Eine Wundervolle Welt ist ein Spiel an dem man sehr gut vorbeilaufen kann, was man aber nicht unbedingt sollte. Meiner Meinung nach ist das Cover für das Spiel eher eines der Sorte „möchte ich nicht spielen“. Andersherum glaube ich, dass Spieler die durch das Cover Lust auf das Spiel bekommen durchaus enttäuscht wären, weil man ein anderes Spiel erwartet. Ich kann nicht ganz genau sagen woran das liegt, vielleicht an den Soldaten auf der einen Seite. Keine Ahnung denn für viele scheint hier wohl Dystopie und Utopie abgebildet zu sein. Auch der Autor Frédéric Guérard sagte mir überhaupt nichts, so das die Gefaahr des Linksliegenlassens schon gegeben ist. sollte man aber wirklich nicht tun, denn Eine Wundervolle Welt ist soetwas wie der Geheimtipp des Jahres 2019. Der Kobold Spieleverlag nahm sich dem Spiel in der Spieleschmiede an und veröffentlichte Ende letzten Jahres eine deutsche Version, bei der ich gleich All-In gegangen bin und die Vermächtnis-Box gebackt habe. In dieser Review soll es aber ersteinmal nur um das Hauptspiel gehen.
Worum geht es?
In Eine Wundervolle Welt geht es rein thematisch schon um die Zukunft und wie wir sie als Spieler gestalten wollen. Das Spiel gibt eine militärisch dominierte Dystopie und eine hochtechnisierte Wohlfühlzukunft als Dys- und Utopie vor. Wobei sogar ein paar fantastische Anleihen darin vorkommen. Es liegt in der Hand der Spieler, sich rein grafisch dafür zu entscheiden, denn ansonsten hat das Thema überhaupt keine Bedeutung. Die Mechanik ist es, die Eine Wundervolle Welt so scheinen lässt. Im Grunde haben wir es mit einem Draftingspiel zu tun, in dem wir Karten bauen können, die Dinge in der Spielwelt darstellen. Das tun wir in dem wir Ressourcenwürfel über diese Karten erwirtschaften, die wir gleichzeitig zum Bau der Karten benötigen. Am Ende gewinnt natürlich derjenige, der die meisten Siegpunkte generieren konnte.
Wie läuft das ab?
Was ich da oben ein wenig kryptisch versucht habe zu beschreiben, werde ich nun mal ein wenig aufdröseln, denn so kompliziert wie das alles klingt ist das nämlich eigentlich gar nicht. Also, jeder Spieler schlüpft zu Beginn in die Rolle eines Imperiums, die, so ähnlich wie bei Terraforming Mars, eher eine die Zukunft dominierende Firma, angelehnt an unsere Kontinente, representieren. Die Imperiumskarten verfügen über zwei Seiten. Eine B-Seite, auf der alle die gleichen Ressourcen für die Spieler bringen, die aber erst für spätere Spiele empfohlen wird und eine A-Seite mit individuellen Siegpunktebedingungen und Ressourcen, die zum Start etwas einfacher sind. Nach ein paar Partien mit den A-Seiten kann man auf die gleichförmigen B-Seiten wechseln, wichtig ist nur das alle Spieler entweder A oder B spielen. Die Imperiumskarte legen die Spieler vor sich aus.
In der Mitte des Spieltisches wird das Spielbrett in Form eines Pfeils ausgelegt. Auf dem Pfeil befinden sich fünf farbige Bereiche für die unterschiedlichen Ressourcen des Spiels. Die entsprechenden farbigen Würfel werden auf jedes Feld gelegt. Unter dem Pfeil gibt es noch drei Bereiche für weiteres Spielmaterial. Links und rechts werden die entsprechenden Personenplättchen ausgelegt und in der Mitte die rote Jokerressource Krystallium.Über dem Pfeil gibt es Ablagebereiche für den Kartennachziehstapel und einen Ablagestapel. Der Rundenanzeigering wird auf die eins gelegt und zeigt uns an, in welche Richtung später gedraftet wird. Die sogenannten Entwicklungskarten werden gemischt und als Stapel bereitgelegt.
Nun geht es auch schon los. Jeder Spieler erhält verdeckt sieben Karten vom Entwicklungskartenstapel. Ein Spiel dauert nur vier Runden und jede Runde besteht aus drei Phasen. Die Spieler wählen in der ersten Phase eine Karte aus ihrer Hand aus, die sie später eventuell benutzen wollen. Dann geben sie die Karten an den nächsten Spieler weiter und erhalten ebenfalls für sie neue Karten von einem anderen Spieler. Nun wird die Karte aufgedeckt. Aus den nun sechs Karten wählen sie wieder eine und geben erneut weiter. Das machen sie solange, bis alle Karten verdraftet wurden und jeder Spieler sieben Karten in seinem Draftingbereich vor sich liegen hat.
