Die heimlichen Helden – Brettspiel Illustratoren

Seit geraumer Zeit wollte ich mich schon diesem Thema widmen, weil es in meinen Augen mehr Aufmerksamkeit verdient. Noch immer ist es leider nicht so, dass auf sämtlichen Spieleschachteln auch immer die Illustratoren genannt werden. Die Autoren haben ihren festen Platz, aber Illustratoren werden sehr nebensächlich behandelt. Das finde ich nicht gut und wird vielen auch nicht gerecht. Für manche Spiele sind sie inzwischen sehr wichtig und werten diese erst richtig auf. Bei der diesjährigen Kennerspiel des Jahres-Nominierung zum Beispiel gibt es mit Carpe Diem ein Spiel, bei dem absolut keinerlei modernes Design in das Spiel geflossen ist. Flügelschlag oder Detective, die beiden anderen Nominierten, sind rein optisch passend zur Spielerfahrung gestaltet worden. Gute Illustrationen können zum Kauf anregen und geben den Käufern ein gutes Gefühl ein hochwertiges Produkt gekauft zu haben. Mir macht es deutlich mehr Spaß mit einem schönen Spiel zu spielen und mich während des Spiels an schönen Dingen zu erfreuen. Deshalb möchte ich in meinen heutigen Gedanken mal ein paar tolle Illustratoren vorstellen, die zu den besten ihrer Zunft gehören und für mich Spiele besser machen.

Ich habe mir mal neun Beispiele von wirklich fabelhaften Künstlern herausgesucht, die es bisher in der Vergangenheit geschafft haben mich mit ihren Arbeiten in den Bann zu ziehen. Immer wieder gerne schaue ich mir ihre Illustrationen an und Spiele die von ihnen bearbeitet wurden sind für mich nicht selten kleine Kunstwerke, die ich gerne im Regal stehen habe. Ich halte die Reihenfolge mal alphabetisch, sie stehen also in keinerlei Rangliste oder ähnlichem.

Fernanda Suarez

Quelle: fernandasuarez.carbonmade.com

Den Anfang macht Fernanda Suarez, die mir zunächst durch ihre Arbeiten für die Plaid Head Spiele aufgefallen ist. Sowohl für die Illustrationen des sehr düsteren Winter der Toten, als auch für die farbenprächtigen Bilder von Ashes – Aufstieg der Phönixmagier ist sie verantwortlich. Gerade die Artworks des letztgenannten haben mich sehr beeindruckt und zeigen wie gut sie darin ist Charaktere und ihre speziellen Eigenschaften abzubilden. Für jeden der namensgebenden Magier hat sie ein gesamtes Kartenset illustriert, das sämtliche Fähigkeiten wunderschön und mit sehr bunter Farbpalette wiederspiegelt. Auch in Dead Of Winter sind die Zeichnungen ihrer Charaktere enorm glaubwürdig und tragen viel zur Atmosphäre des Spiels bei. Fernanda Suarez hat ein gutes Händchen vor allem für weibliche Charaktere, von denen man auf ihrer Webseite eine ganze Menge weitere schöne Beispiele finden kann. Nicht nur die phantastischen Gebiete setzt sie eindrucksvoll um, sie versteht es auch ein Century – Die Gewürzstraße durch sehr gelungene Darstellungen von orientalischen Alltags- und Bazarszenen hervorragend in Szene zu setzen. Sie hat noch nicht viele Spiele illustriert, aber ich hoffe es folgen noch einige und ich werde Spiele mit ihren Artworks immer verstärkt beobachten.

Jakub Rozalski

Quelle: jrozalski.com

Als ich die Bilder von Jakub Rozalski zum ersten mal sah, da lief mir tatsächlich ein Schauer über den Rücken, so erschreckend echt wirkten sie auf mich. Mit echt meine ich jetzt natürlich nicht fotorealistisch, sondern im Kontext seiner Kunst. Seine Bilder wirken tatsächlich wie Bilder alter Künstler vom Anfang des 20. Jahrhunderts nur mit diesen erschreckenden Maschinen im Hintergrund, die einerseits total deplaziert wirken, weil sie eben nicht in diese Zeit gehören, aber sich andererseits so organisch in die Bilder einfügen, dass sie wie authentische Malereien aus diesen Zeiten aussehen. Scythe gab es zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, als ich die ersten Bilder sah und ich bin total fasziniert, dass man quasi ein Spiel rund um seine Kunst und seine alternative Welt von 1920+ entwickelt hat. Absolut fantastisch! Natürlich darf er in dieser Auflistung deshalb nicht fehlen, auch wenn er im eigentlichen Sinn kein Illustrator von Brettspielen ist. Der Pole versteht sich selbst eher als Weltenbauer dieses alternativen Universums, in dem große Maschinen in einer ansonsten noch recht unmechanischen Welt militärische Macht ausstrahlen. Auch hier hoffe ich sehr, dass noch weitere Spiele seine fantastisch beängstigende Kunst aufgreifen und wir in Zukunft noch einiges von ihm sehen werden.

