
Strohmann Games haben sich mit Navoria ein Spiel zur Lokalisierung für den deutschen Markt gesichert, welches in der Vergangenheit tatsächlich schon mal für eine Kontroverse gesorgt hat und darüber hinaus bei einigen Spieler*innen eventuell mit falschen Erwartungen gespielt hat. Dafür kann Navoria nichts, denn die Erwartungen dieser Spieler*innen basieren schlicht auf ihrer eigenen Unwissenheit. Das alles hat mit dem äußeren Erscheinungsbild zu tun und der Tatsache das der Zeichenstil von Meng Chunlin von Kyle Ferrin inspiriert worden zu sein scheint. Dieser Kyle Ferrin gestaltet die Spiele von Leder Games und die haben das niedlich wirkende Root zu verantworten. Auch Root verwendet niedliche und bedruckte Holzfigürchen, das Schachtelformat ist ähnlich und schon dachten wohl einige das Navoria etwas mit den Spielen von Leder Games zu tun hat und waren zunächst wohl gehyped, dann aber enttäuscht und schließlich verärgert, weil sie das Spiel oder den Stil der Illustrationen für geklaut hielten. Ist natürlich Quatsch, aber es sorgte für ein wenig Aufmerksamkeit. Root und Navoria miteinander zu vergleichen ist aber wie das Verhältnis von Äpfeln zu Birnen oder Tellern zu Tassen – Spiele, Obst, Geschirr, danach enden die Gemeinsamkeiten aber auch schon fast.
Worum geht es?
In Navoria spielen wir der Geschichte nach Entdecker, die das magische Land Navoria erst entdecken müssen. Es gibt verschiedene Kontinente mit verschiedenen Biomen und eine große Hauptstadt und wir versuchen mit unseren Entdeckern möglichst weit in die einzelnen Kontinente vorzudringen, um die verschiedenen dort lebenden Völker besser kennenzulernen. Das Ganze wird natürlich wie immer mit Punkten belohnt und verfügt über ein paar interessante mechanische Verknüpfungen, auf die wir hier achten müssen. Wer nach drei Runden die meisten Punkte gescheffelt hat gewinnt. Klingt so gar nicht nach Root, oder?

Wie läuft das ab?

Navorias Spielschachtel ist aufgrund der Größe doch recht gut gefüllt und enthält vor allem recht charmantes Material. Der Aufbau benötigt ein wenig an Vorbereitung, denn neben dem zentralen Spielbrett, neben das wir noch eine Kartenauslage platzieren müssen, dürfen auch die Spieler*innen ihre Tableaus noch mit Häusern bestücken. Dass Spielmaterial der Spieler*innen besteht dabei aus tollem, bedrucktem Holzmaterial. Neben dem Spielbrett müssen auch noch ein paar Pappressourcen Platz finden. Auf dem großen Spielplan sehen wir mittig die Hauptstadt mit diversen Ablagefeldern und Symbolen. Drei verschiedenfarbige Kontinente sind auch noch zu erkennen und auf ihnen laufen ein paar Wege entlang, auf denen wir uns im Spielverlauf mit unseren Figuren bewegen. Jeder der drei Kontinente hat dabei ein Startfeld, wo wir je einen unserer Entdecker platzieren. In einem wunderhübschen Stoffbeutel mischen wir noch ein paar schönbedruckte Holzmarker und dann kann das Spiel auch schon fast losgehen.
Wir spielen über drei Runden und jede Runde besteht aus vier Phasen. Jede dieser Phasen handeln wir erst komplett ab, bevor wir in die nächste eintreten. Nach den vier Phasen startet dann eine neue Runde usw. Wir starten in der ersten Phase damit Marker aus dem Beutel zu ziehen oder Marker aus der Hauptstadt zu nehmen. Zu Beginn liegen noch keine in der Hauptstadt, weswegen erst gezogen wird. Wer verdeckt aus dem Beutel zieht, zieht zwei Marker heraus und entscheidet sich für einen von beiden. Der Nichtgewählte wird in die Hauptstadt gelegt. Bereits der oder die nächste Spieler*in hat dann die Möglichkeit auch aus der Stadt einen Marker zu nehmen. Der ausgesuchte Marker wird auf einen der sechs farbigen Kartenstapel gelegt, die links am Rand des Spielbretts liegen. Die Marker sind ebenfalls diesen sechs Stapeln farblich zugeordnet. Neben diesen Stapeln befindet sich die Auslage mit einer spieler*innenabhängigen Anzahl von Karten. Die Karten gehören immer zum jeweiligen Stapel daneben auf dem Brett. Wir suchen uns nachdem wir den Marker auf einen Stapel gelegt haben, eine zugehörige Karte aus der Auslage aus und legen sie neben unserem eigenen Tableau. Das tun wir in dieser Phase genau so lang, bis alle Spieler*innen vier (bei vier Spieler*innen nur drei) Karten bekommen haben. Dann ist die Phase beendet. Die Marken aus der Hauptstadt werden zurück in den Beutel geschmissen.

