Kurz vor der nächsten SPIEL in Essen ist es an der Zeit sich mal wieder ein paar Gedanken zu machen. Ich werde zwar auch dieses Jahr noch nicht wieder vor Ort sein, aber eigentlich hätte ich schon Lust dazu. In den letzten Jahren waren Trends innerhalb der Brett- und Kartenspiele viel deutlicher zu Tage getreten, als noch vor zwanzig Jahren. Das hängt sicherlich mit der aktuellen Masse an neuen Veröffentlichungen zusammen, da erscheinen halt öfter auch thematisch gleiche Spiele als früher. Trends sind für die Industrie ziemlich wichtig, steigern sie doch mitunter den Absatz, sollte ein Trend früh erkannt werden. Wird er hingegen verschlafen, dann war es das mitunter auch ganz schnell. Immer gut ist natürlich sollte ich selbst der Trendsetter sein. Trends ziehen sich mitunter über ein paar Jahre hinweg und ich würde gerne mal hier ein bißchen mit euch über die Trends der vergangenen Jahre und die der Gegenwart plaudern. Denn ja, es gibt sie und einige sind vielleicht für viele gar nicht so offensichtlich, wie es scheinen mag.
Die Preview-Liste der Neuveröffentlichungen zur SPIEL sind immer ein ganz guter Anhaltspunkt, wohin die Reise gehen könnte, aber zunächst würde ich einmal die beiden Haupttrendarten herausstellen, die wir hier finden können. Zum einen wären das die Themen, die wohl am extremsten diesen Trends unterworfen sind und die zweite große Gruppe ist der Trend der Mechaniken. Welche Art von Spiel ist gerade angesagt. Das ist natürlich nicht alles, es gibt durchaus auch Trends bei Material und ähnlichem, aber die sind meist nicht so präsent.
Schauen wir uns die letzten Jahre einmal an. Ich gehe mal zu dem Zeitpunkt zurück, wo für mich die Rückkehr zu den Brettspiel so langsam begann und das war so 2015 bis 2016. Zu dieser Zeit hörte ich überall nur noch einen Begriff in diesem Zusammenhang und das war Legacy und sein Trendsetter natürlich: Pandemic Legacy. Ein Spiel über das ich verdammt viel versucht habe in Erfahrung zu bringen und aufgrund seiner Struktur natürlich relativ wenig erfuhr. Es faszinierte mich, aber so richtig was damit anfangen konnte ich zu der Zeit noch nicht. Aber plötzlich hieß es überall, dass ähnliche Spiele entstehen würden. Da die Entwicklung von solchen Inhalten natürlich auch ein wenig Zeit in Anspruch nimmt, war das ein Trend der sich erst Jahre später entfaltete, als nämliche alle möglichen Legacyspiele den Markt erreichten. Inzwischen, so würde ich sagen, ist das Legacyspiel kein Trend mehr, sondern ein normaler Bestandteil des Spielekosmos geworden.
Legacyspiele waren also ein Trend der sich von der mechanischen Seite der Spiele näherte und öffnete, hier kommt jetzt eine Theses von mir, den Markt noch für etwas völlig Neues, denn bei den meisten Legacyspielen gehört es dazu Spielmaterial einmalig zu benutzen, zum Teil gar zu zerstören. Ohne die Akzeptanz der breiteren Masse, soetwas in einem Spiel zu tun, wären meiner Meinung nach Spiele wie die EXIT-Reihe von KOSMOS gar nicht möglich gewesen. Inzwischen sieht das natürlich ein wenig anders aus und läutet wahrscheinlich auch bald das Ende dieser Art von Spielen ein. Aber letztlich entstand so ein neuer Trend, denn die Escape-Welle entwickelte sich sehr stark und rollte über uns alle hinweg. Auch sie hält noch an, auch wenn sie stark abgeebbt ist, entwickelt sich aber inzwischen in eine Detektivspielwelle, die allerdings nicht ganz so ausgeprägt ist, wie die Escapewelle davor.
