Puuh ist das lange her! Ich kann mich kaum noch an den letzten Spieleabend in unserer festen Runde erinnern. Leider gab es zu viele gute Hindernisgründe, warum wir uns erst jetzt nach so langer Zeit zu einem neuen Spieleabend treffen konnten. Urlaub, Krankheit, kaputte Wohnung mit diversen Bauarbeiten, terminliche Schwierigkeiten zwischen Arbeit, Kindern und Familie – man kennt das ja. Immer kommt was dazwischen und nie findet man Zeit für eine der schönsten Nebensachen der Welt – das Spielen. Dabei haben wir es aber durchaus versucht und schon ein paar Termine angesetzt, aber es wurde leider nichts. Um so schöner das es nun geklappt hat und wir haben den Termin dann einfach mal durchgezogen.
ABER, leider war auch diesmal nicht alles wie gewohnt, denn der vierte Mann fehlte und musste plötzlich zwei Tage vorher absagen. Mööp, wieder nichts? Doch, wir haben es auch zu dritt durchgezogen, denn unsere Arbeitskollegin war auch schon ganz heiß darauf einige Neuheiten aus Essen, mit denen wir ihr zwischenzeitlich den Mund wässrig gemacht haben, kennenzulernen. Also sind wir an diesem Abend mit vier Spielen zu ihr gefahren und da wir sie ja nach und nach in die verschiedensten Mechaniken der Brettspiele einführen wollen, um zu erfahren, was ihr am besten gefällt, steht schon seit längerem das Worker-Placement auf dem Plan. Ein Konzept das die beiden noch nicht kennengelernt haben und da sich beide mit allzulangen Erklärungen zu Beginn schwer tun, ist das kein allzu leichtes Unterfangen. Bisher steht auch kein guter Stern über diesem Vorhaben. Ich glaube mittlerweile dreimal haben wir nun schon Agricola – Das Familienspiel im Gepäck, weil sich das so super für den Start in dieses Genre eignet, mit dabei, aber irgendwie kamen wir bisher nicht dazu.
Auch diesmal gehört es wieder mit zum Repertoire, wenn wir auch nur zu dritt sein werden. Dazu gesellen sich an diesem Abend auch noch Tiny Towns, Ecos und das fantastische Roam. Alles Spiele, die wir in den letzten zwei Monaten schon diverse Male gespielt und für gut befunden haben.
ABER, es kommt immer anders als man denkt. Zunächst ist noch alles wie gehabt, wir sitzen in der neuen Küche mit dem schönen Spieltisch. Unsere Kollegin wurde in den letzten Monaten auf eine harte Probe gestellt, denn ihre Wohnung und das komplette Haus wurden von Grund auf moderniesiert und neu gemacht. Während die Bewohner natürlich drin wohnen. Neue Fenster, neue Balkone, ein neuer Hausflur, eine neue Küche. Nicht zuletzt deswegen Trafen wir uns ja erst jetzt hier wieder. Einen Balkon gibt es derweil noch nicht, nur eine Tür die ins Nichts führt.
Wir fangen also erstmal mit einer entspannten Partie Tiny Towns an. Wenn man geübt ist, spielt man eine Partie in 20 Minuten. Also ein perfektes Pizzawartespiel. Wir haben diese schon fast als Tradition zu bezeichnende Sitte eingeführt, um uns die Zeit auf die Pizza zu verkürzen, die wir uns bestellt haben. Die erste Partie war dann auch schon in Rekordzeit beendet, weil unsere Kollegin sich total verbaut hat und nach der Erklärung zwar alles verstanden zu haben schien, aber die Tücken des Spiels dann erst live erleben musste, als sie merkte das man die fertigen Gebäude vielleicht nicht kreuz und quer bauen sollte. Also kam es sofort zu einer zweiten Partie, die dann auch deutlich besser lief und sehr gut ankam. Tiny Towns ist wirklich perfekt für so einen Abend. Schnell erklärt und schnelle Spiele, die auch Raum für Fehler lassen, da eine Partie nicht solange dauert, das man es bereut.
Dann war es soweit. Agricola kam auf den Tisch – die Familienvariante wohl gemerkt – und ich baute das Spiel auf und legte das ganze Material auf den Tisch und meiner Kollegin wurde ein wenig Bange und sie sagte den gefürchteten Satz: „Das scheint ganz schön schwierig zu sein?!“, was meine Frau aber gleich verneinte. Ich hätte nie gedacht das ein solches Spiel schon einschüchternd wirken kann.
