Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens

Es wird Zeit für diese Review, denn das Finale liegt nun schon ein bisschen hinter uns und ich konnte mir genug Gedanken darüber machen, wie ich diese Zug um Zug Version finde. Eifrige Leser*innen dieses Blogs werden es ja schon bemerkt haben: ich bin ein wirklich großer Zug um Zug-Fan. Seit Jahren belegt das Original einen Platz unter meinen zehn liebsten Spielen überhaupt. Im letzten Jahr lag es auf Platz neun und die beste Platzierung war im Jahr davor Platz drei. Ich mag das Spiel wirklich. Auch diverse andere Versionen und Karten habe ich gespielt und mag ziemlich viele davon, obwohl ich die Urversion fast am liebsten mag. Dem Spiel habe ich natürlich auch bereits eine Klassiker-Rezension gegönnt. Die Legacy-Version habe ich dennoch nicht kommen sehen. Als das Spiel im letzten Frühjahr angekündigt wurde, konnte ich es kaum glauben und war tatsächlich sofort gehyped. Meine Frau hat mir das Spiel, das in einer ziemlich großen Schachtel daher kommt, zum Geburtstag geschenkt und in den Wochen darauf haben wir es gespielt. Bereits nach den ersten Partien waren wir gefangen und wollten immer weiter spielen. Das es dann doch noch bis zum Jahresende gedauert hat ist einigen äußeren Umständen geschuldet, aber hätten wir es darauf angelegt, so wären wir innerhalb einer Woche damit fertig gewesen. Ich muss einfach ein paar (spoilerfreie) Worte zu dieser Version von Zug um Zug verlieren, um denjenigen, die Legacyspiele grundsätzlich ablehnen und denen, die sich fragen, ob ein Spiel wie Zug um Zug eine hundert Euro Legacy-Erfahrung wert sein kann, entgegen zu treten und Auskunft zu geben. Der Orden prangt auf der Schachtel, also von daher solltet ihr nicht überrascht sein, dass ich das Spiel sehr mag.

Worum geht es?

Die Rahmenhandlung für dieses Kampagnen- Zug um Zug stellt die Erschließung des Westens des amerikanischen Kontinents dar, für den die Eisenbahn eine ganz entscheidende Rolle gespielt hat. Die Autoren binden das in ihre Kampagne mit ein. Ansonsten spielen wir hier Zug um Zug mit ein paar Änderungen, die es schon rechtfertigen, es als eigenständige Variante zu bezeichnen. Im Laufe der insgesamt 12 Partien, kommen diverse Elemente hinzu und Entscheidungen fallen, die das Spiel verändern, so wie es sich für ein Legacy-Spiel gehört.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Waggons in Spielerfarben / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Ich verrate natürlich nichts. Alles was ich hier nun erwähne ist der Stand des Spiels von Beginn an. So wie ihr es wahrnehmt, wenn ihr die Schachtel öffnet und angeleitet werdet die erste Partie aufzubauen.

Die Schachtel ist riesig und sehr schwer. Das fällt zu Beginn direkt auf, denn Zug um Zug ist sonst immer in einer Standardgröße erschienen. Es findet sich eine große Schachtel zur Kartenaufbewahrung in der Box, sowie einige Boxen mit Regionsbezeichnungen darauf und leeren Schachteln mit zwei separaten Kammern für die Eisenbahngesellschaften. Natürlich kleine Plastikzüge, bzw. Waggons, in den fünf Spielerfarben und ein modulares Spielbrett, von dem uns zu Beginn nur ein paar Teile zur Verfügung stehen. Nichts wirklich Besonderes also.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Spielbrett zu Beginn von Partie 1 / Foto: Spieltroll

