Agricola von Uwe Rosenberg ist in der Brettspielszene eines der beliebtesten Spiele, aber trotz des Themas eher nichts für ein lustiges Familienspiel. Das „Original“ ist um einiges komplexer und umfangreicher als die hier vorliegenede Familienspiel-Version. Grundsätzlich finde ich es gut, wenn man komplexere Expertenspiele, die vielleicht auch für Familien aufgrund von Thema oder Mechanismus interessant sein könnten in für Familien taugliche Versionen verwandelt. Bleibt halt nur die Frage, ob man damit auf die Nase fliegt, oder es ganz gut hinbekommt. Uwe Rosenberg traue ich so eine Verwandlung aber durchaus zu, denn er hat in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass er beides, ausufernde Expertenspiele und packende Familienspiele, designen kann. Thematisch bewegt sich Agricola ja, so finde ich, eh im Familienspielbereich. Einen Bauernhof mit Tieren und Getreide zu betreiben und daraus einen Wettstreit zu machen ist natürlich auch für Familien mit Kindern interessant.
Worum geht es ?
Die Spieler schlüpfen hier jeweils in die Rolle eines Bauern in der Vergangenheit. Sie müssen ihren eigenen Hof aufbauen, Felder bewirtschaften, Tiere versorgen und eine Familie gründen, die ihnen bei der Arbeit auf dem Hof helfen kann. Das Spiel beleuchtet dabei alle Aspekte des Bauernlebens, vom Hausbau, über die Familienplanung bis hin zur Bewirtschaftung des Hofes, reist dabei aber jedes Themenfeld auch nur gering an und geht nicht soweit in die Tiefe, wie beim Experten-Agricola, das ja von einigen eher deswegen kritisiert wird, weil man zuviele Details beachten muss. Im Grunde ist es ein Worker-Placement Spiel, bei dem nach jeder Runde die Arbeiter neu gesetzt werden müssen und nach einer bestimmten Anzahl Runden das Spielende erreicht ist und die Spieler ihre erreichten Punkte vergleichen, um den Sieger zu ermitteln.
Wie läuft das ab ?
Die Spieler starten zu Beginn jeder mit einem Hausplättchen, das zwei Felder groß ist. Mit Feldern sind hier immer Quadrate gemeint. Dazu bekommt jeder zwei Spielfiguren, die sein Beuernehepaar repräsentieren und drei Nahrungsplättchen (der Startspieler bekommt nur zwei, dafür aber den Startspielmarker). Das Spielbrett wird aufgebaut und besteht aus zwei Teilen. Der rechte Teil zeigt einen Steinweg mit verschiedenen Aktionsfeldern, der 14 Felder lang ist. Hier werden die Runden gezählt und jede Runde kommt eine neue Aktion hinzu, die von den Spielern ausgewählt werden kann. Links wird der Spieleranzahl entsprechend ein zweiter Teil angelegt, auf dem sich die von Anfang an verfügbaren Aktionsfelder befinden. Diese sind je nach Spieleranzahl unterschiedlich und es gibt vier Varianten für alle möglichen Konstellationen. Der Rest des Spielmaterials wird bereitgelegt.
Das Spiel läuft über 14 Runden, solange bis der Rundenanzeiger das letzte Feld des Steinwegs erreicht hat. Ab und zu ist zwischen zwei Feldern ein Erntesymbol angebracht, dass den Spielern bedeutet eine Ernte durchzuführen. In dieser Phase müssen die Spieler nciht nur ihre Felder ernten, sie müssen auch ihre Hofbewohner mit Nahrung versorgen. Können sie das nicht, so erhalten sie Minuspunkte in Form von Bettelmarken. In jeder so gespielten Runde gibt es drei Phasen, die die Spieler durchlaufen und die Erntephase schließt sich am Ende einer solch markierten Runde noch an.
Die erste Phase einer solchen Runde nennt sich Vorbereitungszeit und hier werden Waren auf das Spielbrett gelegt. Einige Aktionsfelder haben einen Pfeil, der in sie hineinzeigt. Auf diese Felder wird in dieser Phase immer ein dem Feld entsprechender Rohstoff gelegt. Dabei ist es egal, ob dort bereits ein Rohstoff liegt. Auf diesen Feldern sammeln sich auch mehrere Rohstoffe an. Es gibt auch jeweils ein Feld für Schweine und Rinder, aber diese werden erst ab einer bestimmten Runde befüllt, denn sie werden erst später im Spiel hinzugefügt.
