
Was hier so malerisch hübsch nebenan von einem meiner liebsten Künstler, Weberson Santiago, als Bild verewigt wurde, täuscht ein wenig durch sein pittoreskes Äußeres über seinen doch vorhandenen Hirnzwirbelfaktor hinweg. Wonderbow Games aus Hamburg sind ein kleiner, noch recht junger Verlag aus Hamburg und beweisen durch ihr Portfolio, in dem sich ausnahmslos hübsche Spiele befinden, ein wirklich gutes Händchen. Es sind vielleicht nicht immer die größten Spielehits, aber welche, die immer ihre Abnehmer und Liebhaber finden werden. Whispering Woods ist eine dieser kleinen Perlen, die ein wenig Aufmerksamkeit erregen, aber dann doch leise vor sich hin schlummern. Wir haben es hier mit einem Puzzlespiel zu tun, das ist jetzt vielleicht auch nicht das aufregendste Genre in der Brettspielwelt, aber eines, indem wir immer wieder kleine Meisterwerke finden, die und zu überzeugen wissen und ich glaube, wir haben es bei Whispering Woods mit einem solchen zu tun. Last euch überraschen von diesem kleinen aber feinen Spiel das eure grauen Zellen ganz schön zu fordern weiß.
Worum geht es?
Whispering Woods ist zwar abstrakt, aber es macht durch Optik und Story ein bisschen was weg, von dieser doch vorhandenen Trockenheit. Die Bäume flüstern den Tieren im Wald zu, welche dazu beitragen Wege durch den Wald anzulegen, auf denen sie später immer wieder wandeln werden. Dabei vergrößert sich der Wald Schritt für Schritt und wächst und gedeiht. Rein abstrakt betrachtet legen wir Plättchen aneinander und versuchen möglichst viele Aufträge im Verlauf des Spiels zu erfüllen. Wenn wir besonders gut sind, schaffen wir es sogar mehrere auf einmal mit nur einem Zug abzuschließen.

Wie läuft das ab?

Der Spielablauf ist denkbar einfach und mit nur wenigen Sätzen erklärt. Das Spiel an sich, wirkt zunächst genauso einfach, stellt sich aber schon recht bald als heftigste Grübelei heraus. Wir starten mit einem Tiermeeple und einem Startplättchen. Die Plättchen sind sehr dick und von wahnsinnig guter Qualität. Sie zeigen auf der einen Seite eine von sechs Geländearten und auf der Rückseite eine schnöde Kombination aus Plättchen in einer Reihe, sowie einen Punktewert. Das Startplättchen zeigt folgende Buchstabenkombination: ABCDEA. Das bedeutet natürlich nichts anderes als Variablen, die für verschiedene Geländeplättchen stehen sollen. 10 Punkte erhalten wir dafür. Einige werden schon erahnen worum es im Kern geht und ihr habt natürlich Recht. Es ist wirklich so simpel. Sind wir an der Reihe, so füllen wir zunächst die Auslage wieder auf, die aus sechs offenen Plättchen bestehen soll. Dann nehmen wir uns entweder eines oder zwei der Plättchen. Nehmen wir nur eines, so fügen wir es umgedreht als neuen Auftrag unserer Auslage hinzu und stellen eins unser Meepelchen darauf. Nehmen wir zwei Plättchen, so fügen wir sie unserem Wald hinzu. Sollten wir danach einen Auftrag erfüllen können, weil wir mit unseren Meeplen die gewünschten Plättchen von Anfang bis Ende ablaufen können, so entfernen wir das Ausgangsplättchen und legen es vor uns als verdiente Punkte ab. Das letzte Feld dieser Kette wird dann zum neuen Auftrag und wird umgedreht. Alle anderen Plättchen bleiben liegen. Im Anschluss könnten wir sogar noch weitere Aufträge erfüllen.

Die Kombination des Auftrages ist immer auf beiden Seiten der Plättchen zu sehen und die große Kunst der Spieler*innen ist es nun, so effektiv wie möglich zu spielen und Aufträge zu erfüllen. Schaffe ich es im Spiel mehrere Aufträge in einer Runde abzuschließen erhalten ich Kombo Karten, die mich mit Bonuspunkten belohnen.

