50 Clues: Leopold Trilogie

Vor ein paar Jahren in Essen ist mir diese Trilogie aufgefallen, da sie mich in ihrer optischen Gestaltung vom Cover her an einen typischen nordischen Thriller erinnerten. Damals gab es die Spiele nur in englischer Sprache, aber sie sollten bald auf Deutsch herauskommen. Irgendwie habe ich sie dann aber doch aus den Augen verloren und erst vor Kurzem, als eine zweite Serie angekündigt wurde bei Game Factory wiederentdeckt. Meine Frau liest sehr gerne all diese skandinavischen Krimis und Thriller und da wir ja bekanntlich auch auf all diese Exit-/Escape-/Rätsel- und Deduktionsspiele stehen, schien uns die Wahl hier nur logisch. Zunächst haben wir uns nur Teil eins zugelegt, aber wie ihr seht ist es dabei nicht geblieben, denn wir wollten wissen wie es weitergeht. Das ist sicherlich schonmal ein Hinweis auf ein Qualitätsmerkmal, aber lasst euch sagen dieses Spiel, und ich betrachte hier die Gesamtheit aller drei Teile, ist zumindest von seiner Story her ein ganz besonderes. Ob man es dennoch spielen muss? Lasst euch (natürlich spoilerfrei) überraschen…

Worum geht es?

In 50 Clues – Die Leopold Trilogie schlüpfen wir in die Rolle der Maria, die versucht von einem, zunächst nicht näher benannten, Ort zu entkommen, um ihren Sohn zu retten, der aus irgendeinem Grund ein Auserwählter sein soll. Außerdem hat dieser Junge irgendwelche Kräfte, die er benötigt, um sie vor einem König mit dem Namen Leopold zu beschützen, der wohl versucht die beiden umzubringen. Dieser starb im Jahr 1909 und sein böser Geist ging von Körper zu Körper über bis in die Zeit in der die Geschichte spielt. Wann das ist, wissen die Spieler aber zunächst nicht. Maria will Leopold mit Hilfe ihres Sohnes auslöschen. Sie kann sich aber aufgrund von Medikamenten die ihr verabreicht wurden nicht mehr an allzu viel erinnern. Soviel zur Prämisse des Spiels, in das wir direkt einsteigen können indem wir die erste Karte lesen.

50 Clues: Leopold Trilogie / Foto: Spieltroll

Wie läuft das ab?

Das Spiel besteht nur aus einem Kartendeck mit 54 großformatigen Karten. Warum 50 Clues? Weil das Spiel aus mehr oder weniger 50 Karten besteht durch die wir uns durchmanövrieren müssen. Die übrigen vier Karten dienen zum Spielstart und der Erklärung, sowie eine als Endkarte. Wir fangen einfach auf Karte eins an zu lesen und erfahren dort neben einem Disclaimer, dass wir einen QR-Code scannen müssen, um mit dem Spiel zu beginnen. Ein mobiles Endgerät wird also benötigt. Für den Rest des Spiels allerdings nicht, hier reicht ein Computer mit Onlinezugang, denn das Spiel wird über eine Webseite gesteuert. Bevor wir mit dem Spiel beginnen können eben wir auf der Webseite einen Code ein, den wir im Schachteldeckel finden und der insgesamt 30 mal verwendet werden kann. Das Spiel hat also einen Verfalltimer.

50 Clues: Das Pendel der Toten – Deck / Foto: Spieltroll

Zurück zum Erklärvideo, das uns nicht nur den Spielablauf erklärt sondern dabei auch noch eine Art kleine Vorgeschichte enthält, die uns die Situation der Protagonistin noch etwas besser erklärt, bereits an dieser Stelle beginnt die Prämisse zu bröckeln und sich zu wandeln. Vielleicht sind wir doch eher der Antagonist. Auf jeden Fall ist das Tutorial ungefähr sechs Minuten lang und erklärt uns die Dinge, die wir wissen müssen, um das Spiel zu spielen sehr gut. Dann kehren wir zu Karte zwei zurück und dort wird uns das ganzen nochmal ohne Video erklärt. Unnötig. Auf Karte drei steht dann die Prämisse, die ich hier vorweggenommen habe. Das fühlt sich irgendwie falsch an, aber dazu später im Fazit mehr. Dann geht es auf Karte vier los.

