Libertalia ist wiedereinmal eines dieser Spiele, dass ich in seiner ursprünglichen Fassung nie gespielt habe. Es fiel einfach in die Zeit in der ich aus diversen Gründen von Brettspielen abstinent war. Da ich aber viel Gutes darüber gehört hatte wollte ich es unbedingt ausprobieren und da kam plötzlich, fast wie aus dem Nichts die Ankündigung von Stonemaier Games, dass sie eine Neuauflage des Spiels herausbringen wollten. Wobei Neuauflage trifft es in diesem Fall nicht wirklich und Neuinterpretation wäre wohl auch zuviel gesagt. Eine 1.5 Version wäre hier vielleicht der richtige Ansatz. Das Spiel von Paolo Mori bekam einen neuen Anstrich und der Kartensatz der Spieler*innen wurde erweitert. Insgesamt aber bleibt es das gleiche Spiel auch wenn es sich sicherlich ein wenig anders anfühlen wird als die Version von vor zehn Jahren. Die Idee Libertalia neu zu veröffentlichen ist dabei gar nicht soweit hergeholt, denn es galt schon immer als eines der Spiele von denen sich große Teile der Spielerschaft eine Neuveröffentlichung wünschte, da es nicht gerade besonders leicht zu bekommen war. Feuerland nahm sich in seiner blauen Serie der deutschen Version an.
Worum geht es?
Das Thema bleibt auch das Gleiche, nur sind wir diesmal Tierpiraten und steuern Luftschiffe. Im Original waren es noch „richtige“ Piraten auf dem Meer und so. Die Spieler*innen gehen auf Reisen und versuchen durch das geschickte Ausspielen von Crewkarten, den meisten Profit zu erreichen. Insgesamt geht es auf drei Fahrten, die immer ein wenig länger werden, bevor das Spiel zu Ende ist. Warum hier die Piraten durch Tiere ersetzt werden mussten und die Schiffe zu Luftschiffen mutierten weiß ich nicht, aber für das Spiel ist das auch nur nebensächlich.
Wie läuft das ab?
Die blaue Serie von Feuerland lässt es schon vermuten, Libertalia ist kein kompliziertes Spiel, aber für Neulinge ein dennoch komplexes. Was meine ich damit? Libertalia lässt sich tatsächlich innerhalb von fünf Minuten ohne Schwierigkeiten erklären. Das Spielprinzip ist dann allen klar, was das aber im Bezug auf ihre Karten heißt, steht auf einem anderen Blatt. Ich erklär mal kurz: der Spielaufbau ist recht simpel. Das Spielbrett kommt in die Mitte des Tisches und zeigt jede Menge Ablagefelder für Spielmaterial. Ganz oben finden wir einen Kartenbereich der sich „Die Insel“ nennt. Hier findet das Spiel hauptsächlich statt. Darunter gibt es Ablagefelder für jeden Tag einer Reise. Hier werden die Beutemarker vor jeder Reise aus einem Beutel gezogen und abgelegt, so dass alle sehen können, welche Marker es an welchen Tagen zu verdienen gibt. Es sind immer soviele Marker, wie Spieler*innen teilnehmen. Daneben befindet sich die Ruhmleiste, die für Reihenfolgeentscheidungen herangezogen wird und das Startkapital für jede Reise vorgibt. Im unteren Bereich finden wir dann die Fähigkeiten der Beutemarker aufgedruckt.
Neben dem Spielbrett bekommt jede*r Spieler*in noch einen Kartensaatz mit 40 Crewmitgliedern, einen Schatztruhen Punktezähler und ein Friedhofsplättchen für die abgelegten Crewmitglieder. Auf der Ruhmleiste werden alle sechs Marker zufällig verteilt. Die Spielerfarben, die keiner spielt, werden als neutrale Steine ebenfalls mitausgelegt. Nun wird ein*e Spieler*in auserkoren die das Deck mischt und zufällig sechs Karten zieht. Alle anderen suchen die sechs gezogenen Karten ebenfalls aus ihren Decks heraus. Dies ist die Starthand für die erste Reise.
Auf den Karten finden wir verschiedene Crewmitglieder. Alle Karten haben einen Kartenwert von 1 bis 40, einen Namen und Fähigkeiten, die im unteren Bereich der Karte angegeben sind. Diese Fähigkeiten beziehen sich auf vier unterschiedliche Spielphasen, die jeweils durch ein anderes Symbol gekennzeichnet sind. Es gibt eine Tagphase, eine Dämmerungsphase, eine Nachtphase sowie das Ende der Reise. Diese Fähigkeiten machen das gesamte Spiel eigentlich aus und hierdurch gewinnt es die Komplexität. Die Spieler*innen werden am Anfang noch nicht genau einschätzen können, wie sich welche Fähigkeit verhalten wird.
