„Die Nächste Grenze“, so prangt es auf der Anleitung von Underwater Cities, „Die Hoffnung der gesamten Welt liegt in diesen Unterwasserstädten“ und gibt uns damit schonmal das Thema vor. Viel Positives konnte man über Underwater Cities von Vladimir Suchy in der Vergangenheit schon lesen und hören. Mit der Aufnahme auf die Empfehlungsliste des Kennerspiel des Jahres Preises, wurde es dann quasi über Nacht geadelt. Ein Engine-Builder im Stile eines Terraforming Mars soll einen hier erwarten und das kann ich mir sowohl thematisch als auch spielerisch nach den ersten Eindrücken sehr gut vorstellen. Im vergangenen Jahr wurde mir das Spiel hier und dort empfohlen und sogar als besonders Zweispielerfreundlich angeprisen. Das ist natürlich eine Empfehlung bei der ich hellhörig werde und die mich schlußendlich dazu veranlasste Underwater Cities dann doch mal auszuprobieren, obwohl ich schon wusste das das Sci-Fi Unterwasserthema meiner Frau nur bedingt zusagen würde. Aber sie liebt Engine Builder und mag die Unterwasserwelt, also geben wir dem Ganzen ein paar Versuche.
Worum geht es?
In Underwater Cities bauen wir als Spieler an unserer Zukunft und die liegt tief im Meer. Wir errichten ein Netzwerk von Unterwasserstädten und Gebäuden. Das Spiel hat die Überbevölkerung zum Thema, die uns dazu zwingt auf den Meeresboden auszuweichen, weil der Mars noch immer unerreichbar scheint. Die Spieler beginnen dabei mit einer Unterwasserstadt und versuchen über weitere Städte verschiedene Metropolen über Wasser miteinander zu verbinden. Dabei helfen uns neue Technologien, die wir in Form von Karten ausspielen können. Das Spiel geht über 10 Runden und die Spieler müssen genug Nahrung erwirtschaften, damit die Bevölkerung nicht verhungert. Wer am Ende die meisten Punkte verdient hat gewinnt Underwater Cities.
Wie läuft das ab?
Underwater Cities hat einiges an Material, das wir zunächst auf dem Tisch ausbreiten sollten. Das doppelseitige Spielbrett wird je nach Spieleranzahl ausgelegt und zeigt einige Spielrelevante Details, neben diversen Ablageflächen. Zunächst sind die Ränder des Bretts sehr interessant, denn an drei Seiten befinden sich je fünf Aktionsfelder, die verschiedene Aktionsmöglichkeiten zeigen. Diese Felder sind auf jeder Seite des Bretts in einer anderen Farbe gestaltet. Rot, Grün und Gelb ziehen sich als Farben durch diese Aktionen. An der vierten Brettseite befindet sich der Rundenzähler. Auf dem Brett selbst sind diverse Ablagefelder für Karten, die wir im Spielverlauf kaufen oder erhalten können. Ebenfalls in der Mitte befindet sich eine Anzeige für die Zugreihenfolge.
Jeder Spieler erhält außerdem ein eigenes Tableau und eine Kostenübersicht. Das Tableau zeigt neun Bauplätze für Unterwasserstädte, sowie ergänzende Gebäude und Tunnel. In den Ecken des Tableaus sind Metropolen an der Oberwelt dargestellt, die wir mit unserem Unterwassernetzwerk verbinden können. Das Tableau ist im übrigen ebenfalls zweiseitig und zeigt zwei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. In der unteren rechten Ecke beginnen die Spieler mit einer Startstadt, die in Form einer weißen Kuppel dort platziert wird. Außerdem erhalten die Spieler alle ein paar Startressourcen, eine Karte mit einem persönlichen Assistenten, sowie drei Aktionsplättchen.
Das Hauptelement des Spiels sind allerdings drei Kartendecks mit Entwicklungen, die in drei Äras eingeteilt sind. In jeder Ära spielen wir mit einem neuen Deck und die Karten werden nach hinten raus immer besser. Wir spielen zu Beginn vier Runden in Ära eins und gehen nach einer Produktionsphase für drei Runden in Ära zwei und nach drei weiteren Runden und einer weiteren Produktionsphase schließlich in Ära drei. Diese Karten sind auf der Vorderseite den drei erwähnten Farben Grün, Gelb und Rot zugeordnet und können zu verschiedenen Zeiten gespielt werden und bringen uns Gewisse Vorteile, wenn wir bestimmte Vorraussetzungen erfüllen. Ein Beispiel dafür könnte sein, das wir eine kostenlose Entsalzungsanlage bauen können, wenn wir mindestens fünf Städte gebaut haben. Die Effekte dieser Karten können sehr vielfältig ausfallen.