50 Clues: Das Pendel der Toten – Startkarte / Foto: Spieltroll

Das Spiel zu bedienen ist recht simpel. Wir bekommen eine Karte. Hier Karte vier: ich zeige sie hier um Dinge zu erklären. Da sie die erste spielrelevante Karte ist, kann ich ja auch noch nichts spoilern. Oben links auf einer Karte (hier natürlich unten rechts, weil sie im querformat benutzt werden muss) findet sich immer die Nummer der Karte um sie einfach zu identifizieren. Oben Links hinter einem Minuszeichen in einem Kreis stehen Zahlen von Karten, die wir mit erhalt der Karte ablegen dürfen. Das ist meist hilfreich um den Tisch frei von unnützlichen Karten zu befreien, die wir nicht mehr benötigen.

50 Clues – Rote Zahlen / Foto: Spieltroll

Auf der Karte sehen wir eine Darstellung von einem Ort an dem wir uns befinden oder von einer Situation die uns gerade passiert. Hier befinden wir uns in einem Raum. Die weißen Zahlen im Bild die in einem Kästchen stehen sind weitere Kartenzahlen, die wenn wir sie gefunden haben uns dazu auffordern diese Karten aus dem Stapel zu suchen und uns anzuschauen. Zahlen in roten Kästchen sind Dinge für die wir eine zweite Zahl in einem roten Kasten benötigen. Diese können wir über die Webseite miteinander kombinieren, indem wir die beiden Zahlen in beliebiger Reihenfolge dort in eine Maske eingeben und eine Antwort bekommen, die uns meist mit einer weiteren Karte belohnt oder dem Spiel mitteilt, das wir jetzt einen Gegenstand verändert haben. Ein Beispiel wäre ein Radio und eine Batterie, so das wir hinterher ein funktionierendes Radio haben.

50 Clues – Weiße Zahlen / Foto: Spieltroll

Zahlen in schwarzen Kästchen können so auf der Webseite eingegeben werden, um weitere Informationen zu erhalten oder um mit ihnen etwas zu tun. Auf Karte vier existiert eine solche Zahl nicht. Ganz oft müssen dann Codes in eine Maske eingegeben werden, die aus der Kartennummer gefolgt von einem herauszufindenden Code bestehen. Ab und zu startet recht unvermittelt auch ein Timer, der uns unter Druck setzt, den richtigen Code herauszufinden. Mehr Dinge zur Bedienung von 50 Clues gibt es nicht zu wissen. Alle drei Teile sind in dieser Beziehung gleich.

Wir steuern also Maria durch die Geschichte und stellen schon zu Beginn fest, das sie in einer psychatrischen Klinik einsitzt und versucht aus dieser zu entkommen. Sie ist tatsächlich der Antagonst und hat schreckliche Dinge in der Vergangenheit getan und wird das auch auf ihrer Reise durch die drei Teile weiterhin tun. Soviel muss ich dazu sagen, bevor ich da im Fazit näher eingehen werde. Zunächst aber noch ein kleiner Überblick über die drei Teile und wie wir sie erlebt haben.

Das Pendel der Toten

Die Einführung in dieses gewagte Szenario hat uns zunächst des öfteren überrascht und dient natürlich auch als Fingerzeig, was das Spielsystem kann. Allerdings müssen wir recht bald recht harte Dinge tun und das überrascht die Spieler*innen dann doch. Die Rätsel sind vom Schwierigkeitsgrad alle recht mild und es ist fast immer klar was getan werden muss, auch wenn sich alles in einem streubt. Hinten raus kommen dann ein paar Rätsel, die uns schwergefallen sind, weil wir die ganze Zeit rein mechanisch durch das Spiel gekommen sind und plötzlich inhaltliche Dinge relevant waren, die wir vorher immer nicht gebraucht haben. Das Hilfesystem funktioniert aber gut und bestraft einen mit Punktabzug zum Ende. Wir waren mit unserer Leistung zufrieden auch wenn eine mittlere 70er Prozentwertung dabei herauskam. Der Teil war ein wenig verstörend aufgrund dessen was wir da tun, aber unser Interesse war geweckt auch die nächsten beiden Teile auszuprobieren.

Weißer Schlaf

Hier wussten wir ja nun was uns erwarten würde und wir waren auf alles gefasst. Wir wussten was das Spiel kann und auf was wir zu achten hatten. Durch diesen Teil gingen wir nur so durch. Es gab nur ein Rätsel bei dem wir länger überlegten und schließlich einen Tipp bemühten, der uns sofort in unserer Idee bestärkte. Sonst hätten wir wohl mit hundert Prozent abgeschlossen. so waren es 97. Der Teil war nicht einfacher als der vorige, aber durch die Erfahrung des ersten Teils war uns einfach alles klarer. Außerdem beobachteten wir wie schnell die Hemmungen vor kranken Entscheidungen sinken.

