Merw war eine im Altertum für den Handel über die Seidenstraße wichtige Stadt. Eine Oasenstadt, die heutzutage im südlichen Turkmenistan verortet werden müsste, denn es gibt sie in der Form nicht mehr. Heutzutage hat Mary ihren Platz eingenommen und ist 30 km weiter westlich gelegen und soetwas wie die Nachfolgestadt. Wenngleich diese auch nicht den Einflusshat, den das antike Merw auf den Handel hatte. Fabio Lopiano der bereits mit Calimala und Ragusa auf sich aufmerksam machen konnte hat sich gemeinsam mit Osprey Games dieser Stadt angenommen und daraus ein Expertenspiel zusammengestrickt. Optisch wurde das ganze von Ian O`Toole verwirklicht und soviel kann ich an dieser Stelle schoneinmal sagen, Merw ist ein ausgesprochen hübsches und ansehnliches Spiel auf dem Spieltisch. Giant Roc nahmen sich der deutschen Lokalisierung an, wobei das Spielmaterial komplett sprachneutral ist. Nun wisst ihr schonmal worum es thematisch geht und dass es sehr hübsch aussieht, aber was steckt tatsächlich für ein Spiel hinter Merw – Das Herz der Seidenstrasse?
Worum geht es?
In Merw geht es tatsächlich um die Stadt an sich. Sie ist Handelszentrum in dafür von zentraler Bedeutung. Die Stadt wird von einfallenden Mongolenhorden bedroht und die Spieler, die in dieser Stadt handeln unddabei den Wohlstand der Stadt vermehren müssen ihren Teil zur Verteidigung der Stadt beitragen, ansonsten wird ihr Wohlstand nicht von Dauer sein. Die Spieler*innen versuchen in nur drei Jahren, die sich in jeweils vier Runden aufteilen, dass beste für sich herauszuholen. Das ist nicht viel Zeit und am Ende dieser nur zwölf Runden steht ein*e Sieger*in nach Punkten fest. Merw dabei einem Mechanismus zuzuordnen ist gar nicht so leicht. Im Zentrum steht ein Gitter mit Stadtplättchen die eigentlich alles steuern und uns unterschiedlichste Aktionen in anderen Stadtteilen erlauben.
Wie läuft das ab?
In Merw ist eine ganze Menge los und es gibt viel zu beschreiben. Dabei findet das gesamte Spiel auf dem Spielbrett statt, das bereits beim auspacken sehr einschüchternd wirkt, weil es so bunt und in viele Bereiche aufgeteilt ist. Diese erkläre ich gleich noch im einzelnen, weshalb ich diesmal nciht mit einem generellen Spielaufbau anfange. Jede*r Spieler*in erhält einiges an Spielmaterial in der gewählten Farbe. Kleine Häuser, Meeple, Scheiben und einen großen Meeple, welcher den Hauptzugstein darstellt. Mit diesem Meeple fange ich einfach mal an. In der Mitte des Spielbretts ist die Stadt mit einem fünf mal fünf Felder großen Gitter dargestellt. Auf diesem Gitter werden zufällig Plättchen ausgelegt, die bestimmte Aktionen und Stadtteile repräsentieren. Das Feld ganz in der Mitte ist dabei in jeder Partie der Kamelmarkt. Um diese Stadt herum gibt es jeweils ein Feld auf dem die Mauer platziert werden kann und noch darum eine Zugleiste, die von den Spieler*innen im Uhrzeigersinn mit ihren Meeplen beschritten wird. In der linken oberen Ecke der Stadt starten die Meeple in einer Reihenfolge die zu beginn zufällig gewählt wird. Die je fünf Felder an jeder Seite der Stadt auf denen die Meeple laufen, korrespondieren mit den Reihen und Spalten der asugelegten Stadtplättchen.
