Mycelia – Im Tal der Tausend Tautropfen

Mycelia

Pilze, überall schießen sie diesen Herbst aus dem Boden und das nicht nur unter freiem Himmel oder in schlecht gelüfteten Wohnungen, nein auch bei den Brettspielen. Natur ist das beherrschende Thema für Brettspiele zur Zeit und es scheint so, als würde sich in diesem Jahr eine Spezialisierung herausbilden. Der Fungus in jeder nur erdenklichen Form wird zum Thema in einer ganzen Welle neuer Spiele. Mycelia von Ravensburger ist da nur eines von vielen, das bestimmt in nächster Zeit von diversen Rezensent*innen auf diversen Kanälen auseinandergenommen und auf Herz und Nieren geprüft werden dürfte. Rein äußerlich wirkt Mycelia dabei durch seine vermenschlichten Pilze mit den niedlichen Gesichtern wie ein Kinderspiel. Davon solltet ihr euch aber nicht täuschen lassen, denn in diese Kategorie gehört es einfach nicht hinein. Hier steckt viel mehr in der Schachtel als ihr zunächst vermuten werdet.

Worum geht es?

Thematisch wird sich hier Mühe gegeben einiges aus dem Boden zu stampfen, denn eigentlich hat das Spiel kein Thema und so musste hier wohl ein Naturthema herhalten, weil die ja gerade so beliebt sind. Unsere Aufgabe besteht hier darin die Tautropfen so schnell es geht zum Schrein der Waldgöttin zu transportieren. Das steuern wir mechanisch über Karten, die unsere lustigen Pilze samt Fähigkeiten repräsentieren. Wir bauen uns nach und nach ein Deck auf, mit dem wir die Tautropfen schneller und effektiver aus unserem Wald zum Schrein befördern.

Mycelia – Spieler*innentableau mit Tautropfen und Aktionsplättchen / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Alle Spieler*innen erhalten jeweils ein Waldtableau, samt zwei Aktionskärtchen, zwanzig Tautropfen und ein Startkartenset aus sechs Karten. Die Karten werden gemsicht und als Zugstapel bereitgelegt. Drei Karten werden als Handkarten gezogen. Das Tableau besteht aus insgesamt zwanzig Feldern mit verschiedenen Untergründen, so finden wir Wasser, Blätter, Erde und Moos, sowie am oberen Rand ein Feld mit einem Strudel das den Schrein darstellt. Nach einer bestimmten Vorgabe legen alle Spieler*innen die zwanzig Tautropfen auf die richtigen Positionen des Tableaus. Die Aufgabe im Spielverlauf besteht darin, die Tautropfen auf den Schrein zu bewegen.

Der Schrein wird durch einen großen Aufsteller, das Gimmick des Spiels, repräsentiert. Der in der Tischmitte für alle gut einsehbar aufgestellt wird. Wann immer ein Tautropfen auf dem eigenen Tableau auf den Schrein gezogen wird, wandert er auf den großen Schrein. Dieser hat Felder für Tropfen vorgesehen. Zusätzlich liegt in einem größeren Feld noch ein Würfel. Sobald alle Felder durch Tautropfen belegt sind, wird der Schrein gedreht und vorne Fallen die Tautropfen sowie der Würfel heraus. Alle Spieler*innen müssen nun auf die Position des gewürfelten Symbols neue Tautropfen auf ihr Tableau legen.

Mycelia – Der Schrein mit Tautropfen und Würfel / Foto: Spieltroll

Das Spiel läuft wie folgt ab. Jeder muss alle Karten ausspielen. Die Reihenfolge bestimmt jeder selbst. Keder Karteneffekt wird erst komplett ausgeführt, bevor die nächste Karte an der Reihe ist. Im Startdeck befinden sich nur Karten mit denen sich Tautropfen von bestimmten Feldern auf benachbarte Felder ziehen lassen, sowie Karten mit denen ich Blätter bekomme. Blätter sind die Währung des Spiels, mit denen ich mir neue Karten kaufen kann. Einkaufen kann ich im Markt, der sich ebenfalls in der Tischmitte befindet. Ich kann vor während und nach dem Ausspiele meiner Handkarten einkaufen gehen. Auch mehrmals im Zug, sofern ich es mir leisten kann. Die Karten im Markt sind besser als die Handkarten und führen dazu das ich auch bessere Fähigkeiten einkaufen kann.

