevor jetzt alle ausrasten, ich nehme es vorweg, es ist nicht annähernd so gut und dann doch auch wieder komplett anders! Häh?! Lasst es euch erklären.

Worum geht es ?

Wie der Untertitel des ersten Falls schon verrät, auf einem Universitätscampu ist ein Mord passiert. Ein Professor ist in seinem Büro erschossen worden. Wir, als örtlicher Ermittler, werden zum Tatort gerufen und müssen nun die Ereignisse aufklären. Die Spieler schlüpfen dabei alle gemeinsam in die Rolle des Ermittlers und beraten sich darüber, was als nächstes zu tun ist. In den Regeln steht zwar das die Spieler alle der Reihe nach dran sind und immer derjenige Spieler entscheidet, der gerade an der Reihe ist, aber das macht eigentlich keinen Sinn, deshalb haben wir es gleichmal komplett kooperativ gespielt. Das Spiel basiert komplett auf Karten und letztlich unseren notizen die wir uns machen. Eine besondere Komponente kommt in diesem Spiel der Zeit zu, die wir in Form von kleinen Zeiteinheiten auf einer Liste festhalten. Wir spielen also schon mit der Zeit, aber nicht gegen die Uhr, stehen also nicht unter physischem Zeitdruck mit unseren Handlungen.

Pocket Detective – Kartenstapel / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab ?

Genau wie die schon erwähnten Spiele, Decktective und Sherlock, besteht Pocket Detective nur aus einem einzelnen Kartenstapel mit dem die Spieler agieren. Das Spiel erklärt sich dabei selbst auf den Karten und verlangt von den Spielern nicht erst ein größeres Regelstudium. Es gibt gar kein Regelheft in dem Sinne, nur einen Zettel, auf dem wir Notizen machen können. Der Rest des Spielmaterials ist nur ein Kartenstapel, der uns dazu auffordert den Text der obersten Karte zu lesen. Dies erinnert sehr stark an Decktective, wo es genauso abläuft. Aber schon bald weicht das Geschehen deutlich ab, denn nach weiteren Karten in denen uns das Spielgeschehen erläutert wird, bilden wir verschiedene Kartenstapel als Aulage vor uns. Die Kartenstapel sind dabei mit Buchstaben versehen und fortlaufend nummeriert (B1 – B10 z.B.) Die oberste Karte eines jeden Stapels zeigt ein Bild, das für den Fall relevante Orte darstellt. Bei einigen wissen wir zu Beginn gar nicht, warum wir diesen Ort sehen, weil sie zunächst irrelevant erscheinen. Die Karten des A-Stapels sind quasi unser Spielstart und enthält die Karten mit denen wir uns zuerst befassen können, wie z.B. das Opfer, der Tatort, die Zeugen usw.

Pocket Detective – Kartenauslage / Foto: Spieltroll

Gespoilert wird hier natürlich nichts, aber ich werde einmal kurz anreißen, wie das Spiel dann weiter funktioniert. Die Spieler können zunächst alle offenen Karteninhalte lesen. Sie dürfen aber keine der Karten umdrehen. Die letzten drei A-Karten enthalten die Lösung des Falls und werden komplett zur Seite gelegt, bis wir dazu aufgefordert werden sie zu lesen.

Pocket Detective – Kartentext / Foto: Spieltroll

Wir lesen also die Kartentexte und werden ab und zu unterstrichene Stellen finden die uns weiterleiten. Sie geben in der Regel an, wo wir weiterlesen sollen, ob wir die Karte einfach umdrehen, oder uns aus einem der anderen Stapel eine neue Karte raussuchen müssen. Manche Aktionen werden uns Zeit kosten und wir sehen ein oder mehrere Uhrensymbole neben dem „Link“. Das zeigt uns ersteinmal nur an, dass die Aktion uns Zeit kosten wird. Noch nicht exakt wie viele, aber es gibt uns eine Idee davon, ob etwas zeitintensiv sein kann oder eher nicht. Ein Beispiel könnte sein, dass eine Zeugin sich an einem anderen Ort befindet, zudem wir erst fahren müssen, also zeigt uns der Text an, dass es uns zwei Uhren kosten wird, diese Aktion durchzuführen. Machen wir es dann und suchen uns die entsprechende Karte aus einem der Stapel zeigt uns die neue Karte wieviele Uhren wir uns tatsächlich notieren müssen.