Wir werden gebeten das Spielbrett aus den zu Beginn zur Verfügung stehenden Teilen zusammenzusetzen. So weit so gewöhnlich und danach setzen wir uns mit einigen Kartenstapeln auseinander. Auffällig für den Fan ist zunächst nur, dass es keine Punkteleiste gibt und das Pappmünzen in verschiedenen Wertigkeiten vorhanden ist. Bei den Kartenstapeln die wir in der großen Schachtel mit Trennerkärtchen aufbewahren sollen, gibt es zunächst mal den obligatorischen Waggonstapel. In diesem befinden sich Waggonkarten in sechs Farben, sowie die Joker Lokomotiven. Die Karten sehen dabei aus wie immer, mit einer kleinen Ausnahme. Manche von ihnen haben kleine Totenköpfe und einige andere wiederum ein Symbol mit gekreuzten Spitzhacken an einer Stelle abgebildet. Gemäß der Anleitung ignorieren wir das aber getrost und teilen, nachdem wir gemischt haben, an jeden Mitspielenden vier Karten verdeckt aus. Wir werden dann aufgefordert einen neuen Kartentyp in das Deck zu mischen: die Zeitungskarten. Die Anzahl hängt von der Spieler*innenzahl ab. Diese Zeitungskarten zeigen uns an, wann eine Ereigniskarte vom entsprechenden Stapel gezogen werden muss. Für diesen gibt es auf dem Spielfeld sogar eine Ablage und zu Beginn gibt es davon auch nicht besonders viele. Sie lösen Ereignisse entweder sofort aus, die für alle Spielenden gelten, oder sind aktiv, bis eine neue Ereigniskarte gezogen wird. Danach bilden wir eine Auslage aus fünf Waggonkarten, wie gewohnt. Hier gelten alle Regeln wie gewohnt.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Waggonkarten / Foto: Spieltroll

Dann ist der Zielkartenstapel mit den Tickets an der Reihe. Auch dieser wird gemischt und anschließend an jeden vier Karten ausgeteilt. Mindestens zwei müssen von den Spieler*innen behalten werden. Der Rest wandert zurück in den Stapel. Die Zielkarten muten zu Beginn etwas seltsam an, denn es gibt zwei Auffälligkeiten. Zum einen haben sie einen farbigen Streifen an der rechten Seite, mit einzelnen Bereichen in den fünf Spielerfarben und zum anderen stehen auf einigen kleine Texte mit Zahlen am unteren Rand. Ansonsten zeigen sie aber wie gewohnt die Verbindung zwischen zwei Städten mit einer Punktezahl an, die auch gleichzeitig die geringste Anzahl an Waggons anzeigt, die für die Strecke benötigt wird.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Zielkarten / Foto: Spieltroll

Zu Beginn des Spiels erhalten alle natürlich noch ihre Schachtel für die Gesellschaft und ihre Züge. Die Schachteln weisen, wie eingangs erwähnt, zwei Kammern auf. Die eine ist das sogenannte Lager, in das wir Spielmaterial von Partie zu Partie einlagern und mitnehmen. Das zweite Fach ist der Tresor, der auf der Oberseite einen Schlitz hat. Dieser kleine „Briefkasten“ bewahrt im Kampagenenverlauf alles Mögliche auf, was für die Wertung am Spielende wichtig ist. In diesen Bereich dürfen wir erst am Ende der Partie hineinschauen. Auf der Rückseite der Schachtel sind die zwölf Partien mit ihren Jahresdaten aufgelistet und daneben steht die Waggonanzahl, die wir zu Beginn der Partie erhalten. In der ersten sind das lediglich zwanzig, was eine recht kurze Partie vermuten lässt. Zur Spielvorbereitung gehört dann auch noch ein weiterer Stapel Karten, der für die meisten Legacyspiele obligatorisch ist. Der Legacystapel treibt die Kampagne voran und zur Spielvorbereitung werden an einem ganz bestimmten Punkt Karten von diesem Stapel aufgedeckt und abgehandelt, bis eine Pause Karte kommt. Dann spielen wir unsere Partie, zu einem späteren Zeitpunkt nach der Partie durchlaufen wir wieder ein paar Schritte und dann greifen wir erneut auf den Stapel zu, bis eine Stopkarte auftaucht.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Spieler*innen Schachteln / Foto: Spieltroll

Durch diesen Stapel erhalten wir vor der Erstpartie eine Fähigkeitskarte für unsere Gesellschaft, die davon spricht, dass wir zwei Dollar erhalten, wenn wir eine Strecke in der Farbe unserer Gesellschaft bauen erhalten. Das ist wichtig und die wohl gravierendste Änderung im Zug um Zug-Universum. Bisher haben wir, so wir eine Strecke gebaut haben, je nach Länge, eine bestimmte Menge Punkte erhalten. Das gibt es hier so nicht. Egal wie lang die Strecke ist, es gibt nur Punkte in Form von Dollar, wenn ich eine farbige Strecke meiner Gesellschaftsfarbe baue. Auf den Spielplänen finden wir wieder jede Menge farbige Strecken, sowie auch ein paar graue.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Zeitungskarte / Foto: Spieltroll

