Für mich fast völlig aus dem Nichts kam vor der Messe in Essen dieses Jahr ein neues Ryan Laukat-Spiel um die Ecke gebogen. Seit Jahren bin ich von seinen Illustrationen sehr fasziniert, ohne das ich eines seiner bisherigen Spiele ausprobiert hätte. Leider, muss ich dazu sagen, denn ich würde mir sehr gerne mal ein Nah und Fern anschauen. Ich weiss nur soviel, dass die Welt, in der sich seine Spiele abspielen, Arzium heisst und er sie, genau wie alle Charaktere und den Hintergrund in seinen Spielen selbst erfunden hat. Arzium spielt auch in Roam eine Rolle, wenn man sich den Untertitel anschaut. Bei Roam handelt es sich allerdings um ein Spiel in einer kleinen Schachtel, was eher ungewöhnlich ist und deshalb musste ich hier tatsächlich total blind zugreifen, ohne vorher auch nur irgendwas über das Spiel zu wissen. Aber wenn ich enttäuscht würde, so dachte ich mir, dann kann ich mich immer noch an seinen schönen, märchenhaften Illustrationen erfreuen.
Worum geht es?
In Arzium ist anscheinend eine Krankheit ausgebrochen, die dazu führt, das viele Menschen schlafwandelnd und ziellos durch die Gegend laufen. Unsere Aufgabe in Roam ist es nun also sie zu finden und aufzuwecken und dazu zu bringen sich uns anzuschließen, um somit weitere Wandler zu finden und sie von ihrem ziellosen Umherstreifen zu erlösen. Die Spieler bedienen sich dazu ihrer Startcharaktere auf einem Spielfeld das aus Karten besteht, platzieren Steine auf diesen und sammeln Münzen. Wenn Karten komplett mit Steinen gefüllt sind, werden sie ausgewertet und der jeweilige Spieler, der die Mehrheit an Steinen kontrolliert bekommt einen weiteren Mitstreiter. Derjenige Spieler, der zuerst zehn Charaktere in seinen Reihen hat gewinnt Roam.
Wie läuft das ab?
Roam besteht aus gar nicht sovielen Komponenten. Im Grunde nur ein paar Spielsteine in vier Farben, Pappmünzgeld, ein paar Pappkarten, die Artefakte zeigen und einem großformatigen, doppelseitig bedrucktem Kartenstapel. Bei den Karten gibt es natürlich noch ein paar Unterschiede. Jeder Spieler bekommt zum Beispiel zunächst drei Startcharaktere, die zu seiner gewählten Farbe passen und sich durch ihre etwas anderen Rücksseiten von den restlichen Karten abheben. Dazu gesellen sich noch ein paar Übersichtskarten und eine Außenpostenkarte für eine Spielvariante. Das Groß der Karten sind aber Landkartenteile auf der einen Seite und Charaktere auf der anderen.
Die Spieler erhalten zu Beginn alle Steine ihrer gewählten Karte und legen die drei Startcharaktere offen vor sich aus. In der Mitte des Tisches wird aus sechs Karten mit der Landkartenseite ein Spielfeld gebaut. Jede dieser Landkarten besteht aus sechs aufgedruckten Spielfeldern. Die Karten werden in zwei Dreierreihen nebeneinander platziert, so dass ein 36 Felder großes Areal etsteht. Die Position der Spieler am Tisch ist für ihre Aktionen entscheidend, so dass man immer an den Kanten des Spielfelds sitzen sollte. Ein Nachziehstapel wird bereitgelegt, aufdem man immer schon das nächste Kartenteil sieht. Sollte man mit den Artefakten spielen, so werden diese gemsicht und ebenfalls als Stapel bereitgelegt. Vier von ihnen werden dann offen ausgelegt und können von den Spielern gegen Münzen gekauft werden.
Auf den Karten befindet sich immer auch noch eine Banderole, auf der die Funktion des jeweiligen Charakters auf der Rückseite zu sehen ist. Die Funktion bezieht sich auf das Platzieren von Steinen auf dem Spielfeld. So kann man im Vorfeld schon sehen, welche Fähigkeit ein Charakter mitbringt, wenn man ihn ergattern kann.
