Das Streben nach Glück

Das Streben nach Glück

Das Streben nach Glück ist für mich soetwas, wie das Spiel des Lebens der modernen Brettspielwelt. Natürlich ohne am Rad zu drehen und dann soviele Felder auf einer Leiste vorwärts zu ziehen, um ein Ereignis auszulösen, nein, natürlich nur vom Thema her. Sozusagen der Lebenssimulator, indem man alles machen kann, was man möchte. Jedes Spiel verläuft anders und man hat die Chance immer wieder ein neues, anderes Leben zu spielen. Ich besaß dieses Spiel bereits im englischen Original von Artipia Games und habe es mir nochmal auf deutsch gegönnt, als es letztes Jahr in der Spieleschmiede auf deutsch erschien. Ich mag diese Spiele, in denen man ein Leben nachspielen kann, sei es so schön ausgefeilt wie in My Story, oder aber so fies und zynisch wie in Frieses Fiese Freunde Fette Feten. Keine Ahnung, was das über mich aussagt, aber ich spiele diese Spiele wirklich gern. Das Streben nach Glück ist aber das umfangreichste und wartet mit einer Worker-Placement-Mechanik und viel Humor auf.

Worum geht es ?

Der Lebenssimulator trifft es ziemlich gut. Die Spieler durchleben in Das Streben nach Glück ein komplettes Leben, von der Geburt bis zum Tod und müssen dabei natürlich möglichst viele Punkte (man nennt sie hier Zufriedenheit) ansammeln, um letztlich entscheiden zu können, wer von ihnen das erfüllteste Leben gelebt hat. Die Spieler müssen dabei abwägen, ob sie lieber einen gutbezahlten Job haben wollen, um sich schöne Dinge leisten zu können, oder ob sie sich lieber ohne viel Geld durchs Leben wurschteln und dafür viele Aktivitäten ausführen können, denn so läuft das nun mal. Manchmal beflügelt einen auch die Liebe und man findet einen Partner mit dem man seine Zeit verbringt. All das behandelt Das Streben nach Glück.

Das Streben nach Glück – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab ?

Das Streben nach Glück ist im Kern ein Worker-Placement-Spiel. Unsere Arbeiter sind in diesem Fall aber Sanduhren und diese stehen für Lebenszeit. Das Spiel geht über eine bestimmte Anzahl Runden in denen wir nur eine bestimmte Anzahl Zeit ausgeben können, um unser Leben zu leben. Das Spiel findet zu einem Großteil nur auf dem großen Spielbrett statt. Die Spieler sammeln vor sich die Karten, die sie in ihrem Leben erhalten haben, oder noch abhandeln wollen. Dabei kann man sich lediglich mit drei Projekten parallel beschäftigen, mehr geht einfach nicht. Als Projekte gelten hier zum Beispiel Aktivitäten, ein Job, aber auch Beziehungen. Wer einen Job hat, hat einfach nur noch für zwei weitere Dinge Zeit, klingt irgendwie logisch. Hast du eine Beziehung ist es mit der Freizeit zusätzlich zum Job dann fast ganz vorbei. Aber all diese Dinge sind ja kein Muss. Ob man als Freigeist durch die Welt wandelt, viel erlebt, dafür aber kein Geld vedient und auf Liebe verzichtet, oder ob man eine harte berufliche Karriere plant, das ist einem selbst überlassen. Wer aber über Geld verfügt,kann sich Gegenstände kaufen. Dies ist die vierte Kartenart, die neben den Partnern, Jobs und Aktivitäten auf dem Spielbrett ausliegen.

Das Streben nach Glück – Einsatzfelder / Foto: Spieltroll

Das Spielbrett hält jede Menge Einsatzmöglichkeiten für die Sanduhren bereit und ist grob in zwei unterschiedliche Bereiche geteilt. Die schon erwähnte Kartenauslage, die je nach Spieleranzahl gefüllt wird, ist links verortet und auf der rechten Seite befinden sich ein paar Leisten und Einsatzfelder. Zunächst gibt es Einsatzfelder auf denen man die Ressourcen des Spiels bekommen kann, mit denen man später Karten bekommen kann. Auf dem Feld „Lernen“ bekommt man Wissen, auf dem Feld „Spielen“ hingegen bekommt man Kreativität. „Interagieren“ bringt Einfluß und auf dem Feld „Aushilfsjob“ verdient man Geld. Dann gibt es natürlich noch jeweils ein Einsatzfeld für jede erwerbbare Kartenart.

