Die Tiere vom Ahorntal

Die Tiere vom Ahorntal

Wenn ich mir die Schachtel von Die Tiere vom Ahorntal so betrachte, dann denke ich zunächst schon eher an ein Kinderspiel. Zumindest lässt der Altersaufdruck von 8+ vermuten, dass es sich um ein Familienspiel handeln könnte. Stutzig ließ mich dabei aber die recht hohe Bewertung bei Boardgamegeek für das Spiel werden und der offenkundige Zuspruch den das Spiel auch von Teilen der Kenner- und Vielspieler*innen erhält. Rein Äußerlich kann ich dem Spiel einen gewissen Niedlichkeitsfaktor nicht absprechen. Das scheint sich auch durch das ganze Spiel hindurchzuziehen. Alles sieht irgendwie so aus als wäre es aus einem Kinderbilderbuch entsprungen. Es hat mich zumindest neugierig auf das Spiel hinter der Optik gemacht und meine Frau war natürlich sofort Feuer und Flamme bei niedlichen kleinen Tierchen mit großen Augen. Ein offenes Scheunentor sozusagen, da war es kaum verwunderlich, dass es direkt 24 Stunden nach erhalt das erste Mal auf den Tisch kam. Sie hat sogar freiwillig die Regeln gelesen und mir das Spiel beigebracht. Ich war immer noch skeptisch.

Worum geht es?

Über sechs Monate (Runden) hinweg bemühen sich die Tiere vom Ahorntal darum ihr Heim für sich und ihre Familien so heimelich wie möglich einzurichten und sich auf den nächsten Winter vorzubereiten. Die Spieler*innen schlüpfen hier in die Rolle dieser Tiere und sammeln auf den Feldern und in den Wäldern alles Nötige, was sie dafür nutzen können Verbesserungen an ihren Unterschlupfen vorzunehmen. Manchmal gehen sie auch ins Eulennest um sich eine Idee zu holen, was sie noch so bauen, stricken, schnitzen etc. könnten, um während des langen Winters beschäftigt zu sein. Wer sein Heim nach sechs Runden am heimelichsten eingerichtet hat, gewinnt. Die Spieler*innen erreichen das durch einen recht eigenwilligen Mix aus Arbeiter- und Würfeleinsatz.

Die Tiere vom Ahortal – Spielaufbau / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Ich werde mich hüten um hier und heute keinen detailierten Spielaufbau wiederzugeben, denn dann könnte ich wahrscheinlich allein dafür schon über tausend Worte aufbringen. Auf dem Spielbrett und drumherum ist einfach eine Menge los. Viele Teile sind aufzubauen, auszulegen und anzuordnen. Die Spieler*innen erhalten alle noch eigene Tableaus mit Würfeln, Meeplen und Häsern darauf. Auch das Spielbrett bietet jede Menge Regionen auf denen Auslagen liegen die alle beachtet werden wollen. Hier ist wirklich jede Menge los und auch acht verschiedene Ressourcen wollen im Vorrat platziert werden. Ihr solltet ruhig ein bißchen Zeit für den Spielaufbau einplanen. Allein schon diese Masse an unterschiedlichem Spielmaterial widerspricht eindeutig der These des Familienspiels.

Die Tiere vom Ahorntal – Wald und Wiese Einsatzorte / Foto: Spieltroll

Im Grunde geht es in Die Tiere vom Ahorntal darum, an verschiedensten Stellen Rohstoffe zu sammeln und diese dann durch Abgabe in Verbesserungen und Ideenkarten umzuwandeln, die uns zum Spielende mit wertvollen Punkten versorgen oder uns Fähigkeiten liefern, mit denen wir weitere Punkte generieren oder unsere Aktionen während des Spiels verbessern. Zu diesem Zweck setzen wir Arbeiter in Form von niedlichen kleinen, bedruckten Animeeplen ein. Was den Worker-Placement-Profi zunächst verwundert ist die Tatsache, dass wir unsere Meeple alle gleichzeitig einsetzen und uns gegenseitig keine Plätze wegschnappen können. Das bloße Einsetzen eines solchen Arbeiters bedeutet in diesem Fall aber noch nicht, dass wir die Aktion auch durchführen werden, denn darüber entscheiden die Würfel des Spiels. Jede*r Spieler*in verfügt über zwei farbige Familienwürfel, die vor dem Einsetzen der Meeple gewürfelt werden. Das heißt das diese Würfelergebnisse mir beim Einsetzen bekannt sind. Erst nach dem Einsetzen werden die neutralen Würfel für alle Spieler*innen gemeinsam geworfen. Ihr ahnt es schon, die Einsatzorte sind an Würfelergebnisse gekoppelt. Im Wald zum Beispiel gibt es für eine vier zwei Pilze oder für eine fünf plus eine sechs zwei Holz und einen Apfel als Ressourcen. Ich benötige also nicht nur eine Figur an einem Ort, sondern auch die entsprechenden Würfelwerte, um Rohstoffe zu ergattern. Zusätzlich verändern sich die Bedingungen an vielen Orten in jeder Runde, so dass hier nicht vollends geplant werden kann. Es ergeben sich vielleicht Möglichkeiten oder eben nicht.

