Praga Caput Regni

Praga Caput Regni

Vladimír Suchý ist einer von diesen Spieleautoren, dessen letzte Veröffentlichungen einen immer wieder haben aufhorchen lassen. Er hat sich inzwischen einen Namen gemacht und jedes seiner neuen Spiele wird mit einer gewissen Erwartungshaltung schon lange vorher herbeigesehnt. Sein letzter Streich nach den hervorragenden Underwater Cities ist das Eurogame Praga Caput Regni, indem wir als Spieler an der Stadt mitbauen. Die Karlsbrücke entsteht genauso unter unseren Händen, wie der Königsweg, der Veitsdom und die Hungermauer. All dieses wurde in Prag und der Regentschaft von Karl IV. errichtet, der zum Heiligen Römischer Kaiser gekrönt wurde und als einer der wichtigsten Herrscher Europas in die Geschichte einging. In Praga Caput Regni können wir die Stadt miterrichten und wetteifern mit anderen Baumeistern um die meisten Siegpunkte. Vladimír Suchý ist aber natürlich für knackige Eurogames bekannt und so dürfte dem ein oder anderen Kenner der Materie schon schwanen, das man hier nicht nur Locker flockig ein paar Ressourcen einsammelt um einige Gebäude in Prag zu errichten. Nein, der Name Suchý verspricht verzahnte Mechaniken und etwas tiefergehende Überlegungen über die richtige Vorgehensweise. Und was das alles mit Eiern zu tun hat, erkläre ich euch auch noch…

Worum geht es?

Praga Caput Regni in Worte zu fassen ist nicht ganz so einfach. Rein thematisch habe ich es ja schon in der Einführung getan. Wir als Spieler bauen den Regentschaftssitz von Karl dem IV. aus und wetteifern um die größte Gunst in Form von Siegpunkten. Rein mechanisch ist das Spiel etwas schwieriger zu packen, denn es gibt einen sich stetig ändernden Aktionsauswahlmechanismus, wir müssen Hexteile in die Stadt einbauen, und kämpfen dabei um Einfluß und Gebiete. Dann geht es natürlich auch noch um das Verdienen von Ressourcen und den richtigen Einsatz zu den richtigen Zwecken, denn überall in diesem Spiel lauern Boni, die uns das Spiel erleichtern können und uns voran bringen. Zu erkennen, wann und wo wir die sinnvollsten Boni ergattern können, ohne dass diese von unseren Mitspielern schon eingesackt wurden, ist die Kunst, Praga Caput Regni erfolgreich zu spielen.

Praga Caput Regni – Spielsituation / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Die Spiele von Vladimír Suchý sind meistens sehr vielfältig und Praga Caput Regni ist da keine Ausnahme. In dem Spiel passiert wahnsinnig viel, so dass ich vorweg schicken möchte, dass ich nicht auf alles eingehen kann. Das sprengt jeglichen Rahmen. Aber einen Überblick darüber, was hier passiert möchte ich euch geben. Fangen wir also mit dem Spielaufbau an. Bevor man Praga Caput Regni das erste mal spielen kann, muss man nämlich auch noch ein wenig basteln. Die Spielertableaus und das Spielbrett, sowie die dreidimensionalen Element, wie der Dom, die Karlsbrücke und die Hungermauer wollen aus Pappteilen zusammengebaut werden.

Praga Caput Regni – Bonusplättchen / Foto: Spieltroll

Hat man das alles erledigt muss man für jede Partie tatsächlich einiges an Aufbauarbeit leisten, denn verschiedenen Teile wollen sortiert und gemischt werden. Da gibt es Fenster, Eier und zwei Sorten Bonusplättchen die bereitgelegt werden, sowie drei Sorten Sechseckplättchen in zwei unterschiedlichen Stufen für den Ausbau der Stadt, Brückenplättchen und, und, und. Das verschlingt alles Zeit und sollte bei der Masse nicht vernachlässigt werden.

Praga Caput Regni – Königsweg und Stadtausbau / Foto: Spieltroll

Das Spielbrett wirkt auf den ersten Blick sehr unübersichtlich, da es zwar schön detailreich gestaltet wurde, aber über viele verschiedene Bereiche mit Ablagebereichen aufweist. Die dreidimensionalen Elemente werden, sofern man sie benutzen möchte (das Spiel weiß nämlich um die Bedienbarkeit dieser Objekte), auf die vorgesehenen Stellen gestellt. Der Veitsdom und die Hungermauer haben ihren Platz im oberen Bereich des Spielbretts neben dem Aktionsrad (auf das ich gleich zu sprechen komme), die Karlsbrücke steht in der Mitte des Spielbretts. Das sieht alles sehr hübsch aus, ist aber nicht für alle beteiligten Spieler sinnvoll und einsehbar. Das Spielbrett teilt sich grob in drei Bereiche. Im unteren Bereich befindet sich die Stadt mit dem Königsweg. Hier legen die Spieler die Sechseckplättchen aus und bewegen ihre Spielfiguren über den Weg. In der Mitte befindet sich der Bereich des Flusses und der Brücke, wo einige Dinge abgelegt werden und sich der Königsweg über die Brücke fortsetzt. Im oberen Bereich befinden sich die beiden, schon erwähnten, Bauwerke und das mechanische Hauptelement des Spiels.