Der Spielverlauf sieht auf jeden Fall wie folgt aus. Die Beutemarker sind gezogen und die erste Reise dauert insgesamt vier Tage. Die Spieler*innen haben je die gleichen sechs Karten auf der Hand und sollten sich die Fähigkeiten der Karten gut durchlesen. Die Ruhmleiste gibt das Startkapital in Dublonen vor. Alles was wir am Ende der Reise an Dublonen besitzen wandert in unsere Schatztruhe und das Vermögen in der Schatztruhe nach den drei Reisen bestimmt den oder die Sieger*in. Die Spieler*innen müssen nun verdeckt eine ihrer Handkarten auswählen und vor sich ablegen. Dies ist die Karte die sie in dieser Runde ausspielen wollen. Hier beginnt schon das Spielchen mit „ich denke, dass du denkst…“. Daraus zieht Libertalia seinen Reiz. Speziell auf der ersten Reise haben alle die gleichen Handkarten und versuchen sich auszumanövrieren. Nachdem die Karten gewählt wurden, werden die Karten umgedreht und nun werden die Karten in aufsteigender Reihenfolge auf den Inselbereich gelegt. Sollten Spieler*innen die gleichen Crewmitglieder ausgelegt haben, so entscheidet die Ruhmleiste, wer weiter rechts liegt. Ist die Reihenfolge hergestellt, beginnt die Tagphase, in der alle Tagfähigkeiten der Crewmitglieder von links nach rechts ausgeführt werden. Danach folgt die Dämmerungsphase und hier werden alle Fähigkeiten von Rechts nach Links ausgeführt. Zusätzlich zur Fähigkeit wird immer auch ein Beutemarker vom entsprechenden Tag genommen. Anschließend nehmen sich alle ihre Crewmitglieder zurück und legen sie offen vor sich aus. Diesere Bereich nennt sich Schiff. Das wiederholt sich bis alle vier Tage durchgespielt sind. Dann folgt das Ende der Reise und einige Crewmitglieder spielen nun noch ihre Fähigkeiten aus. Die Spieler*innen entfernen alle Crewmitglieder von ihren Schiffen, legen ihre Beutemarker zurück in den Beutel und eine neue Reise wird vorbereitet. Die beiden verbliebenen Handkarten nehmen alle mit in die nächste Reise. Erneut werden zufällig sechs Charaktere gezogen, die Beutemarker werden zufällig gezogen und die zweite Reise geht nun einen Tag länger. Alles beginnt von vorn.
Den Beutemarkern kommt natürlich ein besonderes Interesse zu, denn hier finden wir Schatztruhen, die und mit vielen Dublonen versorgen, Schatzkarten, die wertvoller werden je mehr wir von ihnen besitzen, aber auch böse Relikte, die uns am Ende Pech bringen und sogar Dublonen kosten. Ein Säbel lässt uns unliebsame Crewmitglieder der Gegner ermeucheln und mit einem Haken können wir einen Charakter auf unserem Schiff mit auf die nächste Reise nehmen. Die Fähigkeiten der Beutemarker sind ganz entscheidend für das Spiel.
Die Reisen werden zunehmend interessanter, weil ja alle wissen, wer was gespielt hat und welche Karten sich insgesamt im Umlauf befinden. Es darf also munter taktiert werden und lustige Gedankenspiele finden meist in ebenso lustigen Kommentaren zum Spielgeschehen statt.
Mehr gibt es über Libertalia: Auf den Winden von Galecrest eigentlich nicht zu berichten, außer das es sowohl einen Solo-Automamodus mitbringt, als auch zu zweit über eine Krücke spielbar ist (dazu im Fazit etwas mehr). Auf der Rückseite des Spielbretts findet sich eine etwas „stürmischere“ Variante mit etwas gemeineren Beutefähigkeiten. Auch lässt sich das Spiel über die Beutefähigkeiten individuell gestalten, da es alle diese Fähigkeiten auch nochmal als Pappkärtchen gibt, damit ein individuelles Setup dieser Fähigkeiten erstellt werden kann.
Das Fazit
Libertalia als Spiel gefällt mir wirklich gut, auch wenn es gar nicht soviel Spiel ist wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Im Grunde machen wir ja nichts anderes als eine Karte von unserer Hand auszusuchen und vor uns auszulegen. Fertig! Der Rest ergibt sich komplett vollautomatisch. Die Kunst und der Reiz des Spiels liegt in den Gedankenspielen mit denen wir versuchen unsere Gegenspieler*innen einzuschätzen. Welche Karten könnten sie spielen? Und was wäre die beste Antwort drauf? Soll ich noch warten? Dadurch das alle Beteiligten den gleichen Satz Karten benutzen müssen sind das durchaus spannende Entscheidungen. Einige der Karten haben auch durchaus sehr negative Effekte, so dass es vilelicht Sinn macht sie recht schnell oder eher sehr spät zu spielen. Nur manchmal werden sie dann noch schlechter, wenn unsere Gegenspieler*innen ebenso handeln. Libertalia setzt diese Gedankenspiele sehr gelungen um.
