
Rauha meint Ruhe und Frieden auf Finnisch und die Anmutung dieses Spiels legt nahe, dass es tatsächlich darum gehen könnte. Auch die im Spiel auftauchenden Gottheiten wirken nordisch und auch ihre Namen lassen das vermuten. Trotzdem sollten wir das alles nicht zu ernst nehmen, denn wie so oft bei europäischen Spielen ist das Thema ja völlig egal und hat mit dem Spielgeschehen meist gar nichts zu tun. Die beiden Autoren dieses Spiels sind zumindest bekannte Namen aus der französischen Autorenschule. Johannes Goupy und Théo Rivière sind jedenfalls keine unbekannten. Goupy ist zum Beispiel für Faraway, Pixies, Rainforest und Orichalcum verantwortlich, welche durchaus einige Aufmerksamkeit erregen konnten. Théo Rivière ist aber dann doch der bekanntere Name und wurde hier von mir schon mit Draftosaurus, Inori, The Loop und Sea Salt & Paper erwähnt. Nun also Rauha, welches bei Skellig Games auf Deutsch aufschlug.
Worum geht es?
Laut der an den Haaren herbeigezogenen Geschichte des Spiels, um die Neubesiedelung eines Planeten durch uns als Terraformer/Avatar. Wir siedeln neue Spezies an und formen Landschaften mit der Hilfe der Gottheiten. Was aber eigentlich hier stehen sollte: die Spieler*innen draften Landschaftskarten die sie im besten Fall auf ihrem Tableau einbauen können und versuchen gleiche Reihen und spalten zu bilden, die zur richtigen Zeit gewertet werden und uns mit Punkten belohnen.

Wie läuft das ab?
Rauha wird über vier Runden gespielt, die jeweils aus drei Zügen bestehen, die in fünf Phasen ablaufen. Das Material des Spiels führt einen dabei sehr gut durch diesen Ablauf, wenn, und das sei an dieser Stelle schon einmal als ein dickes wenn erwähnt, wir die Anleitung durchdrungen haben, die nämlich leider in die eher grausige Kategorie gehört. Dazu aber im Fazit mehr. Auf den Tableaus finden wir gut bedruckte Einkerbungen über die wir unsere Avatar Figur bewegen und immer sehen was gerade wo dran ist. Die Symbole verraten uns, von welcher Seite wir Karten bekommen und vermitteln uns ganz klar welche Reihe oder Spalte gerade an der Reihe ist. Kommen die kleinen Avatare in den Ecken des Tableaus an, so findet eine Wertung statt. Das ist recht gut gemacht.


Die fünf Phasen verinnerlichen sich ebenfalls recht schnell, wenn das Spiel einmal verstanden worden ist. Simultan nehmen alle Spieler*innen von den kleinen Tableaus die zwischen den Spieler*innen liegen ihren Kartenstapel, wählen eine Karte aus und platzieren diese entweder auf irgendeinem Feld ihres Tableaus oder zerstören die Karte gegen eine Kristall- oder Sporenbelohnung. Sollten die Spieler*innen durch das Legen eine Reihe oder Spalte mit gleichen Symbolen gebildet haben, so erhalten sie eine der Gottheiten aus der Mitte. Anschließend dürfen alle Karten und Gottheiten der Reihe oder Spalte des Avatars ausgeführt werden. Zum Schluss bewegen wir den Avatar um eine Position im Uhrzeigersinn weiter und nach drei Zügen findet eine Wertung statt, während der wir alle Biome auf unserem Tableau mit Sporen und die Gottheiten noch einmal aktivieren dürfen um Belohnungen zu erhalten.

Die Karten auf den kleinen Tableaus werden vor jeder Runde ausgeteilt und nach zwei Runden gibt es einen neuen Stapel für ein neues Zeitalter.

Im Grunde ist das der Spielablauf, der auch gar nicht sonderlich kompliziert ist. Zur Herausforderung wird das ganze einfach durch die Fähigkeiten auf den Biomen. Diese belohnen einen mit Punkten für bestimmte Symbole auf den Biomkarten oder wollen Kristalle im Tausch gegen Punkte. Kristalle sind die Währung des Spiels und wir starten das Spiel mit einem sehr kleinen Vorrat. Wir müssen also im Spiel für Kristalle sorgen, damit wir viele der Fähigkeiten unserer Biome gewinnbringend einsetzen können und das natürlich zur richtigen Zeit, denn wir dürfen ja immer nur Fähigkeiten der Reihe oder Spalte einsetzen die gerade an der Reihe ist. Unsere Tableaus bestehen logischerweise nur aus drei mal drei Biomen und die wollen konstant angepasst werden, um den höchsten Ertrag zu erzielen. Die Wertungen, während derer wir die Biome mit Sporen erneut werten dürfen, sind natürlich besonders wichtig. Sporen bekommen wir über bestimmte Karteneffekte oder durch das Zerstören von Karten. Eine Partie besteht ja aus 12 Zügen in denen wir Karten auswählen und einbauen dürfen. Das bedeutet, dass wir durchaus auch Karten vernichten können, wenn wir gut planen oder ein wenig Glück haben und immer gute Karten in den Stapeln finden.

