Atiwa – Flughunde in Ghana

Atiwa ist eine Hügelkette im Südosten Ghanas. Über 17000 Hektar Waldschutzgebiet befinden sich dort und die Region hat eine Menge verschiedene Bodenschätze, die für die Bevölkerung zwar ebenfalls ziemlich wichtig sind, aber um diese geht es in Atiwa nicht. Uwe Rosenbergs neues, großes Kennerspiel beschäftigt sich mit Flughunden und ihrer Rolle für die Region und die Ökologie des Landes. Denn waren die Tiere früher als Obstdiebe verschrien und wurden gejagt sowie auch gegessen, so dienen sie heute Dank der Beobachtungen der Natur als Nutztiere. Sie dürfen heute weiterhin das Obst fressen, legen aber enorme Strecken zurück und forsten brachliegende Regionen, dank ihres Kots mit Samen im vorbeifliegen wieder auf. Es wird davon ausgegangen, dass eine einzige Flughundkolonie von 150000 Tieren im Jahr bis zu 800 Hektar Land wiederaufforstet. Die Bevölkerung erkennt dies langsam durch Aufklärung und langfristig geht es ihnen besser. Rosenberg liegt dieses Thema am Herzen und behandelt es in seinem neuesten Spiel ausführlich und mit dem für seine Spiele typischen Mitteln. Es müssen mal wieder Menschen mit Nahrung versorgt und Arbeiter*innen eingesetzt werden. Natürlich darf auch die Tiervermehrung nicht fehlen. Dennoch ist Atiwa irgendwie anders.

Worum geht es?

Die Spieler*innen verkörpern in diesem Spiel Obstbauern, die versuchen in ihrem Dorf den ökologischen Obstanbau zu fördern. Dazu dienen ihnen Flughunde, die zur Verbreitung der Samen beisteuern. Die Spieler*innen müssen versuchen die Einwohner*innen ihres Dorfes dahingehend zu schulen, das sie in den Flughunden keine Nahrungsquelle mehr sehen, sondern ein biologisches Werkzeug, das auf vielfältige Weise nützlicher ist, denn die Obstbäume sind wichtig als Nahrungs- und Holzquelle. Mehr Wohlstand für alle ist das Ziel und das mit einer ökologischen Strategie. Atiwa verpackt das ganze in ein Worker-Placement-Spiel mit einem anspruchsvollen Effizienzpuzzle.

Atiwa – Spielbrett / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Atiwa erinnert zunächst allein vom Material an ein typisches Rosenbergspiel. Wir finden ein Spielbrett mit verschiedenen Aktionsfeldern und es ist durch einen Anbau für die Spieler*innenzahl skalierbar. Holzmeeple und Tiere finden sich ebenso, wie Pappmarker und ein paar quadratische Karten. Das Spielbrett ist gar nicht so groß, wird aber durch eine Kartenauslage im oberen und unteren Bereich ergänzt. Die Aktionsfelder teilen sich in ein paar Gruppen auf. An den Rändern finden wir die Felder durch die wir die Karten bekommen können. Der Anbaubereich enthält spezielle Aktionen, die meiste erst Sinn machen, wenn ein paar Runden gespielt wurden, weil sie mit Teilen der eigenen Auslage interagieren und bei den höheren Spieler*innenzahlen finden wir hier auch zusätzliche Aktionen. In der Mitte finden wir sechs Aktionen über die wir Ressourcen erlangen können und einen recht coolen Rundenzähler mit eingebauten Aktionen. Hier legen wir gemischte Plättchen auf die Aktionen, die diese zum Teil abdecken und auf die selbst Aktionen abgedruckt sind. Am Anfang ist die erste Aktion, die komplett auf dem Brett abgedruckt ist, sichtbar. In der nächsten Runde schieben wir eines der Plättchen nach links, so ist nun die zweite Aktion komplett sichtbar und die erste Aktion ist nun eine andere, da nur noch der untere Teil existiert und durch den Teil des verschobenen Plättchens ergänzt wird. Finde ich tatsächlich ganz clever gelöst.

Atiwa – Rundenzähler / Foto: Spieltroll

Beim Spielaufbau erhält jede*r Spieler*in ein eigenes Tableau, auf dem stonmaierüblich, Ressourcen ausliegen, die wir nach und nach ausspielen könenn und dadurch weitere Dinge freischalten. In Atiwa wird darüber in gewisser Weise eine Art Einkommen generiert, aber dazu gleich mehr. Zusätzlich sind die Reihen der Rohstoffe am Ende des Spiels auch Punkte wert, je weiter sie aufgedeckt wurden. Auf den Tableaus finden sich von oben nach untern Buschtiere, Bäume, Früchte, Dorfbewohner*innen und Ziegen in verschiedenen Anzahlen wieder. Unter dem Tableau bauen die Spieler*innen ihre Dorfregion aus den quadratischen Karten im Verlauf des Spiels aus. Die Auslage ist maximal vier Felder breit, was durch Striche am Tableau auch angedeutet wird. Zum Spielstart erhalten alle eine Dorfkarte, die an die dritte Position gelegt wird, sowie eine Nachtkarte, die neben das Tableau kommt, sowie drei Übersichtskarten mit allen wichtigen Informationen darauf.

