Rätselräume – Auf den Spuren unerzählter Geschichten

Heute soll es in meinem Blog um ein ganz besonderes Spiel gehen. Eines das (leider) weit ab vom Spielgeschehen sämtlicher Gamer stattfindet und daher in den entsprechenden Medien leider nur wenig stattfindet. Nun weiß ich aber, dass sich unter den Spielenden unseres Landes auch jede Menge Lehrer*innen herumtummeln und nicht viele dürften bereits von diesem Spiel gehört haben. Dieses Spiel richtet sich nämlich an euch liebe Lehrer*innen. An euch und an die Kinder die ihr unterrichtet. Wir alle leben in einer Migrationsgesellschaft und es führt kein Weg daran vorbei das letztlich zu akzeptieren (auch wenn es Kräfte in unserem Land gibt, die versuchen das zu ignorieren und zu ändern). Wir müssen alles daran setzen, dass kommende Generationen das für selbstverständlich halten. Kinder machen ihre ganz eigenen Erfahrungen, aber im Schulunterricht werden solche Themen meist nur abstrakt behandelt. Rätselräume bietet dafür einen spielerischen Ansatz, in dem es in Form eines Escape-Room-Brettspiels die Kinder gemeinsam Rätsel lösen lässt und ihnen so ermöglicht in die Geschichte der Bewohner*innen dieses Hauses einzutauchen. So erhalten sie spielerisch Einblicke in die Themen Migration und Vielfalt, diskutieren Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt. Sie beschäftigen sich mit Toleranz, Respekt und Solidarität im alltäglichen Zusammenleben.

Worum geht es?

Rätselräume ist ein kooperatives Spiel bei dem die Spieler*innen in kleinen Gruppen oder auch gemeinsam ein leerstehendes Haus untersuchen, um mehr über die ehemaligen Bewohner*innen des Hauses zu erfahren. Fünf Etagen gibt es zu erkunden und auf jeder Etage wohnte eine andere Familie. Die Spieler*innen finden Spuren der Vergangenheit und enträtseln diese gemeinsam. So entsteht langsam die Geschichte des Hauses und des Zusammenlebens ihrer Bewohner*innen. Das Spiel verläuft dabei in zwei Spielrunden, die jeweils einen anderen Zeitraum abdecken. Die erste Runde spiegelt die Ereignisse des Jahres 1992 und die zweite dann die des Jahres 2005 wider.

Rätselräume – Erdgeschoss des Wohnhauses im heutigen Zustand / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Das Spielgeschehen an sich ist schnell zusammengefasst, da es gar nicht so umfangreich ist und bedient sich gängiger Mechaniken diverser Escape Room Spiele. Die Form des Spiels und seine gesamte Aufmachung sind aber auf den Schulunterricht ausgelegt und Lehrkräfte finden in der Schachtel eben nicht nur die Spielmaterialien, sondern auch ein Begleitheft, in dem Methoden zur Einbindung des Spiels in den Unterricht aufgezeigt werden.

Rätselräume – Begleitheft für Lehrkräfte / Foto: Spieltroll

Rätselräume sollte am besten in kleinen Gruppen gespielt werden. Es gibt fünf Etagen im Haus plus ein Dachgeschoss in dem am Ende die heutige Situation geschildert wird. Jede Gruppe bekommt ein Spielbrett ihrer Etage sowie einen Kartensatz mit 54 Karten. Der oder die jeweilige Startspieler*in erhält noch einen Spielstein. Die Karten des jeweiligen Satzes müssen vor Spielbeginn noch nach ihren Rückseiten getrennt werden. Es gibt einen Satz Startobjekte mit einem Stern auf der Rückseite sowie zwei verschiedenfarbige Rückseiten mit Türen und Nummern darauf. Die Karten für Spielrunde zwei werden zunächst nicht benötigt. Die Startobjekte werden möglichst gleichmäßig an alle Teilnehmenden verteilt. Die Türenkarten werden verdeckt neben dem Spielfeld ausgelegt, so dass alle Nummern sichtbar sind.

Rätselräume – Zwei Kartensätze für unterschiedliche Zeiten / Foto: Spieltroll
Rätselräume – Aufdecken des Rätels / Foto: Spieltroll

Eine Etage zeigt immer fünf einzelne Abschnitte in der Größe einer der Karten. Zudem zeigt die Abbildung den leerstehenden Zustand des heutigen Hauses. An bestimmten Stellen sind kleine Nummern auf gelben Hintergrund angebracht. Bevor das Spiel beginnt kann noch ein einleitender Brief vorgelesen werden. Der oder die Startspieler*in beginnt nun und wählt eine der Nummern aus und sucht die entsprechende Karte aus der Auslage. Diese zeigt nun ein Rätsel das immer anders gelöst werden muss. An dieser Stelle sein den Rätselprofis gesagt, die Rätsel sind recht niedrigschwellig, da sie ja für Kinder der Klassenstufe 7 konzipiert worden sind. Nie zu schwierig, aber durchaus auch mal etwas um die Ecke gedacht. Einige Rätselkarten erfordern die Kombination mit den Sternenkarten. Die richtigen Objekte werden dann von den Spieler*innen ins Spiel gebracht und ergeben, wenn ihre Zahlenwerte zusammengerechnet werden wiederum eine Zahl, die wir auf einer der ausliegenden Karten finden müssten. Tun wir das, so dürfen wir diese Karte umdrehen und werden weitergeleitet, finden eventuell eine weitere Zahl auf gelben Hintergrund, ein weiterführendes Rätsel oder aber wir haben irgendwann das Ende dieser Zeitlinie erreicht und finden ein Zahl auf einem blauen Hintergrund. Dann sind wir an dieser Stelle erstmal fertig.

