Villainous

Villainous / Foto: Spieltroll

Ich bin leider kein allzu großer Disney-Experte. Ich kenne viele der Filme aus meiner Jugend, aber alles was so ab 1990 erschienen ist kenn ich nur recht vage. Bei meiner Frau ist das ganz anders. Manche Filme kann sie tatsächlich wörtlich mitsprechen. Gibt es gute und relevante Brett- oder Kartenspiele mit Disneylizenz? Ich kenne keines. Natürlich zieht sich das Franchise durch sämtliche Spieleklassiker und wird vermarktet wie blöde, aber mir ist tatsächlich ansonsten kein gutes eigenständiges Disneyspiel bekannt. Deswegen lohnt es sich vielleicht Villainous, was so viel heißt wie bösartig, einmal anzutesten, denn zum einen sieht es erstaunlich gut aus und zum anderen hat es eine sehr coole Prämisse. Wer schon immer mal einen Bösewicht spielen wollte, ist bei diesem Spiel genau richtig.

Worum geht es?

In Villainous übernehmen bis zu sechs Spieler die Rolle eines Disneyfilm-Bösewichts und versuchen durch einen recht cleveren Mechanismus ihre eigenen Ziele zu erreichen, um das Spiel zu gewinnen und die gegnerischen Pläne zu durchkreuzen, um sie an ihrem Ziel zu hindern. Jeder dieser Charaktere hat dabei ein einzigartiges Ziel, welches er erreichen möchte und die Spieler haben verschiedenste Möglichkeiten das Spiel zu spielen. Villainous endet sofort, wenn ein Spieler sein Ziel erreicht hat.

Villainous Spielsituation / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Zum Spielaufbau gibt es gar nicht mal soviel zu sagen. Jeder Spieler hat seinen eigenen Spielbereich in dem er sein wunderschön gestaltetes zu seinem Bösewicht passendes Tableau ausbreitet. Dieses Tableaus zeigen ganz links immer ein Bild des entsprechenden Bösewichts aus den Disneyfilmen mit seinem persönlichen Ziel für das Spiel und daneben vier Orte, die man aus den Filmen kennt. An der oberen und unteren Seite sind Kartenablagen angedeutet und im späteren Spielverlauf legen die Spieler unter dem Tableau ihre eigenen Karten an, während die Gegenspieler an der oberen Seite Karten aus dem jeweiligen Schicksalsdeck eines Spielers anlegen können. Die oben angelegten Karten überdecken dabei immer einige Symbole. An jedem Ort befinden sich mehrere Symbole mit unterschiedlichenBedeutungen. Die unteren stehen einem immer zur Verfügung und die oberen können von Schicksalskarten verdeckt werden und müssen erst entfernt werden, bevor man die Symbole wieder benutzen darf. Bei drei von den sechs im Spiel befindlichen Bösewichten ist bei Spielbeginn einer der Orte verschlossen und muss erst durch bestimmte Ereignisse, die von Karten gesteuert werden, geöffnet werden.

Villainous Spielertableaus / Foto: Spieltroll

Neben dem Tableau erhält jeder Spieler noch zwei Kartendecks, eine Spielfigur und ein kleines Regelheft. Die Kartendecks sind ebenfalls wunderschön in den Farben der Bösewichte gestaltet. Jeder bekommt ein Deck mit Karten, die seine Helfer, Gegenstände und Fähigkeiten, sowie Ereignisse enthalten. Diese Karten stellen im späteren Spielverlauf seine Handkaren dar und helfen dem Spieler die Ziele des Bösewichts zu erreichen. Das zweite Kartendeck mit einer weißgemusterten Rückseite ist das jeweilige Schicksalsdeck des Bösewichts, in dem die guten Charaktere und ihre Fähigkeiten stecken, die sich den Bösewichten in den Weg stellen, um sie von ihren Zielen abzuhalten. Dieses Kartendeck wird von den Gegenspielern „gespielt“, indem sie durch eine bestimmte Aktion Karten von dem Stapel ziehen und sich entscheiden welche sie an unser Tableau anlegen und mit welchen Folgen wir nun zu kämpfen haben.