Scythe / Quelle: boardgamegeek.com

Michael Menzel

Dominion / Foto: Spieltroll

Bisher hatten wir eine Frau, die wahnsinnig gut darin ist Charaktere zu illustrieren und einen Künstler der eine alternatvie Welt kreirt hat. Michael Menzel scheint wieder ein ganz anderer Typ zu sein, denn er ist für mich der Meister der Spielbretter. Seine Illustrationsphilosophie, wenn es sowas überhaupt gibt, ist es, zumindest habe ich das mal in einem Interview mit ihm gelesen, dass zu aller erst die Illustration das Spiel unterstützen muss und sämtliche künstlerischen Aspekte zurücktreten und man zum Diener des Spiels werden muss. Es gibt soviele fabelhafte Beispiele für seine „Kunst“ es mit dieser Philosophie zu halten. Seiner Spielbretter zu Stone Age, Brügge und selbst einem spielerisch seichten Waka Waka sind wirklich schön, detailreich und praktisch. Aber er kann wirklich weitaus mehr: seine Cover und Illustrationen von Dominion und Thurn und Taxis sind ebenfalls sehr gelungen. Wer sich das Cover von Dominion noch nie angeschaut hat, sollte das tun, wieviele kleine Details überall vorhanden sind und wie selbst, ähnlich zu seinen Spielbrettern, im hintergrund noch viele Details schlummern. Sein absolutes Meisterwerk hat Michael Menzel dann aber mit den Legenden von Andor abgeliefert, hier illustrierte er nicht nur das gesamte Spiel mit seinem wiedereinmal fabelhaften Spielbrett, nein, das Spielprinzip stammt auch noch von ihm. Hier wurde also der Illustrator selbst auch noch zum Autor. Für mich kann er aber am besten die Spielbretter, eine perfekte Symbiose von Funktionalität und Schönheit.

Mr. Cuddington

Steampunk Ralley / Quelle: mrcuddington.com

Mr. Cuddington ist nicht nur ein Künstler, nein, Mr. Cuddington ist ein Ehepaar. David Forest und Lina Cossette aus Kanada bilden zusammen ein famoses Künstlerduo, während Lina laut eigenen Aussagen besser mit einem Bleistift arbeitet ist David eher der Maler. Die beiden scheinen sich ziemlich gut zu ergänzen, denn sie arbeiten erst seit 2014 in der Brettspielindustrie und haben sich seit dem einen Namen gemacht. Ursprünglich kommen sie aus der Videospielbranche. Inzwischen gehen so wunderbare Spiele wie Brass, Santorini und Charterstone illustratorisch auf ihre Kosten. Bei all diesen Spielen liefern sie eine tadellose Leistung vom Cover, über das Anleitungsdesign bis hin zu Kartenillustrationen und hübschen Spielbrettern ab. Dabei sind sie auf keinen Stil festgelegt, sondern variieren nach belieben. Das industrielle von Brass fangen sie dabei genausogut ein, wie die niedlichen Figuren bei Charterstone und Santorini. Ein weiteres kleines Meisterwerk in ihrem Portfolio ist Steampunk Rally, das erst durch die wunderbar verschrobenen Illustrationen zum echten Hit wird. Ich denke die beiden werden eine glänzende Zukunft in der Spieleindustrie haben und sich vor Aufträgen in den nächsten Jahren nicht beklagen können. Mit Brass Lancashire, sowie Brass Birmingham haben sie in Punkto Illustration soetwas wie einen neuen Standard in der Oberklasse der Brettspiele gesorgt. Ich freue mich auf neue Werke.

Naïade

Tokaido / Quelle: naiiiade.blogspot.com

Hinter dem Künstlernamen verbirgt sich der Franzose Xavier Gueniffey Durin, der in meiner Liste nicht fehlen darf. Naiade zeichnet sich vor allem durch einen einzigartigen Stil aus, der mir sehr sehr gut gefällt. Dabei ist es fast egal, welches Thema er umsetzt, alles sieht immer irgendwie nach Naiade aus. Ich bin ein großer Fan. Seine erste Arbeit im Brettspielgeschäft hat er mit Isla Dorada 2010 abgeliefert und seit dem kommen immer wieder fantastische Spiele mit seinen Illustrationen heraus. Lords of Xidit, das Grimoire des Wahnsinns, Tokaido und Seasons, um nur ein paar zu nennen. Auch zu Zombicide Black Plague hat er einige tolle Charaktere beigesteuert, die man inzwischen auch in Miniatuenform bewundern kann. Die Landschaften in seinen Spielen sind immer wunderschön und sehen aus, als wären sie direkt aus einem Animationsfilm entsprungen. Seine Charaktere sind leicht verschroben aber immer irgendwie sympatisch.
Hier passt einfach alles und die Bandbreite ist riesig. Sein Stil ist einzigartig und bereichert jedes Spiel. Vielmehr braucht man zu Naiade gar nicht sagen, seine Werke sprechen für sich.

