Tokaido Duo – Im Einklang von Religion, Handel und Kunst

Tokaido Duo

Wer das Coverartwork dieser Scahtel ohne den Titel sehen würde, wüsste trotzdem sofort um was für einen Ableger eines Spiels es sich hier handelt. Tokaido verkündet es in andachtsvoller Anmut. Den großen Bruder kann es aufgrund von Thema und Erscheinungsbild überhaupt nicht leugnen und ich bin mir sicher das es das auch gar nicht will. Tokaido ist schon ein recht bekannter Name, obwohl das Spiel mindestens genausoviele Ausdemweggeher wie Liebhaber sein eigen nennt. Ich habe bisher nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich ein großer Tokaido-Fan bin. Hier haben wir es jetzt also mit einer zwei Spieler*innen Variante zu tun, wie uns das Duo im Namen verrät. Aber, und das ist ein dickes aber, das stimmt so nicht. Tokaido und Tokaido Duo verbindet neben dem Namen, dem Künstler und dem Autor eigentlich gar nicht so viel. Beide Spiele sind sich ähnlich, aber im wahren Charakter komplett unterschiedlich. Angemessen verwirrt? Dann folgt meinen wirren Gedanken tiefer in den Kaninchenbau.

Worum geht es?

Wir befinden uns auf Shikoku, der kleinsten der vier Hauptinseln von Japan und als Spieler*in tragen wir Verantwortung für drei Charaktere, mit denen wir über die Insel wandern. Ein*e Händler*in versucht auf der Insel lukrative Geschäfte abzuwickeln, ein*e Pilger*in wandert an den Küsten der Insel entlang, um die verschiedensten Tempel zu besuchen und ein*e Künstler*in wandelt in den hübschen Landschaften der Insel umher, um Kunstwerke zu schaffen und unter das Volk zu bringen. Wer am Ende die meisten Punkte erspielt hat gewinnt. Hierin sind sich Tokaido Duo und der große Bruder einig.

Tokaido Duo – Spielaufbau / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Zunächst fiel mir beim Öffnen der Schachtel auf, wieviel verschiedenes Spielmaterial sich in der Schachtel befand. Das ist durchaus ungewöhnlich für ein Spiel für zwei Personen in der Standard-KOSMOS-Größe. Dennoch ist das Spiel durchaus schnell aufgebaut. Zwischen beide Spieler*innen wird das Spielbrett gelegt, das die Insel Shikoku zeigt. Entlang der Küsten der Insel befinden sich viele runde Felder mit Abbildungen, wie sie aus Tokaido bekannt sind. Sie representieren verschiedenste Ortschaften, wie Tempel, Küstenorte, Heiße Quellen, Gärten und Meeresufer. In der Mitte der Insel finden wir vier Gebirgsorte die mit Linien untereinander sowie mit den Küstenorten verbunden sind. An jedem Küstenort befindet sich auch noch ein Ablagefeld für ein Geschäftsplättchen. Diese Geschäftsplättchen werden verdeckt gemischt und auf die acht Felder aufgedeckt verteilt. Sie geben vor, welche der vier Waren des Spiels zu welchem Preis, wo verkauft werden kann.

Tokaido Duo – Pilgertableau

Jede*r Spieler*in bekommt ein Set Spielmaterial, das drei kleine Tableaus für die unterschiedlichen Figuren beinhaltet. Ebenfalls dazu gehören die drei Spielfiguren, zwei runde Anzeigemarker, zehn Gemäldeplättchen, sowie ein Farbplättchen in Form eines Pagodendachs, damit wir nie vergessen welche Farbe wir spielen. Jedes der drei Tableaus hat andere Punktemechaniken, die wir anders anzeigen. Auf dem Pilgertableau befinden sich runde Aussparungen für Tempel und Gärten. Zu Spielbeginn werden die beiden runden Marker hier in die Vertiefungen auf den Postitionen mit der Eins platziert. Wann immer wir im Spielverlauf einen dieser beiden Orte besuchen, rücken wir den entsprechenden Marker um ein Feld weiter. Das Händlertableau hat sechs Ablagefelder für Warenplättchen. Im Spielverlauf sammeln wir hier Waren an und verkaufen sie in den Ortschaften wieder. Am unteren Rand befinden sich sechs Aussparungen an die wir Goldtafeln anlegen müssen. Wann immer wir zehn Geld eingenommen haben, müssen wir unser Geld sofort in eine Goldtafel umtauschen und sie dort platzieren. Je mehr von diesen Tafeln, desto mehr Punkte haben wir am Spielende. Das dritte Tableau ist für unsere*n Künstler*in. Auf diesem gibt es zehn Ablagefelder für die Gemäldeplättchen die wir verdeckt mischen und darauf auslegen. Sobald ein Plättchen entfernt wird, sehen wir darunter eine Punktezahl. Je mehr wir freispielen, desto größer die Punktzahl am Ende des Spiels.

