Konnte auch keiner ahnen, dass der Däne Kasper Lapp mit seinem Erstlingswerk gleich zu einem derart großen Wurf ausholen würde. Magic Maze, mit seiner total abgefahrenen Prämisse und mit den ebenso abgefahrenen, zwar nicht neuen, aber so noch nie dagewesenen Spielkonzepten, hat im Jahr 2017 für einigen Wirbel in der Spieleszene gesorgt. Nicht zu letzt weil es mal wieder ein Spiel auf die Liste zum Spiel-des-Jahres-Preis geschafft hatte, was so anders war als alles andere in dem Jahr. Leider hat es den Preis nicht gewonnen, dafür war Kingdomino 2017 dann vielleicht doch einfach zu stark, aber gehofft habe ich bis zum Schluß das hier mal wieder Innovation gewürdigt worden wäre.
Viele Menschen haben mit so einer Art Spiel allerdings auch Probleme, ich gehöre zwar nicht dazu, aber auch für mich ist es eben kein Spiel für jedermann, was dann vielleicht auch am ehesten erklärt, warum es den Preis doch nicht mit nach Hause genommen hat. Ich finde sogar, das es ein gutes Spiel für Teambildungsmaßnahmen und das ein oder andere Management-Seminar sein sollte.
Worum geht es ?
In Magic Maze übernehmen die 1 – 8 Spieler alle zusammen die Aufgabe den vier klischeehaften Fantasyhelden des Spiels ihre Ausrüstung wiederzubeschaffen. Diese wurde ihnen nämlich geklaut und wenn man so ein richtiger Fantasyheld ist, kann man natürlich nicht ohne eine gescheite Ausrüstung auf sein nächstes Abenteuer aufbrechen. Deshalb brechen die vier in ein magisches Kaufhaus ein und „besorgen“ sich kurzerhand neue Ausrüstung. Kaufhäuser sind aber meistens gegen Einbruch und Diebstahl gesichert, wie auch in diesem Fall. Nachdem alle ihr Zeug in den Kaufhausregalen gefunden haben, bricht der Alarm los und die vier müssen durch einen Ausgang entkommen. Klingt ganz simpel? Ist es aber nicht, denn die Spieler übernehmen jeweils nur eine Aktionsmöglichkeit für alle Figuren. Das heißt ein Spieler darf nur nach Norden gehen, ein anderer nur nach Westen, ein Spieler darf nur Rolltreppen benutzen und nur einer neue Gebiete erkunden und zu allem Überfluß dürfen die Spieler auch nicht miteinander reden und das Ganze geht auch noch auf Zeit.
Wie läuft das ab?
Der Spielaufbau ist ganz simpel, das Spielfeld ist modular und besteht aus quadratischen Kacheln. Zu Beginn liegt nur die Startkachel auf dem Spieltisch (es gibt zwei Versionen), in deren Mitte stehen auf vier Feldern die vier bunten Pöppel der Protagonisten, ein Krieger, ein Zauberer, ein Zwerg und ein Elf, wie damals bei Hero Quest, die Fantasy-Standard-Besetzung! Sämtliche für dieses Spiel benötigte Kacheln werden gemischt und als verdeckter Stapel bereitgelegt. Die Sanduhr mit drei Minuten Laufzeit wird genauso in der Mitte platziert wie auch der goße rote „MACH WAS!“-Pöppel. Als weiteres Spielmaterial gibt es noch ein Erinnerungstableau, sowie ein paar Pappkreuze um verbrauchte Sanduhren auf dem Spielfeld anzuzeigen. Zu guter Letzt bekommt jeder Mitspieler ein von der Spielerzahl abhängiges blaues Kärtchen mit den Aktionen, für die man in dieser Runde zuständig ist, ausgehändigt.
Es gibt sieben mögliche Aktionen, die auf den Kärtchen abgebildet sein können, die vier Bewegungspfeile für jede Himmelsrichtung, sowie die Aktion Portale benutzen zu können, die Aktion Rolltreppen zu bedienen und die Aktion neue Gebiete zu erkunden. Zu jeder möglichen Spieleranzahl gibt es einen Kartensatz, da ja alle sieben Aktionen auf den Kärtchen verteilt sein müssen. Im Spiel zu dritt beispielsweise übernehmen zwei Spieler je zwei Aktionen und ein Spieler gar drei Aktionen. Die Spieler können sich aussuchen wer welches Kärtchen bekommt oder man lost es aus.
Wenn alle bereit sind startet das Spiel damit, dass einer die Sanduhr umdreht. Danach ist im Prinzip Anarchie angesagt, es gibt keine Zugreihenfolge, jeder Spieler macht eine seiner Aktionen wann er will. Die Spieler haben, wie bereits erwähnt, das gemeinsame Ziel die vier Helden wieder auszurüsten. Um das zu tun, müssen sie jede der vier Figuren auf ihr Ausrüstungsfeld ziehen, welches sich auf irgendeiner der verdeckten Kacheln befindet. Alle Figuren müssen gleichzeitig einmal auf ihrem Ausrüstungsfeld stehen, bevor die zweite Phase, die Flucht aus dem Einkaufszentrum, beginnt. Dazu später mehr.