Die dritte Möglichkeit in meinem Zug zu handeln besteht in den Aktionskärtchen, die ich unter meinem Tableau liegen habe. Zu Beginn sprach ich von zwei dieser Kärtchen. Auf ihnen sind Basisaktionen abgebildet die ich ebenfalls einmal pro Zug benutzen darf, sofern ich ihre Blattkosten bezahlen kann. Auch diese Aktionen kann ich jederzeit einstreuen wie ich möchte.

Mycelia – Basisaktionsplättchen / Foto: Spieltroll

Nachdem ich mit allen meinen Zugmöglichkeiten fertig bin folgt noch das Ende des Zuges. Alle Karten müssen auf den Ablagestapel gewandert sein, die Auslage in der Mitte muss wieder aufgefüllt werden und der Schrein in der Mitte wird überprüft ob er voll ist. Sollte das der Fall sein wird verfahren wie oben bereits geschildert. Ganz zum Schluß ziehe ich dann wieder drei Karten nach und warte bis ich wieder an der Reihe bin. Das passiert so lange bis ein*e Spieler*in alle Tautropfen auf den Schrein schieben konnte. Die Runde wird aber noch zu Ende gespielt und sollten dann mehrere Spieler*innen keine Tautropfen mehr auf dem eigenen Tableau haben, so gewinnt, wer die meisten Blätter im Vorrat hat.

Mycelia – Basiskarten / Foto: Spieltroll

Mycelia enthält noch weiteres Material um das Spiel zu variieren. Die Grundvariante ist wirklich simpel und taugt gut als Familienspiel mit Kindern. Es gibt aber auch fortgeschrittenere Karten, die das Spiel deutlich interessanter und etwas herausfordernder machen. Darüber hinaus kommen weitere Aktionskärtchen und alternative Spieler*innentableaus. Auch solo kann Mycelia gespielt werden. Für einen durchaus gut funktionierenden Solomodus ist Extramaterial mit dabei.

Das Fazit

Über Mycelia kann ich wahnsinnig viel Positives berichten. Zum einen sieht es fantastisch aus und läd durch die Optik Groß und Klein zum spielen ein. Das Material ist super und das Spiel besticht durch gnadenlose Niedlichkeit. Auch spielerisch finde ich Mycelia eigentlich gut, denn ich liebe Deckbau und finde die Idee reizvoll mich mit Hilfe der Karten auf dem Tableau bewegen zu können. Schon seit dem Wettlauf nach El Dorado erwartete ich mehr Spiele dieser Art. Das Gimmick mit dem Schrein in der Tischmitte finde ich zwar überflüssig aber es sieht gut aus und erfüllt seinen Zweck, also will ich gar nicht darüber meckern. Auch die Variabilität mit den verschiedenen Tableaus, dem anpassbaren Schwierigkeitsgrad über die fortgeschrittenen Karten, finde ich lobenswert und erlaubt das langsame Steigern der Spielerfahrung. Auch der Solomodus funktioniert und ist erwähnenswert. Also eigentlich alles ganz toll, nur der Funke will bei mir nicht hundertprozentig überspringen. Mycelia wirkt ein wenig belanglos und ich finde es liegt hier tatsächlich am Thema. Das springt nämlich überhaupt nicht auf das Spiel über. Mycelia bleibt rein mechanisch und das Thema könnte wirklich jedes x-beliebige sein. Das merkt man zum Beispiel daran, das auch nach mehreren Partien, die eigentlich ganz gelungene Symbolsprache nicht hängen bleibt. Du verbindest nichts davon mit dem Thema. Dein Tableau stellt einen Wald da, mit verschiedenen Feldern, die Laub, Wasser und Moos darstellen sollen. Über rote, blaue und grüne Felder reicht das aber tatsächlich nicht hinaus.

Mycelia – Weitere Karten / Foto: Spieltroll

Das ist sehr schade, denn spielerisch ist Mycelia ein grundsolides Spiel, das sehr gut funktioniert und auch in Familien punkten könnte. Die thematische Einbindung ist jedoch schwach und so bleibt Mycelia trotz der tollen Farben und Illustrationen ein farbloses Spiel, dass mich inzwischen kaum noch hinter dem Ofen hervorlockt.


  • Verlag: Ravensburger
  • Autor(en): Daniel Greiner
  • Illustrator(en): Justin Chan, Matt Paquette & Co.
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler*innen
  • Dauer: 45 Minuten

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