Das Spiel Whirling Witchcraft, so der englische Titel, geistert schon eine ganze Weile durch die Spielelandschaft und aufgrund seiner Sprachneutralität fanden auch englische Versionen ihren Weg in die Spielrunden hierzulande. In diesem Jahr nun kam die deutsche Version bei Schwerkraft (Leichtkraft) heraus und soll nun einer breiteren Masse an Spieler*innen zugänglich gemacht werden. Das Hexenthema machte es damals bereits durchaus interessant und ich informierte mich derzeit über das Spiel. Die Besprechungen waren durchweg sehr gemischt. Es wurde geliebt und gehasst. Ein typisches Spiel also, das selbst ausprobiert werden sollte. Meine Frau entdeckte das Spiel dann im Frühjahr auch und kam zu mir und fragte mich direkt, warum wir das noch gar nicht ausprobiert hätten? Also wurde es gekauft und wir haben unsere Zauberhüte und -umhänge aus dem Schrank geholt und den Kessel vorgeheizt um Heiße Hexenkessel zu testen. Das Ergebnis könnt ihr hier nachlesen, aber ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, es hinterließ auch bei uns einen recht zwiespältigen Eindruck. Flüche wurden ausgesprochen und eine Hexe wollte es sogar im eigenen Kessel versenken, während andere es immer wieder spielen wollten. Heiße Hexenkessel ist definitiv ein Spiel, das nicht für jeden gemacht wurde.
Worum geht es?
Rein thematisch geht es hier um Hexen und ihre Braukunst von allerlei seltsamen Tränken und Tinkturen. Sie bereiten sie mit Zutaten von ihrer Werkbank zu und erzeugen so allerlei andere Zutaten, die sie wiederum der Nachbarhexe, die sie nicht leiden können auf die Werkbank schmeißen, um sie an zu vielen Zutaten ersticken zu lassen. Wer es auf diese Weise schafft fünf Zutaten zurückzubekommen gewinnt eine Partie von Heiße Hexenkessel. Das Thema ist natürlich aufgesetzt bis zum geht nicht mehr und warum sich Krötenbeine in Pilze verwandeln kann mir auch keiner erklären, aber bei Zauberei ist das halt so. Heiße Hexenkessel ist ein Mini Engine-Builder bei dem wir so viele Ressourcen erzeugen wollen wie es geht, um möglichst schnell zu gewinnen.
Wie läuft das ab?
Klingt doch im Grunde gar nicht schwierig und das ist es auch nicht. Hat mit Kennerspiel nichts zu tun und zielt wohl primär auf Familien ab. Das bleibt noch zu beweisen, denn Heiße Hexenkessel ist ein spezielles Spiel, das im Kern auf Glück basiert und damit natürlich schon recht unausgewogen ist. Glück ist natürlich eine der Komponenten, die ein gutes Familienspiel braucht, aber hier gibt es dir mit unter das Gefühl wirklich chancenlos zu sein und nichts tun zu können.
Ich fange mal ganz vorne an. Die Idee ist wirklich simpel. In jeder Runde lernen wir als Hexen einen neuen Zauberspruch, den wir uns auch vier Zaubern aussuchen können. Diese zeigen Zutaten, die wir benötigen, um ihn auszuführen. Es gibt fünf verschiedene von denen drei eher häufig und zwei selten vorkommen. Legen wir die Zutaten von unserer Werkbank komplett auf einen Zauberspruch im oberen Bereich, so erzeugen wir dadurch im unteren Bereich wiederum andere Zutaten. Diese schmeißen wir dann in unseren Papphexenkessel und schieben ihn zu unserer Nachbarhexe hinüber, die diese Zutaten auf ihrer Werkbank unterbringen muss. Diese ist ein Tableau, das für alle Spieler*innen gleich aussieht und die fünf Leisten mit den Zutaten zeigt. Die drei unteren, häufigen, können hier je neunmal gelagert werden, während Weiß vier- und Schwarz nur dreimal Platz finden. Sollte nicht für alle Zutaten Platz vorhanden sein, so platzt der Kessel und die überschüssigen wandern zurück zu mir und ich lagere sie dann in meinem Hexenzirkel oberhalb der Zutaten. Sobald ich fünf Zutaten dort vorfinde habe ich gewonnen.