Ryan Laukat

Oben und Unten / Quelle: boardgamegeek.com

Ryan Laukat ist soetwas wie der Selfmade Man unter den Illustratoren der Brettspielszene. Angefangen hat er als Illustrator mit Arbeiten für Dominion. Wer einmal nachschauen möchte kann den Abenteurer aus dem ersten Set hervorkramen und mal schauen, wer die Illustration gemacht hat. Richtig, Ryan Laukat war es, danach folgten weitere Kartenillustrationen und recht schnell wurden die Aufträge größer und er durfte ganze Spiele illustrieren. Das schien dem guten Mann aber nicht zu reichen, denn wie auch Michael Menzel hatte er anscheinend genug Ideen, um seine eigenen Spiele zu designen und mit seinen Grafiken zu versehen. Dabei sind so wunderbare Werke wie Oben und Unten, Nah und Fern und The Ancient World entstanden. Ich muss sagen, sein Stil erinnert mich eher an den eines Kinderbuchillustrators, aber das meine ich nicht dispektierlich. Ich mag seinen Stil. Seine eigenen Spiele zu designen reichte ihm aber immer noch nicht und so gründete er 2012 seine eigenen Firma Red Raven Games, wo er nun seine eigenen Spiele auch noch verlegen konnte. Ryan Laukat muss man als Künstler wahrscheinlich mögen, aber ich finde gerade die oben genannten Spiele rein optisch durch und durch fantastisch.

The Ancient World / Quelle: boardgamegeek.com

The Mico

Valeria / Quelle: boardgamegeek.com

Wer ein eifriger Leser meines Blogs ist, wird den Namen The Mico schon das ein oder andere mal gelesen haben, denn für mich ist er der Mann der Stunde, was das Illustrieren von Brettspielen angeht. Der Mazedonier heißt eigentlich Mihajlo Dimitrievski und zeichnet sich durch seinen einzigartigen Cartoonstil aus. Alle seine Werke haben absoluten Wiedererkennungswert. Seine Figuren erkennt man schon von weitem. Ursprünglich kommt er überhaupt nicht aus der Spielerszene und wurde zum ersten Mal von Shem Phillips für sein Spiel „Die Schiffbauer der Nordsee“ rekrutiert. Wie er selbst sagte, eine normale Auftragsarbeit und ehe er sich versah sitzt er da und illustriert eine Menge Brettspiele. shem Phillips kam ja gleich mit einer Trilogie von Nordsee-Spielen daher und der Stil von The Mico passte perfekt zu den schrulligen Wikingern. Mihajlo kann aber nicht nur seine ikonischen Charaktere, sondern ist auch ein fantastischer Illustrator für Spielbretter, auf denen er immer wieder viele Details einbaut. Die Architekten des Westfrankenreichs oder auch die Spiele der Nordsee-Trilogie sind gute Beispiele. Auch Coloma mit seiner Westernstadt sticht hier besonders heraus. Ich persönlich liebe aber seine Charaktere und von denen bekommt man in Valeria eine ganze Dosis. Nicht nur Dorfbewohner sondern auch Monster finden sich hier. Wer auf einen ungewöhnlichen Cartoonlook steht sollte sich die Werke von The Mico auf jeden Fall anschauen. Spielerisch sind nicht alle Spiele an denen er bisher mitgewirkt hat auf höchstem Niveau, aber es werden immer mehr.