Das Streben nach Glück – Sanduhr auf Einsatzfeld
/ Foto: Spieltroll

Die beiden Leisten die sich noch im rechten Bereich befinden zeigen uns das kurzfristige Glück, sowie unser Stresslevel an. Stress ist nie gut und innerhalb eines bestimmten Bereichs äußerst schwierig abzubauen. Es gibt zudem verschiedene Stufen von Stress, die, wenn wir sie überschritten haben nur durch ein Herzsymbol wieder senken können. Diese Herzen auf Karten zu finden ist aber ein schwieriges Unterfangen, sind sie doch seltener als Wasser in der Wüste. Das kurzfristige Glück bringt uns in einigen Fällen Erleichterungen ein.

Das Streben nach Glück – Stress und Glück / Foto: Spieltroll

Weitere Felder gibt es für das Ausruhen, mit dem wir Stress abbauen können und für Überstunden, die nicht förderlich für unser Stresslevel und schließlich unsere Gesundheit sind, uns dafür aber mit zusätzlichen Sanduhren versorgen. Es gibt noch weitere Einsatzmöglichkeiten für Sanduhren, die von den Spielern selbst durch ihre Kartenauslagen erzeugt werden. So gibt es zum Beispiel Gruppenprojekte, an denen alle Spieler teilnehmen können, indem sie eine Sanduhr auf der Karte eines Mitspielers platzieren. Meistens sind diese Projekte erfolgreicher je mehr Teilnehmer sie haben. Ein gutes Beispiel ist zum Beispiel eine Rollenspielrunde, derjenige der das Projekt ausspielt sucht sich eine Rolle aus, zum Beispiel den Spielleiter und hofft das sich in der laufenden Runde noch weitere Mitspieler dazugesellen. Dann wird der Ertrag in Form von Ressourcen und Glück größer ausfallen.

Das Streben nach Glück – Lebensabschnitte / Foto: Spieltroll

Die Spieler setzen reihum solange Sanduhren ein, bis alle Uhren eingesetzt wurden und die Runde endet. Jede Runde steht dabei für einen bestimmten Lebensabschnitt. Zu Spielbeginn bekommt jeder Spieler zwei „Inneres Kind“-Karten, von denen er sich eine aussuchen kann. Diese Karte zeigt einem die Startressourcen mit denen man das Spiel beginnt. Anschließend spielt man sich über die Teenagerzeit bis hin zum hohen Alter. Das Spiel endet mit dem Tod aller Spieler, was aber interessant ist, ist die Tatsache, dass man nicht unbedingt in der gleichen Runde stirbt, denn im Alter steigt das Stresslevel automatisch und sollte man nicht eine weitere Stufen aufsteigen können ist als Rentner Schluß. Sollte man es aber geschafft haben im hohen Alter noch fit zu sein und ein niedriges Stresslevel zu haben, so kann man bis zu zwei Extrarunden rausholen bevor man stirbt.

Das Streben nach Glück – Partnerkarten
/ Foto: Spieltroll

Das kurzfristige Glück kann für drei Dinge eingesetzt werden. Zunächst bringt es einem den Startspielermarker ein, dann kann man ein bis drei Ressourcen bei den Zielen sparen, je nach Position des Glücksmarkers und zu guter letzt kann man mit Glück eine Kartenreihe austauschen.

Am Ende des Spiels erhält man dann noch zusätzlich Punkte für jeweils 5 gleiche Ressourcen und für erreichte Lebenswerke. Bei Gleichständen gewinnt der Spieler der mehr Projekte abgeschlossen hat.

Das Fazit

Das Streben nach Glück gehört zu meinen liebsten Spielen und ich wollte es unbedingt hier reviewen. Leider lässt es sich im Detail schwierig beschreiben, weil es viele Kleinigkeiten enthält, die man berücksichtigen muss. Die ursprüngliche Review ist schon fast zwei Jahre alt und schlummerte im verborgenen. Damals hatte ich das Spiel nur in der englischen Fassung von Artipia Games. Inzwischen gibt es über den Kobold Spieleverlag und die Spieleschmiede aber eine deutsche Version von dem Spiel. Ich habe es damals auch ausgetauscht und die Review immer wieder verschoben. Nun soll es aber dochmal so weit sein und ich musste feststellen, dass es mir noch nie so schwer gefallen ist über ein Spiel zu schreiben, dass ich so sehr mag. Das könnte zum einen daran liegen, dass das Streben nach Glück kein perfektes Worker-Placement-Spiel ist. Es hat viele Ecken und Kanten, kleine Regelsysteme innerhalb kleiner Regelsysteme. Fast jeder Kartenbereich spielt sich ein wenig anders als der andere und um all diese kleinen Feinheiten zu behalten braucht es viel Übung. Was einem nicht schwer fallen sollte, denn thematisch macht mir das Spiel totalen Spaß und die lustigen tollen Geschichten die man am Spieltisch erlebt sind es wirklich wert. Leider führen diese ganzen kleinigkeiten dazu, dass man das Streben nach Glück auch nur recht umständlich erklären kann und es viel komplizierter wirkt, als es letztlich ist. Eine sehr unrühmliche Rolle spielt dabei leider die Anleitung, die leider nicht besonders gut ist. Hier sollte man dringend nacharbeiten. Zum Glück gibt es ja Boardgamegeek und dort findet man vom User Laars eine sehr gute zweiseitige Zusammenfassung mit der man das Spiel viel schneller wieder auf den Tisch bringt, wenn man es mal längere Zeit nicht gespielt hat.