Zu beachten gilt es allerdings, dass Libertalia kein Wohlfühlspiel ist. Die Fähigkeiten können sehr gemein sein und so sollte auf Spieler*innen Rücksicht genommen werden, die schnell frustriert sind. Auch ist das Verständnis der Kartentexte enorm wichtig für ein positives Spielerlebnis und wenn es daran scheitert, kann das ebenfalls nach hinten losgehen. Das konnten wir live auf einem Spieleabend erleben, wo unsere Kollegin das Spiel vom Ablauf her verstanden hatte aber mit den Kartentexten arg zu kämpfen hatte. Erst bei der dritten Reise machte es dann klick und es wurde besser.
Kommen wir mal zu den sekundären Dingen. Das Spielmaterial ist wie immer eigentlich von Stonemaier Games gewohnt, absolut hervorragend. Das beginnt allein schon damit, wenn die Schachtel geöffnet wird. Alles hat seinen Platz und liegt passgenau in einem hervorragenden Inlay. Die Beutemarker verbreiten Azulvibes und auch die Karten sind schön. Selbst der Beutel, das Papier der Anleitung und das kleine Kästchen für die Dublonen wirken nobel. Hier gibt es einfach nichts zu beanstanden. Die Optik ist zwar irgendwie eigenartig aber auf keinen Fall schlecht. Mir gefällt sie nicht besonders. Ich hätte mir gewünscht, das dreckige Piratenthema des alten Spiels wäre wieder durchgekommen. Das wird aber nur eine Geschmacksfrage sein. Libertalia: Auf den Winden von Galecrest hat immense Schauwerte zu bieten.
Das Spiel glänzt bei den hohen Spieler*innenzahlen. Alles ab vier Spieler*innen spielt sich wirklich gut. Drei ist ein bißchen so die Anzahl bei der es mir am wenigsten gefällt. Solo konnte ich es bis dato leider nicht ausprobieren aber das ist bei einem solchen Spiel auch kein Fokus für mich. Die zwei Spieler*innenvariante verdient aber meiner Meinung nach eine gesonderte Erwähnung, da sie für diese Verseion ebenfalls speziell Erdacht worden ist. Es gibt ein Papptableau das auf die Insel gelegt wird. Auf dieser ist ein Fähnrich mit dem Wert 20,5 zu sehen, der immer dafür sorgt, das die Auswahl der Beutemarker für die Spieler*innen schrumpft. Ein kleiner Kniff mit dem das Spiel zu zweit funktioniert. Das Spiel zu zweit hat für meinen Geschmack aber einen gänzlich anderen Charakter. Es wir um ein vielfaches taktischer und ich empfehle ausdrücklich es zu zweit mit der stürmischen Seite zu spielen, damit es ein wenig konfrontativer wird. So entfaltet es eher den Flair eines Duells.
Insgesamt bin ich also durchaus zufrieden mit der Neuveröffentlichung von Libertalia, auch wenn ich es thematisch eher im alten Gewand gut fände, bietet es mir durch seine Qualität und die Extra-Crewmitglieder deutlich genug, um am heutigen Markt genauso bestehen zu können. Wer ein Spiel für größere Runden mit einem gewissen Ärgerfaktor sucht, sollte hier durchaus mal einen Blick riskieren.
- Verlag: Feuerland
- Autor*in(en): Paolo Mori
- Illustrator*in(en): Lamaro Smith
- Erscheinungsjahr: 2022
- Spieler*innenanzahl: 1 – 6 Spieler*innen
- Dauer: 45 – 60 Minuten
Sehr ausführliches Review, welches ich aber dann doch nicht bis zum Ende gelesen habe, weil mir dieses widerliche Gender* unglaublich auf die Nerven geht. In unserer Spielrunde hat sich noch nie eine weibliche Person als nicht angesprochen gefühlt, wenn man von den Brettspielern spricht – da sind ALLE Geschlechter eingeschlossen. Dieses * hilft keiner Frau, diverse Ungerechtigkeiten zu minimieren – da gibt es viele effektivere Möglichkeiten den Frauen mehr positive Anpassungen an uns Männern zu ermöglichen….
Also bitte genderfreie Kommentare schreiben – wir haben eine so schöne deutsche Sprache – verunglimpfen wir sie nicht…..
Ich kann immer wieder nur betonen, dass mein Blog ein Kann-Angebot ist. Er gehört mir und ich führe ihn, wie ich das möchte. Wenn sie sich an Dingen stören, sollten sie sie einfach nicht lesen. Zumindest scheinen sie die Konsequenz ja schon gezogen zu haben, weil sie den Beitrag abgebrochen haben. Den nächsten Schritt kann ich dann allerdings nicht verstehen. Warum kommentieren? Ich wünsche ihnen weiterhin viel Erfolg dabei Frauen an Männer anzupassen.
Ich hoffe sehr, das wir uns in ein paar Jahren über das Thema gar nicht mehr unterhalten müssen. Das das immer wieder Thema in Kommentaren (nicht nur hier) ist, ist der eigentliche Nervfaktor daran.