Auf den Kacheln gibt es Räume, Gänge und Wände. Durch Wände darf man natürlich nicht durchziehen. An den Rändern der Kacheln befinden sich Durchgänge, durch die man auf weitere Kacheln gelangen kann. Diese haben aber jeweils eine der vier Farben der Spielfiguren und nur wenn sich die entsprechende Spielfigur auf einem solchen Feld befindet, darf der Spieler der über die Erkundungsaktion verfügt, eine Kachel anbauen. Auf den Kacheln gibt es immer einen Durchgang mit einem Pfeil, der dann als Eingang auf die neue Kachel fungiert. Dann gibt es noch Felder mit Rolltreppen, die nur der Spieler mit der Rolltreppenaktion betreten und benutzen darf. Weitere Felder auf den Kacheln können Sanduhren sein, auf denen man die Sanduhr umdreht, wenn man sie betritt. Danach sind sie aber verbraucht und man markiert sie mit einem der bereitgelegten Pappkreuze. Portalfelder gibt es auch noch, diese kann der Spieler mit der Portalaktion benutzen, indem er die der Farbe des Portals entsprechende Figur von irgendwo auf dem Spielfeld auf das Portalfeld setzt. Diese verbrauchen sich nicht, dürfen aber sobald die Flucht beginnt nicht mehr benutzt werden. Als letztes mögliches Feld gibt es noch die Ausgänge, die es ebenfalls in den vier Farben der Spielfiguren gibt. Ihr könnt es euch schon denken, um das Kaufhaus mit der geklauten Ausrüstung zu verlassen muss jeder der Helden durch seinen eigenen Ausgang fliehen.
Die Flucht setzt in dem Moment ein, wenn alle vier Figuren auf ihrer Ausrüstung stehen, spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten also auch alle Ausgänge auf den Kacheln aufgedeckt worden sein. Sollte man es schaffen in der verbliebenen Zeit die Ausgänge mit allen vier Figuren zu erreichen, dann hat man das Spiel gemeinsam gewonnen. Sollte aber zu irgendeinem Zeitpunkt die Sanduhr abgelaufen sein, dann hat man verloren. Es gibt auf den aufzudeckenden Kacheln auch nur vier weitere Sanduhren zu entdecken, was bedeutet das ein Spiel maximal 15 Minuten dauern kann.
Dadurch das man nicht reden darf und sich nicht absprechen kann, kommt eine gewisse Schärfe in das Spiel, falls jemand mal partout nicht erkennt, dass man eine Aktion machen müsste. Zu diesem Zweck gibt es aber den „MACH WAS!“-Pöppel, der zum Zeichen das ein bestimmter Spieler etwas tun muss vor ihm abgestellt werden kann. Das ändert aber nichts daran, dass es Zeitgenossen gibt die auch mit sowas nicht umgehen können.
Es gibt im Regelheft eine kleine Kampagne die man so auch spielen sollte, um das Spiel zu erlernen es beginnt ganz harmlos mit nur neun Kacheln und einem Durchlauf in dem die Spieler noch miteinander reden dürfen und auch müssen alle Figuren noch durch denselben Ausgang fliehen. Von Runde zu Runde wird dann aber das Niveau ein wenig gesteigert, später kommen noch Regeln für Überwachungskameras hinzu und auch werden die blauen Aktionskärtchen nach Benutzung eines Sanduhrfeldes im Uhrzeigersinn weitergegeben, so dass man sich ständig auf neue Aktionen einstellen muß.
Das Fazit
Magic Maze ist wirklich große Klasse und macht mit den richtigen Leuten auch Spaß. Aber Leute die schnell gefrustet sind und keine Kritik vertragen können sollten einen Bogen um Magic Maze machen. Auch Schlaftabletten sind hier definitiv nicht richtig aufgehoben. Aber ich denke jeder sollte es mal ausprobiert haben. Spiele mit einer Zeitkomponente gibt es viele. Spiele bei denen man nicht sprechen darf gibt es auch. Spiele bei denen man beides berücksichtigen muss und auch noch keine eigene Spielfigur hat, sondern gleich zusammen mit seinen Mitspielern völlig frei alle Spielfiguren gleichzeitig bewegen muss, kannte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Ein wirklich besonderes und außergewöhnliches Spiel.
- Verlag: Sit Down! Games
- Autor(en): Kasper Lapp
- Illustrator(en): Gyom
- Erscheinungsjahr: 2017
- Spieleranzahl: 1 – 8
- Dauer: 15 Minuten
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