Knarr – Der Splendor Killer?

Knarr

Knarr als Titel klingt erstmal seltsam, allerdings hat mich das Cover in seiner Machart sofort angesprochen. Der Comiclook auf der kleinen Schachtel machte mich zusammen mit dem recht ungewöhnlichen Namen gleich neugierig. Insofern wohl alles richtig gemacht. Der Name bezieht sich auf einen Schiffstyp der Wikinger, der auch als Knorr oder Knörr bezeichnet wird. Das Wort stammt von knorrig ab und meint die gebogenen verwinkelten (knorrigen) Äste, aus denen man den Schiffsbug oder das Heck gebaut hat. Nur mal um den Namen zu erklären, über den ich gestolpert bin. Knarr ist das zweite Spiel des MM-Spiele-Verlags, das mir bisher untergekommen ist und das zweite mit maritimer Thematik. Der Verlag scheint ein Händchen zu haben, denn auch Knarr war wieder eines der Spiele, über die im Vorfeld der Spiel des Jahres Nominierungen gesprochen wurde, es aber dann doch nicht geschafft hat. Im letzten Jahr konnten sie mit Sea Salt & Paper einen kleinen Hit landen, der es auf die Empfehlungsliste schaffen konnte. Ich war auf jeden Fall gespannt, denn im Vorfeld wusste ich tatsächlich überhaupt nicht, worum es in dem Spiel geht.

Worum geht es?

„Stelle deine Wikingermannschaft zusammen und mache dein Vermögen mit der Erkundung unbekannter Länder.“

So steht es auf der Rückseite der Schachtel geschrieben und ich erwarte eine spannende Wikingerreise auf der ich versuche zu Reichtum zu kommen. Na ja, auf jeden Fall erwarte ich tolle Abenteuer. Das ist allerdings nicht ganz das was ich bekomme. Ein Thema bekomme ich jedenfalls nicht. Es steht zwar Wikinger auf der Schachtel und der Typ vorne drauf sieht auch wie einer aus, aber es könnte auch um Juwelen und Schmuckherstellung gehen wie in Splendor. Im Spiel merkst du davon allerdings nichts, denn es wäre beliebig austauschbar. Wie in Splendor versuchen wir über das Tauschen von Karten und Ressourcen als Erste oder Erster so viele Punkte zu erreichen, dass es für den Sieg reicht.

Knarr – Spielaufbau in der Tischmitte / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Bevor ich zum Spielaufbau und -ablauf komme möchte ich aber noch ein wenig von dem berichten, was ihr bekommt, wenn ihr die Schachtel öffnet. Knarr sieht nämlich nicht nur von außen toll aus. Nachdem der Deckel der Schachtel gelüftet wurde schauen dich zwei Kartenschuber an und in einem schmalen Streifen dazwischen liegen sämtliche Marker und Holzspielsteine. Die Kartenschuber sind ziemlich passgenau und hübsch gestaltet. Sie passen zur Wikingeroptik auch wenn sie „nur“ Verzierungen zeigen. Sämtliche Karten im großen Format passen hinein. Auch das kleine Spielbrett ist optisch schön gestaltet und macht sich in der Tischmitte gut. Auf ihr finden wir eine Siegpunkt- und eine Reputationsleiste, auf deren Startfelder wir die Holzsteine der mitspielenden Farben abstellen. Alle Spieler*innn erhalten ein Schiffstableau mit Einkerbungen am Rand, in die exakt die Pappmarken hineinpassen. Von denen erhalten alle je drei Armreifen und drei Helme.

Knarr – Schtelinhalt / Foto: Spieltroll

In den Schubern befinden sich vier Sorten Karten. Die wenigen Artefakt-Karten gehören zu einer Variante und können zunächst zur Seite gelegt werden. Die Reiseziel Karten unterscheiden sich von ihren Rückseiten in Farbe und durch die Buchstaben A und B. Diese werden gemischt und anschließend werden Auslagen aus je drei Karten, in zwei Reihen, oberhalb des Spielbretts ausgelegt. Die Wikinger-Karten müssen noch auf die richtige Spieler*innenanzahl vorbereitet werden und werden dann ebenfalls gemischt. Diese liegen als Stapel unterhalb des Spielbretts. An dessen unterem Rand befinden sich fünf farbige Markierungen an die jeweils eine Karte offen vom Stapel ausgelegt wird. Die Spieler*innen bekommen jeweils drei Karten auf die Hand.

Dann geht es los. Wer an der Reihe ist führt zwei Schritte nacheinander aus. Zunächst bewegst du deinen Siegpunkte-Marker um so viele Felder nach vorn, wie die Reputationsleiste dir an Reputation anzeigt. Auf der Reputationsleiste gehst musst du erst mehrere Felder fortgeschritten sein um Reputation zu bekommen. Als zweites wird eine Aktion ausgeführt. Hier gibt es zwei mögliche Aktionen: entweder es wird ein Wikinger angeworben oder du erkundest.