Leopolds Schicksal

Der kranke Höhepunkt sollte es werden und rein von der Story fragten wir uns auch das ein oder ander mal ob das sein muss, aber so ist es halt mit dem Genre des sogenannten Torture Porn. Der Autor wollte die Spieler*innen auf eine düstere Reise durch den Abgrund einer krnaken Seele schicken und die Spieler*innen haben es angenommen. Rein spieltechnisch war Leopolds Schicksal für uns der mit Abstand schwächste Teil. Zum einen merkte man dem Teil an, dass dem Autor hier die Luft ausging und die Rätselresterampe bemüht wurde, um Raum zu füllen. Zum anderen hat der Mann einen Faible für Koordinaten und Positionierungsrätsel, was schon in den ersten beiden Teilen aufblitzte, aber hier ein wenig übertrieben wurde. Außerdem gab es hier zwei Rätsel die wir Partout nicht lösen konnten. Bei einem haben wir es immerhin nachdem wir die Lösung bekamen verstanden, aber das zweite Rätsel habe ich selbst nach der Lösung nicht verstanden. Der Lösungsweg war nicht dabei. Auf BGG gab der Autor dann einen Lösungsweg an einen anderen Spieler, der ebenfalls ein Verständnis Problem mit diesem Rätsel hatte. Auch danach habe ich es nicht verstanden. Bleibe ich halt dumm. Als Abschluß der Reihe okay, aber einzeln betrachtet eher unterer Durchschnitt.

Das Fazit

Insgesamt fällt mein Fazit positiv aus. Aber ich möchte das mit einer eindeutigen unmissverständlichen Warnung aussprechen: Hände weg, wenn ihr zart besaitet seid und Probleme damit habt böse Handlungen nachzuerleben und was in diesem Fall noch viel intensiver ist, nachzuspielen, denn ihr werdet hier zur handelnden Person. Ihr führt diese Dinge aus. Soetwas habe ich auf der Ebene eines Spiels noch nicht erlebt. In This War of Mine tun die Spieler*innen auch moralisch fragwürdige Dinge, sie sind dort allerdings durch die Situation in die sie sich hineinversetzen dazu gezwungen. Hier sind sie die direkt handelnde Person. Es wird nicht abstrahiert oder vorher in einen Kontext gesetzt. Tun oder nicht tun. Irgendwann war es für mich eine Art Rollenspiel in der keine Entscheidungen mehr als Spieler hinter der Figur getroffen habe, sondern das gemacht habe von dem ich überzeugt war, dass es diese kranke Person tun würde, um ihr Ziel zu erreichen, weil es genau das war, was das Spiel von mir wollte.

Wenn ihr mit soetwas keine Probleme habt, bekommt ihr hier ein sehr solides Escape-Spiel mit zum Teil sehr schönen und abwechlungsreichen Rätseln (zumindest in den ersten beiden Teilen), das von seiner Prämisse recht einzigartig ist. Zumindest ist mir kein weiteres, ähnliches Spiel geläufig. Von daher ist es durchaus eine Erfahrung, die ihr als passionierte*r Spieler*in vielleicht gamcht haben wollt, wenn ihr kein Problem damit habt einen Antagonisten zu steuern, der ziemlich kranke Dinge tut.

Rein technisch funktioniert 50 Clues einwandfrei. Wir hatten keinerlei Probleme mit dem Spiel und das Material in Form der großformatigen Karten ist auch sehr gut. Den Illustrationsstil muss man mögen, aber auch der passt für mich ganz gut. Alles ist gut erkennbar.

Eine recht seltsame Entscheidung ist für mich allerdings das Spiel nur 30 Mal spielbar zu machen. Insgesamt ist das eine ausreichende Zahl, denn wer will das schon dreißig Mal spielen. Allerdings wird das Spiel ja wahrscheinlich weitergereicht oder verkauft, so dass irgendwann die Gefahr besteht, dass eine Kopie nicht mehr spielbar ist. Wer führt schon Buch darüber. Finde ich unnötig.


  • Verlag: Game Factory
  • Autor(en): Jeppe Norsker
  • Illustrator(en): Jeppe Norsker
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Spieleranzahl: 1-5 Spieler
  • Dauer: 90 Minuten

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