Die zweite Phase nennt sich Arbeitsphase und in ihr setzen die Spieler reihum ihre Arbeiterfiguren auf die Aktionsfelder die sie ausführen möchten. Diese Aktionen werden dann sofort ausgeführt und der nächste Spieler ist an der Reihe. Felder auf denen bereits eine Figur steht dürfen bei Agricola nicht nocheinmal besetzt werden. Man blockt diese also für die anderen Spieler. Diese Aktionsfelder kann man grob in ein paar Kategorien einteilen, zum einen wären dort die Baustofffelder, auf denen man die Rohstoffe des Spiels bekommt. Die zweite Kategorie beschäftigt sich mit dem Hausbau und der Familienplanung. Auf diesen kann man das Haus aus- und umbauen und neue Familienangehörige hinzugewinnen. Die dritte Kategorie sind Felder, die sich mit den Hauptaufgaben eines Bauern befassen: Ackerbau und Viehzucht. als letztes gibt es noch Felder auf denen man eine Anschaffung bekommen kann, mit der man gewisse Vorteile ausnutzen kann. Zum Beispiel kann man sich eine Feuerstelle anschaffen, mit der man Tiere in Nährwerte und auch Getreide mit Holz zusammen in Nährwerte umwandeln kann.
Die dritte Phase ist die sogenannte Heimkehrzeit, in der alle Spieler ihre Arbeiter vom Spielfeld zurücknehmen und in ihren Vorrat zurücklegen. Danach wird der Rundenanazeiger ein Feld vorgeschoben und es kommt ein neues Aktionsfeld hinzu. Sollte zwischen den beiden Feldern ein Erntesymbol überschritten werden, folgt in dieser Runde noch die Erntezeit. Ansonsten wird wieder mit der Vorbereitungszeit eine neue Runde begonnen.
In der Erntezeit wird folgendes abgehandelt: zuerst wird von jedem Ackerfeld auf dem Getreide liegt, ein Getreide heruntergenommen und zum Vorrat des jeweiligen Spielers hinzugefügt. Als zweites muss die Familie versorgt werden und die Spieler müssen für jedes Familienmitglied zwei Nährwerte abgeben. Für jedes Familienmitglied, das nicht versorgt werden kann, müssen die Spieler nun zwei Nährwerete abgeben. Können sie das nicht, so müssen sie eine Bettelmarke nehmen, die am Ende des Spiels negative Punkte wert ist. Als letztes in der Erntezeit vermehren sich die Tiere, wenn man mindestens zwei Tiere einer Sorte hat und man den Nachwuchs unterbringen kann.
Nach den absolvierten 14 Runden werden die Punkte gezielt und der Sieger ermittelt. Punkte bekommen die Spieler für Familienmitglieder, ausgebaute Räume im Haus, für Getreide auf den Äckern und Tiere auf dem Hof. Zusätzlich bekommen die spieler noch Punkte für Anschaffungen und Ställe auf ihrem Hof. Bei Gleichständen entscheiden die Nährwerte.
Das Fazit
Vor dem Experten-Agricola schrecke ich immer ein bißchen zurück. Nicht weil es mir zu komplex sein könnte, nein, ich habe die Befürchtung das es mich langweilt, weil das Thema mich nicht genug reizt, um ein so detailiertes und ausgefeiltes Expertenspiel zu bestreiten. Meine Frau aber mag Bauernhöfe sehr gerne und für die ist das Thema sehr geieignet, aber sie mag zu komplexe Spiele, bei denen man erstmal tausend Dinge beachten muß nicht so gerne. Ich glaube für so Spieler wie uns haben Lookout Spiele und Uwe Rosenberg diese Variante gemacht. Ich finde das Spiel in dieser vorliegenden Variante gut, wie es ist. Man kann es auch mit Anfängern oder Kindern sehr gut spielen. Sämtliche Entscheidungen sind nicht so gravierend, dass man sie nicht irgendwie noch wieder ausbügeln kann und man muß sich auch nicht um jedes kleinste Mini-Detail kümmern. Agricola – Das Familienspiel ist gut, so wie es ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Leute die eine strategischere, tiefere Spielerfahrung suchen, sollten dann doch lieber zum Experten-Agricola greifen. Diese Variante ist aber sowohl für zwei Spieler, als auch jede andere Spieleramzahl gleich zu empfehlen.
- Verlag: Lookout Spiele
- Autor(en): Uwe Rosenberg
- Erscheinungsjahr: 2016
- Spieleranzahl: 2 – 4
- Dauer: 45 Minuten
5 Gedanken zu „Agricola – Das Familienspiel“