Aufbruch nach Newdale

Aufbruch nach Newdale / Foto: Spieltroll

Alexander Pfister ist derzeit einer der großen Namen, wenn es um Eurogames geht. In den letzten Jahren hat er immer wieder für einiges an Aufsehen mit seinen Spielen gesorgt. Great Western Trail, Maracaibo oder auch Isle of Skye. Eines der coolsten Spiele, die er in meinen Augen bisher veröffentlicht hat, ist für mich gar nicht eines seiner großen Spiele, sondern eins seiner kleinsten. Das kleine, unscheinbare Oh My Goods! ist für mich ein meisterhaft designtes Kartenspiel, dass viel größer ist, als es seine Schachtelgröße vermuten lässt. Alexander Pfister ist ein Meister der Mechaniken, versucht aber auf Teufel komm raus auch irgendwie Geschichten in seinen Spielen zu erzählen. Deshalb kamen für Oh My Goods! über die Jahre Erweiterungen und Stand-Alone Spiele heraus, die alle in der Welt von Longsdale spielten und immer gewisse Story-Komponenten erzählen sollten. Aufbruch nach Newdale war der bisher letzte Streich von Pfister in dieser Spielwelt. 2019 brachte er ein Brettspiel zu dem bisherigen System heraus, das wiederum den Aufbruch von Longsdale nach Newdale über den Verlauf von mehreren Karten und über ein wenig verändertes Spieldesign vollführen sollte. Die Reise führt die Spieler dabei über acht unterschiedliche Spielbretter mit leicht abgewandelten Varianten des Kernspiels.

Worum geht es ?

Puuh, ich habe die Geschichte über die ganzen Vorgänger Spiele nicht verfolgt und kann deshalb nur das wiedergeben, was mir dieses Spiel vermitteln möchte. Also das Königreich von Longsdale erholt sich ganz langsam von einer Auseinandersetzung mit den Eisriesen des Nordens und man befürchtet, dass es zu einer neuerlichen Auseinandersetzung kommen könnte. Der König schickt uns als Spieler nun auf eine Expedition zum Hafen nach Canyon Brook, von woaus wir mit dem Schiff in den Norden, zum Land der Eisriesen reisen sollen, um die Eisriesen durch Diplomatie oder „kriegerische Handlungen“ davon abzuhalten Longsdale erneut einen Besuch abzustatten. So oder so ähnlich sieht die Handlung aus. Dabei spielen diverse Charaktere eine Rolle, von denen ich noch nie gehört hab und die in den Vorgängerwerken wohl aufgetaucht sind. Jedes Kapitel spielt sich ein wenig anders und verfügt eventuell über ein paar neue Regeln und Mechaniken. Man kann alles als eine Kampagne begreifen oder immer wieder zu seinem Lieblingskapitel zurückkehren um eine Partie zu spielen.

Aufbruch nach Newdale – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab ?

Das Spiel kommt mit drei doppelseitig bedruckten Spielplänen daher und verfügt dann auch noch über ein neutrales Aktionstableau mit Siegpunkteleiste. Die Mitspieler einigen sich zunächst darauf, welches Kapitel sie spielen wollen und finden am Ende der Spielanleitung eine tabellarische Übersicht darüber, welches Spielmaterial für welches Kapitel sie benötigen. Jedes Kapitel benötigt einen der Spielpläne und bestimmte, nummerierte Ereignis-, Gebäude und Personenkarten aus den entsprechenden Stapeln. Aufbruch nach Newdale erfordert insgesamt eine ganze Menge an Vorbereitung, bevor man loslegen kann.

