Scott Almes ist einer dieser Spieleautoren, von dem es recht viele Spiele geschafft haben einen gewisssen Bekanntheitsgrad unter der Spielerschaft zu erlangen. Aber der richtige große Wurf ist ihm meiner Meinung nach noch nicht gelungen. Die meisten kennen ihn wahrscheinlich wegen seiner Tiny Epic Serie oder auch aufgrund des Heroes of Land, Air and Sea Miniaturengekloppes. In Deutschland dürfte er vielen auch über die Claim Kartenspiele von Game Factory bekannt sein. All das sind Spiele die als durchaus gelungen gelten und die viele Leute lieben, aber da ist noch Luft nach oben. Auch Boomerang gehört in diese Kategorie. Ein Draft & Write Spiel, das zu beginn der Roll & Write-Welle durchaus überzeugen konnte. Inzwischen sind mit Australien, USA und Europa drei Versionen davon erschienen. Nun kommt auch Deutschland in den Genuß einer Version, aber Game Factory nennt das Spiel erstmal in Road Trip: Europa um. Ein Name der für mich sogar mehr Sinn macht. Ein kleines Spiel mit recht einfachen Regeln für die ein oder andere Partie Zwischendurch.
Worum geht es?
In Road Trip: Europa geht es genau um das, was der Titel einen verspricht. Die Spieler*innen versuchen über einen Road Trip soviel von Europa zu sehen, wie es ihnen möglich ist. Wer dabei die besten Kombinationen von Verkehrsmitteln, die örtliche Kultur und die besten Kombinationen verschiedenster Speisen kennenlernt, wird gegen seine Konkurrent*innen siegen. Dabei werden einfach Karten verdraftet und hinterher Punkte in mehreren Kategorien vergeben.
Wie läuft das ab?
Der Spielaufbau ist wie bei fast allen Sonstwas & Writes denkbar einfach und ultraschnell erledigt. Jede*r Teilnehmer*in erhält einen Bleistift, ein Blatt vom Spielblock und irgendwer mischt die 28 Karten des Spiels. Anschließend bekommt jede*r sieben Karten ausgeteilt und los kann es gehen.
Die Spieler*innen suchen sich eine der sieben Karten aus und legen sie verdeckt vor sich aus. Dann reichen sie die verbliebene sechs Karten im Uhrzeigersinn weiter. Die Spieler*innen suchen sich erneut eine Karte aus, legen diese nun aber offen neben die verdeckte und reichen die Karten erneut weiter. Mit den restlichen Karten verfahren sie nun so weiter. Immer eine aussuchen, offen hinlegen und die Karten weiterreichen. Solange bis alle Karten ausliegen. Erst nachdem alle Karten verdraftet wurden, wird die erste Karte aufgedeckt und im Anschluß die Punkte gezählt.
Das machen die Spieler*innen insgesamt viermal, bevor das Spiel zu Ende ist und der- oder diejenige mit den meisten Punkten gewinnt. Soweit so einfach. Road Trip: Europa vergibt seine Punkte dabei aber in recht interessanten Kategorien, aber um die näher zu beleuchten, beschreibe ich euch ersteinmal die 28 Karten des Spiels etwas genauer. Insgesamt sind 28 Länder Europas im Spiel vertreten und mit einer Karte bedacht. Jede dieser Karten ist nicht nur durch den Namen des Landes und einen Kennbuchstaben zu unterscheiden. Die Länder wurden zusätzlich in unterschiedliche Gruppen zusammengefasst (z. B. Skandinavien), die jeweils mit einer anderen Kartenfarbe korrespondieren. Darüber hinaus verfügt jedes Land in der oberen linken Ecke über einen Kartenwert von 1 bis 7 und über zwei weitere Kästchen am linken Rand, die je zwei Symbole aus drei unterschiedlichen Kategorien enthalten.
Wie machen die Spieler*innen nun Punkte? Der Spielblock zeigt zwei unterschiedliche Bereiche. Zum einen auf der linken Seite eine Europakarte mit den Buchstaben und Farben der Karten. Jede Karte, die von den Spieler*innen ausgespielt wird, wird hier angekreuzt und sie sollten versuchen über den Verlauf von den vier gespielten Runden, möglichst viele der länder zu besuchen, denn für jedes erhalten sie einen Punkt. Zusätzlich gibt es Bonuspunkte für komplett besuchte Farbgruppen, also z. B. alle besuchten skandinavischen Länder. Außerdem gibt es auch noch ein paar besondere Bonuspunkte zu verdienen. Denn wer es als erstes schafft ein Land jeder Region zu besuchen, erhält sieben Bonuspunkte, Nummero zwei und drei dann jeweils drei und einen Punkt.
Es gibt aber noch vier weitere Kategorien in denen die Spieler*innen in jeder einzelnen Runde punkten können. Zum einen wäre da der Start und das Ende des Trips. Die Spieler*innen legen ja eine Reihe von sieben Karten vor sich aus und erhalten am Ende einer Runde die Differenz zwischen der ersten und letzten Karte als Punkte gutgeschrieben. Dabei wird der Punktewert herangezogen. So sind maximal sechs Punkte drin, wenn die erste und letzte Karte aus einer eins und einer sieben bestehen.