Villainous Spielfiguren / Foto: Spieltroll

Die sehr cool aussehenden Spielfiguren stellen die Spieler zu Beginn immer auf den Ort ganz links auf ihrem Tableau. Als einzigens neutrales Element gibt es noch einen Kessel, der in die Mitte zwischen die Spieler gestellt wird. Dieser ist mit sogenannten Machtchips gefüllt, von denen die Spieler zu Beginn noch keine besitzen. Sie sind sozusagen das Zahlungsmittel des Spiels. Will man Charaktere, Gegenstände usw. aus seinem Deck ausspielen, so kosten diese in den meisten Fällen eine bestimmte Menge von diesen Chips. Wenn ich schon bei allen Dingen das recht hübsche Aussehen hervorhebe, so muss ich an dieser Stelle auch erwähnen, das dieser Kessel aus billigem, dünnen Plastik besteht und im Gegensatz zum kompletten restlichen Spielmaterial einfach irgendwie deplatziert wirkt. Da hätte man optisch tatsächlich mehr machen müssen.

Spielaufbau Villainous / Foto: Spieltroll

Der Spielablauf ist dann tatsächlich sehr simpel und leicht zu erlernen. Wenn ein Spieler am Zug ist, versetzt er zunächst seine Spielfigur auf einen anderen Ort seines Tableaus. Stehenbleiben ist nicht erlaubt und auch die verschlossenen Orte dürfen nicht betreten werden. Danach darf er sämtliche Aktionen des Ortes, die durch die abgedruckten Symbole vorgegeben sind, ausführen. Sind Symbole durch Schicksalskarten verdeckt natürlich dementsprechend weniger. Diese Symbole versoregn ihn mit Machtchips, lassen ihn Karten von seiner Hand ausspielen, Fähigkeiten auf Karten benutzen, Karten auf benachbarte Orte verschieben, Helden bekämpfen oder Schicksalskarten von Gegnern ziehen und an sein Tableau anlegen. Hat man alle Fähigkeiten benutzt, oder möchte keine mehr benutzen, so zieht man wieder Handkarten nach und der nächste Bösewicht ist am Zug.

Villainous Schicksalsmarker / Foto: Spieltroll

Im fünf und sechs Spieler Spiel gibt es eine erwähnenswerte Besonderheit. In diesen Partien gibt es einen Schicksalsmarker der immer an den Spieler gegeben wird, der in der laufenen Runde Opfer eines Schicksalsangriffs geworden ist. Der nächste Spieler darf dann nicht nocheinmal den gleichen Spieler durch Schicksal attakieren, sondern muss einen anderen nehmen, der dann wiederum den Schicksalsmarker erhält. So wird vermieden das ein Spieler zum dauerhaften Opfer wird.

Kommen wir nun zu den Bösewichten und ihren persönlichen Zielen, die das Salz in der Suppe von Villainous sind. Die Auswahl an Disneybösewichten ist ja sehr groß und man hat sich für das Grundspiel (eine erste Erweiterung mit drei weiteren Bösewichten ist im englischen Original gerade erschienen) für Captain Hook (Peter Pan), Ursula (Arielle), Prinz John (Robin Hood), Dschafar (Aladin), die Herzkönigin (Alice im Wunderland) und Malefiz (Dornrößchen) entschieden. In den entsprechenden Schicksalsdecks finden sich sämtliche guten Gegenspieler. Absolut fantastisch umgesetzt sind die Ziele der Bösewichte, die sich an den Filmen orientieren und versuchen spielerisch die Ziele aus den Filmen umzusetzen. Das reicht zum Beispiel von zunächst recht komplex erscheinenden Zielen, wie dem Ziel Dschafars, der zu Beginn seines Spielzugs die Wunderlampe im Sultanspalast liegen haben und Dschinni unter Hypnose gestellt haben muss, bis zu einfach klingenden Zielen von z.B. Prinz John, der 20 Machtchips zu Beginn seines Zuges beitzen muss. Das ganze klingt zunächst recht unfair, da man an Machtchips recht einfach herankommt und Dschafar aus seinem Deck den Gegenstand Wunderlampe haben muss, die man zudem auch nur in der am Anfang noch verschlossenen Wunderhöhle ausspielen kann, er benötigt Dschinni, eine Karte aus dem Schicksalsdeck, die in der Regel nur von einem Gegner ausgespielt werden kann und muss ihn mit Hilfe einer Fähigkeitskarte unter Hypnose stellen. Lasst euch aber sagen, die Ziele sind gut ausbalanciert. Dschafars Deck enthält eine Menge Karten die ihm erlauben seine Ziele zu erreichen, während Prinz John seine Machtchips ständig auch ausgeben muss, um lästige Helden aus seinem Schicksalsdeck loszuwerden und so recht schwierig sparen kann. Wirklich gut umgesetzt. Man fühlt sich in die Handlung der Filme hineinversetzt und erlebt sie spielerisch nach. Das gilt tatsächlich auch für alle sechs Bösewichte gleichermaßen. Der Autor hat hier ganze Arbeit geleistet sich diese Mechaniken auszudenken und ich freue mich auf weitere Charaktere.