Aufbruch nach Newdale – Aktionsbrett und Siegpunkteleiste / Foto: Spieltroll

Danach werden die Bonusplättchen gemäß Spielerzahl verdeckt gemischt und anschließend offen auf die nummerierten Bonusfelder des jeweiligen Spielplans verteilt. Nichtnummerierte Gebäudekarten bilden einen verdeckten Nachzugstapel der neben de Spielbrett bereitgelegt wird. Ein Ereigniskartenstapel aus sieben verdeckten Karte wird speziell zusammengestellt. Jeder Spieler erhält das Spielmaterial für seine gewählte Farbe, dass aus Spielertableau, vier Aktionssteinen, elf Häusern, zwei Fortschrittsplättchen und einem Siegpunktemarker besteht. Darüber hinaus bekommt jeder Spieler ein Startgebäude „Kohlemine“. Die Fortschrittsmarker werden auf die entsprechenden Felder des Tableaus gelegt und die Aktionsmarker, die von eins bis vier nummeriert sind werden aufgeteilt. Eins und zwei kommen neben das Tableau und drei und vier werden auf dem allgemeinen Aktionstableau abgelegt. Der Siegpunktemarker kommt auf Feld drei der Siegpunkteleiste. Die Kohlemine wird an das Tableau oben links angelegt und fünf Warenmarker auf ihr platziert. Prinzipiell hat das Tableau insgesamt acht Felder an das Karten angelegt werden können. Zusätzlich werden rechts neben dem Tableau später Sondergebäude abgelegt. Jeder Spielplan verfügt über einen Startort und auf dem platzieren die Spieler eines ihrer Häuser.

Aufbruch nach Newdale – Ereigniskarten mit Gehilfen / Foto: Spieltroll

Die Gehilfen-Spielsteine kommen in den Stoffbeutel und werden bereitgelegt. Ein Startspieler wird ermittelt und die Geheimaufträge werden gemischt. Jeder Spieler erhält einen, den er vor den Mitspielern geheimhält. Außerdem bekommt jeder Spieler acht Karten vom Zugstapel, von denen er sich im Anschluß fünf aussucht, mit denen er das Spiel auf der Hand beginnen möchte. die drei weiteren Karten werden auf den Ablagestapel gelegt. Nun werden noch die vergfügbaren Personenkarten für das Spiel gemischt und soviele offen ausgelegt, wie Spieler teilnehmen. Der Spieler rechts vom Startspieler beginnt damit sich eine Person auszusuchen und vor sich abzulegen, die anderen Spieler folgen. Die sogenannte Kapitelkarte wird offen ausgelegt und gibt den Spielern vor, für welche Rohstoffe sie am Ende des Spiels, welche Punkte bekommen. Nun kann es endlich losgehen.

Der Spielablauf eines Kapitels verläuft über sieben Runden mit je sechs Phasen. Die ersten drei Phasen sind unabhängig von jeder Spielreihenfolge, die letzten drei Phasen müssen streng nach Reihenfolge gespielt werden. In Phase eins wird zunächst ein Ereignis umgedreht, die uns mehrere Dinge zeigt: zum einen kann ein spezielles Ereignis eintreten, das eine bestimmte Phase betrifft, wie zum Beispiel das Ereignis „Wandergesellen“, bei dem in Phase drei nicht nur vier, sondern sechs Figuren aus dem Beutel gezogen werden. Zum anderen sind am rechten Rand der Karte die Gehilfen angegeben, die sowieso verfügbar sein werden. In Phase zwei planen die Spieler ihre Züge und setzen dazu ihre Aktionssteine auf die Aktionsfelder ihres Tableaus und/oder auf die Einsatzfelder des allgemeinen Tableaus. Die Einsatzfelder auf dem eigenen Tableau befinden sich bei den Bauplätzen für die Gebäude. Es gibt dort zwei oder drei Einsetzmöglichkeiten. Wichtig zu wissen ist, dass man pro Gebäude nur einen Stein einsetzen darf. Haben alle ihre Planungen abgeschlossen startet Phase drei, in der, wie schon erwähnt, normalerweise vier Gehilfen aus dem Stoffbeutel gezogen werden und neben die entsprechenden Gehilfen auf der Ereigniskarte platziert werden. Die abgebildeten Gehilfen plus die gezogenen ergeben den Arbeitsmarkt für diese Runde.

