YRO – Manga Symbiose

YRO

Ich bin kein ausgesprochener Manga Fan, auch wenn ich diese Kunstform sehr schätze. Umso überraschter war ich, als mich YRO erreichte und mir dieses mit Manga Zeichnungen illustrierte kleine Spiel eine Spielerfahrung bietet, die ich so nicht habe kommen sehen. YRO ist, und das nehme ich jetzt einfach mal vorweg, eine der für mich bisher größten Überraschungen dieses Jahres. Das Spiel hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel und wurde im asiatischen Raum unter dem Namen Magnolia bekannt. Die nun überarbeitete neue Fassung YRO kam nun endlich auch zu uns. Das Spiel ist irgendwie typisch asiatisch und erinnert zumindest mich durchaus an Paper Tales, auch wenn es ganz anders funktioniert. Das verwundert jedoch nicht, denn Autor Masato Uesugi ist für beide Spiele verantwortlich. Das Spielziel ist allerdings ähnlich und wir stehen in diesem Spiel in direkter Konkurrenz zu unseren Gegenspieler*innen, indem wir uns mit ihnen Vergleichen. Engine Building ist das Stichwort und das wird in diesem kleinen, schnellen Spiel ganz groß geschrieben. Außerdem ist es das erste Spiel mit dem Buchstaben Ypsilon das ich bespreche, so dass der Buchstabe in der Übersicht endlich mal gefüllt wird.

Worum geht es?

YRO ist das Land in dem es spielt. Die Spieler*innen versuchen eine Abenteurergruppe zusammenzustellen, die mit denen der anderen konkurrieren kann. Dabei greifen sie auf Charaktere von sechs verschiedenen Gilden zu. So, oder so ähnlich ist die irrelevante Hintergrundgeschichte. Hier geht es um ein Rennen. Ein Rennen um 40 Punkte, die wir auf verschiedenen Wegen erreichen können. Wir legen Charaktere in ein Raster aus und vergleichen uns mit unseren Mitspieler*innen. Dabei sind Kartensynergien entscheidend. Wir müssen also versuchen eine kleine Engine aufzubauen, bevor das Spiel auch schon wieder zu Ende ist.

YRO – Spielmaterial / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

YRO besteht nicht aus besonders viel Material, aber das Wenige ist äußerst gelungen. Bedruckte Holztokens, Double Layer Boards, jede Menge unterschiedliche Karten und eine Schachtel mit Magnetverschluss. Das ganze gibt es für relativ schmales Geld und das macht optisch tatsächlich einiges her. Auch wenn du nicht auf Mangas stehst. Wer dieser Kunstform überdies auch noch Einiges abgewinnen kann, wird hier auch mit tollen Charakterzeichnungen belohnt.

YRO – Spieler*innen Tableau / Foto: Spieltroll

Das Spiel geht schnell, besteht aus sechs Phasen, die wir in jeder Runde durchlaufen und enden beim Erreichen von 40 Punkten oder sobald neun Charaktere im persönlichen Raster ausliegen. Der Ablauf ist jede Runde gleich. Karten ziehen, Charaktere kaufen und ausspielen, Kampfkraft ermitteln und Siegpunkte verdienen, Tech- und Magie produzieren, Geld einnehmen und Siegpunkte für Fähigkeiten kassieren. Ende Gelände und wieder von vorn. Ist schnell erklärt und spielt sich fast parallel. Downtime also ein Fremdwort.

YRO – Vielfältige Charakterkarten / Foto: Spieltroll

Was durchaus banal klingt, offenbart seine Stärken aber bei der Vielfalt der Charakterkarten und derer Symbiosen untereinander. YRO ist ein Engine Builder aus dem sich Einiges an spielerischer Tiefe, bei aller Leichtigkeit, herausholen lässt. Dazu genau die richtige Portion Glück, die sich nicht in den Vordergrund drängt, aber dennoch für das bisschen Reiz sorgt, dass ein gutes Spiel braucht. Die Handkarten zu Beginn der Runde dürfen wir nämlich auch abwerfen, um mehr neue Karten zu ziehen. Wir ziehen nämlich immer auf fünf Karten wieder auf. Dadurch gibt es eine kleine Push Your Luck Komponente, die ihren eigenen Charme mit in das Spiel hereinbringt. Das tolle an YRO ist nämlich das die Karten alle ähnlich gut sind. Es gibt weder besonders gut noch besonders schlecht. Dennoch sind manche Karten für unsere Auslage nicht die beste Wahl. Hier müssen wir mitunter taktieren und harte Entscheidungen treffen.