Die gewählten Karten gehören zu einer von drei Kategorien. Entweder haben sie einen Soforteffekt, den wir sofort nach Erhalt einlösen, sie haben einen Rundenende Effekt, der bei der Wertung am Ende einer Runde eingelöst wird, oder sie sind am Spielende über eine Fertigkeit Punkte wert. Die Karten zeigen in der rechten oberen Ecke immer die Zugehörigkeit zu einem der Völker von Navoria an, verfügen dabei aber über ein oder zwei Symbole des Volks. Die Symbole sind wichtig für den Einfluss bei diesen Völkern, die uns dafür ebenfalls belohnen. Sobald wir eine bestimmte Menge erreicht haben, können wir sie für uns gewinnen.

Die Fähigkeiten der Karten sind recht unterschiedlich. Manche belohnen uns einfach mit Punkten, manche lassen uns ein Haus errichten, andere unsere Entdecker losziehen oder aber sie geben uns Ressourcen. Erhalten wir ein Haus, so nehmen wir eines aus der passenden Region von unserem Tableau und stellen es auf das erste Feld einer jeweiligen Leiste, auf der ein Haus abgebildet ist. Das hat den Vorteil das unser Entdecker in späteren Runden von dem Haus aus startet das am weitesten vorne auf der Entdeckungsleiste zu finden ist. Erhalten wir einfach einen Schritt für einen unserer Entdecker wird er auf der entsprechenden Leiste vorgezogen. Ressourcen gibt es genau drei und wenn wir welche erhalten, dürfen wir diese auf unserem Tableau zuweisen. Jeder Kontinent hat ein eigenes Feld und benötigt andere Ressourcenkombinationen. Sobald wir Ressourcen erhalten, dürfen wir allerdings nur eine in jedes Ressourcenfeld legen. Die Herausforderung an dieser Stelle besteht nun darin die verschiedenen Kombinationen zu sammeln. Ressourcen die wir nicht lagern können verfallen gnadenlos.

Nachdem wir nun die Karten verdrafted haben beginnt Phase zwei in umgekehrter Spieler*innenreihenfolge. Nun platzieren wir die Marker von den Stapeln in die Hauptstadt auf die Einsatzfelder, die uns wiederum belohnen genau wie die Karten. Auch hier erhalten wir Punkte und Ressourcen, gehen auf den Leisten vorwärts oder bauen ein Haus.

