Richard Garfield ist nicht gerade ein Spieldesigner der sich durch einen hohen Output an Spielen auszeichnet. Aber dafür kommen immer mal wieder echte Perlen von ihm in den Handel. 2017 veröffentlichte er bei Iello, Bunny Kingdom, das zunächst einmal durch das Hasenthema und die Optik des Illustrators Paul Mafayon, Aufsehen erregte. Hinter der durchaus sehr niedlichen Fassade verbirgt sich allerdings ein gar nicht mal so niedliches Machtsspiel, um die Vorherrschaft im Hasenkönigreich. Bunny Kingdom bedient sich dabei eines einfachen Drafting-Mechanismusses, der aber zu weitreichenden Entscheidungen führen kann und macht das Spiel zu einer gar nicht mal so einfach zu lösenden Aufgabe. Also ein Spiel für erfahrene Spieler?
Worum geht es?
Die Spieler wetteifern im Hasenkönigreich um die Vormachtstellung ihrer eigenen Hasensippe. Wer die meisten Möhren (Siegpunkte) besitzt ist der mächtigste Hase im Königreich und wird vom König zum „Langohr“ ernannt. So weit, so gewöhnlich! Das Spiel ist komplett durch Karten gesteuert die man in einem normalen Drafting-Mechanismus für sich erlangen kann. Jede Karte hat einen bestimmten Effekt auf das Spielbrett, das aus einem hundert Felder großem Gitter besteht und über verschiedene Regionen verfügt. Ziel der Spieler ist es durch eine Kombination aus verschiedenen Rohstoffen und Türmen der auf diesen Feldern gebauten Städte, große zusammenhängende Reiche zu schaffen, die in den Wertungen viele Punkte einbringen. Um das zu Ermöglichen bedarf es einer genauen Planung.
Wie läuft das ab?
Der Spielplan wir in die Mitte des Tisches gelegt, er verfügt über zwei Bestandteile auf der einen Seite befindet sich ein zehn mal zehn Felder großes Gitter mit einer Landschaft darauf und auf der anderen Seite findet man eine Punkteskala. Das Gitter ist mit Koordinaten versehen und in jedem Feld befindet sich genau einer von sechs möglichen Landschaftstypen. Es gibt Wälder, Äcker, Meere, Ebenen, Gebirge und Städte. Wälder, Äcker und Meeresfelder produzieren jeweils Holz, Möhren und Fisch als Rohstoff. Diese Rohstoffe sind durch kleine Schildchen mit Symbolen an den Feldern dargestellt. Auf die Stadtfelder wird zu Spielbeginn jeweils eine Plastikstadt mit einem Turm gestellt. Die Plastikstädte gibt es noch in zwei weiteren Ausführungen mit zwei oder drei Türmen, um ihre Stärke zu symbolisieren. Ein weiteres kleines Element sind Lavaströme zwischen zwei Gebirgsfeldern. Diese trennen eigentlich nebeneinander liegende Felder, so dass sie über diese Grenze nicht als verbunden zählen.
Jeder Spieler bekommt einen Satz Hasenfiguren mit 36 Hasen. Eine dieser Figuren dient als Punkteanzeiger und wird auf Feld 0 der Punktesakala gestellt. Des weiteren gibt es an Spielmaterial nur noch ein paar dreieckige Plättchen, die im Verlauf des Spiels benötigt werden, sowie weitere Plastikstädte die bereitgelegt werden. Den Rest des Spiels bildet ein riesiger Kartenstapel aus 182 Erkundungskarten der gemischt werden muß. 100 der Karten sind jeweils einem der Felder des Spielplans zugeteilt und der Rest teilt sich auf Gebäudekarten, Schriftrollen und Vorratskarten auf.
