Inori – Naturgeist Esotherik

Inori

Die Space Cowboys haben in den letzten Jahren für mich ein bisschen etwas von ihrem Zauber verloren. Es gab eine Zeit in der sie nur coole Spiele auf den Markt geschmissen haben. Das machen sie auch heute noch, aber eben nicht mehr nur noch. Früher habe ich mich auf jede neue Veröffentlichung des Verlags gefreut. Heute ist das leider nicht mehr so. Optisch und vom Material her spielen sie für mich nach wie vor in der obersten Liga mit, aber die größeren Spiele konnten mich in den letzten Jahren kaum überzeugen. Sie waren nie schlecht, aber eben auch nicht sonderlich hervorstechend. Spellbook war so eines dieser Spiele. Archeos Society nehme ich da mal aus, wobei ich einer der wenigen zu sein scheine der mit dieser Neuinterpretation von Ethnos gut leben kann. Inori ist das nächste etwas größere Spiel aus ihrem Programm und mit Matthieu Aubert und Théo Rivière sind hier auch zwei Autoren am Werk, die ihr Handwerk eigentlich ganz gut beherrschen. Nun stellte ich mir die Frage, ob Inori an bessere, frühere Zeiten wieder anschließen kann? Die Optik war natürlich etwas für meine Frau, die ganz verzückt die niedlichen Geisterfiguren bewunderte. Aber ist das Spiel auch spielerisch entzückend?

Worum geht es?

Das Thema des Spiels ist absolut nebensächlich oder ich könnte auch sagen eigentlich kaum vorhanden. Selbst in der Anleitung finden wir auf der ersten Seite nur einen ganz kleinen Absatz am Rande, der sich mit dem Thema beschäftigt. Das klingt alles ein wenig nach Living Forest mit kleinen Naturgeistern unter dem Dach eines großen Laubbaums, denen wir Opfergaben darbieten müssen, aber was soll ich da heucheln, es geht um die meisten Punkte am Ende des Spiels und die erreichen wir immerhin mal wieder mit einem etwas aus der Mode gekommenen Mehrheiten Mechanismus. Wir platzieren hier im Prinzip unsere kleinen Arbeiterfiguren und erhalten dafür Belohnungen in Form von Ressourcen, Punkten und Fähigkeiten. Die Position der Arbeiter ist aber dabei durchaus relevant und spielentscheidend.

Inori – Spielaufbau für eine Partie zu viert / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Auf einem zentralen Spielbrett in der Mitte des Tisches finden wir zwei große Bereiche. Links ein paar Felder zum Einsetzen für unsere Arbeiter und rechts sechs Ablagefelder für großformatige Karten. Zu Beginn des Spiels liegen nur drei Karten offen aus. Die restlichen Felder werden erst nach und nach mit weiteren Karten belegt. Von Runde zu Runde gibt es eine Karte mehr zur Auswahl und die Spieler*innen bekommen dafür auch jeweils einen weiteren Arbeiter.

Inori – Beispielkarte für die Flammengeister / Foto: Spieltroll

Zwei weitere Spielmaterialien sind noch von Bedeutung. Zum einen die alles dominierenden Gunstmarker, die es in sechs Farben gibt, analog zu den sechs Waldgeisterkategorien, sowie ein paar Runenplättchen, die als verdeckter Stapel bereitgelegt werden. Die Spieler*innen beginnen das Spiel mit nicht viel mehr als ihren Arbeiterfiguren. Die Anzahl dieser ist von der Spieler*innenzahl abhängig. Im Spiel zu zweit sind es sieben und mit vier Personen nur fünf. Einige der Figuren werden aber zunächst auf die leeren Kartenfelder des Spielplans gestellt und werden erst im Laufe des Spiels freigeschaltet.

Inori – Figurenvorrat für die nächsten Runden / Foto: Spieltroll

Der Spielablauf ist eigentlich simpel, wenn auch durchaus zu Beginn ein wenig unintuitiv. Das Spiel braucht ein paar Runden, bis alles verinnerlicht ist, läuft dann aber wirklich gut von der Hand. Wie gesagt, Inori ist ein Worker-Placement-Spiel mit Mehrheiten Wertungen, bei denen wir im Verlauf des Spiels erst die Wertigkeiten der einzelnen Farben festlegen werden. Am Ende bekommen wir dann also unterschiedliche viele Punkte für unsere Gunstmarker. Diese erhalten wir überhaupt erst durch den Einsatz unserer Arbeiter. Manchmal einfach so, manchmal müssen wir bestimmte Mengen einer Farbe gegen eine andere Tauschen usw. Wir kennen das Prinzip. Die Einsatzfelder für unsere Figuren befinden sich auf den Karten in der Auslage. Auch diese Karten gibt es in den sechs Spielfarben.

Wir spielen insgesamt vier Runden solange bis wir keine Arbeiter mehr besitzen. Pro Runde wird eine weitere Karte in die Auslage gelegt und wir bekommen einen unserer zuvor platzierten Arbeiter zu unserem Vorrat hinzu. Am Ende jeder Runde handeln wir die ausliegenden Karten ab. Sind alle Einsatzfelder einer Karte komplett gefüllt und ich partizipiere, dann bekomme ich auch Punkte für die dominierende Farbe der Karte. In diesem Fall wird erneut eine Karte dieser Farbe aufgedeckt und ausgelegt. Die Naturgeister empfinden die Verehrung als ausreichend und wichtig genug, um die Farbe wieder zur Verfügung zu stellen. Ist die Karte nicht komplett belegt, so wird das als mangelndes Interesse gedeutet und niemand bekommt Punkte für die Farbe. Darüber hinaus wird für die nächste Runde eine neue Farbe ausgelegt, die auf der Karte in der unteren rechten Ecke bereits angezeigt wird. Die Auswahl der Felder wird so von Runde zu Runde auch ein wenig größer, trotz dass wir natürlich auch mehr Figuren bekommen, um die Felder zu füllen.