Das Streben nach Glück – Ressourcenmarker
/ Foto: Spieltroll

Das klang jetzt alles viel zu negativ! Das Streben nach Glück ist für mich das beste „Lebensspiel“ das dort draußen existiert und es wird stetig ausgebaut. Die Karten, das Artwork und das Material sind von sehr guter Qualität. Ich mag den Zeichenstil und den Witz. Trotz der vielen kleinen Unperfektheiten ist es ein richtig gutes Spiel und die Fans unterstützen das bis heute. Zum Beispiel ist das Spiel auch zu zweit gut spielbar, nur leider ist das Spielfeld riesig und viel zu groß für eine Zweierpartie. Also haben Fans ein kleines Zweierbrett entworfen, dass man sich ebenfalls bei Boardgamegeek runterladen kann. Genauso wie weitere Spielhilfen, die das Spiel auch für Wenigspieler attraktiver machen, denn das Thema ist, so habe ich festgestellt, für fast alle Spieler interessant.

Das Streben nach Glück ist für die Leute die CV zu simpel finden, My Story zu koreanisch und Fiese Freunde Fette Feten zu zynisch und gemein. Eine Reise durch ganz viele Momente, die ein erfülltes Leben so ausmachen können. Ein Spiel voller möglicher Geschichten und ganz viel guter Laune.


  • Verlag: Kobold Spieleverlag
  • Autor(en): Adrian Abela, David Chircop
  • Illustrator(en): Panayiotis Lyris
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
  • Dauer: 60 – 90 Minuten

3 Gedanken zu „Das Streben nach Glück“

  1. Ich hatte das Spiel auch immer auf meiner Liste, da ich das Thema generell interessant finde. Gestern haben wir das Spiel zu dritt ausprobiert. Es lief anfangs etwas zäh, da viele Kleinigkeiten nachgelesen werden mussten. Ich habe Reviews zu dem Spiel gelesen, angeschaut etc. und war dann beim selber spielen überrascht, wie wenig Storytelling in der Gruppe entsteht. Dabei geben wir uns bei jedem Spiel echt Mühe, aber hier ist die eigene Identifikation mit dem Menschen, den man spielt, echt null vorhanden. Irgendwann haben alle stumpf geguckt, wo gibt es das meiste zu holen und das dann gemacht, egal, was es war. Bei einem starken Mechanismus kann man das machen, z.B. um sich coole Kombos oder eine funktionierende Maschine zu bauen. Hier hingegen reagiert man immer auf die Auslage und nimmt sich irgendwas ohne größeren Zusammenhang. Ich konnte kein tolles Zusammenspiel der Karten entdecken. Vorrausplanen muss man auch nur bedingt, wenn man die Upkeepkosten im Blick hat, reicht das schon aus. Nach 4 viel zu langen Runden war meine Lust auf das Spiel gestorben. Für das was es ist geht das Spiel viel zu lange und hat keinerlei Spannungsbogen. Wir haben noch einige Karten der Extraleben Erweiterung beigemischt, die Haustiere wollte ich thematisch unbedingt dabei haben. Ich muss dem Spiel vielleicht noch eine zweite Chance geben – aber nicht in nächster Zeit. Schade, ich wollte es gut finde , aber so ist es eine pure Enttäuschung für uns gewesen. Bei einigen Karten sind die Texte immerhin ganz lustig gewesen und die Karten für sich sind thematisch gut gemacht. Alleine, das die Berufskarten keine männliche und weiblliche Seite des gleichen Berufs haben, sondern die Berufsbezeichnungen unterschiednlich sind, kam nicht gut an. Dann fehlt irgendwie so etwas wie ein neutraler Basischarakter, den man spielt und nach und nach thematisch wächst und man sein Karten-Leben vor sich sehen kann. Ach, ich kürze mal ab: Langweiligstes Workerplacement ever.

    1. Ich kann dir nur sagen, es ist schon hart, wenn man als schwerreicher Zahnarzt mit Sportwagen vor der Tür gegen seine Teenagertochter verliert, die sich nur durch Nebenjobs ganz viel Quatsch kauft und ständig in die Muckibude rennt, während deine Frau sich mit diversen Partnern vergnügt und sich einen Privatzoo anschafft.

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