Eines vorweg zum Spielablauf. Das Spiel für zwei Personen funktioniert einen Tick anders als das Drei- oder Vierpersonenspiel, deshalb gehe ich da zum Schluß nochmal gesondert ein. Die Beschreibung des Spielablaufs trifft also erstmal nur auf diese Spielerzahlen zu. Das Spiel verläuft über insgesamt vier Runden. Zu Beginn einer jeden Runde erhält jeder Spieler eine Kartenhand mit 12 Karten bei drei und 10 bei vier Spielern. Das Spiel läuft dann in drei Phasen ab. Die erste Phase ist das Erkunden, in der jeder Spieler sich zwei seiner Handkarten aussucht, die er gleich ausspielen möchte und verdeckt vor sich ablegt. Alle anderen Karten gibt er an einen Nachbarn weiter. In jeder Runde wird die Richtung des Weitergebens gewechselt. In Teil zwei der Erkundungsphase werden die Karten umgedreht und ausgespielt (Ausnahme sind die Schriftrollenkarten, diese bleiben verdeckt liegen). Hier können jetzt verschiedene Sachen passieren: wurde eine Gebietskarte mit einer Koordinate ausgespielt, so setzt der Spieler eine seiner Hasenfiguren in das Feld auf dem Spielplan. Beinhaltet das Feld eine Stadt stellt er oder sie die Figur in die Stadt. Wird eine der Bauwerkskarten gespielt, so sucht sich der Spieler das entsprechende Bauwerk (dreieckige Marker oder Stadt) aus dem allgemeinen Vorrat und platziert es auf der Karte. Die Karte bleibt weiter offen vorm Spieler liegen. Schriftrollen bleiben verdeckt bis zum Spielende vor den Spielern liegen, aber die Spieler dürfen sich jederzeit ihre Schriftrollen ansehen. Die eltzte Möglichkeit ist eine Vorratskarte, die es einem Spieler erlaubt sofort zwei weitere Karten vom Stapel zu ziehen und ihre Effekte zu nutzen. Alle benutzen Karten wandern auf en Ablagestapel. Dann wird die nächste Erkundung gespielt, solange bis alle Karten aufgebraucht sind.
Phase zwei ist dann das Bauen der Bauwerke die offen vor den Spielern ausliegen. Die Spieler dürfen ihre Bauwerke in dieser Phase auf dem Spielplan einsetzen, müssen das aber nicht tun und können sie mit in die nächste Runde nehmen. Sie dürfen die Gebäude nur auf von ihnen kontrollierten Feldern einsetzen. Es gibt verschiedene Arten von Bauwerken und einige von ihnen haben Vorraussetzungen für den Bau. Grundsätzlich gilt, das nur ein Gebäude pro Feld erlaubt ist. Eine Stadt darf einfach auf einem Feld eingesetzt werden, lediglich die großen dreier Städte dürfen nur auf Gebirgsfeldern gebaut werden. Vorhande Hasen werden in sie hineingestellt und wenn ein Gebiet einen Rohstoff produziert gillt das auch noch mit einer Stadt. Da muss man manchmal ein wenig aupassen, dass man sie auf dem Spielplan nicht übersieht. Der zweite Gebäudetyp sind Bauernhöfe. Sie haben jeweils ein Rohstoffsymbol in der Ecke und ergänzen das Feld des Spielplans durch einen Rohstoff. Es gibt Bauernhöfe mit den Basisressourcen, die man einfach irgendwo bauen darf und es gibt Luxusbauernhöfe die einzigartige Rohstoffe in die Welt bringen, die meistens auf bestimmeten Feldern gebaut werden müssen. Handelsposten erlauben es jede Runde einen anderen Rohstoff von dem Feld zu generieren auf das sie gelegt werden und Lager erlauben den vorrübergehenden Besitz eines Feldes, dass man nicht durch eine Koordinatenkarte unter seiner Kontrolle hatte. Lager müssen später eventuell wieder entfernt werden, wenn jemand über die Gebietskarte das Feld tatsächlich kontrolliert. Das letzte Gebäude ist der Riesenturm, über den man zwei Felder, die nicht benachbart sind, zu einem Gebiet zusammenschließt.
In der dritten Phase werden dann Möhren (Punkte) geerntet. Hier zählen die Spieler ihre Gebiete aus. Gebiete entstehen über horizontal oder vertikal zusammenhängende kontrollierte Felder auf dem Spielplan. Solche Gebiete sind allerdings nichts Wert, wenn sich keine Rohstoffe und Städte in ihnen befinden. Wie groß ein Gebiet ist, ist tatsächlich egal, es geht nur um die Anzahl der verschiedenen Rohstoffe in einem Gebiet, die mit der Anzahl der Stadttürme multipliziert wird. Also ein Gebiet in dem vier verschiedene Rohstoffe vorhanden sind und vier Stadttürme enthält, ist 16 Punkte wert, die auf der Skala angezeigt werden. So wird mit allen Gebieten verfahren. Auch ein einzelnes Feld auf dem zum Beispielm Holz produziert wird und eine Stadt mit einem Turm steht ist einen Punkt wert.