Atiwa – Spieler*innen Tableau / Foto: Spieltroll

Im Vorrat liegen Gold und Flughunde bereit, sowie ein Beutel in dem Verschmutzungsplättchen zu finden sind, die bei Bedarf von den Spieler*innenaus diesem gezogen werden. Im oberen Bereich des Spielbretts liegt der Kartenstapel der zufälligen Landschaftskarten und je nach Spieler*innenzahl werden bis zu vier Karten offen ausgelegt. Im unteren Bereich legen die vier Ortschaftsversionen (Gehöfte, Siedlungen, Dörfer und Kleinstädte) in Stapeln bereit.

Atiwa – Übersichtskarten / Foto: Spieltroll

Der generelle Spielabauf ist wie für Rosenberg typisch in einzelne Phasen festgelgt, wobei in Atiwa nur die Rundenauswertung einen strengen mehrtteiligen Ablauf vorweist. Der eigentliche Rundenablauf ist sehr schnell und bietet kaum Downtime. Insgesamt werden sieben Runden gespielt und im Uhrzeigersinn nacheinander je ein Arbeiter auf dem Brett eingesetzt und das Aktionsfeld ausgeführt. Nach jedem Zug kann ein*e Spieler*in drei Flughunde auf die Nachtkarte setzen und eine Frucht zurück auf sein Tableau legen, um sich einen neuen Baum zu nehmen. Dies ist absolut optional, aber für ein erfolgreiches Spiel notwendig.

Atiwa – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Alle Spieler*innen setzen auf diese Weise drei Arbeiter ein und danach wird parallel die Rundenauswertung in sieben Schritten abgehandelt. Wichtig für den Spielverlauf ist noch zu wissen, dass wir alle Dinge von unserem Tableau in unserer Landschaft platzieren müssen. Landschaften zeigen jeweils acht Felder die mit Spielmaterial belegt werden können. Dorfbewohner*innen können nur auf Hütten gelegt werden. Für alle anderen Ressourcen gibt es spezielel Felder auf die sie gelgt werden dürfen. Blankofelder dürfen alles außer die Dorfbewohner*innen aufnehmen. Früchte dürfen zusätzlich auf Bäume gelegt werden. Die Dorfbewohner*innen können von uns über Aktionen geschult werden. Dann werden ihre Marken ungedreht und zeigen zusätzlich zu den Bewohner*innen ein Flughundsymbol. Geschulte Familien können also auch Flughunde aufnehmen.

Atiwa – Landschaftskarten / Foto: Spieltroll

Die Rundenauswertung ist dann ein ziemlich wichtiger Schritt, denn hier passieren nacheinander ein paar wichtige Dinge. Zunächst erhalten wir Einkommen für unsere geschulten Dorfbewohner*innen. Für jede ungeschulte Familie müssen wir eine Verschmutzung aus dem Beutel ziehen und diese wird in unserer Landschaft platziert und dabei gehen wir in unserer Auslage von links nach rechts und von oben nach unten vor. Verschmutzung bleibt immer da und die Felder sind für uns verloren. Danach gehen wir die Reihen unseres Tableaus durch. Sobald wir hier Dinge entfernen werden Zahlenwerte und Symbole sichtbar. Die Zahlenwerte sind die Punkte für das Spielende und geben an wieviel einer Ressource, die durch ein Symbol dargestellt ist, wir bekommen. Sollten wir zum Beispiel drei Buschtiere in unserer Landschft haben, so bekommen wir nun einen Baum für unsere Auslage. Bäume bringen danach Früchte und Früchte Flughunde. Dorfbewohner*innen und Ziegen sind später wichtig.

Atiwa – Nachtkarte / Foto: Spieltroll

In Schritt drei stellen wir die Flughunde von unserer Nachtkarte zurück in unsere Landschaft. Falls wir nicht für alle Platz finden werden sie leider abgelegt. Kein Rosenberg ohne Nahrung für die Bewohner*innen. Das Tableau gibt uns bei den Dorfbewohner*innen vor, wieviel Nahrung sie benötigen. Ziegen geben Milch und zeigen einen Nahrungswert an, den wir davon abziehen können. Für den Rest müssen wir Nahrung auftreiben oder Minuspunkte in Kauf nehmen, falls wir nicht genug haben. Ziegen, Buschtiere, Früchte, Flughunde aber auch Gold können Nahrung sein. Flughunde aber nur soviele wie Dorfbewohner*innen ungeschult in eurem Dorf vorhanden sind. Natürlich darf auch die Vermehrung bei Rosenberg nicht fehlen und die folgt nun. Das Spielbrett gibt auf dem Rundenanzeiger bekannt, wieviel von welcher Ressource wir in unserer Landschaft benötigen, um einen weiteren zu erhalten. In Runde eins wären das zum Beispiel 2 Familien, 1 Flughund und 1 Buschtier.