In der dritten Phase wird die Runde gewertet und wir schauen ob wir Punkte für unsere Karten bekommen. Zusätzlich erhalten die Entdecker, die am weitesten auf den Leisten fortgeschritten sind Punkte. Die Punkte der einzelnen Karten sind dabei z.B. an Fahnenfelder auf den Leisten oder bestimmte Völker geknüpft, die wir gesammelt haben sollten, um viele Punkte zu erhalten. Die letzte Phase sorgt dann dafür, dass die Entdecker nach Hause geholt werden und wir eine neue Auslage vorbereiten. Nach drei Runden findet dann noch die Endwertung statt und die meisten Punkte gewinnen.
Das Fazit
Die Zusammenfassung des Spielgeschehens liest sich wahrscheinlich etwas wuschig, weil sie das auch irgendwie ist. Navoria funktioniert irgendwie komplett anders, als du das erwartest und das ist nicht unbedingt das Schlechteste. Der Hauptmechanismus, mit dem du den Großteil der Zeit verbringst ist im Prinzip ein doppelter Draft. Zuerst ziehen wir per Zufall die Marker aus dem Beutel und haben eine begrenzte Auswahl und dürfen uns je nach Position die besten Karten aussuchen. Wobei die besten Karten hier relativ zu sehen ist. Du hast vielleicht einen Plan und nimmst dir die entsprechenden Karten dazu, aber das heißt noch nicht, dass das auch funktionieren muss, denn in Phase zwei ist die Reihenfolge der Spieler*innen andersherum. Diejenigen, die eventuell nicht die Karten bekommen haben die sie wollten, sondern auch Karten nehmen mussten die übriggeblieben sind, haben nun die erste Wahl beim Legen der Marker in die Hauptstadt und greifen die fettesten Belohnungen ab. Das ist ein durchaus cleverer Mechanismus. Die Marker fungieren in der zweiten Phase also quasi als Worker und dienen dazu die Felder der Hauptstadt zu verdraften. Diese sind allerdings in jeder Runde gleich und bieten keine Überraschungen. Dadurch ergibt sich auch hier ein gewisses strategisches Element.

Alles andere um die beiden Phasen herum ist im Prinzip ein Punktesalat mit verschiedenen Herangehensweisen. Fortschritt auf den Leisten ist wichtig, weil er Punkte bringt. Die Häuser auf den Leisten sind wichtig, weil sie uns später eher mit mehr Punkten versorgen und was ich zuvor nicht erwähnt habe sind die Belohnungen der Tableaus, die sich immer weiter steigern. Mit jedem weiteren Haus das wir platzieren erhalten wir die Belohnungen der anderen Häuser desselben Kontinents nochmal. Die Völker und die Karten versorgen uns darüber hinaus mit weiteren Punkten für den Sieg. Auch hier machen sich früh ausgespielte Rundenpunktekarten sehr wertvoll. Denn diese werden in jeder Runde erneut gewertet. Sollte es uns gelingen sie gut einzusetzen, kann sich hier schnell ein Vorteil ergeben.

Insgesamt ist Navoria ein Spiel das ich so nicht habe kommen sehen. Es macht gar nicht so viel neu, kombiniert die Dinge aber sehr clever so, dass wir hier voll auf unsere Kosten gekommen sind. Die Spieldauer ist erfreulich kompakt und das Regelwerk sehr überschaubar. Darüber hinaus ist die Anleitung gutgeschrieben und das Material von sehr guter Qualität. Wer Spiele dieser Art mag, mit ein bisschen Glück und vielen Entfaltungsmöglichkeiten, um zu Punkten, der sollte hier mal vorbeischauen. Uns hat es wirklich sehr gut gefallen. Wer sich länger mit Navoria befasst, wird auch sehen das die Illustrationen eigentlich doch anders sind. Die Erwartungen die einige an Navoria gehabt haben könnten, werden definitv nicht erfüllt, weil es ganz einfach ein völlig anderes Spiel ist. Aber selbst nachdem ich es aufgebaut hatte, habe ich noch ein anderes Spiel erwartet. Navoria ist ein für mich durchaus gelungener Draft-Worker-Placement Mix, der mir gut gefällt.
- Verlag: Strohmann Games
- Autor(en): Meng Chunlin
- Illustrator(en): Meng Chunlin
- Erscheinungsjahr: 2025
- Spieleranzahl: 2-4 Spieler*innen
- Dauer: 40-80 Minuten