In meiner Rückblick-Serie springe ich heute in das Jahr 1991 zurück. Ein Jahr an das ich mich gut erinnern kann und das aus der heutigen Sicht schon so wahnsinnig antiquiert wirkt. 29 Jahre sind seitdem vergangen und nicht nur politisch und welthistorisch ist seitdem viel passiert. Auch kulturell ist natürlich viel über uns hereingebrochen und wenn wir uns die Spiele betrachten, so gab es noch kein Magic und kein Catan. Es kommt einem wirklich vor als würde man sich an die Steinzeit zurückerinnern und sind wir mal ehrlich einige der Spiele aus der damaligen Zeit sahen auch eher aus wie abstrakte Höhlenmalerei im Vergleich zu heutigen Hochglanzprodukten. Die Wertigkeit fast aller Spiele die heutzutage produziert werden ist höher als damals und sogar Ravensburger hat es anscheinend inzwischen kapiert und gibt sich ein wenig mehr Mühe.
Brett- und Kartenspiele standen bei mir zu der Zeit nicht so hoch im Kurs, denn für mich waren Rollenspiele total angesagt. Zu der Zeit lernte man gerade soviele neue Leute kennen, weil fast überall in die Klassen neue Kinder und Jugendliche aus dem Osten kamen. Die Mauer war gefallen und viele Familien zogen in den Westen. Ich empfand das immer als Bereicherung. Zusätzlich lernte ich aber auch auf dem Gymnasium durch eine Spiele AG, die es in einer Projektwoche an unserer Schule gab neue Leute kennen. Aber mein hauptsächlicher spielerischer Zeitvertreib zu dieser Zeit waren Rollenspiele wie das Schwarze Auge und später auch MERS und Rolemaster. Einer glücklichen Fügung war es zu verdanken, dass ich zu der Zeit an einer Gruppe teilnehmen durfte, die mit einem begnadeten Spielleiter gesegnet war, dessen verrückte und geniale Ideen uns alle fesselten. Eine schöne Zeit fürs Rollenspiel.
Brettspiele, die eigentlich immer mit meinen Freunden auf den Tisch kamen, spielten wie gesagt eine untergeordnete Rolle, denn auch das Tabletop-Hobby nahm von uns nebenbei Besitz an. Wir spielten vor allem Warhammer 40K in der Urversion und hatten auf dem Dachboden meiner Eltern eine riesige Tischplatte aufgebaut auf der wir uns Massenschlachten mit vier Personen lieferten. Da die Figuren aus Starquest ja ebenfalls von Games Workshop stammten, konnten wir die ja für ziemlich große Space Marine Trupps nutzen, denn mindestens zwei Leute hatten die Spiele. Damals ging ziemlich viel ab in diesem Bereich der Spielewelt und Games Workshop und viele andere Fantasy- und Sci-Fi-Firmen wollten ihre Produkte an die Kids bringen. Kurz gesagt, da blieb kaum Zeit für „normale“ Brettspiele, aber wenn ihr weiterlest, werdet ihr auch wissen, warum die ziemlich abgemeldet waren.
Wie immer werfe ich zunächst mal einen Blick auf die Boardgamegeek Hitliste. Diesmal lohnt sich das aber nicht wirklich, denn das erste Spiel der zehn bestplatzierten Spiele kommt (Stand heute) auf Platz 156 und nur noch zwei weitere knacken die Top 1000:
- Tichu
- Empire
- Quarto
- Silverton
- East Front
- Galerie der Diebe (Cluedo-Version)
- Outpost
- Das Labyrinth der Meister
- Breaking Away
- Tantrix
Ich lasse hier jetzt mal die Cosmic Encounter Version von 1991 weg, das Spiel ist schon viel älter und sollte hier nicht nochmal mit seinem verdienten Ruhm erwähnt werden. Das da oben sind also laut Boardgamegeek die zehn best bewertetsten Spiele des Jahres 1991. Viele davon kenn ich nicht einmal und wie bereits erwähnt es geht ziemlich steil bergab, bei Tantrix sind wir schon jenseits der 2500. Aber fangen wir vorne an: Tichu vom Schweizer Urs Hostettler ist ein kleines Meisterwerk, das allerdings zu der Zeit nur wenige Spieler auf dem Schirm hatten. Es wurde erst Jahre später viel bekannter. Ein kleines, feines Stichspiel für zwei Zweierteams, die sich hier gegenseitig versuchen die Punkte streitig zu machen. Bis heute eines der besten Stichspiele die es dort draußen gibt. Platz zwei in der Liste wollte ich immer Spielen, denn ich besaß Civilization von Welt der Spiele und fand es großartig. Welt der Spiele brachte dieses Avalon Hill Spiel, das eigentlich History of the World hieß nach Deutschland. Aber leider kam irgendwie zu der Zeit immer was anderes dazwischen. Das Spiel ist aber ansonsten wohl ein typisches Welteroberungsspiel.