Die Spielpläne weisen noch ein paar Besonderheiten auf. Zum einen gibt es schon ein paar Verbindungen die auf weitere Spielplanteile, die wir erst später bekommen, zu führen scheinen. Dann gibt es einige Städte die grün sind und einige die einen Anker aufweisen. Zu den Ankern verrät uns die Anleitung erstmal nichts, aber die grünen Städte sind Großstädte und die haben eine spielerische Relevanz. Wann immer wir eine Strecke bauen und eine, oder beide, Städte sind Großstädte, erhalten wir nach dem Bau eine Karte verdeckt vom Waggonstapel. Wie beim „normalen“ Zug um Zug gibt es natürlich auch Doppelstrecken und damit auch die verbundenen Restriktionen der Spieler*innenanzahl entsprechend. Neu sind hingegen einige Trippelstrecken, bei denen diese Regelung aber nicht greift. Hier dürfen immer mehrere Strecken von unterschiedlichen Personen, unabhängig von der Spieler*innen Anzahl bebaut werden.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Ereigniskartenstapel / Foto: Spieltroll

Eine Sache in der großen Aufbewahrungsschachtel gibt es noch zu erwähnen. Ein Reiter mit der Bezeichnung Postamt existiert da noch, hinter dem sich zu Spielbeginn bereits einige Postkarten befinden, die wir uns allerdings erst nach Aufforderung anschauen dürfen.

Das Spiel wird dann genauso gespielt wie du es von Zug um Zug gewohnt bist. Entweder Karten ziehen, Tickets ziehen oder bauen. Bis irgendwer zwei oder weniger Züge im Vorrat hat. Dann wird das Spiel gewertet und anschließend werden weitere Schritte ausgeführt. Bei der Wertung zählt zunächst unser verdientes Geld, sowie die Tickets, als auch der Restbestand unserer Waggons Punkte. Je mehr wir verbaut haben, desto besser. Die Punkte notieren wir auf einem Wertungszettel der dann in den Tresor wandert. Wer die Partie verloren hat erhält die Startspieler*innenkarte und legt sie in das Lager.

Das Fazit

Fazit bei einem Legacyspiel zu ziehen ist natürlich nicht immer ganz leicht, da ich ja nichts verraten will, aber andererseits alles Gespielte in meinen Eindruck mit einfließt. Legenden des Westens ist definitiv ein Zug um Zug, auch wenn es einen Kernmechanismus auf den Kopf stellt. Das wirkte zunächst etwas seltsam auf mich, da mir nicht ganz klar war, wo das hinführen würde. Denn egal wie lang die Strecke ist, es gibt maximal zwei Dollar dafür, Hauptsache ich baue in meiner Farbe. Das führt natürlich zunächst dazu, dass die Spieler*innen Waggons in ihrer Farbe bevorzugt ziehen, denn diese sind potentiell lukrativer. Dann muss ich das natürlich auch noch mit den Zielen auf meinen Tickets in Einklang bringen, denn ich möchte ja nach Möglichkeit schon welche der Strecken in meiner Farbe bauen. Da ich das aber zu Beginn ja bereits weiß, kann ich Strecken danach aussuchen.

Das Spielfeld ist zu Beginn ja auch sehr klein und die Strecken sehr kurz. Das wir nur zwanzig Waggons trägt natürlich auch dazu bei, dass die erste Partie nach zwanzig Minuten auch schon wieder vorbei ist. Was erstens überhaupt nichts macht, denn es ist zweitens absolut clever. Es zieht dich sofort in den Bann dieses neuen Erlebnisses und dazu trägt auch der erste Knalleffekt am Ende der ersten Partie bei, wenn es darum geht den Fortschritt für die nächste Partie vorzubereiten. Das ist so großartig, dass du sofort weiterspielen willst und wir das in unserem Fall auch getan haben.

