Die Brettspielszene ist von der Coronapandemie natürlich ebenfalls betroffen. Nicht nur finanziell sondern vor allem wegen dem Social Distancing. Mal eben ein Treffen organisieren, um mit ein paar netten Menschen ein neues Spiel auszuprobieren ist einfach nicht möglich. Der Kern unseres Hobbys ist direkt betroffen. Glücklich kann sich da natürlich schätzen, wer eine spielaffine Familie hat, was bei uns der Fall ist, weswegen ich in dieser Zeit auch nicht aussetzen musste mit den Spielereviews. Nur sehr große Gruppentests blieben halt aus. Nun wurden die ersten Lockerungen eingeführt und zwei Haushalte durften sich privat wieder treffen. Unsere Arbeitskollegin kam direkt auf uns zu und fragte, ob wir uns nicht treffen wollten, um mal wieder zu spielen. Der Lagerkoller war groß. Sie und ich gehören beide zur Risikogruppe sind aber durchgängig zusammen auf der Arbeit. Wir haben die Abstandsregeln so gut es geht eingehalten auch wenn das nicht immer möglich war. Also ließen wir es auf den Versuch ankommen.
Ein seltsames Gefühl hatte ich auf dem Weg zu ihr schon, denn es schien irgendwie etwas Außergewöhnliches zu sein. Auch das ist irgendwie seltsam, denn eigentlich war es immer etwas total Normales und Alltägliches. Angst spielte aber nicht mit, wenn das so gewesen wäre, dann hätte ich es nicht gemacht. Irgendwie freute ich mich auch total darauf, mal wieder mit anderen Menschen zu spielen. Im Vorfeld hieß es noch das wir eventuell zu sechst sein werden, da ihre beiden Söhne coronabedingt auch zuhause sind und einer in der Zeit mit seiner Freundin dort lebte. Das stellte uns tatsächlich vor eine Herausforderung, da wir in den letzten Jahre immer mal wieder von einigen Titeln getrennt hatten, die man mit sechs oder mehr Leuten spielen konnte. Wir haben zuhause einfach nicht den Platz und den Tisch dafür. Fünf Spieler ist da das höchste der Gefühle.
Eine Woche lang haben wir uns immer wieder gefragt, was wir denn mitnehmen würden. Kurzfristig haben wir sogar darüber nachgedacht noch etwas wie 7 Wonders anzuschaffen (ist übrigens momentan in einer deutschen Fassung gar nicht so leicht zu bekommen). Letzlich haben wir dann doch in unserer Sammlung einiges gefunden und ein kleines Täschchen mit sechs Spielen gepackt, um ein bißchen Auswahl zu haben. Thematisch und spielerisch sind wir uns immer noch nicht so ganz sicher, was ihnen denn Spaß machen würde. In der Tasche befanden sich diesmal Der Kartograph, Metro, Anno Domini (Deutschland), Fiese Freunde Fette Feten, Sushi Go Party! und Zwischen Zwei Schlössern.
Bei Ankunft stellte sich dann aber doch heraus, dass wir nur zu fünft sein würden, was dann jetzt ein wenig Schade war, da wir dort viel mehr Auswahl gehabt hätten und auch ein paar neuere Spiele in Vollbesetzung hätten spielen und ausprobieren können. Egal. Die obligatorische Pizza wurde genauso bestellt und auch extrem schnell kontaktlos geliefert. So schnell das wir mitten in unserem Pizzaspiel überrascht worden sind. Der Kartograph war auserkoren worden den Spieleabend einzuläuten. Wir hatten extra jede Menge Buntstifte eingepackt mit denen man einfach einen viel besseren Überblick auf den Karten hat. Man muss festhalten, das Flip `n Write spiele die idealen Coronaspiele sind und man sie sogar online ohne größere Schwierigkeiten über Skype spielen könnte. Lediglich das Tauschen der Zettel sollte dann ausfallen, aber auch da kann man durch zeigen auf seinem eigenen Zettel ja mitteilen, wo die Monster eingezeichnet werden sollen.