Die zweite Kategorie betrifft die lokale Küche der Länder. Es gibt vier unterschiedliche Speisensymbole mit unterschiedlichen Werten. Bier (1), Käse (2), Wein (3) und Fisch (5). Die Klammerwerte geben die Punktewerte an. Die Spieler*innen müssen nun versuchen mit ihren Karten möglichst viele Punkte zu sammeln. Sollten sie am Ende der Runde einen bis sieben Punkte erreicht haben, so bekommen sie diesen Wert eins zu eins gutgeschrieben, haben sie aber mehr als sieben Punkte erzielt, so werden alle erreichten Punkte halbiert.
Als drittes kommt noch die Wahl des Verkehrsmittels. Hier gibt es fünf verschiedene: Boot, Auto, Zug, Wohnmobil und Fahrrad. Ein jedes ist verschieden oft verhanden und bringt verschieden viel Punkt ein. Fahrräder gibt es zum Beispiel nur vier auf all den Karten. Für die Spieler*innen geht es darum in ihrer Auslage Pärchen zu sammeln. Für jedes Paar erhalten sie die im Symbol angegebenen Punkte. Ein Paar Fahrräder bringt zum Beispiel fünf Punkte. Für mehrere Pärchen, auch von der gleichen Art, werden die Punkte aufadiert. Zwei Fahrradpärchen würden also zehn Punkte bringen.
Die letzte Punktemöglichkeit betrifft die Kultur. Auch hier gibt es vier unterschiedliche Symbole. In jeder der vier Runden müssen die Spieler*innen sich neu entscheiden, welche Kultur sie wählen wollen. Insgesamt kann jede Kultur nur einmal gewählt werden und es drüfen nur Kulturarten gewählt werden, die in der eigenen Auslage vorhanden sind. Dafür erhalten sie dann aber Punkte für die Anzahl der Symbole vor allen anderen Spielern. Wieviel Punkte ist von der Spieler*innenanzahl abhängig. Nehmen wir also an jemand hat ein Musiksymbol vor sich liegen und wählt es für diese Runde, weil vor seinen drei Mitspieler*innen drei weitere Symbole ausliegen, so erhält diese*r Spieler*in für jedes Symbol vor den anderen zwei Punkte, also insgesamt sechs, da in einer Partie zu viert jedes Symbol zwei Punkte wert ist. In einer Partie zu zweit wären es vier Punkte.
Nach vier Runden werden alle Punkte zusammengerechnet und die meisten Punkte gewinnen wie üblich.
Das Fazit
Der Status, den Scott Almes laut meiner Einführung einnimmt, wird sich für mich auch durch Road Trip: Europa nicht ändern. Das Spiel ist nett und funktioniert sehr gut. Ich wäre immer bereit eine Partie zu spielen. Es gibt allerdings eine Einschränkung und die bezieht sich auf die Spieler*innenanzahl. bei Boardgamegeek wird es explizit auch für zwei Spieler*innen empfohlen und dem würde ich widersprechen. Road Trip ist am besten mit drei oder vier Spieler*innen. Zu zweit finde ich es nahezu witzlos und bei gleichwertiger Kenntnis des Spiels entscheiden hier Nuancen oder das Glück der Kartenverteilung über die Punkte. Zu zweit ist es eigentlich überhaupt nicht schwierig in vier Durchgängen alle Länderpunkte einzusammeln. Da die Regel besagt, das nach einer Runde nicht der ganze Stapel erneut gemischt werden soll, sondern zunächst die nicht verwendeten Karten. Das führt dazu das eh alle Karten in zwei Runden benutzt werden und das die Tendenz besteht alle Karten bekommen zu können. Zu zweit habe ich insgesamt eher das Gefühl gespielt zu werden, da alle Entscheidungen total logisch sind. Oder sagen wir eher, es ist unlogisch bestimmte abweichende Dinge zu tun, da diese weniger Punkte einbringen. Zu dritt oder viert sieht das anders aus, da nicht davon ausgegangen werden kann das ich auch tatsächlich alle Karten in die Finger bekomme. Das Spiel wird dadurch wesentlich dynamischer, weil es Sinn macht auf bestimmte Begebenheiten zu reagieren und bestimmte Dinge über Bord zu werfen. Dafür sorgen die unterschiedlichen Sammelkategorien, da wir zum Beispiel bei der Kunst darauf achten müssen, jedes nur einmal Werten zu können. All das wirkt im Spiel zu zweit wie ein Selbstläufer und Road Trip spielt sich irgendwie auf Autopilot.
Das Material ist gut aber auch nicht mehr. Die Optik ist in Ordnung und sticht in keiner Weise hervor. Die Regeln sind ebenfalls gut sollten nur beim Punkt der Kultur noch etwas klarifiziert werden. Hier gibt es nichts zu beanstanden. Für mich ist Road Trip: Europa mit mindestens drei Spieler*innen ein deutlich besseres Spiel und ich kann ihm keine Empfehlung für zwei Spieler*innen aussprechen. Darüber hinaus gefällt es mir aber sehr gut und ich werde es definitiv als kleinen Snack für Zwischendurch in unserer Kolleg*innenrunde in die Sammlung einziehen lassen.
- Verlag: Game Factory
- Autor(en): Scott Almes
- Illustrator(en): Kerri Aitken
- Erscheinungsjahr: 2022
- Spieleranzahl: 2 – 4 Spieler
- Dauer: 15 – 30 Minuten