Das Spiel entwickelt sich dann, wie es sich für ein Legacyspiel auch gehört immer wieder zu etwas anderem und behält dabei immer die Geschichte, die sie hier erzählen wollen im Blick. Die Spiellänge varriiert dabei kräftig und verlängert sich zum Ende hin spürbar. Trotzdem muss ich sagen, spielte sich Legenden des Westens wie ein Rausch. Der Vortrieb war ganz enorm und unsere Neugier wurde immer größer auf das, was am Ende dabei rauskommen würde.

Zug um Zug Legacy: Legenden des Westens – Schachteln mit Regionsnamen / Foto: Spieltroll

Es gibt ja Spieler*innen die Legacyspiele generell ablehnen, weil Dinge zerstört werden und sich permanent verändern und am Ende etwas dabei rauskommt, was in vielen Fällen unspielbar erscheint. Pandemic Legacy hat da für viele den Ton gesetzt. Das Spielfeld verändert sich permanent, Karten wurden zerstört und das Spiel auf den Kopf gedreht. Mögen es nun Umweltaspekte oder der Kampagnencharakter sein, der Spieler*innen dazu veranlasst solche Spiele zu hassen, ich kann das auf jeden Fall verstehen. Dennoch solltet ihr euch nicht generell verschließen, denn ein paar tolle Erfahrungen könnten euch durch die Lappen gehen. Natürlich macht es immer mehr Spaß solche Erfahrungen mit der gleichen Gruppe zu spielen und sich auf zwölf oder mehr Partien zu verabreden ist für viele nicht immer einfach und zieht sich, ganz zu schweigen von den enttäuschten Erwartungen, wenn der eine die ganze Zeit weiterspielen möchte und die andere aber nur selten Zeit findet. Ganz am Ende steht natürlich die Angst, sehr viel Geld für ein Spiel ausgegeben zu haben, dass in der Form nie wieder gespielt werden kann und ja, es gibt einige Beispiele in der Vergangenheit bei denen war das schlicht nicht möglich oder machte dann auch einfach keinen Spaß mehr.

Zug um Zug Legacy bietet allerdings einiges für das viele Geld. Wer den schweren Kasten in der Hand hält kann das vielleicht vermuten. Für Fans von Zug um Zug ist dieses Spiel auf jeden Fall ein absolutes Muss, genauso für Fans von Legacyspielen. Wer Legacyspiele per se nicht mag, wird auch hier nicht unbedingt glücklich werden, auch wenn das Spiel am Ende definitiv spielbar bleibt und nur eine weitere Variante von Zug um Zug ist. Der Weg dahin ist aber ganz fantastisch und mit vielen Aha-Momenten gespickt. Zerstörung in dem Sinn gibt es nicht. Alles ist im Wandel und dazu gehört, dass am Ende einige wenige Materialien in Form von Karten usw. nicht mehr benötigt werden, um das finale Spiel zu spielen. Aber das hält sich deutlich in Grenzen.

Ich bin ein Fan von Zug um Zug, wie ich eingangs erwähnte und ich würde es jedem Fan empfehlen. Wer Zug um Zug bisher nicht kannte, kann hier genauso seinen Spaß haben, denn das Spiel bleibt die ganze Zeit auf Familienniveau, auch wenn es zwischenzeitlich viele Dinge zu beachten gibt. Beherrschbar bleibt es auf jeden Fall. Ob sich Legacy Verweiger und *innen mit Zug um Zug bekehren lassen glaube ich nicht, aber ich kann nur sagen, das jedem hier ein schönes Spielerlebnis flöten geht, der sich nicht an die Erschließung des Westens herantraut. Es muss auch nicht unbedingt in Vollbesetzung stattfinden. Ich spiele Zug um Zug auch ungern zu fünft und das würde ich für diese Variante genauso behaupten. Aber auch zu zweit ist Zug um Zug eine wahre Freude. Der Sweetspot dürfte aber bei drei bis vier Spielenden liegen. Kurzum: ein fantastisches Legacy Meisterwerk! Was ich tatsächlich sofort erneut spielen würde.


  • Verlag: Days of Wonder, Asmodee
  • Autor(en): Rob Daviau, Matt Leacock, Alan R. Moon
  • Illustrator(en): Cyrille Daujean, Julien Delval
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Spieleranzahl: 2 – 5 Spieler*innen
  • Dauer: 20 – 90 Minuten

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