Rätselräume – Beispielrätsel mit Sternkarten. Eine weitere fehlt noch zur Lösung / Foto: Spieltroll

Es wird aber immer nur ein Rätsel zurzeit gelöst. Haben wir eines geschafft geht der Startstein an den oder die nächste über und wieder darf gewählt werden, welches Rätsel als nächstes gelöst wird. Damit verfahren die Spielenden so lang, bis nur noch blaue Hintergründe zu sehen sind. Dann würde die zweite Spielrunde starten, die genauso funktioniert und an deren Ende wir an den jeweiligen Positionen immer eine Karte mit ein paar Buchstaben auf dem gelben Hintergrund sehen können. Haben wir auch in dieser Zeitlinie alle Räume gelöst, ergibt sich so von links nach rechts gelesen ein Zahlwort, dass auf die letzte Karte hinweist. Diese positionieren wir anschließend im Dachgeschoss.

Rätselräume – Das DAchgeschoss für die letzten Karten / Foto: Spieltroll

Jede der Gruppen löst so einen Teil des gesamten Hauses und am Ende ergibt sich ein Bild der Bewohner*innen im Dachgeschoss zur heutigen Zeit. Die einzelnen Gruppen beschäftigen sich dabei mit unterschiedlichen Biografien von unterschiedlichen Familien. Themen wie Rassismus, Migration, Armut und Queerfeindlichkeit werden aufgegriffen.

Das Fazit

Das Thema des Spielens im Schulunterricht ist mir schon eine Herzensangelegenheit. Vor kurzem teilte ich erst ein paar Gedanken dazu im Blogbuch. Anlass war dieses Spiel, das mich fasziniert zurückließ, weil hier endlich mal jemand mit einem Konzept daran gearbeitet hat den Schüler*innen durch ein Spiel Wissen zu vermitteln. Das geschieht auf relativ niedrigschwellige Weise und leistet damit Kritiker*innen Vorschub, die das immer gleich ablehnen, weil Klassen ja viel zu unruhig sind und nicht alle auf dem gleichen Niveau agieren. Das stimmt ja auch durchaus, aber ich glaube fest daran, dass sich Kinder und Jugendliche besser durch spielerische Inhalte zum Lernen bewegen lassen, als durch stumpfen Frontalunterricht. Hier spielen sie auch gemeinsam und erarbeiten gemeinsam Lösungen zu kleinen Problemstellungen. Jeder hat einen Teil der Lösung als Gegenstand auf der Hand und kann sich einbringen.

Ganz nebenbei werden hier dann wichtige Themen der aktuellen Zeit aufgegriffen und die Schüler*innen erfahren Biografien, die unser Land eben auch zu bieten hat. Geschichten von Geflüchteten, Gastarbeiter*innen, queeren Familien, die ausgegrenzt und diskriminiert werden. Höchstwahrscheinlich befinden sich unter den Teilnehmenden Kinder zu denen solche Biografien in die eigene Familiengeschichte gehören. Etwas das sie sonst wahrscheinlich eher selten im Unterricht erfahren dürften.

Rätselräume ist somit eine Wissensvermittlung zur jüngeren Geschichte der deutschen Geschichte, in dem es die Wahrnehmung Deutschlands als Migrationsgesellschaft stärkt. Wohin führen die Geschichten der jüngeren Vergangenheit heute. Das Spiel bietet eine multiperspektivische Auseinandersetzung mit Toleranz, Respekt und Solidarität durch den Inhalt seiner Geschichten. Durch seinen kooperativen Ansatz fördert es die sozialen Kompetenzen der Schüler*innen.

Rätselräume eignet sich meiner Meinung nach für den Einsatz im Politik- oder Sozialkundeunterricht, kann aber auch in Geschichte beim Behandeln der Migrationsbewegungen menschlicher Gesellschaften eingesetzt werden.

Ich selbst finde den Ansatz von Rätselräume sehr gelungen und würde mir zwei Dinge wünschen. Zum einen sollte dieses Spiel an mehr Schulen zum Einsatz kommen und Schüler*innen damit mehr Wissen zu vermitteln und ihnen wichtige Themen unserer Zeit näherzubringen. Zweitens sollte es mehr Spiele wie dieses geben, die von vornherein für den Einsatz in Schulen konzipiert sind und den Lehrenden Werkzeuge an die Hand geben, sie im Unterricht richtig und zielführend einsetzen zu können. Ich kann Rätselräume aus diesem Grund nur empfehlen.

Wer Lehrkraft ist und das Spiel beziehen möchte, wird sich freuen zu hören, dass es kostenlos ist und unter folgendem Link (Rätselräume bestellen) bestellt werden kann. Derzeit wird eine zweite Auflage produziert, da die erste leider vergriffen ist. Unter dem Link könnt ihr euch aber für eine Version registrieren lassen.


  • Verlag: Playing History, KIgA Games
  • Autor(en): Michael Geithner, Meta Wachlin
  • Illustrator(en): Lays Bittencourt, Kristina Fitzner, Alexander Roncaldier
  • Erscheinungsjahr: 2024
  • Spieleranzahl: 1 – 30 Spieler*innen
  • Dauer: 30-120 Minuten

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