Praga Caput Regni – Karlsbrücke / Foto: Spieltroll

Neben dem wirklich großen Spielbrett bekommt jeder Spieler noch sein eigenes Spielmaterial in Form von zwei Tableaus und einigem Holzmaterial. Auf dem einen, dem zweilagigen, Tableau befinden sich lauter Anzeigen für Rohstoffe und zwei Rädchen. Sehr cool werden hier die Holzspielsteine als Blockierung für die Rädchen eingesetzt, so dass man genau mitkriegt, wann man einen Bonus erhält. Erst dann kann man die Räder weiterdrehen. Das andere besteht aus zusammenhängenden Sechseckfeldern und ist unser Aktionstableau, dass wir im Spielverlauf mit Sechseckfeldern erweitern und mit wertigernen Aktionen überbauen.

Praga Caput Regni – Spielertableau / Foto: Spieltroll

Wie läuft nun das Spiel genau ab? Um diese Frage zu klären, und das ist eigentlich ganz simpel, muss man aber zunächst die Mechanik und den sogenannten Aktionskran, also das große Aktionsrad im oberen Bereich des Spielbretts verstehen. Dieser Aktionskran ist recht vielschichtig und die wichtigste Entscheidung für die Spieler ist immer welche der Aktionen sie auswählen sollen. Der Kran ist im Prinzip ein Rad mit einigen Ausbuchtungen in denen Aktionsplättchen eingelegt werden, die die Form von zwei kleinen nebeneinanderliegenden Sechsecken haben. Auf jedem dieser Sechsecke ist eine Aktion durch ein Symbol aufgedruckt. Eines der Sechsecke steckt also im Rad und das andere ragt darüber hinaus. Jedes Plättchen zeigt dabei im inneren des Rades auf einen Bonus, während die Teile, die nach außen ragen, in verschiedene Bereiche hineinragen, die wiederum verschiedene Bedeutungen haben. Es gibt einen roten, grünen und einen blauen Bereich. Aktionsplättchen die sich im roten Bereich befinden, kosten zusätzlich Geld, wenn man sie benutzen möchte. Der grüne ist der Normalbereich und sollten Aktionen solange nicht gewählt worden sein, das sie im blauen Bereich ankommen, erhält derjenige, der eine solche Aktion wählt sogar noch Siegpunkte. Die Aktionen auf den Aktionsplättchen entsprechen denen auf dem Aktionstableau. Es wird also zu Beginn des Zuges eine Aktion gewählt und sucht sich eines der Plättchen im Aktionskran aus, das diese Aktion zeigt. Auf den sechs Plättchen ist jede der sechs möglichen Aktionen zweimal vorhanden. Man erhält entweder Siegpunkte oder bezahlt Geld, wenn das Plättchen in einen entsprechenden Bereich ragt und zusätzlich bekommt man den Bonus im inneren des Rades. Das kann eine Ressource sein, die man sofort erhält oder ein Bonus den man innerhalb seines Zuges später nutzen kann, wie zum Beispiel einen günstigen Tausch. Neben der Aktion ist es noch möglich eine Zusatzaktion auszuführen und anschließend legt man das Plättchen an eine bestimmte Stelle zurück und dreht das Rad um eine Position weiter.

Praga Caput Regni – Aktionskran / Foto: Spieltroll

So sieht ein Zug aus. Im Prinzip gibt es nur sechs unterschiedliche Aktionen aus denen man eine auswählt und dafür Boni erhält. Der Kran fungiert dabei nicht nur als Aktionsauswahlelement, sondern zählt auch die Runden für die Spieler mit und sorgt dafür, das alle die gleiche Anzahl an Aktionen haben. Die sechs Aktionen sind dabei wie folgt, ohne sie genau erläutern zu wollen: Das Ausbeuten von Minen und Steinbrüchen, um Ressourcen zu generieren, das Aufwerten von Aktionen, der Bau von Mauersechsecken, die man um sein Aktionstableau herumbaut, das Bauen von Gebäuden in die Stadt oder der Ausbau des Königswegs.

Bei wirklich allem was man in Praga Caput Regni tut, erhält man Boni, die man wiederum für andere Dinge benutzen kann. Zum Beispiel muss man immer daruf achten, wie man wo die sechseckigen Teile einsetzt, denn an den Ecken an denen sie sich berühren zeigen sie Symbole, die einem Boni bringen. Schreitet man auf dem Weg voran gibt es Boni, ja selbst beim der Auswahl der Aktion gab es schon einen Bonus. Wollte man es etwas überspitzt sagen, so dreht sich das Spiel nur um gutes Bonusmanagement.