Quarto auf Platz drei ist ein abstraktes Strategiespiel, dass sich bis heute halten kann und das ich jedem, der solche Spiele mag, nur empfehlen kann. Hier stehen sich zwei Spieler gegenüber und haben auf einem vier mal vier Felder großem Spielfeld die Aufgabe eine Reihe zu bilden in der alle vier Attribute der Spielsteine auftauchen. Diese sind nämlich unterschiedlich und sind entweder klein oder groß, schwarz oder weiß, hohl oder fest und rund oder eckig. Eine kleine, verzwickte Denksportaufgabe. Danach verlassen sie mich allerdings und weder zu Silverton, noch zu East Front kann ich etwas sagen. Die Galerie der Diebe allerdings ist mir irgendwie in Erinnerung geblieben. Hier habe ich eine Partie bei irgendeinem Bekannten mal mitgespielt und fand diese Cluedo-Version immer viel besser als das doofe Cluedo, dass ich zu hause hatte. Aber, na ja, das Geld ging wahrscheinlich für die teuren Games Workshop Miniaturen drauf.
Von den letzten vier Spielen kenn ich dann wiederum nur eines und das ist das Ravensburger Spiel Labyrinth der Meister, eine verbesserte und irgendwie spannendere Version vom Verrückten Labyrinth. Das Spiel stand noch bis zum letzten Jahr in meinem Spieleregal, bevor es ausziehen musste. Ein wirklich schönes Familienspiel indem sich die Spieler gegenseitig die Wege versperren auf der Suche nach ihren gesuchten Zaubertrankzutaten. Ein Spiel das ich allen Familien immer wieder gerne ans Herz legen kann. Ihr seht aber, ich tue mich schwer was zu den Spielen zu sagen, da ich die meisten gar nicht kenne und so dürfte es vielen Spielern gehen, denn 1991 war in Gänze betrachtet kein wirklich gutes Spielejahr.
Vielleicht bringen uns aber die deutschen Spielepreise noch etwas mehr Bekanntes. Das Spiel des Jahres 1991 wurde Drunter und Drüber von Klaus Teuber. Da war er wieder der Spieleautor der mich mit Adel Verpflichtet schon nicht überzeugen konnte und er gewann schon wieder den Preis für das beste Spiel in Deutschland. Nicht nur die Tatsache das ich Adel verpflichtet nicht leiden konnte, sondern auch das abstoßende Äußere von Drunter und Drüber führten dazu, das ich dieses Spiel lange Zeit ausließ und erst Jahre später anfasste. Auch Drunter und Drüber machte mich aber nicht zum Teuber-Fan. Das eben schon erwähnte Labyrinth der Meister wurde von der Jury mit einem Sonderpreis für Schönes Spiel ausgezeichnet und das würde ich unterschreiben. Auf der Empfehlungsliste standen mit Invers, Irgendwie, Bauernschlau, 20 Questions, Casablanca, Formica und Im Reich des weißen Bären, sieben weitere Spiele, die ebenfalls alle eher zu vernachlässigen sind. Gespielt habe ich von diesen Spielen in meiner Erinnerung nur 20 Questions und das ist ein relativ normales Ratespiel.