Aufbruch nach Newdale – Aktionen / Foto: Spieltroll

Reihum, beginnend beim Startspieler, absolvieren die Spieler in Phase vier ihre Aktionen. Zunächst die Aktion für die der Aktionsstein Nummer eins verwendet wurde und dann immer so weiter. Zu den Aktionen komme ich etwas später. Nach den gewählten Aktionen dürfen die Spieler in Phase fünf ein Gebäude bauen. Für diese Aktion benötigen sie keinen Aktionsstein auf der Bauaktion. Falls ein Spieler in dieser Phase nicht bauen möchte, zieht er stattdessen zwei Karten vom Stapel. Zu guter letzt dürfen die Spieler in der letzten Phase die besonderen Aktionen ihrer Sondergebäude nutzen. Die Reihenfolge wird dabei von den Spielern selbst bestimmt. Am Rundenende wird der Arbeitsmarkt geleert und der nächste Spieler wird zum Startspieler.

So läuft das Spiel organisatorisch ab, um es aber zu verstehen, muss man nun noch wissen, was für Aktionsmöglichkeiten man hat. Zum ersten wäre da das Bauen von Gebäuden. Neben der Bauaktion in Phase fünf, die jeder Spieler quasi gratis bekommt, kann man auch seinen Aktionsstein auf die Bauaktion setzen um Gebäude zu errichten. Die Gebäude sind das zentrale Element von Aufbruch nach Newdale. Sie zu bauen kostet Geld, das man sich erwirtschaften muss. Geld kommt in der reinen Form als Ressource im Spiel gar nicht vor, sondern wird durch Waren bezahlt. Im Spiel existieren nur Warenwürfel auf Gebäuden, die für bestimmte Güter stehen und somit bestimmte Wertigkeiten haben. Die fünf Warenmarker die man zu Beginn des Spiels auf seiner Kohlemine liegen hat, repräsentieren also Kohle, die laut Kohlemine einen Geldwert von eins besitzt. Ein Würfel auf einer Fassbinderei stellt ein Fass dar, das einen Wert von drei hat. Fünf Würfel auf der Fassbinderei hätten also den Gegenwert von 15 Geldeinheiten. Wann immer man im Spiel bezahlt, bezahlt man mit diesen Warenwürfeln und nimmt sie von den Karten. Es gibt kein Wechselgeld, falls man überzahlen muss. Gebäude werden an einen freien Bauplatz des eigenen Tableaus gelegt. Nur Sondergebäude mit einem schwarzen Hintergrund werden nach rechts neben das Tableau gelegt und bringen uns in Phase sechs ihre Erträge und Fähigkeiten. Der Bau eines Gebäudes löst noch einen zweiten Bau auf dem Spielplan aus. Wir müssen eines unserer Häuser auf einen Ort stellen, das höchstens zwei Schritte von einem Ort entfernt sein darf, in dem wir bereits ein Haus stehen haben. In jedem dieser Orte können mehrere Spieler vertreten sein, aber jeder Spieler immer nur mit einem Haus. Diese Orte schalten für uns Vergünstigungen und Boni frei, die wir gut gebrauchen können, um teurere Gebäude zu errichten. Einige Orte, belohnen zum Beispiel den Spieler der sie zuerst besucht.

Aufbruch nach Newdale – Gebäudekarten / Foto: Spieltroll

Auf dem eigenen Tableau geht es in erster Linie darum, Waren zu produzieren. Hier wird das Spiel ein wenig tricky und abstrakt. Es gibt zwei Arten, wie die Spieler Waren produzieren können. Zum einen wäre da die Methode mit Gehilfen zu Produzieren. Hierzu ist es wichtig zu wissen, wie man seine Aktionsscheibe platziert hat. Man hat an den Gebäuden die Möglichkeit schlampig, ordentlich und außerordentlich zu produzieren. Bei schlampiger Produktion reicht es einen Gehilfen weniger zu haben, als auf der Gebäudekarte angegeben ist. Für außerordentliche Produktion benötigt man einen Gehilfen mehr. Hier wird nun überprüft ob die richtigen Gehilfen in ausreichender Zahl im Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Falls das der Fall ist werden Waren produziert. Es ist aber auch noch möglich fehlende Gehilfen durch Handkarten auszugleichen. Die zweite Möglichkeit der Produktion ist durch Produktionsketten und hier gibt es wiederum drei Varianten. Entweder spielen wir Handkarten aus, die auf der linken Seite die Ware zeigen, die das Gebäude produziert. Also zum Beispiel Bauwolle für eine Spinnerei. Hierbei erhalten wir soviele Warenwürfel, wie wir Karten ausgespielt haben und erhalten als Bonus einen zusätzlichen Würfel. Die zweite Möglichkeit besteht mit Gebäuden, die eine Ware produzieren und mindestens einen Warenwürfel auf sich liegen haben. Gibt es ein weiteres Gebäude am Tableau des Spielers, das diese Ware benötigt, können die Würfel von der einen Karte auf die andere verschoben werden und auch hier erhält man wieder einen Bonus von einem Würfel. Ähnliches gilt für die letzte Möglichkeit, bei der man Waren auf einer Karte produziert, die eine Ware von einem anderen Gebäude benötigen und dazu zum Beispiel Kohle verbrauchen. In diesem Fall wird eine Ware verschoben und eine in den Vorrat zurückgelegt. Auch hier gibt es einen Warenbonus. Dies ist der zentrale Teil des Spiels, den es zu meistern gilt. Alle Karten im Spiel können auf verschiedene Arten genutzt werden. Spielern die Oh My Goods! bereits kennen, werden damit keine großen Probleme haben.