Wenn die Spieler*innen an der Reihe sind, ziehen sie ihren Meeple auf eines der nächsten fünf Felder ihrer Wahl. Besetzte Felder dürfen nicht gewählt werden. Je nachdem wo sie nun stehen, können sie in der Reihe oder Spalte eine Aktion ausführen. Zu diesem Zweck wird ein Plättchen bzw. Gebäude gewählt und aktiviert. Anschließend werden Ressourcen generiert. Wird auf diese Art ein Plättchen ohne Gebäude gewählt, so wird sofort ein Gebäude in der Farbe des Spielers errichtet. Wieviele Ressourcen nun generiert werden hängt von der Anzahl der Gebäude des Spielers ab. Jedes Gebäude in der Farbe des Spielers generiert nun je eine Ressource des auf dem Plättchen angegebenen Typs. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Ressourcen. Wurde ein Plättchen gewählt, auf dem das Gebäude eines Mitspielers steht, so erhält auch dieser Spieler eine Ressource des abgebildeten Typs. Zu guter letzt wird noch zwischen drei möglichen Aktionen gewählt. Entweder die Fähigkeit des gewählten Plättchens wird benutzt, es wird Ruhm generiert oder ein Soldat platziert.
Die Fähigkeiten der Plättchen sind vielfältig und haben mit den einzelnen Stadtvierteln zu tun, auf die ich gleich gesondert zu sprechen komme. Die Ruhmleiste zeigt verschiedene Felder auf denen wir voranschreiten. Auf manchen Feldern ist ein Punktewert angegeben, den wir sofort erhalten, wenn wir das Feld betreten. Verlassen wir es wieder verlieren wir den Ruhm aber nicht, vielmehr erhalten wir den Ruhm sogar erneut, wenn wir das Feld wieder betreten sollten. Ruhm können wir auch noch in vielen der anderen Spielbereiche bekommen.
Möchten wir einen Soldaten platzieren, so stellen wir ihn zum Schutz unseres Gebäudes auf ein Plättchen in der Reihe oder Spalte auf dem schon ein Haus von uns steht. Diese Soldaten helfen uns später bei der Verteidigung Merws gegen die Mongolen. Darüber hinaus gnerieren wir mit jedem Soldaten einen Punkt auf der Einflußleiste. Die Einflußleiste erlaubt es uns diverse bessere Aktionsmöglichkeiten auszuführen, je weiter wir vorrücken. Ganz am Ende der Leiste warten erneut Siegpunkte und Ruhm. Haben nun alle Spieler*innen einen Zug ausgeführt, so Rücken die Figuren in die nächste Ecke vor und eine neue Reihenfolge wird gebildet. Anschließend folgt der nächste Zug an der nächsten Seite der Stadt. Insgesamt also vier Züge, bis wir die Stadt einmal umrundet haben. Dann folgt Runde zwei.
Am Ende won Runde zwei müssen wir Merw gegen den ersten Angriff der Mongolen verteidigt haben. zu diesem Zweck können wir Stadtmauerteile errichten, die jeweils eine ganze Reihe oder Spalte vor den Mongolen schützen. Grundsätzlich wird jede Reihe und Spalte von den Mongolen angegriffen und sie zerstören sämtliche Gebäude auf den ersten beiden Plättchen einer jeder Reihe und Spalte. Also sollte es in unserem Interesse sein, unsere Gebäude zu schützen. Soldaten beschützen diese ebenfalls, werden anschließend aber entfernt, bieten also nur temporären Schutz. Am Ende von Runde drei schlagen die Mongolen auch ein zweites Mal zu. Stadtmauern und Stadttore zu errichten ist also in unserem Interesse und wir werden auch belohnt, wenn wir das tun. Die Stadtmauern stehen in eine rAuslage oberhalb der Stadt bereit und werden mit unterschiedlichen Ressourcen bezahlt. Um diese zu errichten müssen wir eine Maueraktion von den Plättchen auswählen.