Beim Deutschen Spielepreis, den es zu diesem Zeitpunkt erst seit einem Jahr gibt, sieht es ähnlich aus, aber gewonnen hat ihn das schon zweimal erwähnte Labyrinth der Meister und mit dieser Entscheidung kann ich sehr gut leben. Auf den weiteren Plätzen folgen Bauernschlau das Spiel des Jahres, Drunter und Drüber, Jagd der Vampire, Casablanca, Girl Talk, Chamäleon, Duftende Spuren, Flusspiraten und Columbus. Die beiden deutschen Spielpreise überschneiden sich also auch nur vier mal, so kristallisierten sich in diesem Jahrgang kaum gute Spiele heraus und damit sind wir beim Thema. Aus meiner persönlichen Erfahrung konnte die Brettspielindustrie zu der Zeit einfach nicht gegen die eingangs erwähnten neuen Strömungen aus dem Tabletop- und Rollenspielbereich anstinken. Es wurde zu einer Art neuen Welle, die die Jugendlichen zu der Zeit erfasste und herrkömliche Brett- und Kartenspiele waren einfach nicht mehr interessant genug. Wenn man sich überlegt, das man als Jugendlicher spielaffiner Mensch sein Geld für eine Box mit Plastikminiaturen und einem Space Marine darauf ausgeben konnte, oder aber für das aktuelle Spiel des Jahres Drunter & Drüber, braucht man mich nicht fragen, welches mehr Appeal hatte.
Brettspiele waren zu dieser Zeit eben noch etwas für Kinder und Familien, nichts für Jugendliche und Erwachsene. 1991 war ich 16 Jahre alt und wollte mich nicht mit sowohl thematischem, als auch spielerischen Kinderkram abgeben. Die Brettspielindustrie hat das, wie wir heute wissen aber erkannt, nicht zu letzt durch Catan, als sie bemerkte, dass nicht nur Familien und Kinder Spiele spielten, sondern sich auch Erwachsene treffen um Spiele zu konsumieren. Also musste sich was ändern und das tat es, wie wir heute wissen, aber damals wurde das Feld diesen ganzen neuen Spielen überlassen, die ihren ganz eignenen Einfluß auf die Brettspiele hatten. Heutzutage gibt es soviele Brettspiele die Miniaturen benutzen, wie es in Tabletop-Spielen üblich ist, oder verfügen über fantastische Artworks, die nicht zuletzt auch durch die Rollenspiele inspiriert waren, denn hier gab es immer schon Künstler die versuchten die nur beschriebenen Welten in bunte Bilder umzuwandeln, damit die Spieler es sich besser vorstellen konnten.
Meiner Meinung nach ist es irgendwann in dieser Zeit gewesen, dass sich die Brettspiele anfingen weiterzuentwickeln. Vielleicht mussten sie es sogar, um nicht gänzlich verdrängt zu werden. Bleibt die Frage nach relevanten Spielen für eure eigene Ludothek, so würde ich aus diesem Jahr nur drei Spiele nennen wollen. Tichu, weil es ein gutes Spiel ist, wenn man Stichspiele für genau vier Spieler mag, Das Labyrinth der Meister, weil es ein gutes Familienspiel ist und für die damalige Zeit gut aussieht und gut verarbeitet ist. Zu guter letzt muss man wohl auch noch Drunter & Drüber nennen, weil es für mich wie kein anderes Spiel für diese piefige, miefige, vergangene Zeit steht. Das Spiel ist okay, aber auch nicht mehr.
Sollte es andere Spieleempfehlungen aus dem Jahr 1991 geben, so würde ich mich über Beiträge und Kommentare freuen.
Ein sehr schöner Rückblick. 1991 habe ich noch nicht so viel gespielt wie heute – das fing erst 1997 mit der Ausbildung an. Aber ich habe zumindest 12 Spiele in meiner Datenbank, die ich aus dem Jahr 1991 besessen habe – 3 davon haben bis jetzt überlebt: Tichu, Manager und Schraumen. Dieses verrückte Pflaumenspiel haben wir sehr oft gespielt und ist wie Tichu auch von Urs Hostettler. Auch Manager hat sogar heute noch seine Berechtigung als pfiffiges Preisfindungsspiel…
Tichu ist ein Klassiker und wird bis heute regelmäßig gespielt.
Daneben hatte ich noch Extrablatt, Tante Tarantel, Würfel-Duell, Diamatenjagd (ein sehr gutes Deduktionsspiel, das auch als Sleuth bekannt ist), Chicago, Die Bosse, das bereits erwähnte Drunter und Drüber sowie das Labyrinth der Meister und Tantrix.
Diamantenjagd aka Sleuth kenne ich auch, das ist aber eigentlich viel, viel älter und stammt aus der legendären Bücherserie und ist von Sid Sackson. Chicago kann ich mich dran erinnern mal irgendwo mitgespielt zu haben und Extrablatt war doch dieses Spiel in Bildzeitungs-Optik. Man ist das alles lange her.