Aufbruch nach Newdale – Geheimaufträge / Foto: Spieltroll

Am Ende, nach den sieben Runden, werden die Punkte gezählt, die man für diverse Dinge erhält. Waren bringen genauso Siegpunke, wie unsere Aufträge, die Kapitelaufgabe und einiges mehr. Die Spieler können sich in jeder Partie für ein neues Kapitel entscheiden, oder aber jede Partie wiederholen.

Das Fazit

Aufbruch nach Newdale ist bei Leibe kein schlechtes Spiel. Sobald man sich seine Mechanismen einmal erschlossen hat, ist es sogar ein ausgesprochen gutes Spiel, insofern man sich die Mechaniken betrachtet. Allerdings sind diese allesamt ein wenig unintuitiv. Es hilft tatsächlich, wenn man Oh My Goods! bereits kennt, aber ein Muss ist es nicht. Insgesamt bekommt man hier gleich mehrere Brettspiele in einer Schachtel. Die Szenarien oder Kapitel unterscheiden sich schon ein wenig, auch wenn das Kernspiel immer gleich bleibt. Man baut sich hoffentlich eine schöne Produktionslinie auf, um möglichst schnell auf dem Spielbrett voranzukommen, um gute Boni einzufahren. Der Glücksfaktor ist vorhanden, weil es doch ein wenig darauf ankommt, ob man passende Gebäude bekommt oder nicht. Man hat zwar in der Regel keinen Kartenmangel und kann immer aus dem Vollen schöpfen, aber es kann vorkommen und dann kann man schnell ins Hintertreffen geraten.

Alexander Pfister ist bekannt für seine schönen Mechanismen, die einen fordern und immer wieder überraschen. Ich mag zwar Oh My Goods! aber Aufbruch nach Newdale fühlt sich insgesamt nicht eigenständig genug an. Man hat das Gefühl, das Alles schon einmal so gesehen zu haben. Das etwas aufgeblähte Spielprinzip kommt einfach nicht gut rüber. Auch die Tatsache, dass Alexander Pfister unbedingt Geschichten erzählen will, wirkt irgendwie total aufgesetzt bei diesem Titel. Ich befürchte er ist einfach nicht gut darin, seine tollen Mechaniken mit Thema zu füllen und so spannende Geschichten zu erzählen. So bleibt Aufbruch nach Newdale für mich nur ein mittelprächtiges Spiel, das lediglich für Fans des Oh My Goods!-Kosmos interessant sein dürfte. Allen anderen rate ich eher zu anderen Spielen des Autors.

Das Material, vor allem Karten, sind von sehr guter Qualität. Die Optik wirkt ein wenig antiquiert, aber stört mich nicht wirklich. Aufbruch nach Newdale ist ein solides Spiel mit Mechaniken, die man bereits kennt. Ein Kennerspiel am oberen Spektrum. Eines, das mich aber nach Durchspielen der einzelnen Kapitel, nicht wieder dazu motivieren konnte es aus dem Schrank zu holen.


  • Verlag: Lookout Spiele
  • Autor(en): Alexander Pfister
  • Illustrator(en): Klemens Franz, atelier 198
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
  • Dauer: 90 Minuten

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