Vincent Dutrait

Lewis & Clark / Quelle: boardgamegeek.com

Ich bin mir nicht ganz sicher und beweisen kann ich es auch nicht, aber ich stelle mal die Behauptung auf, das wenn man eine Umfrage starten würde, welcher der beliebteste Illustrator in der Brettspielszene ist, würden verdammt viele Leute seinen Namen nennen. Er ist soetwas wie der Altmeister und darf bei dieser Aufzählung auf keinen Fall fehlen. Über 100 Spiele hat der in Südkorea lebende Franzose bisher illustriert und das sind nur die Brettspiele. Eigentlich kommt er aus dem Bereich der Rollenspiele, wo er seit Jahren für den europäischen und asiatischen Bereich illustriert. Das wirklich besondere an Vincent Dutrait ist, das er bis heute keine digitalen Hilfsmittel benutzt. Er zeichnet und malt tatsächlich noch altmodisch auf Papier mit Stiften und Pinseln. Ich finde das man seinen Bildern das auch tatsächlich ansieht, besonders wenn man sie mit anderen Künstlern vergleicht. Die Bilder wirken irgendwie sanfter und detailierter und aus persönlicher Erfahrung muss ich sagen, dass es mir auch enorm schwer fällt digital zu zeichnen und ich auch mehr Details und bessere Linien mit Stiften hinbekomme. Das mag aber nur eine Sache der Übung sein. Vincent Dutrait erschafft auf diese altmodisch Art kleine Meisterwerke und Spiele die er illustriert sehen so fantastisch aus. Als Beispiele sollen hier Robinson Crusoe, Tikal II, Lewis & Clark, Museum, Lost Cities, Treasure Island und Broom Service herhalten. Aber es hört auch nicht auf, er ist so dick im Geschäft, das jedes Jahr mehrere Spiele von ihm illustriert erscheinen.

Xavier Collette

Mysterium / Quelle: www.xaviercollette.com

Der letzte in dieser illustren Runde soll der Belgier Xavier Collette sein, den man ab und zu auch unter seinem Künstlernamen Coliandre antrifft. Collette kommt auch auss der digitalen Ecke der Illustratorn und hat zuerst für ein Videospielunternehmen namens 10Tacle gearbeitet, bevor er auch in die Spieleszene kam und für Furore sorgte. Er steckt hinter den malerisch träumerischen Welten von Dixit: Journey und vor allem Mysterium. Sämtliche Illustrationen sind von ihm und sein schräges und eindringliches Charakterdesign sucht seines gleichen. Aber es gibt eine Arbeit, die ihn in der Spieleszene wohl noch berühmter gemacht hat und das ist das Bruno Cathala Spiel Abyss, auf dem nichts außer dem Kopf eines grimmigen Unterwasserwesesn zu sehen ist. Absolut einzigartig. Nichteinmal der Titel steht auf dem Cover. Seine Charaktere sind immer ein bißchen abgefahren und lassen einem leichte Schauer über den Rücken laufen, manche wirken gar ein bißchen entrückt und zwischen Welten verhaftet und das passt eben auch genau zu den Spielen die er illustriert. Ich liebe seine Bilder und die Arbeit die er abliefert. Leider gefallen mir die Spiele meistens weit weniger, so dass ich nicht ein einziges seiner Werke in meinem Schrank stehen habe, aber da kommt betimmt noch mehr.

Nun bin ich erstmal am Ende und ich hoffe ich konnte euch ein paar schöne Einblicke in die Welt der Brettspiel-Illustrationen und Illustratoren liefern. Spiele sind heutzutage soviel mehr als in der Vergangenheit. Sie sind oftmals kleine Meisterwerke, an denen man sich nicht satt sehen kann. Manche Firmen haben das leider immer noch nicht kapiert und produzieren weiterhinlangweilige Spielschachteln mit langweiligem Spielmaterial, wie zum Beispiel das schon erwähnte Carpe Diem von Alea/Ravensburger unter beweis stellt. Da kann das Spiel noch so toll sein, so etwas ist heute einfach kein Standard mehr. Ein bißchen mehr Mühe darf man sich schon geben. Illustratoren können ein schlechtes Spiel zwar nicht besser machen, höchstens ansehnlicher, aber ein gutes Spiel das einfach nicht gut aussieht, wird nur bei eingefleischten Fans erfolgreich sein. So erschließt man sich keine neuen Käufergruppen. Außerdem bin ich der Meinung, dass die Illustratoren mehr Aufmerksamkeit verdienen und zumindest immer auf der Packung genauso wie der Autor genannt werden müssten. Auch ich möchte ab sofort etwas mehr für die Illustratoren tun und werde in den kommenden Wochen, unter allen bisher erschienenen Rezensionen die Illustratoren ergänzen und sie in die Suchbegriffe und Schlagwörter mit aufnehmen.

Ein Gedanke zu „Die heimlichen Helden – Brettspiel Illustratoren“

  1. Spielegrafik ist schon enorm wichtig für ein Spiel. Und für mich dann auch leichter um es überhaupt auf den Tisch zu bekommen um es mit meiner Frau zu spielen 😉
    Carpe Diem ist zum Beispiel für mich durchgefallen auf Grund der Grafik obwohl es ja ein tolles Spiel sein soll.

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