Weiter geht es mit der Planungsphase in der die Spieler überlegen müssen, welche der Karten sie nun bauen und welche sie recyclen wollen. Jetzt wird es Zeit sich eine Entwicklungskarte mal etwas genauer anzuschauen. Diese Karten zeigen nicht nur Artwork, sie gehören bestimmten Kategorien an, die für Siegbedingungen relevant sind und haben auf der linken oberen Seite eine Leiste mit kleinen farbigen Rohstofffeldern. Hier müssen Ressourcenwürfel in den jeweiligen Farben abgelegt werden. Wenn alle Würfel vorhanden sind, ist eine Karte fertig gebaut und wird dem Imperium hinzugefügt. Im unteren Bereich zeigt die Karte außerdem, welche Ressourcen sie für das Imperium generieren, ob sie zusätzliche Punkte bringen und ganz links in der Ecke auch, was man für die Karte bekommt, wenn man sie recycelt. Das ist in der Regel eine Ressource. Möchtest du nun eine Karte Bauen, so legst du sie in deinen Baubereich rechts neben deine Imperiumskarte. Für jede recycelte Karte bekommst du aus dem Vorrat eine Ressource und darfst sie entweder auf ein freies Ressourcenfeld einer der Karten im Bau legen oder legst sie direkt auf deine Imperiumskarte. Sollte durch das recyceln eine Karte komplett gefüllt werden, so wird sie auch direkt gebaut. Fertiggebaute Karten werden oben an die Imperiumskarte angelegt, so daß man alle Ressourcen die man in seinem Imperium produziert ganz einfach sehen kann. Die Spieler handeln diese Phase komplett parallel ab.
Danach folgt die Produktionsphase und der Pfeil kommt zum Einsatz. Diese Phase besteht aus fünf aufeinanderfolgenden Produktionsabschnitten und wird von links nach rechts abgehandelt. Zunächst folgt die graue Ressource (Baumaterial). Die Spieler schauen nach, wieviel Baumaterial ihr Imperium produziert und erhalten soviele Ressourcenwürfel. Diese Würfel legen sie sofort auf freie Plätze auf ihren Entwicklungskarten oder auf ihre Imperiumskarte. Sollten sie fünf Würfel auf der Imperiumskarte haben, so müssen sie diese gegen ein Krystallium tauschen, das sie auf ihre Imperiumskarte legen. Das Krystallium darf jederzeit auf eine Karte gelegt werden, um eine fehlende Ressource zu ergänzen. Manche Karten erfordern aber auch Krystallium in ihren Baukosten. Auch hier gilt wieder, ist eine Karte fertiggebaut, so wird sie sofort in das Imperium integriert und wandert in den entsprechenden Bereich. Zusätzlich bekommt der Spieler mit den meisten Ressourcen dieser Produktion einen der beiden auf dem Pfeil abgebildeten Marker (Geldgeber oder Generäle). Diese bringen später Siegpunkte und sind für mache Siegbedingungen wichtig.
Nun folgt Schritt zwei mit der schwarzen Ressource (Energie). Die Spieler schauen wieder ihre Produktion an und erhalten soviele Würfel wie angegeben. Sollten sie in dem Schritt zuvor eine Karte fertiggebaut haben, die schwarze Ressourcen produziert, so erhalten sie diese bereits in diesem Produktionsschritt. Die Spieler bauen die Würfel wieder ein oder tauschen sie um und verfahren so Schritt für Schritt auch mit den nächsten drei Farben Grün (Wissen), Gelb (Gold) und Blau (Erkundung). Danach endet diese Phase und auch die Runde.
In der nächsten Runde wird genauso gespielt, nur die Richtung des Drafts ändert sich. Um das anzuzeigen wird der Anzeiger für die Runde auf die andere Seite umgedreht und zeigt die Richtung auch an. Nach vier Runden endet die Partie und die Siegpunkte werden ausgerechnet. Einige Karten besitzen einfach direkt Siegpunkte und andere bringen Multiplikatoren mit sich, die mit der Anzahl einer bestimmten Kartenart multipliziert Punkte bringen. Zusätzlich gibt es Punkte für die Geldgeber- und Generalmarker.