Inori – Kartenauslage im späteren Spielverlauf / Foto: Spieltroll

Neben den Einsatzfeldern auf den Karten, gibt es links auf dem Spielbrett noch weitere. Auch hier können wir uns Vorteile sichern, was aber für das Spielende am wichtigsten ist, hier können wir Plättchen platzieren, die den Wert der Farben für das Spielende festlegen. Es muss also immer gut abgewägt werden, wo wir die meisten Punkte bekommen können. Ob es Sinn macht sich weitere wertvolle Gunstmarker zu sichern oder ob es durchaus auch lukrativer sein kann eine Karte voll zu besetzen, also auf die Mehrheiten zu achten. Am Ende gewinnt, wer die meisten Punkte verdient hat.

Das Fazit

Inori ist ein Spiel mit guten und schlechten Momenten. Ich fang mal mit den guten Dingen an. Das Spielmaterial ist wie erwähnt toll. Die wertigen Holzspielsteine machen was her und lassen das Spiel gut von der Hand gehen. An dieser Stelle sei auch erwähnt, das Inori komplett ohne Plastik auskommt und dennoch ein schönes Insert bekommen hat, in dem wir alles vernünftig aufbewahren können. Eine wirklich schöne Produktion. Das gilt auch für das sehr gute Regelheft, das mit Beispielen gut bebildert ist und durch seine Farbgestaltung alle wichtigen Elemente gut hervorhebt.

Inori – Eine volle Feuergeisterkarte / Foto: Spieltroll

Ebenso gefällt mir das Mehrheiten Prinzip des Spiels. Dieses sorgt immer für spannende Entscheidungen, die getroffen werden wollen. Macht es Sinn auf dem Feld zwei Gunstmarker abzugeben, die eine hohe Wertigkeit bekommen haben um mehr Marker einer anderen Farbe zu erhalten, die ich wieder für andere Effekte benutzen kann oder sollte ich das besser lassen, um den Punktevorrat nicht zu gefährden? Manche Pläne gehen einfach auch irgendwann nicht mehr auf und Umwege die ich zum Umtausch gehen wollte wurden schon von den Mitspieler*innen blockiert. Das Salz in der Suppe sind dabei einige der interaktiven Fähigkeiten auf Einsatzfeldern, bei denen Figuren getauscht oder umgeschoben werden können.

Inori – Runenplättchen / Foto: Spieltroll

Inori bleibt dabei auch über die gesamt Spielzeit spannend, weil es durch die Erhöhung der Möglichkeiten von Runde zu Runde neue Spannung erzeugt. Die Runden bleiben nie gleich, sondern fühlen sich intensiver an. Ich erhalte ja nicht nur mehr Möglichkeiten Figuren einzusetzen, sondern tatsächlich auch mehr Figuren, um eventuell größere Pläne in die Tat umzusetzen. Was mir aber leider gar nicht gefällt hat zum großen Teil mit den zu Beginn schon erwähnten Runenplättchen zu tun. Inori verheimlicht seinen Spieler*innen nämlich eigentlich keine Informationen vor. Alle Felder auf den Karten sind für alle Spieler*innen einsehbar. Von Beginn an. Es werden zwar mehr, aber ich kann immer alles sehen. Außer es gibt irgendwo eines der Runenplättchen zu gewinnen. Diese bleiben verdeckt. Die Spieler*innen können sie einsetzen und ich kann es nicht planen. Das wäre auch gar nicht so schlimm, wenn sie nicht super situativ und völlig unausgewogen wären. Denn ich kann durchaus eines ziehen, mit dem ich zwei sehr wertvolle Gunstmarker für lau erhalte oder eines, bei dem ich eine Figur verschieben kann. Letzteres kann manchmal absolut überflüssig sein, wenn ich mir damit vielleicht selber noch was verbauen könnte. So liegen diese Marker auch gerne mal die komplette Partie ungenutzt herum oder jemand erhält kurz vor Schluss noch eine kleine Punktespritze. Dieses Element passt irgendwie nicht zum Rest des ansonsten mit offenen Informationen handelnden Spiels.

Inori – Insert der Spielschachtel ohne Plastik / Foto: Spieltroll

Das nicht vorhandene Thema ist mir eigentlich egal. Ich finde es inzwischen sogar ganz positiv, dass die Industrie sich nicht immer diesen ganzen Nonsens aus den Fingern saugt, um uns Themen zu verkaufen, die einfach nicht da sind. Das Spiel ist durchaus hübsch anzuschauen, aber diese niedliche Geisteresotherik ist inzwischen auch schon ein wenig ausgelutscht. Meine Frau mag es dennoch. Der letzte Kritikpunkt betrifft die Spieler*innenanzahl. Zu zweit funktioniert das Spiel zwar auch, ist aber nicht so ganz der große Hit. Inori wird deutlich besser, wenn mehr Leute am Tisch sitzen. Insgesamt also ist Inori ein durchaus gelungenes Spiel, das ich jetzt zwar nicht brauche, aber ich würde auch eine Partie immer mitspielen. Es überzeugt mich nicht, aber es langweilt mich auch keineswegs.


  • Verlag: Asmodee, Space Cowboys
  • Autor(en): Théo Rivière, Matthieu Aubert
  • Illustrator(en): Suzanne Demontrond
  • Erscheinungsjahr: 2024
  • Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler*innen
  • Dauer: 30 Minuten

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