YRO – Farbige Übereinkunft / Foto: Spieltroll

Viele der Karten agieren nicht nur mit ihren Werten und Fähigkeiten sondern brauchen auch die Tech- und Magiewerte der eigenen Gilde. Deswegen macht es natürlich nur Sinn solche Karten einzusetzen, wenn wir es auch hinbekommen diese Werte auf unserem Gildentableau durch endsprechende Charakterkarten zu pushen. Wir puzzeln also an unserer Auslage herum und auch die Farben der Karten (die Gilden) stehen dabei in symbiotischen Beziehungen. An jedem Rand gibt es einen Farbcode und schaffen wir farbliche Übereinstimmungen lohnt sich das für uns. Außerdem bringen beim Kampfstärkevergleich nur die drei Karten Punkte, die von oben betrachtet vorne liegen. Hier gibt es Raum für verschiedene Spielweisen und nicht jede Runde spielt sich komplett gleich. Wir müssen Möglichkeiten abwägen, die sich uns erst nach und nach offenbaren.

Viel mehr braucht es zum Spielprinzip glaube ich gar nicht an Erklärung, also springe ich gleich weiter:

Das Fazit

YRO ist für mich eine große Überraschung, dennoch muss ich sagen, dürfte es auf Widerstand treffen, da es eine relativ solitäre Angelegenheit darstellt. Das ist für mich allerdings kein Hinderungsgrund es nicht zu mögen. Ich weiß, aber dass es da draußen viele Spieler*innen gibt, die ihre Problemchen damit haben. Bis auf den Kräftevergleich spielen wir im Grunde parallel zueinander und versuchen uns das beste Team aufzubauen, um die 40 Punkte möglichst schnell zu erreichen. Und das geht tatsächlich rasend schnell. Eine Partie dauert selten länger als 20 Minuten und da stellt sich die vorgeschlagene Variante mit einer Draftingrunde vorweg eher als mühseliger, langsamer Zeitraub heraus. Falsche Karten auf der Hand zu halten macht hier gar nichts und ich empfinde den Reiz des Spiels in der Tat höher, wenn ich mich durch die Karten wühlen muss und versuche den besten Weg durch das Dickicht zu finden.

YRO – Kampfstärke 11 in vorderster Front / Foto: Spieltroll

Dieses Dickicht hat Einiges zu bieten, denn es gibt viele Wege ans Ziel. Ich kann mich um meine Kampfstärke kümmern und meine Karten so aufbauen, dass ich durch sie dem Sieg nahe komme. Ich kann aber auch den Weg über Technik oder den über Magie wählen. Vielleicht probiere ich mal Schnelligkeit aus. Die Karten bieten eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten und das macht YRO zu einem immer wiederkehrenden Tischgast.

Das größte Plus ist die Einstiegsfreundlichkeit. YRO lässt sich sehr schnell erklären, bietet dann aber spielerisch doch sehr viel mehr als zunächst gedacht. Kritikpunkte gibt es natürlich auch, denn einen Orden werde ich YRO auch nicht anhängen, aber diese sind für mich so nebensächlich und ausblendbar, dass ich es immer noch für eine der größten Überraschungen des Jahres halte. Die Spieler*innentableus sind sowohl gut, weil sie einen perfekt durch eine Runde leiten, als auch irgendwie nicht zu Ende gedacht, weil es nur Vertiefungen für einen Marker gibt. Das fällt einem nicht negativ auf, bis tatsächlich mal beide Marker den gleichen Wert haben. Die Optik und kindliche Manga-Anmutung musst du mögen, aber auch das ist nur ein Kritikpunkt für wenige. Auf das Spiel lasse ich nichts kommen, aber mich stört die geringe Interaktivität auch nicht.

Wer mit all diesen kleinen Macken leben kann findet ein tolles kleines Familienspiel vor, welches sich gut eignet um mal ein bisschen Zeit totzuschlagen oder an einem Spieleabend als Absacker oder Starter gute Dienste leistet.


  • Verlag: HeidelBär Games
  • Autor(en): Masato Uesugi
  • Illustrator(en): Takashi Konno
  • Erscheinungsjahr: 2025
  • Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler*innen
  • Dauer: 20 – 30 Minuten

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