Komisch, kooperativ und kaotisch verspricht Voll auf die 18 laut seines Untertitels zu sein. Marc-Uwe Kling hat erneut ein Spiel herausgebracht und in diesem versuchen die Spieler*innen, in den bekannten Rollen von Klings Käguru-Chroniken, Nazis mit Argumenten zu überzeugen, um die Welt ein klein wenig besser zu machen. Ob das gelingt kann ich euch nicht sagen, aber was ich gut finde ist die Tatsache, dass dieses Spiel von allen Beteiligten als ein Herzensprojekt angesehen wurde und sämtlicher Gewinn aus dem Verkauf des Spiels an Organisationen gespendet wird, die sich gegen Rassismus engagieren. Schaut gerne mal bei der Opferperspektive e.V., der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin und der Amadeu Antonio Stiftung vorbei, um euch zu informieren, denn das sind die Organisationen, die von Voll auf die 18 profitieren sollen. Marc-Uwe Kling wäre aber nicht Marc-Uwe Kling, wenn dieses Spiel nicht auch seinen speziellen Humor hätte und einem ganz nebenbei auch noch 100 Argumente gegen Nazis bieten würde. Ach ja, das Spiel ist appgesteuert, bzw. benötigt einen Timer und der bringt mit der App erst den richtigen Druck mit sich: Aaaachtuungg!
Worum geht es?
In den Känguru-Chroniken geraten der Kleinkünstler Marc-Uwe und das Känguru aös Mitglieder des Asozialen Netzwerks des öfteren mit Nazis aneinander und versuchen diese durch „Argumente“ zu überzeugen. Voll auf die 18 ist das entsprechende Spiel dazu. Die Spieler*innen übernehmen die Rollen von bekannten Charakteren aus den Büchern. Jeder der Charaktere hat eine andere Fähigkeit um mit den Karten des Spiels zu interagieren und die Aufgabe besteht einfach darin, den Nazistapel durchzuspielen, indem jeder IQ-Wert eines Nazis mit Argumenten des gleichen Werts beseitigt wird. Wir haben dafür nur eine bestimmte Menge an Zeit und nach, durch die App vorgegebenen Zeitintervallen, erscheinen neue Nazis auf der Bildfläche.
Wie läuft das ab?
Das Schöne ist, dass einen die App für Voll auf die 18 für das Spiel ganz gut an die Hand nimmt. Trotzdem sollte die Anleitung vorab gelesen werden. Das Spiel besteht aus 120 Karten und ein paar Extras, wie sieben Charaktertableaus, Würfel usw. Die Karten teilen sich in 99 Argument-Karten mit den Werten 1 bis 6 in vier Farben. Auf der Rückseite zeigen alle Karten unterschiedliche Dinge, sowie Digitalzahlen, die benötigt werden, um die Bibliothek zu füllen. Die Argumente werden gemsicht und in zwei etwa gleichgroße Stapel bereitgelegt. Die 18 Nazikarten spielen in jeder Partie mit. Auch diese sind zweiseitig. Eine Seite hat einen braunen Hintergrund und die andere ist mitunter bunt und zeigt die superfiese Naziseite. Dieser Stapel wird in die Tischmitte gelegt und sollte rundherum noch Platz behalten, damit weitere Nazis ausgelegt werden können. Die Karten werden orthogonal an den Stapel angelegt. Die Spieler*innen ziehen alle vier Argumente vom Stapel. Die App gibt vor, welche Charaktere im Spiel sind und jede*r speielr*in erhält eins der Tableaus, auf denen nachgelesen werden kann, wie der Charakter argumentiert. Das Känguru argumentiert gerne stimmig und benötigt gleichfarbige Karten, um Nazis zu überzeugen. Der Kleinkünsteler hingegen benötigt für seine lückenlose Vorträge Zahlenreihen. Im Prinzip ist das Spiel dann simpel, die Nazis haben einen Wert, den wir kooperativ mit unseren Charakteren und den Argumentkarten erreichen müssen. Schaffen wir das, wird der Nazi abgelegt. Die App funktioniert als Timer und alle 33 bis 45 Sekunden wird ein neuer Nazi vom Stapel orthogonal neben den Stapel platziert. Sind alle Plätze vergeben, haben wir verloren. Schaffen wir es, bevor das Spiel zu Ende ist, gewinnen wir das Spiel.