Knarr – Der Crewbereich / Foto: Spieltroll
Knarr – Wikinger-Karte am Spielfeldrand / Foto: Spieltroll

Für das Anwerben legst du eine deiner Wikinger-Karten vor dir aus. Das ist deine Crew und du legst sie in fünf Spalten nach den Farben der Karten aus. Die Wikinger-Karten zeigen am oberen Rand ein Gut und werden so übereinander gelegt, dass die Güter sichtbar bleiben. Nach dem Ausspielen nimmst du dir die Güter der Spalte, die du gerade erweitert hast. Auch für die Karte, die du gerade gelegt hast. Das können die unterschiedlichen Marker sein. Anschließend nimmst du dir die Karte aus der Auslage, die unter der entsprechenden Farbmarkierung liegt, die der gerade gespielten Karte entspricht. Bei dieser Aktion kannst du auch einen Marker vom Schiff ausspielen, der es dir erlaubt frei zu wählen. Danach wird der leere Platz vom Zugstapel aufgefüllt.

Willst du Erkunden, so wählst du zunächst eine der Reisekarten oberhalb des Bretts. Ihre Kosten sind links oben angegeben und zeigen bestimmte Crewmitglieder, die abgelegt werden müssen. Auch hier können Marken vom Schiff ausgegeben werden um eines der Crewmitglieder zu ersetzen. Am oberen rechten Rand sind Belohnungen in Form von Gütern angegeben. Die Reiseziel-Karte wird dann oberhalb des Schiffs angelegt. Auf dem Schiff befinden sich drei angedeutete Spalten, die das Schiffssegel darstellen sollen. Auch hier werden die Karten überlappend angelegt, so dass unten die Symbole sichtbar bleiben. Auch hier gibt es Siegpunkte, Reputation, Wikinger-Karten und diverse Marken zu verdienen. Die Kartenreihe wird ebenfalls wieder aufgefüllt.

Knarr – Segel des Schiffs mit den drei Spalten / Foto: Spieltroll

Einmal pro Zug ist es erlaubt zu handeln. Dafür werden die Armreif-Marken abgegeben. Je nachdem wie viele Marken abgegeben werden, bekommen wir die Belohnungen für ein, zwei oder alle drei Spalten auf unserem Segel. Das Spiel endet sofort, wenn ein*e Spieler*in 40 Siegpunkte erreicht oder überschreitet.

Knarr – Spieler*innentableau mit je einem Marker auf jeder Seite / Foto: Spieltroll

Das Fazit

Das mit dem Splendor-Killer habe ich in zwei unabhängigen Foren gelesen und die Aussage erntete durchaus Zustimmung. Ja, Knarr hat einige Ähnlichkeiten mit dem fast Spiel des Jahres aus dem Jahr 2014. In beiden Spielen tauschen wir Ressourcen um irgendwann zu den ersehnten Siegpunkten zu kommen, beide Spiele haben absolut kein Thema und bleiben rein mechanisch, insofern gehören sie schon in dieselbe Kategorie. Allerdings geht Knarr einen Schritt weiter und macht einige Dinge etwas komplexer, so dass es mehr Möglichkeiten für die Spieler*innen zu geben scheint. Unsere Wikinger sind vergleichbar mit den Juwelen und die Reise-Karten sind das Pendant zu den Schmuck-Karten, nur hier hört Knarr eben nicht auf. In Splendor können wir uns noch die Siegpunkt-Karten verdienen, um die wir mit allen wetteifern, aber bei Knarr sammeln wir nicht nur Siegpunkte, sondern auch Reputation und verschiedene Marker. Diese können wir wiederum benutzen, um uns Vorteile zu verschaffen und ein konstanter Siegpunkte-Bonus zu Beginn jedes Zuges ist auch nicht zu verachten. Wir haben als Spieler*in einfach mehr zu beachten. Dabei bleibt das Spiel aber angenehm einfach.

Der Mechanismus durch den wir Karten zurückerlangen ist dabei äußerst reizvoll, denn wir sehen ja auch was die Karten für Belohnungen mitbringen. Dieses Element wird allerdings für mich bei größerer Spieler*innenanzahl etwas ausgehöhlt, weil die Fluktuation der Auslage kaum Planung zulässt. Dennoch gefällt mir das sehr gut. Insofern kann ich die Aussage des Splendor-Killers verstehen und weiß woher sie stammt. Allerdings ist es genau die Einfachheit eines Splendor, die es für mich interessanter macht. Knarr gefällt mir wirklich gut und ich kann es Spieler*innen empfehlen, die auf das Ressourcen-Getausche stehen und ein etwas umfangreicheres Spielerlebnis wollen. Zudem sieht es wirklich gut aus. Ein Splendor schubst es für mich allerdings nicht vom Thron, denn das Spiel hat einfach andere Qualitäten: Geschwindigkeit und Spielfluss sind deutlich angenehmer. Denn wir müssen uns bewusst werden, am Ende ist auch Knarr nichts anderes als ein weiteres Ressourcentauschspiel, für das wir mehr Zeit benötigen und das dieses Spielprinzip nur ein bisschen weiter hübsch aufbläst. Wer das immer noch mag, sollte sich Knarr definitiv mal anschauen.


  • Verlag: MM-Spiele, Hutter Trade
  • Autor(en): Thomas Dupont
  • Illustrator(en): Antoine Carrion
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
  • Dauer: 30+ Minuten

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