
Lange haben wir keines dieser Detektivspiele mehr gespielt. Wir waren ein bisschen überspielt, was dieses Genre angeht. Überall schossen ja plötzlich auch neue Serien dieses Genres aus dem Boden und das ist auch gar nicht verwunderlich, denn eigentlich sind diese Spiele nicht so schwierig herzustellen. Rein optisch sehen viele dieser Spiele auch sehr gut aus, aber dafür haben sie meist ein anderes Problem und das ist die Geschichte, der Fall an sich. Der muss nämlich durchaus spannend sein und ein paar Wendungen, Wirrungen und Schwierigkeiten aufweisen. Falsche Spuren und mehrere Verdächtige sind genauso wichtig wie die Gestaltung. Immersion ist und bleibt das Stichwort dieses Genres. Es sollte sich möglichst echt anfühlen. Die Unsolved Case Files waren für uns neu und wir fanden die Aufmachung erstmal sehr gelungen. Was den Rest betrifft mussten wir uns erst einen Überblick verschaffen.
Worum geht es?
Der Titel gibt schon vor, womit wir es hier zu tun bekommen. Ein ungelöster Fall aus der Vergangenheit, ein sogenannter Cold Case. Wobei eigentlich wurde der Fall gelöst, denn es sitzt jemand für den Mord an Harmony Ashcroft im Knast. Derjenige soll nur nicht der Täter sein. Aber von vorne: Harmony ist am Abend ihres Probehochzeitsessens ermordet worden. Sie ging mit ihrem Zukünftigen durch den Hinterausgang um einen Streit wegen einiger vergessener Geschenke zu führen. Dieser gibt an wutentbrannt in die Wohnung gefahren zu sein, um die Geschenke zu holen. 15 Minuten später war Harmony tot. Ihr Ring wurde später in der Hand eines schlafenden Trunkenbolds im Park gefunden, der dafür in den Knast gewandert ist. Die Aufgabe der Spieler*innen ist es mehrere Fragen zu beantworten.

Wie läuft das ab?
Der Beweismittelumschlag wird geöffnet und wir bekommen eine Akte voll mit Unterlagen sowie drei Umschläge. In der Akte finden wir genreüblich jede Menge schön gestaltete Dinge, Flyer, Fotos, Polizeiberichte, Verhöre usw. Sogar eine kleine Plastiklupe liegt bei. Unsere Aufgabe ist, wie immer, all das Material zu sichten und die Informationen einzuordnen. Das schöne an so alten Cold Cases ist es ja, dass die modernen Kommunikationsmittel noch kaum eine Rolle spielen und mir Fälle generell besser gefallen, wenn diese Dinge nicht inflationär benutzt werden. Hier ist das der Fall. Wühlen durch Papier und Fotos ist hier groß geschrieben. Das Internet wird nur bemüht, um die gestellten Fragen zu beantworten und zu überprüfen. Die erste Aufgabe ist es den im Knast Sitzenden zu entlasten. Dafür müssen wir zwei Beweise benennen können, die dieses zweifelsfrei belegen. Dann dürfen wir einen der Umschläge öffnen und die Geschichte wird aktualisiert und wir bekommen eventuell einen neuen Hinweis. Das ganze passiert noch zweimal genauso, bevor wir am Ende auf die gleiche Weise den oder die Täter*innen überführen müssen.

Das Fazit
Mehr brauche ich zur Spielweise ja nicht zu erzählen, es sollte allen ungefähr klar sein, wie diese Detektivspiele gespielt werden. Der Titel ist hier natürlich ein wenig irreführend, weil der Fall ja an sich nicht ungelöst ist, ein Täter wurde ja gefasst, aber dieser scheint nicht der Richtige zu sein, weswegen wir den Fall noch einmal aufrollen. Ich mache keinen Hehl daraus, das mir die Fälle ohne das ganze digitale Brimborium am liebsten sind. Ich habe einfach keine große Lust immer am Rechner dabei zu hängen und Webseiten zu unterscuhen oder in Datenbanken rumzuhängen. Das kann mal interessant sein und mich auch mitziehen, aber in den meisten Fällen ist es eher lästig. Anders ist das mit gut gemachten Videos und Audios. Das kann durchaus zur Atmosphäre beitragen und interessante Lösungen zu Tage fördern. Das ist hier aber nicht der Fall und das gefällt mir gut.

Toll ist hier die gesamte Optik, bis auf eine Ausnahme: Das Spiel kommt in einem Plastikbeweismittelbeutel und macht so einiges her. Auch die Unterlagen sind schön und echt gestaltet. Einzig die unsäglichen Stockfotos sind leider etwas, das die Immersion aufreißt. Gerade das Bild des Opfers taucht überall auf und es ist immer gleich. Die Verdächtigen sehen alle gestellt und unecht aus. Zur Verteidigung muss aber gesagt werden, das ist etwas, was kaum Spiele dieses Genres gut hinbekommen.
Was ich ausdrücklich loben möchte, ist die Fülle des Materials und der Fall an sich, der den Ermittler*innen verschiedene Vertächtige präsentiert und auch viele Beweise liefert, die wir alle in Betracht ziehen müssen. Irgendwann merkst du dann das einiges nur zur Verwirrung da ist oder in eine Sackgasse führt und das ist etwas, was viele andere Genrevertreter gerne vergessen und einen ohne große Umschweifungen auf den Lösungsweg führen. Von daher kann mein Fazit für diesen Fall nur positiv ausfallen. Wir hatten Spaß mit dem Fall und fühlten uns gut unterhalten.

- Verlag: Unsolved Case Files
- Autor(en): John Carroll
- Illustrator(en): unbekannt
- Erscheinungsjahr: 2020
- Spieleranzahl: 1 – 8 Spieler*innen
- Dauer: 30-120 Minuten
Da die beliebte ThinkFun Cold Case-Reihe keine neuen Fälle bietet, zumindest eine echte Alternative für das analoge Rätseln, wer wann was wie und wo gemacht hat!
Online Krimispaß soll es ab Herbst aus dem Hause Hidden Games geben!