Alle drei Tableaus haben in der rechten oberen Ecke noch Platz für ein Wellenplättchen. Das sind drei doppelseitige, blaue Plättchen die vor Spielbeginn unten auf dem Spielbrett ausliegen. Sollten wir im Spielverlauf eines erhalten, so platzieren wir es auf dem entsprechenden Tableau und haben fortan einen Bonus. Sie dürfen während der Partie aber nie umgedreht werden. Ebenfalls auf dem Spielbrett platziert wird das Heiße Quellen Plättchen, welches im Spielverlauf den Besitzer wechseln kann und für einen zweiten Wurf genutzt werden kann.

Tokaido Duo – Handelsplättchen / Foto: Spieltroll

Die Handelsplättchen werden in den Beutel gelegt und sämtliches Geld und die Goldtafeln als Vorrat bereitgelegt. Die drei Würfel des Spiels werden für beide gut erreichbar ebenfalls bereitgelegt. Die drei Spielfiguren beider Spieler*innen haben festgelegte Startpositionen in jeweils einer Ecke des Spielbretts. Die Pilger*innen starten auf einem Tempelfeld am Rand und die Händler an einem Küstenort ganz in der Nähe. Die Künstlerfiguren bewegen sich in den durch die Linien entstehenden Zwischenfelder und auch auch hier findet sich eines mit einem Startsymbol.

Tokaido Duo – 3 Würfel / Foto: Spieltroll

Der Spielablauf ist dann sehr simpel und besteht aus drei Schritten. Ein*e Startspieler*in beginnt indem alle drei Würfel geworfen werden. Jeder der drei Würfel steht für einen der drei Charaktere und zeigt das durch ein Symbol auf jeder Würfelseite an. Es wird sich für einen Würfel entschieden und die entsprechende Figur bewegt und die Aktion ausgeführt. Das Gegenüber wählt anschließend einen Würfel aus den zwei verbliebenen und verfährt genauso. Der letzte Würfel geht wieder an unsere*n Startspieler*in und führt die verbliebene Aktion aus. In der nächsten Runde würfelt die Person, die nur einen Würfel aus der Vorrunde vor sich liegen hat und das Spiel wird solange fortgesetzt, bis eine der Spielendebedingungen eintrifft.

Die wichtigsten Regeln dabei sind aber, dass die gewählte Figur immer um den Wert bewegt werden muss, den der Würfel anzeigt. Die Aktion darf und sollte in den meisten Fällen dann auch ausgeführt werden, ist aber nicht verpflichtend. Es darf immer nur eine eigene Figur bewegt werden und ich darf im selben Zug nie ein Feld erneut betreten auf dem ich in diesem Zug schon war. Die drei Figuren bewegen sich auf verschiedene Arten. Der Pilger läuft immer nur an der Küste im Uhrzeigersinn entlang, während der Händler auf sämtlichen Handelsorten des Spiels hin- und herläuft. Er berührt den Pfad des Pilgers nur an den Küstenorten, wo er Waren verkaufen kann. Im Landesinneren auf den Gebirgsorten nimmt er Waren auf. Die Küstler*innen bewegen sich, wie erwähnt auf den Landschaftsfeldern zwischen all diesen Feldern. Diese großen Felder zeigen auch Symbole, die für ihre Kunstwerke wichtig sind. Künstler*innen haben die Wahl zwischen zwei Aktionen wenn sie an der Reihe sind. Entweder sie malen oder verschenken Gemälde. Malen sie, so decken sie soviele ihrer verdeckten Gemäldeplättchen auf ihrem Tableau auf, wie andere Figuren an dieser Landschaft angrenzend stehen. Dazu kann ein anderer Künster im benachbarten Gebiet gehören und auch Pilger*innen und Händler*innen die an aentsprechenden Orten am Rand der Landschaft stehen, in der sich die Künstler*innenfigur befindet. Wenn das Landschaftssymbol mit der des Gemäldes, das sich am weitesten linksoben auf unserem Tableau befindet, übereinstimmt, so könnnen wir es verschenken und spielen damit Punkte frei.

Die Händler*innen ziehen auf Gebirgsfeldern eine angegebene Anzahl Waren aus dem Beutel und lagern sie auf ihrem Tableau. Stehen sie auf einem Küstenort, können sie die entsprechende Ware für den angegebenen Preis auch verkaufen. Die Händler*innen dürfen zu jeder Zeit nur fünf Waren auf ihrem Tableau lagern. Das sechste Feld kann nur über ein Wellenplättchen freigespielt werden.