Das Spielprinzip ist dann ein ganz einfaches. Reihum dürfen die Spieler nun immer einen ihrer Charaktere einsetzen und die abgebildete Fähigkeit ausführen. Diese Fähigkeiten erlauben es den Spielern Steine auf das Spielfeld in einer bestimmten Anordnung zu bringen. Dabei ist zu beachten, dass man die Karte nicht drehen darf und die Steine alle auf das Spielfeld passen müssen. Es gibt lediglich ein gestricheltes Kästchen als Symbol auf den Karten, dass es erlaubt, diese Karte auch so zu platzieren, dass der Stein außerhalb liegen würde. Auf jedem Feld des Spielfelds darf außerdem auch nur ein Spielstein liegen. Sollte das dazu führen, dass man nicht alle Steine setzen kann, so werden nur die setzbaren Steine auch platziert. Wenn auf dem Feld das man besetzen möchte eine oder mehrere Münzen abgebildet sind, so nimmt man sich diese aus dem Vorrat. Anschließend dreht man seine Karte um und darf sie erst wieder benutzen, wenn sie wieder aufgedeckt wird.
Sollten zu Beginn eines Zugs alle Karten verdeckt liegen, so darf ein Spieler sie alle umdrehen und dann einen ganz normalen Zug ausführen. So wird sichergestellt das die Spieler alle Fähigkeiten ihrer Charaktere einsetzen müssen, bevor sie besonders gute Fähigkeiten erneut benutzen können. Wenn nach dem Setzen der eigenen Steine, eine (oder mehrere) der sechs Karten komplett gefüllt sein sollte, so wird sie an den Spieler gegeben, der die meisten Steine auf der Karte vorweisen kann. Sollte ein Gleichstand zwischen Spielern bestehen, so darf jeder von ihnen reihum ein Gebot mit Münzen abgeben, um die Karte zu erhalten. Jeder Spieler der Steine auf der Karte hat, sie aber nicht gewinnt, bekommt eine Münze aus dem Vorrat. Alle Spieler bekommen ihre Steine zurück und die nächste Karte wird vom Stapel auf Spielfeld gelegt. Die gewonnene Karte legt der Spieler zu seinen anderen Charakteren und deckt die Charakterseite auf. Ab nun zählt diese Karte in allen Belangen als Charakter und muss immer benutzt werden, bevor man alle Karten wieder umdrehen darf. Man kann diese Regel allerdings auch umgehen, indem man mit Münzen dafür bezahlt. Wenn ein Spieler seine Charaktere früher als üblich umdrehen möchte, so bezahlt er eine Münze für jeden Charakter der noch offen ausliegt.
Das Spiel geht nun solange weiter, bis ein Spieler zehn Charaktere vor sich liegen hat. Die Runde wird aber noch zu Ende gespielt. Gewonnen hat derjenige, der die meisten Punkte auf seinen Charakteren aufzuweisen hat.
Spielt man mit den Artefakten, so liefern diese weitere Fähigkeiten, die man zusätzlich in seinem Zug benutzen kann. Artefakte bringen genauso Punkte wie Charaktere und können auch erst dann wieder benutzt werden, wenn die Spieler sie wieder umdrehen. Es gibt kein Limit für Artefakte, es dürfen soviele gekauft werden wie man möchte und sie dürfen auch ebenfalls alle in der gleichen Runde benutzt werden.
Die Regeln enthalten dann noch zwei Varianten, von denen die eine eigentlich gar keine ist. Eher würde ich sie als Zusatz bezeichnen und eigentlich immer mit ihr spielen. Die Rede ist vom Außenposten, der einem am Spielende drei zusätzliche Punkte bringt und nur von einem Spieler ausgeführt werden kann. Dazu muss man auf dem Spielfeld einen gegnerischen Stein mit acht eigenen Steinen einkesseln. Der erste Spieler der das schafft bekommt die Außenpostenkarte.
Die zweite Variante ist ein wenig reizvoller und sollte erst ausprobiert werden, wenn man ein bißchen Erfahrung mit dem Spiel hat. Sie nennt sich die Stapelvariante und hier wird das Limit der Steine pro Feld erhöht. Es ist in dieser Varainte möglich pro Feld zwei Steine abzulegen, erst danach ist eine Karte voll. Dabei werden die Steine einfach übereinander gestapelt und die Farbe ist beim Stapeln egal. Zum Schluß weden alle Steine pro Feld ausgezählt und wieder nach Mehrheiten gewertet. Gerade für vier Spieler macht diese Variante mehr Sinn, aber auch im Spiel zu zweit geht es ein wenig taktischer zu, denn es werden viele Steine auf Karten gebunden.