Der Kartograph ist einfach mit jeder Spielerzahl ein absolut fantastisches Spiel und das mit Abstand beste Something ´n Write Spiel, wie ich finde. Total unkompliziert in der Erklärung und in der Durchführung. Besonders die Tatsache das man von vornherein weiß, was wann im Spiel wichtig sein wird sorgt für viel Zustimmung. Das Spiel kam sehr gut an, auch wenn Sohnemann mal wieder damit haderte, dass er es gleich zu Beginn, aus seiner Sicht, versaut hatte. Immer wieder tolles Spiel.
Danach sollte es einigermaßen leicht weitergehen und wir entschieden uns gemeinsam dafür das, schon fast als Klassiker zu bezeichnende, Metro zu spielen. Wer es nicht kennt, das Spiel ist ein Plättchenlegespiel auf einem Spielfeld indem wir versuchen in einem Wirrwarr aus Gleisstrecken unsere Strecken am Effektivsten auszulegen, denn wenn Strecken abgeschlossen sind, werden sie mit Punkten gewertet und man erhält einen Punkt für jedes Plättchen über das man fährt. Sollte man es schaffen einen der mittleren Bahnhöfe anzuschließen, werden die Punkte sogar verdoppelt. Mit fünf oder sechs Spieler ist das Spiel eine taktische Herausfprderung, weil jeder nur ein paar Züge zur Verfügung hat. Metro hat einen starken interaktiven Teil, bei dem man den anderen schon ein Schnippchen schlagen kann, wenn man ihre Strecken durch ein gelegtes Teil einfach beendet und die Punkte nicht wie erhofft ausfallen.
Oha, mit solchen Spielen sollte man zwei Brüdern besser nicht kommen. Revalität! Da wurde geblockt und gegengeblockt. Nichts hat man sich geschenkt und für die anderen war es ein relativ friedliches Bauen, bis man feststellte, das man uns natürlich auch nicht gewären lassen konnte. So war Metro insgesamt ein eher punktearmes Spiel und ich stellte fest, dass es mir mit weniger Spielern deutlich mehr Spaß macht. Fünf ist auf dem beengten Feld wirklich ein bißchen viel. Die anderen sahen es ähnlich und so blieb insgesamt ein eher negativer Gesamteindruck hängen.
Als drittes Spiel des Abends kam dann Zwischen Zwei Schlössern auf den viel zu kleinen Tisch. Der Hybrid aus Zwischen Zwei Städten und den Schlössern des König Ludwigs ist ein Spiel das doch einiges an Tischplatz braucht und idealerweise sollte der Tisch auch noch rund sein. Soetwas hat natürlich nicht jeder zu hause und so muß man sich an einem viereckigen Tisch mit fünf Personen schon ein wenig behelfen. Zwischen Zwei Schlössern ist aber ein richtig geiles Spiel für viele Spieler. Es macht eigentlich keinen Unterschied, wieviele Leute mitspielen. Man kommt zumindest mit seinen Tischnachbarn immer wieder in Kontakt, weil man ja immer mit jemandem zusammen beratschlagen muss. Das Spiel ist eine Perle für große Runden und ist auch für alle einfach zu verstehen, auch wenn Sohnemann Nummer zwei bis zum Schluß nicht verstehen wollte, warum das Punkezählen am Ende ein bißchen schwieriger sein könnte. Nach dem Spiel hat er es aber eingesehen und er war sehr verdutzt, das seine tollen Schlösser dann doch die beiden schlechtesen am Tisch waren. Er sah so aus, als ob er am liebsten gleich noch eine Runde gespielt hätte, um seine Leistung zu verbessern, aber es war schon spät und wir beendeten den Abend dann nach ein paar ausklingenden Gesprächen.
Nach etwas längerer Abstinenz hat uns allen so ein Abend gut getan und echt gefehlt. Vier von den fünf beteiligten Personen sehen sich eh fast jeden Tag auf der Arbeit. Das Risiko muss jeder für sich selber abschätzen. Große Spielrunden aus vielen Haushalten sehe ich auch tatsächlich noch ein wenig kritischer, da potenziert sich die Gefahr einfach. Wir lassen es trotzdem langsam angehen und treffen uns erstmal nicht regelmäßig. Bleibt gesund!
Ein Gedanke zu „Spieleabend #16 – Spielen unter Coronabedingungen“