Natürlich sind das noch nicht alle Regeln, ein paar Kleinigkeiten gibt es noch zu beachten, zum einen kann die Reihenfolge auf den Plättchen aus beiden Richtungen erfüllt werden. Also zeigt das Plättchen zum Beispiel zwei Pilze und zwei Wassertropfen, so kann ich Pilz-Pilz-Wasser-Wasser oder auch Wasser-Wasser-Pilz-Pilz ablaufen. Darüber hinaus darf ich meinen Wald nicht in mehrere Teile durch das Erfüllen eines Auftrages teilen und das Spiel endet nach einer bestimmten Anzahl erfüllter Aufträge, die von der Spieler*innenanzahl abhängig ist. Ich darf auch maximal so viele Aufträge in meiner Auslage liegen haben, wie ich Meeple besitze. Zu guter Letzt darf ich auch die komplette Auslage tauschen, wenn ich einen gewonnenen Auftrag wieder umdrehe und auf die Punkte verzichte. Das kann lukrativ sein.

Das ist alles, was es zum Spiel für zwei bis vier Personen zu sagen gibt. Whispering Woods verfügt aber auch noch über einen Solomodus, der es Wert ist, über ihn ebenfalls kurz zu sprechen. Dieser kommt mit ein wenig Extramaterial daher und eignet sich ganz hervorragend für das puzzeln alleine. Das Spiel bleibt dabei weitestgehend unverändert, aber es stellt uns Aufgaben, die wir mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad erfüllen müssen. Dazu dienen uns die anderen Meeple im Spiel, denn wir erfüllen für jede dieser vier Tierarten Aufträge und müssen dafür je nach Schwierigkeitsgrad verschiedene Aufgaben pro Tierart erfüllen zum Beispiel. Dadurch gewinnt Whispering Woods eine ganz eigene Tiefe. Das kleine zusätzlich enthaltene Punkte Tabelau fungiert dabei auch als Rundenzähler und Countdown, denn wir müssen jede Runde eine Plättchensorte aus der Auslage entfernen und sie an diesem Tableau anlagern. Macht tatsächlich erstaunlich viel Spaß.

Das Fazit
Da es viel mehr über das Spielprinzip gar nicht zu berichten gibt komme ich gleich mal zum Fazit. Mit Mitspieler*innen entsteht durch die Kombo Karten der gewisse Reiz am Spiel. Die Punkte sind nicht zu verachten und deshalb warten die Spieler*innen meistens, bis sie ihre Auslage zu weit aufgebaut haben, dass sie gleich mehrere auf einen Schlag erledigen können. Problem: kommt mir jemand zu vor, ist die entsprechende Kombo Karte vielleicht schon weg und ich erhalte nur die nächstkleinere. Ärgerlich. Zusätzlich erhöhe ich den Druck merklich, wenn ich auf einen Schlag mehrere Aufträge erfülle, da wir ja auch nur eine bestimmte Anzahl an Aufträgen lang spielen. Im Spiel zu zweit sind das zehn Stück und mit höheren Spieler*innenzahlen nimmt das noch ab.
Whispering Woods ist eines dieser Spiele, die durch sein hübsches und weniges Material zunächst spielerisch nach nichts großartigem Aussehen und gaukelt einem vor, alles unter Kontrolle zu haben. Während des Spiels aber merkst du plötzlich wie viele Möglichkeiten sich da aus der Auslage ergeben und wie ich Plättchen am besten pro Zug mehrfach nutzen kann und muss. Ärgerlich wird es nur, wenn eine unbedingt benötigte Plättchenart nicht auftauchen will oder mir von den Mitspieler*innen ständig entfernt wird. Das kann passieren und zu Frust führen. Eine Partie Whispering Woods ist aber nie so lang, das es keine Revanche geben könnte. Allerdings spricht diese kleine Schwäche dafür, Whispering Woods zu zweit oder alleine zu spielen, wo ich hier ganz klar die Stärken des Spiels sehe. Ansonsten lasst euch überraschen, wie sehr es eure Hirne fordern wird, im Voraus zu berechnen, welche Aufträge ihr in einem Zug und nacheinander ausführen könnt. Klare Empfehlung!
- Verlag: Wonderbow
- Autor(en): Cristian Bustos, Bernardo Vásquez
- Illustrator(en): Weberson Santiago
- Erscheinungsjahr: 2025
- Spieleranzahl: 1-4 Spieler*innen
- Dauer: 25-40 Minuten