Die weiteren Aktionen betreffen die weiteren Stadtbereiche:
Karawanserei
Hier können wir mit Ressourcen versuchen Handelkarten zu erwerben, die unterschiedliche Gewürze darstellen. Wir dürfen allerdings zu Beginn des Spiels nur eine Gewürzsorte sammeln, erst wenn wir mehr Einfluß gewinnen, dürfen wir mehrere Sorten besitzen. Ein Paar einer Sorte versorgt uns mit einer Sonderfähigkeit und am Spielende bringen uns Sets von möglichst vielen unterschiedlichen Gewürzen mehr Siegpunkte.
Marktplatz
Auf dem Marktplatz können wir mit Kamelen Handlesrouten errichten, die uns mit normalen und exotischen Waren versorgen können, die wir unter anderem dafür benötigen, Auftragskarten auszuführen, die uns mit recht vielen Siegpunkten versorgen. Diese liegen am rechten Rand des Spielbretts aus und je nachdem wieviel Einfluß wir besitzen, desto lukrativer werden die Aufträge.
Bibliothek
In der Bibliothek gibt es einmalige Boni zu verdienen. Hier können Schriftrollen für Ressourcen erworben werden, diese wiederum können nach und nach Bonusplättchen für uns freischalten. Es gibt vier Stapel mit aufstiegender Schriftrollenanzahl. Erreichen wir eine bestimmte Anzahl, so dürfen wir uns eines der Bonusplättchen aus dem jeweiligen Stapel heraussuchen und diesen fortan nutzen.
Palast
Mit dieser Aktion können Diener im Palast platziert werden. Es gibt hier vier verschiedene Bereiche, die mit unterschiedlichen Ressourcen bezahlt werden müssen. Diener in den unterschiedlichen Kammern versorgen einen am Ende jeder Runde mit Bonuspunkten für ein bestimmtes Spielelement (Gewürze, Waren, Schriftrollen und Fortschritt in der Moschee).
Moschee
Die Moschee ist ein klassischer Fortschrittsbaum. Hier wird die Farbscheibe eines Spielers immer weitergeschoben, wenn die Aktion ausgeführt und der entsprechende Rohstoff des näcshten Schritts bezahlt wurde. Auch dafür gibt es wieder diverse Belohnungen. Von Bonusplättchen bis hin zu Soldaten, Ruhm und Siegpunkten.
Nach nur drei Runden mit insgesamt zwölf Zügen müssen die Spieler*innen aus diesen verzahnten Spielbereichen, das jeweils beste für sich herausholen, um am Spielende die meisten Punkte zu besitzen. Am Ende bekommen die Spieler*innen noch die Punkte für ihre Gewürzkarten und ein*e Sieger*in steht fest. Ruhm und Einfluß sind danach die Tiebreaker.
Die Version für 2 Spieler bedient sich eines neutralen Spielers, der bestimmte Dinge blockiert. Nicht elegant, aber sehr funktional.
Das Fazit
Merw adäquat zu beschreiben ist eine durchaus schwierige Aufgabe, denn hier ist wirklich alles miteinander verknüpft. Ein Spielzug entscheidet darüber, welches Gebäude errichtet wird, welche Ressourcen ich bekommen und welche Aktion ich ausführen möchte. Bestimmte Aktionen bringen mir wiederum nur etwas, wenn ich Vorraussetzungen erfülle, oder sie versorgen mich mit weiteren Ressourcen, die ich eventuell in späteren Zügen wieder gewinnbringend in weitere Dinge zu tauschen. Dann wäre da aber noch die drohende Gefahr, die mich spätestend nach Runde zwei treffen kann und die nächsten Züge deutlich beeinflussen kann, wenn ich plötzlich nicht mehr wie gewohnt aus vollen Ressourcenvorräten schöpfen kann.