Villainous Bösewichter Anleitungen / Foto: Spieltroll

Erwähnen möchte ich an dieser Stelle noch die vorbildlichen kleinen Regelheftchen für jeden Bösewicht, die einem nicht nur kurz erklären, wie man sein Ziel mit seinem Deck am schnellsten erreichen kann, sondern einen auch noch Tipps geben, welche Karten für welche Situationen besonders nützlich sein können. So ist der Einstieg in einen neuen Charakter relativ schnell klar und das Spiel für jedermann zugänglich. Was es auch zu einem schönen Türöffner macht, da die meisten ja thematisch schon etwas mit Disney anfangen können.

Villainous endet, wie anfangs bereits erwähnt durch das Erreichen eines Ziels sofort und die Spieldauer in zwei bis drei Personenspielen ist nicht übermäßig lang. Mit fünf bis sechs Leuten dürfte sich das Spiel aber ein wenig verlängern, auch wenn die einzelnen Züge immer recht flott von der Hand gehen.

Das Fazit

Es gibt sie also doch die guten Disney-Spiele. Villainous sieht nicht nur fantastisch aus (bis auf den häßlichen Kessel), das Spielprinzip fühlt sich neu und eigenständig an und ist zudem auch fantastisch umgesetzt. Das Spiel ist kein überkomplexes Machwerk mit asymetrischen Zielvorgaben, sondern ein schönes Familienspiel mit sich total unterschiedlich spielenden Bösewichten. Natürlich ist eine Glückskomponente vorhanden, aber die stört mich nicht. Ich habe immer wieder die Möglichkeit meinen Gegenspielern durch Schicksalskarten Steine in den Weg zu legen und auch das ist hervorragend umgesetzt. Jeder Bösewicht hat sein eigenes Schicksalsdeck und wird somit nur mit Charakteren aus seinem „Universum“ konfrontiert. Trotzdem sind die Gegenspieler aber dafür verantwortlich. Sehr clever ausgedacht. Das blockieren der Fähigkeiten auf seinem eigenen Tableau führt dazu, dass man es nicht sehr lange ignorieren kann, weil man ansonsten bald ins Hintertreffen geraten würde und man muss sehr sorgsam abwägen, ob man dem Gegner ebenfalls etwas reinwürgt und ihn behindert, ob man die Quärulanten von seinem Tableau entfernt, oder ob man sie gar ignoriert.

Plastikkessel mit Machtchips / Foto: Spieltroll

Wir hatten auf jeden Fall eine Menge Spaß mit Villainous und werden es immer mal wieder auf den Tisch bringen. Für unsere Spielrunde haben wir es auf jeden Fall schonmal eingeplant. Auch ich, der eher ein Disneymuffel ist, habe meinen Spaß mit dem Spiel gehabt und freue mich schon darauf weitere Bösewichter auszuprobieren. Daumen hoch für Villainous!


  • Verlag: Ravensburger
  • Autor(en): Prospero Hall
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Spieleranzahl: 2 – 6 Spieler
  • Dauer: 45 – 90 Minuten


2 Gedanken zu „Villainous“

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