Sehr wenig habe ich bisher über die dritte Inkarnation von Rajas of the Ganges gelesen, gehört oder gesehen. Das ist verwunderlich, wenn ich bedenke, wie beliebt der große Urgroßvater war und ist. Rajas of the Ganges ist noch immer eines der beliebtesten Würfeleinsatzspiele überhaupt. Berühmt und berüchtigt für seine beiden entgegenlaufenden Siegpunkteleisten. Ganz großes Kino. Die Würfelspielvariante als Roll & Write (The Dice Charmers) gilt ebenfalls als sehr gelungen und konnte bei uns zu Hause den Urgroßvater sogar verdrängen. Schnell und elegant, so wie ein gutes Roll & Write sein sollte und trotzdem tauchten alle Elemente des großen Spiels hier wieder auf und wer Rajas of the Ganges kennt weiß, das sind einige. Nun also das dritte Spiel und wie sollte es anders sein, nachdem die Würfel hervorgehoben wurden sind nun die Karten an der Reihe. Cards & Karma ist der Titel und hier passiert etwas Außergewöhnliches, denn wir haben es hier mit einem Würfelspiel ohne Würfel zu tun und ich verrate nicht zu viel, wenn ich verspreche, dass auch hier wieder alle Elemente von Urgroßvater drin sind.
Worum geht es?
Cards and Karma ist ein Wettlauf. Genau wie beim Brettspiel gewinnt wer es als erstes schafft zwei gegenläufige Leisten zusammenzuführen. Ein Thema suchen wir natürlich wie beim Urgroßvater vergeblich, aber wir bauen wieder einmal unsere Provinz aus und sammeln mit Palästen Ruhm und erhandeln uns mit Gütern Reichtum. Alles wie im großen Brettspiel aber wir werfen nicht einen Würfel dafür.
Wie läuft das ab?
In der Spielschachtel finden wir lediglich ein paar Marken und 144 Spielkarten. Mehr Spielmaterial braucht es für diese Rajas-Variante gar nicht. Dadurch ist die Spielvorbereitung sehr schnell abgeschlossen. Alle Spieler*innen erhalten einen Satz aus sechs sogenannten Zählleistenkarten, die das Pendant zu den Zählleisten im Brettspiel darstellen. Die Spieler*innen legen diese Karten in einer Reihe vor sich aus. Alle Karten im Spiel sind doppelseitig, so auch diese. Um das Spiel zu gewinnen müssen wir alle Karten drehen. Das schaffen wir durch Ruhm und Reichtum. Ruhm von links, Reichtum von rechts. In der Mitte des Tisches wird eine Auslage vorbereitet, die von der Spieler*innenanzahl abhängig ist. Die Karten haben je eine Würfel- und eine Aktionsseite. In der Auslage liegen alle Karten mit der Aktionsseite nach oben. Die Spieler*innen erhalten ebenfalls vier Karten auf die Hand. Die Karten auf der Hand sind immer Würfel. Auf der Aktionsseite zeigen die Karten auch immer an, welche der vier Würfelfarben wir auf der Rückseite vorfinden können. Der Wert bleibt aber unbekannt.
Die Pappmarken werden als Vorrat beiseitegelegt. Hier gibt es Marken für Ruhm, Geld und Karma. Auch ein Stapel Karten mit den sogenannten Verwaltern wird in den Vorrat gelegt.
Die Aufgabe der Spieler*innen ist klar. Die richtigen Ressourcen müssen gesammelt werden, um die Karten in der eigenen Zählleiste zu drehen. Drei Ruhm oder sechs Münzen reichen aus. Wo bekomme ich die her? Na ganz klar durch die Aktionen auf den Karten. Wer an der Reihe ist kann entweder eine Karte aus der Auslage als Würfel auf die Hand nehmen, wobei der Würfelwert eine Überraschung bleibt, oder aber wir nehmen uns eine der Aktionskarten für unsere Auslage, müssen die dann allerdings mit Würfeln von der Hand bezahlen. Wir können beliebig kombinieren und das überzahlen ist möglich. Wir erhalten aber keine überschüssigen Werte zurück. Manche Karten erfordern bestimmte Würfelwerte, andere bestimmte Farben usw.