So einfach Merw auch vom Spielablauf daherkommt so sehr ist es auch ein Biest, wenn ich versuche die einzelnen Dinge miteinander in Bezug zu bringen. Der Zeitdruck tut dabei wie gesagt sein übriges, denn nicht nur das die Gefahr der Mongolen droht, nein, Merw hält nur zwölf Spielzüge für mich bereit, in denen ich einen Weg durch dieses Labyrinth von Möglichkeiten finden muss. So hinterlässt mich Merw mit einem Gefühl des Unzufriedenseins, dem ich umgehend nachgehen möchte. Denn das muss besser gehen. Zu Beginn einer Partie denke ich noch das ich einen Plan habe. Den verlasse ich dann aber doch irgendwann, weil meine Mitspieler*innen mir eine lukrative Möglichkeit gelassen haben, die sich ebenfalls gut anfühlen würde und schon ist es nicht mehr ganz so klar, was ich als nächstes machen möchte. Alles fühlt sich gut an und belohnt mich irgendwie, aber ich kann auch einfach nicht alles machen.
Merw ist ein tolles Spiel, da es einen nie befriedigt zurücklässt und ich immer wieder Lust habe es nochmal zu spielen und einen neuen Weg auszubrobieren. Mal voll auf die Moschee zu setzen oder doch in der Karawanserei aufzugehen und viele Gewürzkarten zu sammeln. Herrlich. In jeder Partie etwas neues. Das beste an Merw ist aber die Spiellänge. Eine Partie Merw ist so schnell gespielt für ein Spiel dieser Komplexität, das es mit eine wahre Freude ist. So knackig und kompakt, wie kaum ein anderes Spiel dieser Komplexität.
Also nur Lob? Fast. ich habe noch gar nicht erwähnt wie toll das Material und die Optik von Ian O´Toole ist. Hier wurde ganze Arbeit geleistet. Die einzige Kritik die ich vorbringen kann ist die, dass der Spielaufbau eben nicht gerade schnell von statten geht und die Spieldauer mir im Vergleich dazu faast ein wenig zu kurz vorkommt. Bei unserer Erstpartie hat der Spielaufbau inklusive Erklärung der Regeln deutlich länger gedauert als das Spiel selbst. Das mutet schon ein wenig seltsam an, kann aber durch einen sehr regelkundigen Menschen enorm verringert werden und damit wäre ich bei dem für mich größten Kritikpunkt an Merw und das ist auch hier mal wieder die Anleitung. Diese ist schrecklich und ganz speziell ein Problem der deutschen Version. ich habe sowohl die deutsche und die enlgische gelesen. Die englische ist für mich viel verständlicher und das finde ich merkwürdig. Einige Formulierungen in der deutschen Version sind unglücklich gewählt und missverständlich geschrieben, so dass ich mich nicht nur einmal gefragt habe, was sie von mir will. Ich finde die Kunst des Anleitungschreibens entwickelt sich deutlich zurück. Die Spielanleitungen werden immer schlechter und oft werden Spieler*innen als zu dumm empfunden. Ansonsten kann ich es mir nicht erklären, warum ein und derselbe Satz immer wieder bei nahezu identischen Aktionen aufgeführt steht. Dafür bekommen einige Anleitungen es immer noch nicht hin Spezialbegriffe zu vermeiden, mit denen ein*e neue*r Spieler*in eventuell nicht anfangen kann. Das ist hier zum Glück nicht der Fall, aber unverständliche Formulierungen finde ich hier öfter mal, so dass Merw recht schwierig zu erlernen ist. Das ist aber auch alles, was ich an Merw auszusetzen habe.
Ein knackiges Expertenspiel mit enormer Verzahnung und viel Spieltiefe, dass sofort zu weiteren Partien auffordert.
- Verlag: Giant Roc
- Autor(en): Fabio Lopiano
- Illustrator(en): Ian O´Toole
- Erscheinungsjahr: 2021
- Spieleranzahl: 1 – 4 Spieler
- Dauer: 70 – 90 Minuten
Aber um die Anleitung in englisch lesen zu können muß man diese Sprache sehr gut beherrschen und wer kann das schon
Anleitungen komplexer Spiele in deutsch zu verstehen ist schwer genug.
Also ich hätte keine Lust, mich durch eine englischsprachige Anleitung durchzuackern.
sehe ich ähnlich, daher ja auch die Kritik an der deutschen Anleitung. Wenn diese zum Teil so missverständlich ist, das ich mir wo anders Hilfe suchen muss, stimmt irgendwas nicht.