Underwater Cities hat an sich einen ganz interessanten Mechanismus der auf den Karten basiert. Ist ein Spieler am Zug, so muss er jede Runde eine Karte von seiner Hand ausspielen, um seinen Zug wahrzunehmen. Die Karte ist dabei eigentlich nur eine Bezahlung für seinen Zug. Dem Spieler stehen immer drei Karten zur Verfügung aus denen er auswählen kann. Zusätzlich zu der Karte wählt der Spieler einen freien Aktionsplatz auf dem Spielbrett und legt sein Aktionsplättchen an den entsprechenden Platz. Er darf die Aktion des Platzes, den er gewählt hat, immer ausführen und zusätzlich falls die Karte mit der Farbe des Aktionsfeldes übereinstimmt, darf er auch die Aktion der Karte als Bonus ausführen. So hat bereits diese Auswahl einen beträchtlichen Einfluss auf das Spielgeschehen und man muss immer wieder abwägen, ob es einem reicht einfach die Aktion des Brettes auszuführen oder ob die Aktion der Karte zusätlichen Anreiz verspricht es passend zu legen und dafür andere Optionen auszulassen. Am Ende eines jeweiligen Zuges ziehen sie immer wieder auf drei Karten auf.
Die Spieler nehmen so der Reihe nach ihre Züge, bis alle von ihnen ihre drei Aktionsmarker ausgelegt haben. Dann ist eine Runde beendet und alle Spieler bekommen ihre Aktionsmarker zurück. Die neue Reihenfolge wird ermittelt und die Spieler beginnen eine neue Runde von vorn. Nach drei, bzw. vier Runden in der ersten Ära, folgt eine Produktionsrunde, in der die Spieler Ressourcen bekommen, bevor sie in die nächste Ära starten.
Kommen wir nocheinmal kurz zu den Karten zurück, die eine so wichtige Rolle in Anspruch nehmen, dass ich sie noch ein wenig genauer beleuchten möchte. Die Ärakarten sind neben den Farben auch noch in fünf weiter Kategorien unterteilt, die sie für uns zu unterschiedlichen zeiten wichtig machen. Sofortkarten führen wir immer dann aus, wenn wir sie spielen. Alle anderen Typen legen wir in unseren Spielbereich aus. Schlußwertungskarten kommen erst ganz am Ende zum Zug und Produktionskarten jeweils in den Produktionsphasen. Dann gibt es noch Dauerhafte Effektkarten, die einfach immer aktiv sind und uns einen Vorteil bringen und schlußendlcih noch Aktionskarten, die wir, wann immer wir uns ein Aktionssymbol über eine Karte oder das Spielbrett erspielen benutzen können. Von diesen Karten dürfen wir niemals merh als vier besitzen und müssen uns gegebenenfalls von überschüssigen Karten trennen. Auch auf dem Spielbrett liegen noch ein paar Karten, einige von ihnen sind Spezialkarten, die wir im Laufe des Spiels für Ressourcen (in der Regel Geld) erwerben können und die uns besondere Siegbedingungen am Spielende liefern.
Neben den Decks kommt den Spielertableaus die größte Bedeutung zu. Auf ihnen planen die Spieler ihre Städte und hier wird letztlich das Spiel entschieden, denn wie der Name schon verrät geht es hier ja um Unterwasserstädte und diese bauen die Spieler auf ihrem Tableau. Die Spieler beginnen in einer Ecke mit einer Stadt, die in Form von kleinen Plastikkuppeln auf dem Tableau ausgelegt werden. Es gibt nicht nur weiße Kuppeln, sondern auch rote, die mit teureren Baulosten symbiotische Städte repräsentieren. Diese Städte Aber damit nicht genug, zusätzlich können die Städte noch mit Entsalzungsanlagen, Tangfarmen und Laboren bestückt werden. Diese kommen in kleinen transparenten Plastikscheiben daher, die wir auf die entsprechenden Bauplätze legen. Weiterhin müssen wir noch Tunnel bauen, mit denen wir unsere Städte verbinden, um ein Netzwerk zu errichten. An den drei anderen Ecken unseres Tableaus befinden sich Metropolen an Land, die wir mit unseren Städten Unterwasser verbinden können und die uns mit Boni versorgen, wenn wir es schaffen sollten.
Viel mehr ist es gar nicht. Der Rest ist standard für so ein Spiel. Ressourcen einsammeln und verwalten. Für neue Projekte ausgeben, die uns mit weiteren Ressourcen versorgen und letztlich gipfelt alles in Siegpunkten. Wer am Ende die meisten Siegpunkte hat gewinnt.