Hier kommen die verschiedenen Bereiche des Brettspiels wieder zum Vorschein. Es gibt drei verschiedene Gebäudearten und die Gebäudekarten führen in der Regel zu Ruhmmarken. Schiffskarten müssen wir in nummerisch aufsteigender Reihenfolge in unserer Auslage sammeln. Jede Schiffszahl ist einzigartig und durch die Schiffe bekommen wir unterschiedlichste Boni. Marktkarten versorgen uns mit Handelsgütern die wir zum aufgedruckten Preis verkaufen können. Auch die Palastaktionen der Bewohner tauchen hier wieder auf und versorgen uns mit Boni.
Drei ist die Zahl der Stunde. Haben wir drei gleiche oder unterschiedliche Gebäude, bekommen wir eine Verwalterkarte. Drei gleiche oder unterschiedliche Waren in unserer Auslage und wir müssen sie verkaufen. Drei Schiffe… ein Verwalter! Drei Karma Marken durch Belohnungen und wieder bekommen wir eine Verwalterkarte. Drei Verwalterkarten und wir erhalten zwei Ruhmmarken. Haben wir drei Ruhmmarken können wir eine Karte der Zählleiste drehen. Zusätzlich können Verwalterkarten aber auch noch anders genutzt werden. Wir können sie als Würfeljoker benutzen, zwei Würfelkarten erhalten oder auch um einen weiteren Spielzug machen zu können.
So drehen wir nach und nach unsere Zählleistenkarten um und wer das zuerst schafft läutet das Spielende ein und die Runde wird zu Ende gespielt. Gibt es einen Gleichstand bei den umgedrehten Karten, so werden Marken und Münzen herangezogen.
Das Fazit
Ganz ehrlich, Inka und Markus Brand haben es geschafft ein kleines Meisterwerk zu erschaffen. Dice Charmers fand ich schon sehr gut und es hat für mich als schnelle Variante den Urgroßvater tatsächlich ersetzt. Das Ganze war natürlich an die Gegebenheiten eines Roll & Write angepasst. Mit Cards & Karma schaffen sie es jetzt aber tatsächlich die Essenz, die Mechanik und das Spielgefühl des großen Brettspiels in ein handliches, schnelles Kartenspiel zu pressen. Es wurde ein Würfelspiel in ein sehr elegantes Kartenspiel verwandelt ohne das auch nur ein Würfel gerollt wird und was noch viel besser ist, es fehlt einem kein Stück.
Keine Elemente wurden geopfert. Alles findet sich wieder, ob das die Leisten sind, die Paläste und ihre Bewohner*innen. Ja sogar die essentiellen Würfel tauchen auf, eben nur als Karte mit entsprechenden Werten. Auch das Spielgefühl wurde transferiert. Typisch für Rajas of the Ganges sind die sich langsam aufbauenden Bonuskaskaden. Irgendwann im Spiel fängt es an einen Bonus zu geben, der einem die erlaubt, wodurch wieder das gemacht werden kann. Das ist hier genauso, denn plötzlich bekomme ich den dritten Verwalter, erhalte zwei Ruhmmarken, wodurch ich drei habe und eine der Zählleistenkarten umdrehen kann, die mir wiederum einen Bonus gibt usw.
Insgesamt sieht Rajas of the Ganges nur beeindruckender und hübscher aus als dieser Haufen Karten, allerdings reduziert sich die Spielzeit ganz erheblich, da wir hier keine Ressourcen horten können. Alles muss immer direkt umgetauscht werden. Dazu nahezu keine Downtime und ein rasantes Spielgefühl. Ich wiederhole: Rajas of the Ganges: Cards & Karma ist ein elegantes kleines Meisterwerk und ein Lehrstück für gutes Spieldesign.
- Verlag: Huch!
- Autor(en): Inka Brand, Markus Brand
- Illustrator(en): Dennis Lohausen
- Erscheinungsjahr: 2024
- Spieleranzahl: 2-4 Spieler*innen
- Dauer: 30-45 Minuten