Zusätzlich gibt die App am Spielstart noch vor, wieviele Karten wir vom Stapel in die Bibliothek legen. Das ist ein Bereich, den wir irgendwo neben dem eigentlichen Spielbereich bilden. Die Karten, die hier ausliegen, sind quasi Tauschkarten. Alle Spieler*innen spielen glecihzeitig und zusammen. Sie haben die Wahl nach ihren Regeln zu Argumentieren und können sich dabei mit den WErten ihre Argumente ergänzen, um einen Nazi zu überzeugen. Ein Beispiel: hat der Nazi den Wert 12, so können das Känguru mit einer roten Eins und Fünf und der Kleinkünstler mit einer beliebigen Zahlenreihe Eins, Zwei und Drei den Wert 12 erreichen. Die Argumente werden abgelegt und stehen für den Rest der Partie nicht mehr zur Verfügung. Danach werden die Hände wieder auf vier Argumente aufgezogen.
Die zweite Möglichkeit ist das Tauschen, bei dem immer 1:1 getauscht werden muss. Mit Mitspieler*innen ist es egal, welche Karten getauscht werden, Hauptsache 1:1. Mit der Bibliothek muss anders getauscht werden. Die Karten liegen offen aus und es dürfen nur gleiche Zahlen oder gleiche Farben getauscht werden. Sollte einmal mit euren Argumenten gar nichts gehen, so habt ihr einmal pro Partie die Möglichkeit alle eure Handkarten auszutauschen.
Voll auf die 18 ist dann in 18 Kapitel aufgeteilt, die immer schwieriger werden und euch nach und nach mit weiteren Sonderregeln das Spiel frisch halten. ZUm Beispiel die Aufgaben auf den Argumentekarten. Solltet ihr diese nebenbei erfüllen, so müssen die Karten nicht abgelegt werden, sondern kommen zum tauschen in die Bibliothek. Dabei gibt es Farb- und Zahlenkombinationen, die beachtet werden müssen oder aber auch Aufgaben müssen erfüllt werden, wie zum Beispiel das Erzählen eines Witzes oder alle müssen nacheinander laut ihre Argumente vorlesen.
Einige der Charaktere funktionieren auch völlig anders. Krapotke muss zum Beispiel mit Würfeln argumentieren und Maria nutzt die Digitalzahlenteile auf der Rückseite, um aus zwei Karten eine Ziffer zu basteln. Die sieben Charaktere funktionieren alle komplett unterschiedlich und haben im späteren Kapitelverlauf auch noch eine talentierte Seite, mit der sie eine besondere Fähigkeit erlangen, die sie aber auch benötigen um die superfiesen Nazis zu besiegen. Mehr gibts nicht zu wissen.
Das Fazit
Voll auf die 18 ist ein Hektikspiel. Der Zeitdruck macht das ganze schwierig. Die einzelnen Charaktere spielen sich nicht nur dank ihrer Fähigkeiten unterschiedlich, nein ich empfand einige als deutlich entspannter zu spielen als andere. Das Spielprinzip ist im Grunde sehr simpel und wird nur immer wieder variiert. Das macht schon Spaß, aber Voll auf die 18 hat rein spielerisch einen Manko, der aber vielleicht sogar gewollt ist. Je größer die Gruppe, desto leichter das Spiel. Mit mehr Leuten ist es einfacher Nazis zu bekehren. Zu zweit ist bereits Kapitel zwei eine Herausforderung, die wir erst nach vielen, vielen Durchläufen einmal, mit mehr Glück als Verstand, absolvieren konnten, da die Karten immer sehr passend zum Vorschein kamen. Aber ansonsten wirklich schwierig. Wie gesagt, in einem anderen Spiel würde das ganz klar durchfallen, aber hier finde ich es zu Veranschaulichung irgendwie sogar passend.
Dieses Spiel ist ein Non-Profit-Spendenaufruf, um die Organisationen, die oben genannt wurden, zu unterstützen und das finde ich mehr als unterstützenswert. Darüber hinaus funktioniert das Spiel in größeren Runden einwandfrei und macht auch Laune. Der Humor von Marc-Uwe Kling kommt auch überall durch und schon deswegen ist Voll auf die 18 für Fans ein Muß.
Leute die hier ein Spiel für zwei erwarten, sollten aber, außer der Spende wegen, Abstand halten, denn es macht nicht glücklich, sondern frustet. Wir haben es zu zweit wirklich intensiv versucht, aber sind immer wieder gescheitert. Zu dritt und mit weiteren Spieler*innen aber lief alles rund.
- Verlag: Pegasus Spiele, Edition Spielwiese
- Autor(en): Marc-Uwe Kling
- Illustrator(en): Die Vollversammlung
- Erscheinungsjahr: 2022
- Spieleranzahl: (2) – 5 Spieler*innen
- Dauer: 18 Minuten