Ein weiterer, nicht zu leugnender, mechanischer Trend war in den letzten Jahren definitv auch die Roll & Write-Seuche, die über uns hereinbrach. Alle Verlage brachten Roll & Writes hervor, jedes erfolgreiche Spiel bekam einen Roll & Write Ableger usw. Jede*r Autor*in musste nun auch ein Roll & Write in seinem oder ihrem Portfolio haben. Gefühlt gibt es soviele Roll & Writes, wie Sand am Meer. Wirklich relevante aber wohl nur ein Dutzend oder ein wenig mehr. Dabei wurde hier natürlich auch experimentiert und der Würfel durch anderes Material ersetzt. Die Flip & Writes waren geboren, manche Spiele ließen auch den Block zum notieren Weg und ersetzten ihn durch teures Material, wie zum Beispiel Era – Das Mittelalter, was nichts anderes als ein Roll & Build ist.
Im Moment sehe ich nur einen mechanischen Trend und das ist der das es keinen gibt. Vielmehr neigen die Autoren im Moment dazu viele Mechaniken gemeinsam in den Mixer zu schmeißen und einen Genremix zu bauen. Dafür gibt es natürlich viele Beispiele. Dune Imperium und Die verlorenen Ruinen von Arnak stellten das prominent unter Beweis, aber auch Spiele wie Witchstone, Honey Buzz und Brew benutzen diverse Mechaniken, um ihr Spielgefühl zu vermitteln. Das klappt meistens sogar ganz hervorragend. Aber natürlich ist das alles nicht neu, aber durch den Erfolg der Erstgenannten ist es für die Verlage sicherlich interessanter geworden auch solchen „Mischmasch“ zu veröffentlichen.
Aber auch thematische Trends gab es in den letzten Jahren zu beobachten, wenngleich ich aber auch finde, das diese in den Jahren, in denen Mechaniken vorherrschend sind, weniger im Fokus stehen. Erst als die ganzen mechanischen Trends abebbten, entwickelten sich neue thematische. Ein Spiel wurde dabei in den letzten Jahren zu einem nicht zu übersehendem Trendsetter. Flügelschlag öffnete Tür und Tor für das bis dato nischige Thema Natur. Es stellte Vögel und die Schönheit der Tiere durch entsprechendes Artwork in seinen Fokus und verband das ganze mit einem Spiel, dass die Massen begeisterte. Plötzlich und quasi über Nacht wurde das Thema Natur in das Rampenlicht der Brettspielwelt gezerrt und dort steht es bis heute. Den Anfang machten in einem Jahr plötzlich sieben oder acht Bienenspiele, die auf der SPIEL veröffentlicht wurden. Es waren auf jeden Fall soviele, dass es auffiel. Inzwischen ist das Thema Natur nicht mehr wegzudenken und das ist auch gut so. Neue Themen bereichern diesen Kosmos und lange Zeit gab es neben Fantasy und Science Fiction nur das Mittelalter und den Handel im Mittelmeer.
Wenn ich tief genug grabe finde ich natürlich fast zu jedem Thema ein Brettspiel. Sie sind meist immer schon da, aber in der Breite fehlt es. Was fehlt, ist in der Regel eine Initialzündung, ein Spiel das beweist, dass dieses Thema funktioniert und sich ein Spiel gut verkauft. Dann entstehen bei allen Verlagen plötzlich Spiele, die sich dieser Themen bedienen. Vor den Bienen war es übrigens die Tiefsee und ich bin gespannt was die Zukunft bringt. Da die Themen der Brettspielwelt natürlich auch immer die aktuellen Ereignisse abbilden, würde ich prognostizieren, dass es in den nächsten Jahrgängen vermehrt Spiele zum Umweltschutz und Spiele mit dem Thema Energie geben wird. Was meint ihr? Liege ich falsch oder habt ihr Ergänzungen beizutragen. Habe ich was vergessen? Welche Themen kommen in der Zukunft zum Zuge und was denkt ihr wird das nächste neue mechanische Ding werden?