Die Pilger*innen laufen einfach ihren Weg rund um die Insel ab. entscheidend ist dabei auf welchem Feld sie ihren Zug beenden. Landen sie auf einem Küstenort, so erhalten wir soviel Geld, wie auf dem Geschäftsplättchen als Verkaufspreis angegeben ist. Auf den Tempel- und Gartenfeldern wird der jeweilige Marker versetzt. Erreichen wir eine Heiße Quelle, so erhalten wir den Marker vom Spielbrett oder, falls dieser vor unserem Gegenüber liegt auch von dort. Mit ihm darf der gerade genommene Würfel jederzeit ein zweites Mal benutzt werden. Anschließend wird er wieder abgelegt. Lande ich auf einem Meeresufer, so darf ich eines der drei Wellenplättchen nehmen, die mir Spielvorteile bieten.

So spielen sich die beiden Kontrahent*innen durch das Spiel, bis irgendwer das letzte Feld der Tempel- oder Gartenleiste erreicht, oder die sechste Goldtafel unter das Händlertableau platziert, oder aber das letzte Gemälde verschenkt. Die aktuelle Runde wird dann noch beendet und anschließend die Punkte ermittelt, die sich aus den Punkten der drei Tableaus zusammensetzt. Beim pilger werden die Tempel mit den Gärten multipliziert und bei den beiden anderen stehen die erreichten Punkte direkt auf den Tableaus. Bei einem Gelichstand gewinnt das meiste Geld.

Das Fazit

Recht simpel, aber dennoch ist hier viel los. Für Anfänger fast schon ein wenig zuviel. Tokaido Duo kommt mir ein Stück weit komplizierter vor, aber ich vermute das liegt in meiner Wahrnehmung des Spiels insgesamt. Während Tokaido für mich so ein Wohlfühlspiel ist, dass ich auspacke und mit Freunden und der Familie spiele, während wir uns nett unterhalten und nur nebenbei etwas zu tun haben wollen, ist Tokaido Duo deutlich anders. Hier steht irgendwie der direkte Vergleich im Vordergrund und steht damit in bester Tradition vieler Duellvarianten größerer Spiele. Der zenartige Charakter von Tokaido, bei dem es mir komplett egal ist, wer gewinnt und wieviel sich dafür angestrengt wird, ist hier komplett verflogen. Der Weg ist hier nicht das Ziel, nein hier habe ich das Ziel ganz klar vor Augen und die gestellte Aufgabe ist durchaus klar, wenngleich auch durchaus komplex für so ein kleines Spiel. Würde ich Tokaido als Familienspiel bezeichnen, bei dem alle nur einen Weg entlanglaufen und Dinge sammeln, muss ich mir hier tatsächlich Gedanken machen, wie ich vorankomme. Ich muss Gemäldeplättchen erst malen, bevor ich sie verschenken kann und ich kann sie erst verschenken, wenn ich in der richtigen Landschaft stehe. Auch der Händler will gut getimed sein, denn sonst laufe ich ineffektiv hin und her. Einzig die Pilger vermitteln ein wenig das Gefühl des großen Bruders, da sie stumpf im Kreis laufen und ich mich aktiv eigentlich nur für diesen entscheide, wenn die erreichbare Aktion gerade lukrativ ist und Punkte bringt.

Tokaido Duo ist für mich dadurch das komplexere Spiel, ohne damit zu schwierig zu sein. Ich würde es am unteren Rand der Kennerspiele einordnen, weil hier doch schon das ein oder andere beachtet werden muss. Für viele, die Tokaido zu langweilig und sinnlos fanden, weil es zuwenig gehaltvolles Spiel enthielt, dürfte Tokaido Duo daher das bessere Spiel sein und ja, das ist es auch in meinen Augen, aber es bietet eben auch eine ganz andere, viel interaktivere, herausforderndere Spielerfahrung als der große Bruder, bei dem Thema und Spielgefühl so gut zusammenpassten. Das ist hier anders, denn hier wird um das effektivere Abarbeiten von Punktezielen „gekämpft“. Wahrscheinlich wäre Tokaido Duell der bessere, weil ehrlichere Titel gewesen. Aber bitte nicht falsch verstehen. Tokaido Duo ist ein erstaunlich gutes und kompetentes Spiel für Zwei und gehört dort zum besseren Drittel. Alle Fans von solchen Spielen für Zwei sollten also unbedingt mal einen Blick auf das schöne Spiel riskieren.

Ein bißchen Materialkritik noch zum Schluß. Bei meiner Kopie waren die ganzen Pappteile fast ausnahmslos bescheiden gestanzt. Fast alle Teilchen haben unschöne Ausrisse und viel zu kräftige Haltemarken.


  • Verlag: Pegasus Spiele, Funforge Studio
  • Autor(en): Antoine Bauza
  • Illustrator(en): Naiade
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Spieleranzahl: 2 Spieler*innen
  • Dauer: 20-30 Minuten

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