ABER, es kam ja anders. Plötzlich stand ihr Mitbewohner, Sohnemann Nummer zwei samt Freundin in der Tür, da ihre Verabredung abgesagt hatte und sie fragten, ob sie Mitspielen könnten. Natürlich, aber Agricola war in diesem Moment leider raus, denn wir waren nun plötzlich zu fünft. Also alles wieder eingepackt und ich konnte fast schon ein wenig Erleichterung im Gesicht unserer Kollegin erkennen. Wenn jemand ein besseres Spiel weiss, mit dem man Spielern, die nicht regelmäßig und viel Spielen, Worker-Placement beibringen kann, immer in die Kommentare damit. Ich bin für Anregungen sehr dankbar.
Wir spielten Ecos und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase entwickelte sich eine sehr schöne, dem Spiel sehr eigene Dynamik, denn Ecos verbindet zwei Welten auf spielerische Weise sehr gekonnt miteinander. Das Bingoprinzip, das einfacher nicht sein könnte, sorgt dafür, dass auch Nicht-Spieler sich mit für Geeks völlig normalen Komponenten eines Spiels auseinandersetzen wollen und es verstehen und Spaß entwickeln. Damit meine ich die Vielzahl an Fähigkeiten, die auf den Karten stehen. Die Mechanik diese komplexen Fähigkeiten „freizuspielen“ ist halt sehr simpel und das Ausführen der komplizierten Fähigkeiten macht erstmal keinen erkennbaren Sinn, weil viele der Startfähigkeiten aus den Startsets zunächst keine Punkte bringen, da aber das Spielziel wieder so einfach und klar definiert ist (Wer zuerst 80 Punkte erreicht gewinnt), bringt es auch die Nicht-Spieler dazu über ihre Karten nachzudenken. Nach und nach entwickelten sich richtige Komboketten und es war schön zu sehen, dass das Spiel so gut zündete. Ecos funktioniert in der Grundversion also auch in großen Runden und mit Nicht-Spielern sehr gut. Aber der Kontinent wird mit fünf Spielern schon recht groß und breitet sich schnell aus. Der Platzbedarf ist also auch hier zu bendeken. Es passte alles gerade so auf den Tisch war aber schon mit Geschiebe verbunden.
Der Abend hatte noch Platz für ein Spiel, aber auf fünf Spieler waren wir nicht so gut vorbereitet, denn Agricola und Roam waren raus, da nur zu viert spielbar. Das führte zu einer weiteren Partie Tiny Towns, denn das funktioniert problemlos. Sohnemann Nummer Zwei stellte sich aber im Verlauf des Spiels als ein Opfer der Analyse Paralyse heraus, was dazu führte, das alle ständig auf ihn warteten. Bei einem eigentlich schnell gespielten Spiel war das aber eher uncool. Ich stellte mir immer wirklich komplizierte Spiele vor und wie jemand der so analysiert ein solches spielen würde. Schrecklich! Leider war ich in dieser Partie auch schnell draußen, da ich, wie meine Kollegin zuvor, mit der der Eisenwurzelfestung herumexperimentierte und zu dem Schluß kam, das die vielen Punkte es nicht wert sind keine Rohstoffe mehr aussuchen zu können.
So endete ein wiedereinmal schöner Abend noch mit ein paar Gesprächen und ich hoffe das wir vielleicht nochmal in größerer Besetzung spielen können. Aber am meisten hoffe ich, dass wir es wieder regelmäßiger hinbekommen.
Ich finde Viticulture ist ein gutes Workerplacement für Einsteiger. Das liegt wohl an der thematischen und damit (gefühlt) logischen Umsetzung. Wein ist jetzt auch nicht so mein Thema (ok, gar nicht), aber es ist toll umgesetzt. Und die Stationen und Aktionen sind nie abstrakt und jeder kann damit etwas anfangen. Dazu ein schicker und gut aufgeteilter Spielplan. Ist einen Blick wert.
Viticulture steht eh auf der To do-Liste, aber nach allem was ich gehört und gelesen habe hat es doch schon auch einen gewissen Anspruch. Das Familien Agricola kann man mit dem „richtigen“ Agricola nicht vergleichen und das Thema ist auch recht zugänglich. Ich dachte eher an was noch Rudimentäreres. Das Problem ist irgendwie das man bei den Workerplacement-Titeln als Vielspieler schnell den Bezug zur Nichtspielerrealität verliert. Sie sind es einfach nicht gewohnt in einem Spiel soviele Wahlmöglichkeiten zu haben. Ich persönlich finde ja auch die Architekten des Westfranenreichs einfach und zugänglich, aber das Familien-Agricola ist da schon noch ne Spur leichter zu verstehen.