Im Spiel zu zweit ändert sich nicht so wahnsinnig viel außer, dass die Spieler einn wenig mehr Auswahl bekommen und zehn Karten ziehen. Nachdem jeder sieben Karten ausgewählt hat wird der Rest abgeworfen. Außerdem verfügt Eine Wundervolle Welt auch über einen durchaus gelungenen Solospielmodus, bei dem man versucht einen bestimmten Punktewert zu erreichen. Das klingt ersteinmal nicht so spannend. Allerdings empfinde ich den Schwierigkeitsgrad als durchaus knackig und herausfordernd und das Spiel kommt mit einigen Szenarien daher, in denen eine kleine Geschichte angedeutet wird und in denen man verschiedene „Startaufstellungen“ durch bestimmte Entwicklungskarten bekommt, die sich von Beginn an in der Bauzone befinden. Funktioniert wirklich gut und machte mir beim Testen auch Spaß.
Das Fazit
Eine Wundervolle Welt ist eines dieser supereinfach zu verstehenden Spiele, bei dem einem erst beim ersten Spielen auffällt, wo der Knackpunkt genau sitzt und was man eigentlich genau tun muss, um das Spiel noch erfolgreicher zu spielen. Es fängt simpel an und man denkt das es eines dieser Draftingspiele ist, bei denen man sich einfach immer nur was Schönes aussucht und dann bekommt man Rostoffe und muss die Dingerchen bauen, aber dann stellt man plötzlich fest, dass man ja, wenn man Dinge zur richtigen Zeit fertigstellt, von ihnen noch viel mehr profitieren kann. In der nächsten Sekunde fällt einem dann aber auf, dass das doch gar nicht so einfach ist, weil man vorausplanen muss, wann man wieviele der Ressourcen zur Verfügung hat. Die Maschine läuft irgendwann und denkt man zu Beginn noch, dass vier Runden ja echt schnell vorbei sind und man ja wohl nicht fertig wird, steigert sich das positive Gefühl etwas zu Erschaffen von Runde zu Runde. Ich habe bisher kein anderes Spiel erlebt, dass einen so starken Schneeballeffekt hervorruft. Noch am Ende von Runde zwei denkt man sich, ich bekomme in diesem Spiel nichts hin, aber in der vierten Runde baut man plötzlich soviele Dinge fertig und profitiert von ihnen, dass es eine wahre Freude ist.
Eine Wundervolle Welt verbindet ziemlich gekonnt die Vorzüge von einem 7 Wonders Draft, indem man hier um die besten Karten buhlt, von denen man sich die beste Produktion verspricht, mit dem Engine Building eines Terraforming Mars, ohne dessen Komplexität zu erreichen. Denn das wundervolle an Eine Wundervolle Welt ist die Einfachheit mit der es sich spielt. Hier gehört es für mich sogar eher in die Kategorie eines Gateway Games wie Splendor oder Century Spice-Road, fühlt sich aber durch die Produktionsreihenfolge die es bereits beim Draften zu beachten gilt doch komplexer an. Ich bin tatsächlich ziemlich begeistert von dem Spiel, dass für mich in jeder Spielerkonstellation Spaß macht. Bis zu fünf Spieler können Spielen und es macht keinen Unterschied, weil alles gleichzeitig passiert. Eine Partie dauert immer so um die 45 Minuten bis maximal zu einer Stunde, wenn man schon viel nebenbei quatscht, ansonsten sind 45 Minuten die richtige Zeitangabe. Auch zu zweit macht es uns genausoviel Spaß, weil die Änderungen minimal sind und das Spiel trotzdem gut funktioniert. Am meisten hat mich aber der Solomodus überrascht, den ich als sehr gut bezeichnen möchte auch wenn er recht knackig angesetzt ist. Die Szenarien zu versuchen macht wirklich Spaß.
Das Material ist gut und zweckdienlich, das einzige was mir wirklich überhaupt nicht an Eine Wundervolle Welt gefällt ist das Artwork mit den Illustrationen und das Thema das dem Spiel zu Grunde liegt. Das Thema ist zum Glück absolut zu vernachlässigen, denn eigentlich hat dieses Spiel gar kein Thema. Die Artworks allerdings sind mir irgendwie zu überladen und bunt. Weniger wäre da für mich deutlich mehr. Ansonsten ist das Spiel aber einfach nur Top und ist für mcih eines der besten Spiele des letzten Jahres.
- Verlag: Kobold Spieleverlag
- Autor(en): Frédéric Guérard
- Illustrator(en): Anthony Wolff
- Erscheinungsjahr: 2020
- Spieleranzahl: 1 – 5 Spieler
- Dauer: 45 Minuten
2 Gedanken zu „Eine Wundervolle Welt“