Auf diese Weise wird nicht nur mit Zeit sondern auch mit Stress verfahren, der uns am Ende ebenfalls von unserem Punktekonto abgezogen wird. Stress ist dabei aber zehnmal schlimmer als Zeit. Denn eine Uhr kostet einen Minuspunkt, Stress gleich zehn. Ein weiterer Effekt der Zeit ist, dass manche Entscheidungen von ihr betroffen werden. Das sieht dann zum Beispiel so aus, dass wir manche Möglichkeiten auf Karten nicht mehr nutzen können, weil zuviel Zeit verstrichen ist. Wie zum Beispiel, dass eine wichtige Person ncihtmerh an einem Ort anzutreffen ist, nach einer bestimmten Menge Zeit. Dieses Element erinnernt mich ein wenig an Chronicles of Crime, aber in dieser analogen Form habe ich das noch nicht gesehen. Das wäre dann eigentlich auch alles an Mechanik. Über den Rest kann ich nicht viel mehr sagen, denn es würde Spoiler beinhalten.

Pocket Detective – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Das Fazit

Kommen wir also zum Fazit. Viele Spiele Namen habe ich in den Ring geworfen, um einen Vergleich zu finden. Wo sich Decktecktive und Sherlock von der Spielmechanik ähneln, ist Pocket Detective eigentlich ganz anders. Mit ihnen teilt es nur die Form eines Spiels aus einem Kartenstapel. Die Zeitmechanik erinnert an Chronicles of Crime in analoger Form und der Rest ist im Prinzip eine superleichte Variante von Sherlock Holmes Criminal Cabinet ohne die ganze Detektivarbeit. Wo wir in dem alten Klassiker einen Text durchlesen und uns selbst die relevanten Informationen heraussuchen müssen, werden sie uns hier auf dem Silbertablett serviert (unterstrichen und hervorgehoben). Auch bei Criminal Cabinet wurden wir dann an andere Stellen durch einen Zahlen-/Buchstaben-Code geleitet, nur in einem Buch. Hier steht die nächste Information auf einer bestimmten Karte. Den Fall an sich müssen wir schon noch selbst lösen, indem wir die Infos in den richtigen Kontext bringen, aber die ganze Detektivarbeit, das Ermitteln an sich, das einem immer wieder kleine Erfolgserlebnisse bringt, wenn man eine anscheinend relevante Information herausfiltert, entfällt hier irgendwie komplett. Das ist wahrscheinlich auch das größte Manko für mich an diesem Spiel.

Was mir durchaus gut gefällt und was ich schon erwähnte ist die Mechanik mit der Zeit, nicht nur das sie bestimmt wie gut wir waren, was im übrigen eine weitere Parallele zu Sherlock Holmes Criminal Cabinet ist, wo wir und zeitlich gegen Holmes behaupten müssen (Anhand der Anzahl der besuchten Orte), sondern auch die Tatsache, dass sie die Handlung beeinflusst, indem sie den Ermittlern manche Möglichkeiten raubt, wenn sie zu langsam oder zu schnell sind.

Pocket Detective – Vertrauliche Informationen / Foto: Spieltroll

Die Qualität des Materials ist gut. Die Karten sehen gut aus und auch die Abbildungen sind ganz hübsch. Was mir allerdings irgendwie seltsam vorkam war die Tatsache, das man alles vor sich von Beginn an ausbreitet und einem sofort die Bilder auf den Stapeln in die Augen fallen und man sich fragt, was diese Orte denn mit dem Fall zu tun haben. Später, im Verlauf des Falls, bekommt man dann durchaus eine Idee, warum dieser Ort da liegt, aber noch nicht unbedingt, warum er so relevant ist, dass da ein ganzer Stapel zu im Spiel ist. Hier wird dann plötzlich ganz klar in welche Richtung die Ermittlung gehen wird und das war uns als Ermittlern noch gar nicht so klar. Das ist Schade, denn hier spoilert sich das Spiel ja fast selbst ein wenig. Insgesamt ist dieser erste Fall solide, aber für uns war er viel zu leicht. Die Spieldauer ist mit 60-90 Minuten angegeben und das ist viel zu lang angesetzt. Die Hälfte wäre okay. Ich kann nicht genau sagen, ob es daran lag, das wir in solchen Spielen durchaus geübt sind, oder ob die Spielzeit viel zu lang angegeben ist. Auf Boardgamegeek wird sie von der Community mit 45-60 Minuten angegeben und das ist korrekter.

Pocket Detective – Stapel der Polizeistation / Foto: Spieltroll

Insgesamt kein schlechtes Spiel, aber eines für das ich nicht unbedingt die Zielgruppe bin. Es richtet sich eher an die Detektive unter uns, die aus dem Familiensetor kommen.


  • Verlag: Schmidt Spiele
  • Autor(en): Yury Yamshchikov
  • Illustrator(en): Leon Schiffer
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Spieleranzahl: 1 – 6 Spieler
  • Dauer: 45 – 60 Minuten

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