Die Tiere vom Ahorntal – Das Wirtshaus / Foto: Spieltroll

Von den Spieler*innen wird also verlangt, einzuschätzen, was mit ihren beiden Würfeln möglich wäre, wenn entsprechende neutrale Würfel hinzukommen. Es werden Wahrscheinlichkeiten abgewägt und dann folgt das Prinzip Hoffnung und die eigenen Meeple werden möglichst günstig platziert. Dann kommen die neutralen Würfel und es geht von vorne los. Ich durchdenke erneut meine Möglichkeiten auf der Basis der neuen Informationen, die mir nun zu Verfügung stehen und erhalte die Ressourcen die mir gelungen sind zu erwürfeln, oder aber ich plane nochmal komplett um, weil ich doch eine andere Möglichkeit nehme, die auf einem der Orte, wo ich eine Figur stehen aber machbar sind. Diese Phase findet aber im Gegensatz zur ersten Planungsphase nicht parallel sondern nacheinander statt, so dass sie in einer Partie mit mehr als zwei Spieler*innen quälend lange dauert, weil ich absolut nichst tun kann.

Die Tiere vom Ahorntal – Verschiedene Meeples / Foto: Spieltroll

Genauso läuft jede Runde ab und das ist relativ spannungsarm. Wir entscheiden uns Rohstoffe zu sammeln, die wir für Verbesserungen oder neue Ideen benötigen, die wir wiederum ausspielen und die uns Punkte bringen. Einige der Ideen bringen uns mehr Punkte, wenn wir noch eine zweite ähnliche Idee ausspielen können. Ob wir soetwas finden ist aber ebenfalls zufällig davon abhängig, ob wir sie im Stapel finden. Viel mehr möchte ich an dieser Stellen gar nicht sagen und gleich in das Fazit übergehen.

Das Fazit

Die Tiere vom Ahorntal zu bewerten fällt mir wirklich schwer. Meiner Frau gefällt das Spiel sehr gut und auch ich habe seltsamerweise immer mal wieder Lust es zu spielen, obwohl ich so wahnsinnig viel zu kritisieren habe. Denn für mich ist die Tiere vom Ahorntal tatsächlich kein tolles Spiel, aber eines das ich trotzdem spiele. Neudeutsch könnte das wohl als Guilty-Pleasure bezeichnet werden.

Die Tiere vom Ahorntal – Gesamtes Spielbrett / Foto: Spieltroll

Also, die Downtime ist ein riesiges Problem in Partien mit mehr als zwei Personen, obwohl Teile des Spiels parallel ablaufen ist das wirklich ein Ärgernis, denn es ist durch die Mechanik ein hausgemachtes Problem, indem die Spieler*innen alles zweimal durchdenken müssen. Zum ersten spekulieren sie aufgrund ihrer wenigen Würfelergebnisse auf Standorte für ihre Figuren und nachdem die anderen Würfelergebnisse feststehen, wird nochmal überlegt. Diesmal mit vollständigen Informationen, aber eventuell schlecht platzierten Figuren. Die Mechanik funktioniert, ist aber unglücklich und zeitintensiv. Das Glücksmoment ist nicht von der Hand zu weisen und gehört in ein gutes Familienspiel für mich auch durchaus dazu, aber damit kommen wir zum Kernproblem von Die Tiere vom Ahrontal. Was für eine Art Spiel ist das eigentlich und was will es sein?

Für mich stellt es sich, allein durch seinen Niedlichkeitsfaktor als Kinderspiel dar. Natürlich ist es das nicht, denn 8+ prangt da auf der Schachtel. Ein Familienspiel ist es für mich aber genausowenig, denn wenn wir jetzt den Familylook mal beiseite lassen, ist hier soviel los, das es sich schon eher an Vielspieler richtet. Hier wird viel gegrübelt und mehrfach durchdacht, Karten haben viel Text und verschiedene Fähigkeiten. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten für die Figuren, so dass ich Die Tiere von Ahorntal eher als seichtes Kennerspiel bezeichnen würde. Für die Enthusiasten ist es dann aber auch wieder zu wenig, denn der Mechanismus steht dem im Weg. Zu glücksabhängig und zu wenig planbar. Und dennoch spiele ich das Spiel gern. Keine Ahnung was ich dazu sagen soll. Es fühlt sich gut an es zu spielen. Villeicht sollte ich es als Wohlfühlspiel bezeichnen. Keine Ahnung ob ihr das nachvollziehen könnt, aber dieses Spiel ist definitv keines das ich empfehlen kann. Hier gilt mehr als bei vielen anderen: selber ausprobieren.

Die Tiere vom Ahorntal – Spieler*innentableau / Foto: Spieltroll

In der Anleitung, die online heruntergeladen werden kann steht die Altersangabe inzwischen mit 10+ und auch das halte ich noch für sportlich.


  • Verlag: Board Game Circus
  • Autor(en): Roberta Taylor
  • Illustrator(en): Shawna JC Tenney
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
  • Dauer: 45 – 90 Minuten

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