Im Prinzip ist das schon fast alles. Es gibt noch drei Symbole die auf den Zaubersprüchen auftauchen können, die sogenannten Arkanas. Für diese besitzen wir eine Anzeigekarte mit sechs Feldern und drei Markern. Wann immer wir einen Zauberspruch mit diesen Symbolen wählen dürfen wir die entsprechenden Marker um eine Position weiterschieben. Auf den geraden Positionen lösen wir für jedes der drei Arkanas eine Spezialfähigkeit aus.
Damit das Spiel auch schnell beginnen kann und wir nicht zu Beginn erstmal Zutaten sammeln müssen, hat jede Hexe ein wenig Startkapital in Form von Zutaten. Spielen wir die Grundversion, so sind diese bei allen gleich und unsere Lehrlingshexen verfügen alle über die gleiche Fähigkeit, einmal ihre Handkarten komplett auszutuschen, so gibt die Version für Fortgeschrittene uns ein wenig Asymmetrie in Form von unterschiedlichen Hexen an die Hand. Diese haben natürlich alle unterschiedliche Startbedingungen und Fähigkeiten.
Der Spielablauf ist dann im einzelnem nochmal wie folgt. Alle wählen gleichzeitig aus ihren vier Handkarten einen Zauberspruch verdeckt aus und legen diesen vor sich ab. Nach der Auswahl wird umgedreht und die Arkanas werden auf den Leisten bewegt. Der Zauberspruch wird in die Auslage gelegt und kann nun jede Runde erneut gezaubert werden. Die Arkanas, die diese zeigen, werden zunächst abgehandelt, bevor es mit dem Brauen weitergeht.
Nun dürfen die Karten im oberen Bereich mit Zutaten von unserer Werkbank befüllt werden. Im unteren Bereich fügen wir Zutaten vom Vorrat hinzu, wenn wir alles oben befüllen konnten. Die Zutaten oben wandern in den Vorrat und die von unten in unseren Pappkessel, den wir dann zu unserem Erzfeind (aka rechter Nachbar) schieben. Alles was von diesem nicht untergebracht werden kann, wird zurückgegeben und ich lege es in meinen Kreis. Natürlich bekomme ich gleichzeitig auch einen Kessel von links und muss genauso verfahren. Hat dann jemand fünf Zutaten im Kreis, ist die Partie auch schon beendet. Fertig. Ansonsten geht es weiter und die Zaubersprüche werden nach links weitergereicht und um einen neuen Zauberspruch vom Stapel ergänzt.
Mehr hat Heiße Hexenkessel nicht zu bieten und das reicht eigentlich auch.
Das Fazit
In diesem kurzen kleinen Spielchen steckt eine Menge Zündstoff für jede Menge Redebedarf. Eine Partie dauert selten länger als 20 Minuten. Mit vier oder fünf Runden reizt ihr die Spiellänge schon fast aus. Ganz selten muss eine Partie in die Verlängerung. Das macht Heiße Hexenkessel eigentlich zu einem schönen Füller.