Während der Wertungen gibt es noch eine besondere Wertung, die mit Punkten belohnt wird. Dabei geht es um kleine Wassersymbole auf den Biomen. Während der Wertung vergleichen die Spieler*innen ihren Wert mit dem desjenigen, der die wenigsten Symbole hat. Die Differenz wird auf einer Tabelle nachgeschaut und mit Punkten belohnt. Die Wassersymbole sind allerdings nicht gerade häufig, so dass hier schnell ein Ungleichgewicht entstehen kann.
Nach zwölf Zügen und vier Wertungen ist Schluss und die meisten Punkte gewinnen das Spiel.

Das Fazit

Zu Rauha muss ich einiges sagen, denn nicht nur der Einstieg in das Spiel gestaltet sich holprig. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Anleitung ihren Job einfach nicht erledigt. Einen viel besseren Job macht die Spielhilfe mit der ihr euch einen viel größeren Gefallen tut, wenn ihr die immer Griffbereit habt. Das größte Problem hat die Anleitung damit, dass sie nebenbei natürlich auch noch das Thema des Spiels vermitteln will, welches ja, wie eingangs erwähnt, eigentlich völlig irrelevant ist. Die Anleitung wirft dich rein in die erschaffene Welt und spricht von Biomen, Avataren, Sporen, Gottheiten, Wasserquellen, Kräften und Satelliten ohne dass du so richtig kapierst worum es geht. Das macht es einfach extrem schwierig das Geschehen anhand der Beschreibungen nachzuvollziehen. Dazu gehören ebenfalls deplatzierte Bilder und Darstellungen des Geschehens und falsche Entscheidungen über Schriftgrößen und Positionierungen. Ein gutes Anzeichen dafür, dass hier etwas nicht ganz rund ist, sind die bereits vom Verlag eingebauten kleinen Klarstellungskästchen nach jedem Rundenschritt, um die wichtigsten Dinge nochmal hervorzuheben. Warum die nicht gleich im Text vernünftig erklären um die Verwirrung zu minimieren? Die Anleitung macht für neue Leser*innen definitiv den Eindruck, dass es sich bei Rauha um ein viel kompliziertes Spiel handelt, als es eigentlich ist. Dem ist aber absolut nicht so. Rauha ist nicht mehr und nicht weniger als ein solides Kennerspiel wenn wir uns den Schwierigkeitsgrad anschauen. Etwas zu verkopft vielleicht aber durchaus eines mit dem ihr Spaß haben könnt.
Das Erscheinungsbild des Spiels ist ansonsten zwar sehr beige, aber durchaus gelungen. Die Durchführung der Spielrunden ist nahezu vorbildhaft. Zu jeder Zeit, wissen die Spieler*innen, von wo sie die Karten beziehen, welche Reihe oder Spalte gerade gespielt wird und letztlich auch wieviel Zeit sie noch bis zur nächsten Wertung und zum Spielende haben.

Bleibt noch die etwas seltsame Wasserwertung zu klären, die mir irgendwie nicht so recht gefallen mag. Sie wirkt wie ein kleiner Fremdkörper und sorgt dafür, dass es einen Kampf um die sehr seltenen Wasserteile gibt, der sich einfach nicht richtig anfühlt. Die Punkte, die es zu verdienen gibt, können massiv ausfallen oder auch total irrelevant sein, aber auch vom eigentlichen Spielgeschehen ablenken und den Fokus vom Rest weglenken. Ich empfinde das als keine besonders gelungene Designentscheidung.
Rauha kam bei uns zu Hause unterschiedlich gut an. Während meine Frau hier ganz gerne zu einer Partie zurückkommt empfinde ich leider keinen großen Wiederspielreiz. Rauha war mir fast ein bisschen egal und das reicht leider in der heutigen Zeit mit dem reichhaltigen Angebot an Spielen nicht mehr aus.
- Verlag: Skellig Games
- Autor(en): Johannes Goupy, Théo Rivière
- Illustrator(en): O’lee
- Erscheinungsjahr: 2023
- Spieleranzahl: 2 – 5 Spieler*innen
- Dauer: 45 Minuten