Danach holen wir nur noch unsere Arbeiter zurück und legen sämtliche verbliebenen Landschaftskarten ab und decken neue auf. Nach sieben solchen Runden werten wir aus und es gibt Punkte für Gold, unsere Auslage, denn die Karten bringen Punkte, für unser Tableau, geschulte Familien bringen Boni und auch mehr als zehn Flughunde in unserer Auslage bringen weitere Punkte. Die meisten Punkte gewinnen wie üblich.

Das Fazit

Ich bin bekennender Rosenbergfan und habe mir von Atiwa eigentlich gar nicht soviel versprochen, aber ich muss sagen, dass es mich überrascht hat – und das gleich mehrfach. Atiwa ist ein untypisch typischer Rosenberg. Du öffnest die Schachtel und alles ist wie immer. Ein Spielbrett mit Aktionsfeldern, Holzmeeple und Pappplättchen. Das ist immer ein bißchen wie nach Hause kommen. Von diesen Spielen werde ich bei Rosenberg eigentlich nie enttäuscht. Auch seine Steckenpferde, die Nahrungsmittel und die Tiervermehrung finden sich in Atiwa wieder. Aber trotzdem ist Atiwa irgendwie anders. Es ist viel direkter, ja ich würde sogar fast sagen, im besten Sinne antiquierter. Neudeutsch würde man wahrscheinlich „oldschool“ dazu sagen. Und ich möchte nochmal betonen, das meine ich nicht negativ.

Atiwa besinnt sich auf weniger Kernelemente und macht diese zu seinem Verkaufsargument. Nicht die Flughunde oder das Ökologiethema an sich sind hier der Selling Point. In erster Linie ist Atiwa ein erstklassiges Effizienzpuzzle ohne Schnörkel und Brimborium. Die Spieler*innen bekommen einen Plan vorgesetzt auf dem sich alles darum dreht aus bestimmten Ressourcen mehr zu machen und am Ende am besten dazustehen. Hier gibt es kein Bling Bling und angeflanschte Mechanismen hier und da. Atiwa ist im besten Sinne schlicht und fordernd. Denn den richitgen Weg durch diese Ressourcen zu finden ist gar nicht mal so leicht und einfach wie es klingt. Ich ertappte mich das ein oder andere Mal schon dabei, wie sich mein Plan dann doch nicht effizent genug umsetzen ließ, weil ich irgendwo eine Kleinigkeit vergessen hatte. Vor allem die Nahrung macht einem immer mal wieder einen Strich durch die Rechnung. Es ist zudem immer eine gute Idee die Vermehrung mitzunehmen, aber was soll ich tun, wenn ich gerade mal doch keinen Platz für eine neue Familie in meiner Auslage habe. Doof. Flughunde sind immens wichtig und habe ich mehr als zehn am Ende bringt mir jeder einen Punkt. Da schmerzt es schon sehr, wenn ich sie aus der Nacht zurückhole und ich wieder zwei in den Vorrat zurücklegen muss, weil mir der Platz ausgeht. Manche Landschaften passen halt gerade mal nciht, oder aber ich muss dringend eine Familie schulen, damit ich keine Verschmutzung bekomme. Hier muss alles geplant werden und das macht erstaunlich viel Spaß.

Atiwa – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Atiwa spielt sich, wenn alles sitzt, was sehr schnell geht, denn es ist überhaupt nicht kompliziert auch schnell runter. Zu zweit brauchen wir mit Aufbau kaum 45 Minuten. Die Spielzeit verlängert sich, wie bei Worker-Placement-Spielen üblich erheblich mit der Spieler*innenanzahl, aber hält sich wirklich im Rahmen, auch wenn ich viel Planen kann und muss. Das macht Atiwa natürlich auch anfällig für die gefürchteten Überanalysierer, die sich hier festbeißen können. Das sollte berücksichtigt werden, ansonsten aber ist Atiwa für mich eine kleine Überraschung, die ich so nicht habe kommen sehen.


  • Verlag: Lookout Spiele
  • Autor(en): Uwe Rosenberg
  • Illustrator(en): Andy Elkerton
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler*innen
  • Dauer: 45-90 Minuten

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