Nachdem alle ihre Punkte erhalten haben startet die nächste Runde nach dem gleichen Muster. Nach vier Runden ist das Spiel zu Ende und es kommt zur finalen Punktevergabe bei der nun auch sämtliche Schriftrollen aufgedeckt werden. Auch bei ihnen gibt es zwei verschiedene Typen. Schatzkarten, die einfach eine bestimmte Zahl an Punkten wert sind und Aufträge, die zum Teil eine sehr große Menge an Punkten einbringen können, wenn man bestimmte Kriterien erfüllt. Hier gibt es zum Beispiel Karten die einem Punkte für jeden Rohstoff den man kontrolliert einbringen oder für bestimmte Felder. Eine Vielzahl an Karten die allesamt toll illustriert sind. Wer danach die meisten Punkte auf seinem Konto hat gewinnt Bunny Kingdom.
Die Zweispielerpartie möchte ich hier nocheinmal gesondert hervorheben, denn ich finde sie sehr gut gelungen. In einer solchen Partie bekommen die Kontrahenten zu Beginn einer Runde zehn Karten auf die Hand und zehn Karten werden verdeckt vor ihnen als Reserve abgelegt. In der Entdecken-Phase ziehen die Spieler zunächst eine Karte aus der Reserve und entscheiden sich dann für eine Karte die sie ausspielen wollen, legen sie verdeckt vor sich ab und legen eine weitere Karte verdeckt in die Reserve zurück. Anschließend werden die Karten weitergegeben. Der Rest des Spiels ist identisch. Aber diese kleine Ergänzung mit der Reserve läßt die Version ein wenig taktischer werden, da man Sachen vor dem Gegner zurückhalten kann, indem man sie in der Reserve bunkert. Natürlich macht einem da manchmal dsa eigene Gedächtnis einen Strich durch die Rechnung, wenn man eine Karte nicht mehr wiederfindet und sich die Position falsch gemerkt hat.
Das Fazit
Bunny Kingdom hat in unserer Familie sofort gezündet und wir waren von den verschiedenen Siegstrategien recht begeistert. Unsere Tochter hat sich kaum um große Gebiete und viele Rohstoffe bemüht, sondern konsequent auf viele Schriftrollen gesetzt und hat damit ziemlich abgeräumt. Die Einstiegshürde in Bunny Kingdom ist minimal. Das Drafting bekommt eigentlich jeder hin, aber hinterher zu einer Menge Punkte zu kommen erfordert einiger Planung mit den vorhandenen Karten, die man so in jeder Runde zu Gesicht bekommt. Generell scheinen die Luxusressourcen einem einen Punktevorsprung zu generieren und stellen eine sichere Siegstrategie dar, aber wie das Beispiel unserer Tochter zeigt, muss das nicht zwingend so sein.
Die Zweispielervariante gefällt meiner Frau und mir auch ausgesprochen gut und sollte eine besondere Empfehlung bekommen. Paul Mafayon hat wunderbare Illustrationen für das Spiel kreiert und hebt es auf ein besonderes Niveau. Schade ist nur, dass das Spielmaterial nicht ganz mithalten kann. Die Plastikteile wirken recht billig und die Karten sind von recht merkwürdiger Qualität, sie sehen gut aus, fühlen sich aber irgendwie billig an und kleben selbst bei einem neuen Spiel schon recht hartnäckig aneinander. Schade eigentlich das dort nicht ein wenig mehr investiert wurde. Ein weiterer Kritikpunkt gilt dem Spielbrett. In einem Spiel zu zweit ist alles noch ganz gut auseinanderzuhalten, aber bei drei oder vier Personen wird das viel zu kleine Spielbrett recht schnell total unübersichtlich. Auch kann man manchmal die Rohstoffsymbole unter den Städten schwer erkennen. Hier hätte ein Spielplan mit größeren Feldern gut getan. Diesen soll es bei einer Neuauflage auch geben. Besitzern des alten Spiels hilft das aber nur wenig, auch wenn es eine Möglichkeit zum bestellen eines größeren Bretts gegeben haben soll, die allerdings mitlerweile nicht mehr existent ist.
Spielerisch also total zu empfehlen mit kleineren Materialschwächen, die ich aber bei der Qualität des Spiels leicht übersehen kann.
- Verlag: Iello
- Autor(en): Richard Garfield
- Erscheinungsjahr: 2017
- Spieleranzahl: 2 – 4
- Dauer: 40 – 60 Minuten
Mein Dank gilt Anja, die mich kontaktierte, um mir mitzuteilen, dass sie noch eines der begehrten Spielbretter hat. Inzwischen ist es in meinem Besitz und ich kann sagen, dass das Spielerlebnis um einiges besser geworden ist. Großes Spielbrett für Bunny Kingdom ist also nur zu empfehlen. Danke Anja! 🙂