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass Underwater Cities über einen Solomodus verfügt, den ich aber bisher leider nicht ausprobiert habe.
Das Fazit
Okay, ich gebe zu, ich hätte hier noch viel, viel mehr Details ausbreiten können, aber ich möchte auch niemanden langweilen. Das klingt vielleicht zu negativ, soll aber gar nicht so gemeint sein. Underwater Cities ist ein sehr gutes Spiel, denn alles funktioniert super, ist schön verzahnt und macht auch total Spaß. Der Vergleich mit Terraforming Mars hinkt sogar ein bißchen, denn den würde ich nur rein thematisch gelten lassen. Beide Spiele beschäftigen sich recht wissenschaftliche mit dem Thema der Besiedelung eines für den Menschen bisher unbesiedelten Lebensraumes. Zudem machen beide das hauptsächlich über Spielkarten. Dann enden die Gemeinsamkeiten aber auch schon fast, denn mechanisch unterscheiden sie sich dann doch ziemlich. Seine stärksten Momente hat Underwater Cities eindeutig mit seiner Kartenfarbmechanik. Das Zusammenspiel der Aktionen auf dem Spielbrett und der Farbzuordnung mit den Kartenaktionen ist eine sehr schöne Mechanik, die wir versuchen müssen möglichst ertragreich zu benutzen. Der Rest ist Standardkost auf einem hohen Niveau.
Underwater Cities ist zwar insgesamt in meinen Augen ein sehr gutes Spiel für ambitionierte Kennerspieler und Experten, hat aber auch seine Fehlerchen. Als erstes möchte ich sagen, das Underwater Cities ziemlch fantastisch zu zweit funktioniert. Das ist auch nicht immer bei allen Spielen dieser Größenordnung so, aber hier wurde ganze Arbeit geleistet. Ich muss sogar soweit gehen zu sagen, dass Underwater Cities sich zu zweit am besten spielt. Alle weiteren Spielerzahlen verwandeln das Spiel in eine Durchhaltepartie, denn die Downtime bis man wieder an der Reihe ist kann mit vier Spielern schon erheblich sein. Hinzu kommt noch die sich jede Runde ändernde Zugreihenfolge, so dass es vorkommen kann, dass man als erster einer Runde dran ist, dann seinen dritten Zug macht und in der nächsten Runde erst als vierter dran ist, so muss man also sechs Züge abwarten bis man wiede regelmäßig dran ist. Das wäre alles ganz okay, wenn die Züge immer schnell gehen würden, aber das tun sie eben nicht immer, denn man muss eigentlich immer darauf reagieren, was die Mitspieler tun. Also man hat in der Regel so ein oder zwei präferierte Aktionen und oftmals sitzt man da und schwupps ist die erste Aktion weg, dann denkt man sich eine alternative aus und dann ist die zweite Option weg und wenn einem dann auch noch die dritte geraubt wird muss man sich mal wieder umorientieren und das ist bei der gegebenen Komplexität von Underwater Cities schon nicht so einfach. Deswegen spiele ich Underwater Cities am liebsten zu zweit.
Der zweite Punkt der mir nicht so gut gefällt ist das viel zu dünne Spielertableau und das fummelige Spielmaterial. Hier gibt es tatsächlich noch eine Ähnlichkeit zu Terraforming Mars. Auch hier ist es ziemlich doof, wenn man mal ausversehen gegen sein Tableau stößt. Totales Chaos, da alles nur obenauf liegt. Hier hätte ein Tableau mit versenkbaren Feldern Sinn gemacht und hinzu kommen die kleinen Scheiben für die Zusatzgebäude die mir viel zu klein sind. Außerdem muss man sie aufeinander stapeln um aufgewertete Gebäude anzuzeigen. Das funktioniert zwar, ist aber mehr als fummelig und wackelig. Genauso fummelig sind auch die Tunnelplättchen. Hier hätte ich mir einfach insgesamt ein wenig mehr gewünscht.
Trotz allem ist Underwater Cities ein gut funktionierendes und forderndes, wenn auch nicht sonderlich innovatives Spiel, das auch zu dritt oder viert Spaß macht, wenn man sich auf ein wenig Wartezeit einlassen kann. Zu zweit kann ich es allerdings, sieht man von den kleineren Schwächen des Materials einmal ab, uneingeschränkt empfehlen. Mehr sogar noch, ist es wahrscheinlich eines der besten Spiele überhaupt in dieser Komplexitätsstufe für zwei Spieler.
- Verlag: Delicious Games
- Autor(en): Vladimír Suchý
- Illustrator(en): Uildrim, Milan Vavron
- Erscheinungsjahr: 2019
- Spieleranzahl: 1 – 4
- Dauer: 80-150 Minuten