Sitzt du mit erfahrenen Spieler*innen am Tisch kommt an dieser Stelle aber meistens der Blick zur Seite, gefolgt von einem „Ernsthaft?“ und das kann ich gut verstehen. Denn mehr als ein bisschen Klötzchen Hin- und Hergeschiebe ist das wirklich nicht. Es wirkt sogar ein bisschen seltsam, während ich spiele. Erst lege ich die Würfel von meinem Tableau auf meine Karten, dann lege ich Würfel aus dem Vorrat auf meine Karten, dann lege ich die zuerst gelegten Würfel von meinen Karten in den Vorrat zurück und anschließend die übrigen von den Karten in den Kessel. Klingt nach Beschäftigungstherapie und fühlt sich auch manchmal so an, ist aber nicht alles an dem sich gestört wird. Das größte Problem ist die Glücksabhängigkeit des Spiels. Denn, wenn du nicht die richtigen Zauber auf der Hand hast, um den Zutaten deines Erzfeindes zu entgehen, dann kannst du hier auch nichts reißen und wirst mehr oder weniger ein bißchen gespielt. Denn auch die Entscheidungen auf der Gegenseite sind ja ziemlich offensichtlich. Ich sehe, dass mein Erzfeind Probleme hat Spinnenbeine loszuwerden, also versuche ich ihm möglichst viele zu geben und suche Zauber die das tun, wenn ich schon keine finde, die mich vor meiner Pilzflut bewahren. Im besten Fall greift das Hand in Hand. Das ist für Spieler*innen die es gewohnt sind etwas mehr zu denken und komplexere Spiele zu spielen vielleicht ein wenig zu seicht.
Dennoch macht heiße Hexenkessel mir Spaß und auch in unserer Kollegenspielrunde kam es erstaunlich gut an. Das Niveau würde ich hier irgendwo zwischen gehobenem Familienspiel und seichtem Kennerspiel einordnen. Das scheint für Heiße Hexenkessel ein Sweetspot zu sein. Hier wurden sogar mehrere Runden gefordert und da musste ich kurz über das Spiel nachdenken, warum es trotz seiner nichtvorhandenen Kontrollierbarkeit und den zum Teil redundanten Tätigkeiten, dennoch so gut ankommt? Ich glaube tatsächlich, dass es daran liegt, dass hier einfach jeder Mal Erfolge haben kann. Das Spielgeschehen scheint unbeherrschbar, also kann hier einfach jeder auch gut mitspielen. Ein bisschen Würfel verschieben, eine gute Zeit haben, mal jemanden eins auswischen. Das funktioniert hier sehr gut und sorgt für Stimmung am Tisch. Wir haben sehr viel gelacht, während der Partien mit den Kollegen. Nicht, dass das selten wäre, aber aufgefallen ist es mir trotzdem.
Was mache ich nun mit Heiße Hexenkessel? Es zieht momentan auf jeden Fall nicht aus der Sammlung aus und kommt immer mal wieder auf den Tisch, aber es bleibt ein spezieller Fall, um es weiterzuempfehlen. Vielleicht erkennt ihr eine Tendenz, aber ich möchte auf jeden Fall noch erwähnen, dass wir mit dem Material, oder der Verarbeitung der Kessel nicht glücklich sind. Beim Zusammenbau ist uns einer fast gerissen und hat nun deutliche Knickspuren. Die kleinen Löcher wollen ja auch ausgepöppelt werden und dabei kann es vorkommen, dass die Pappe leidet. Wenn im Anschluss auch noch der Kessel durch den Ring gepresst werden muss, ist es dann ganz vorbei. Bei uns sind drei okay, aber zwei deutlich in Mitleidenschaft gezogen worden. Auch sei angemerkt, dass der Karton für den Inhalt eigentlich viel zu groß ist, aber die zusammengebauten Kessel so aufnehmen kann. Auf- und Abbauen würde ich bei der Qualität der Kessel aber nicht empfehlen.
Positiv möchte ich zudem noch die Illustrationen von Weberson Santiago und Luis Francisco erwähnen, die dem Spiel einen schön schrägen Look verpassen.
- Verlag: Schwerkraft Verlag, AEG
- Autor(en): Erik Andersson Sundén
- Illustrator(en): Luis Francisco, Weberson Santiago
- Erscheinungsjahr: 2023
- Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler*innen
- Dauer: 15 – 30 Minuten
Ein Gedanke zu „Heiße Hexenkessel – Bis er explodiieeart!“