Das Fazit
Oh man was hatten wir mit diesem Spiel schon für einen Spaß! Absolut nichts haben wir im Vorfeld über Roam gewusst und nun holen wir es ständig aus dem Schrank um eine Partie zu spielen. Die anderen Spiele bleiben gerade Links liegen und das sagt eine Menge über Roam aus. Ich habe es bisher absolut nicht bereut dieses Kleinod von einem Spiel mitgenommen zu haben. Roam macht schon alleine wegen dem Material Spaß. Die Spielsteine sind groß, haben abgerundete Ecken und außergewöhnliche Farben. Die Illustrationen von Ryan Laukat sind wunderschön und ich betone es nochmal, der Mann malt irgendwie märchenhaft. Das wirkt wie ein Kinderbuch für Erwachsene. Das Spiel ist dabei auch überhaupt nicht komplex und schnell zu erlernen. Ich würde es eigentlich immer mit den Artefakten und dem Außenposten spielen und mir würde kein Grund einfallen das nicht zu tun. Das Stacking der Spielsteine ist dabei aber eine Option, die man zu viert finde ich fast schon benutzen sollte, um dem Spiel mehr Tiefe zu geben und Platzmangel vorzubeugen. Zu zweit ist es aber nicht nötig und macht auch so schon Spaß.
Roam ist natürlich nichts wirklich Neues, aber es macht einfach verdammt viel richtig und sorgt für schöne Spielmomente. Wunderschönes Material mischt sich mit einem eher abstrakten Spiel, dass aber durch die Hintergrundgeschichte der Welt Arzium, auf die ich mich freue sie eines Tages kennenzulernen, eine Ausschmückung erfährt. Im Grunde ist Roam eher unthematisch. Der Spaß steht aber im Vordergrund und den hatten wir bisher mit jeder Partie und ich kann nur empfehlen sich Roam einmal selber anzuschauen und auszuprobieren. Fans von Ryan Laukat und seinen Spielen werden das aber wahrscheinlich ohnehin tun.
- Verlag: Schwerkraft-Verlag
- Autor(en): Ryan Laukat
- Illustrator(en): Ryan Laukat
- Erscheinungsjahr: 2019
- Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
- Dauer: 20-30 Minuten
Hallo, wir haben Roam auch durch Zufall entdeckt und deine Rezension kann ich so unterschreiben. Schade, dass es so wenig wahrgenommen wird.
Bei der Doppelplazierung scheint euch aber ein Fehler unterlaufen zusein oder ich habe es falsch verstanden: Eine Karte ist voll, wenn alle Plätze belegt sind, müssen aber nicht zwangsläufig doppelt belegt sein. Mindestens ein Marker muss auf jedem Feld sein. Meintest du das so?
Auf jeden Fall noch weiterhin schönes Zocken mit Roam und Danke für deine Rezension.
Ja, das meinte ich genau so, aber beim Lesen des Textes fiel mir jetzt auch auf, dass man das gar nicht unbedingt so verstehen muss 🙂 Danke für den Hinweis und fürs Vorbeischauen. Wir spielen es wirklich sehr gerne und holen es immer wieder aus dem Schrank. Ich habe keine Ahnung, warum das bei sovielen unter dem Radar fliegt.
Wir haben es jetzt auch endlich gespielt, und ja – ein absolutes Wohlfühl-Spiel. Unbedingt mit den Artefakten spielen, der Aussenposten läuft wie geschrieben, einfach mit. Deine Ausführungen sind in allen Punkten so zu unterschreiben 🙂 Ein Spiel mit ganz eigener und besonderer Atmosphäre. Und einer angenehmen Tiefe. Es ist einfach durch und durch liebvoll gemacht, vom Material bis hin zu den kleinen Texten zu jedem! Charakter. An alle, die hier lesen – unbedingt anschauen. Man kommt schnell rein, aber nicht mehr so schnell raus 🙂