Praga Caput Regni – Veitsdom und Hungermauer / Foto: Spieltroll

Am Ende sind natürlich die Punkte entscheidend, die man für diverse Dinge erhält. Über die Leisten auf dem Spielertableaus habe ich ja noch gar nicht gesprochen. Dort entwickeln wir unseren technologischen Stand und erweitern den Einfluss an der Karlsuniversität. Dafür erhalten wir genauso Siegpunkte, wie für unseren Fortschritt bei den Bauwerken und vor allem den Marktplätzen innerhalb der Stadt und den Mauerteilen um unser Aktionstableau. Zu guter letzt gibt es auch noch Punkte für unverbrauchte Eier. Ach ja ich bin noch schuldig was mit den Eiern ist. Eine der wichtigsten Ressourcen des Spiels beruht auf der Legende, das ein wichtiger Bestandteil des Mörtels für den Bau der Karlsbrücke Eier waren. Der König befahl ganze Warenladungen zum Bau heranzuschaffen.

Das Fazit

In Praga Caput Regni ist soviel los, dass man das nur sehr schwer beschreiben kann. Alles, aber wirklich alles was man hier macht hängt zusammen und ist miteinander verzahnt. Für jeden noch so kleinen Schritt den man macht, bekommt man hier eine Belohnung in Form eines Bonus. Das sind die Microbelohnungen von denen man bei Computerspielen immer hört, die einen bei der Stange halten. Sie funktionieren auch hier und geben einem beim Spiel von Praga Caput Regni ein unglaublich gutes Gefühl. Man hat definitiv nie das Gefühl nichts zu erreichen, auch wenn man eigentlich noch gar nicht so recht weiss, was man hier tut. Das macht das Spiel aber auch sofort für Anfänger interessant, weil diese zunächst niemals das Gefühl haben werden hier versagt zu haben. Hinzu kommt die schwierige Lesbarkeit des Fortschritts der Spieler. Man kann auf soviele Arten im Spiel voranschreiten und man sieht nicht unbedingt wer vorne liegen könnte. Überall gibt es Punkte zu machen und man kann eben auch nicht überall mitmischen. Entweder kümmert man sich viel um den Königsweg oder die Stadt, baut seinen Einfluß an der Universität aus oder sammelt Fortschritt bei den Gebäuden. Für jeden scheint etwas dabei zu sein und jeder wird irgendwie belohnt. Am Ende wird dann aber abgerechnet und wer das am besten hinbekommen hat wird siegen, aber bis dahin, so zumindest meine Erfahrung ist jeder erstmal irgendwie zufrieden oder eben unzufrieden, weil man nicht alles machen kann. Letzteres betrifft aber eher erfahrene Spieler, die schon bemerken das man nicht alles machen kann.

Praga Caput Regni – Aufgewertetes Aktionstableau / Foto: Spieltroll

Praga Caput Regni zu spielen ist auch erstmal einfach, aber es sinnvoll zu durchdringen erfordert Übung. Wo kann man die sinnvollsten Boni wann mitnehmen und wann brauche ich etwas? Macht es Sinn in dieser Runde die eine oder die andere Aktion mitzunehmen? Ist der Vorteil, eine verschmähte Aktion mit Punktebonus zu wählen vielleicht größer als die teure beliebte Aktion? All das sind Fragen die sich erst nach und nach stellen, will man mehr herausholen. In der ersten Partie nimmt man erstmal alles mit was man kriegen kann und das fühlt sich sehr befriedigend an. Das Spiel entpuppt sich aber als extrem verzahntes Meisterwerk in das man viele Partien versenken kann ohne die richtige Strategie gefunden zu haben, wenn es die überhaupt gibt. Ich habe sie nämlich auch noch nicht gefunden. Aber, und das ist ja das wichtigste, es macht tierischen Spaß das herauszufinden, da es hier soviele Möglichkeiten gibt.

Je mehr Spieler mitspielen, desto kleiner wird die Auswahl der Möglichkeiten. Die Dauer ist aber nicht, wie bei Underwater Cities, ein Faktor, der das Spiel bei steigender Spielerzahl schlechter macht. Underwater Cities spielt man meiner Meinung nach am besten zu zweit. Praga macht auch mit mehr Leuten viel Spaß.

Das Material ist sehr gelungen, wenngleich einige Teile mir zu fitzelig klein sind. Der Spielplan ist gewöhnungsbedürftig weil er sehr bunt ist und viel darauf passiert. Insgesamt hat das Spiel aber Tischpräsenz und sieht nach etwas Interessantem aus. Einzig der hohe Startaufwand mit den vielen unterschiedlichen Teilen die sortiert und vorbereitet werden wollen nervt ein bißchen. Ansonsten aber ein tolles Spiel, das einen so richtig fordern kann auch wenn der Ablauf einfach ist.


  • Verlag: Delicious Games
  • Autor(en): Vladimír Suchý
  • Illustrator(en): Milan Vavron
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
  • Dauer: 45 – 150 Minuten

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